Parallelwelten
Heute war einer dieser Tage, an denen ich Baden-Baden nicht ertrage. Weil man dort manchmal nur noch in die Zwischenräume kurioser Parallelwelten tritt und Gefahr läuft, die Realität zu verlieren. Immerhin, Obama oder die Nato scheinen eine milde Spende hinterlassen zu haben, überall wird um die Wette gebaut, asphaltiert, gesperrt und gewerkelt. Der Straßenzustand der Millionärsstadt, der dem einer polnischen Stadt in den frühen Neunzigern immer mehr ähnelte, hat womöglich bald ein Ende.
Kein Ende schien der Michaelstunnel heute zu nehmen. Ich weiß nicht, warum manche Leute teuren Abenteuerurlaub oder gefährliche Selbsterfahrungtripps buchen. Es bräuchte ganz preiswert nur einen Blick auf das Warnschild vor dem Tunnel, dass die Scheiben beschlagen könnten. Und dann die Schwaden im Tunnel, bei dieser Hitze - es waren weder die Scheiben noch die Brille. Nein, es ist schon Abenteuer pur, wenn man sich vorstellt, dass diese Röhre im Berg zur mangelnden Entlüftung nicht einmal Notausgänge hat. Irgendwie wollten sie diese vergessenen Baumaßnahmen doch in diesem Jahr nachholen?
Wie befreit atmet man dann unter blühenden Bougainvilleas südliche Sonnenluft zwischen historischen Fassaden, wähnt sich in der Toskana, und hat doch nur die ganze Welt international austauschbarer Fix-Kulinarik im Blick. Links hängen lose bekleidete, auseinanderfließende Menschen über Fastfood und Fertigfisch, rechts stochern sonnenbankgestählte Kleiderständer an edelpreisigen Sushi herum. Nur böse Leute wie ich stellen sich vor, dass der Wirt zum Einkauf bequem über die Straße laufen könnte...
Unaufhaltsam böse Gedanken hatte ich. Etwa den, dass die Stadtverwaltung womöglich den Toilettentest in meinem Blog gelesen haben könnte - denn auf einmal ist am Augustaplatz der beängstigende Guantanamoflair der unsprengbaren Gitterbarrikaden abgebaut und man kommt wieder ohne Kriegsangst aus der Damentoilette. Es tut sich also was, Verbesserungen am laufenden Meter. Im Springbrunnen, den alle Touristen und frischgetrauten Paare als Fotohintergrund nehmen, stakste ein Mann mit Fischerhosen und einem langen Ding in der Hand. Karpfen füs Edelrestaurant? Leider nein. In seinem Kescher hing der Zivilisationsmüll der Reichen und Armen, der Schönen und Hässlichen. Zu gern hätte ich erfahren, wer dort gleich einen ganzen Film versenkt hatte - so richtig echtes altes Filmmaterial, mindestens Super 8. Bilder einer Ehe?
Komm, ein wenig Schaufensterbummel zum Aufmuntern, sagte ich mir. Und stellte - schon wieder bösartig - fest, dass mir die Magersucht-Figur einer 14jährigen fehlt - nichts zu machen. Ein einziges Kleid in der gesamten Fußgängerzone hätte ich sofort kaufen können. Ein sommerhaftes Nichts und einfach schön. Sogar mit Preisschild versehen. Mit dem Geld fürs Parken hätte man schlappe 2000 Euro hinblättern dürfen. Vielleicht ein Originalkostüm vom Freischütz?
Nun denn, ich habe mich an mit Wichtigmienen telefonierenden Männern vorbeigeschoben, grinste mir eins über die Gesprächsfetzen, die illustrieren, warum in dieser Stadt nie etwas durchschnittlich sein kann: "Also gestern wieder im Golfclub, ich sag dir!" - "Jetzt e g'scheits Bier, kriegt mer denn in der Stadt kei g'scheits Bier" - und nein, Russisch gab's auch keins heute, heute waren manisch fotografierende Asiaten und badische Bierbusse dran.
Ich habe meine Kataloge geschnappt, Appetit bekommen, überall nur "Businesslunch" angepriesen gesehen (was hätte ich für einen Künstlersalat oder ein Freiberufler-Gericht oder Heute-Urlaub-Pasta gegeben!) - und bin heimgedüst. Picknick im Garten mit Nijinsky und Ballets Russes, ein wenig Rimski-Korsakoff auf den Ohren und einen ordentlichen Hund an der Seite, der noch nicht wie in Stöckelschuhen trippelt oder diamantbesetzt Frauchens Achselschweiß aufsaugt. Warum bin ich heute nur so böse?
Kein Ende schien der Michaelstunnel heute zu nehmen. Ich weiß nicht, warum manche Leute teuren Abenteuerurlaub oder gefährliche Selbsterfahrungtripps buchen. Es bräuchte ganz preiswert nur einen Blick auf das Warnschild vor dem Tunnel, dass die Scheiben beschlagen könnten. Und dann die Schwaden im Tunnel, bei dieser Hitze - es waren weder die Scheiben noch die Brille. Nein, es ist schon Abenteuer pur, wenn man sich vorstellt, dass diese Röhre im Berg zur mangelnden Entlüftung nicht einmal Notausgänge hat. Irgendwie wollten sie diese vergessenen Baumaßnahmen doch in diesem Jahr nachholen?
Wie befreit atmet man dann unter blühenden Bougainvilleas südliche Sonnenluft zwischen historischen Fassaden, wähnt sich in der Toskana, und hat doch nur die ganze Welt international austauschbarer Fix-Kulinarik im Blick. Links hängen lose bekleidete, auseinanderfließende Menschen über Fastfood und Fertigfisch, rechts stochern sonnenbankgestählte Kleiderständer an edelpreisigen Sushi herum. Nur böse Leute wie ich stellen sich vor, dass der Wirt zum Einkauf bequem über die Straße laufen könnte...
Unaufhaltsam böse Gedanken hatte ich. Etwa den, dass die Stadtverwaltung womöglich den Toilettentest in meinem Blog gelesen haben könnte - denn auf einmal ist am Augustaplatz der beängstigende Guantanamoflair der unsprengbaren Gitterbarrikaden abgebaut und man kommt wieder ohne Kriegsangst aus der Damentoilette. Es tut sich also was, Verbesserungen am laufenden Meter. Im Springbrunnen, den alle Touristen und frischgetrauten Paare als Fotohintergrund nehmen, stakste ein Mann mit Fischerhosen und einem langen Ding in der Hand. Karpfen füs Edelrestaurant? Leider nein. In seinem Kescher hing der Zivilisationsmüll der Reichen und Armen, der Schönen und Hässlichen. Zu gern hätte ich erfahren, wer dort gleich einen ganzen Film versenkt hatte - so richtig echtes altes Filmmaterial, mindestens Super 8. Bilder einer Ehe?
Komm, ein wenig Schaufensterbummel zum Aufmuntern, sagte ich mir. Und stellte - schon wieder bösartig - fest, dass mir die Magersucht-Figur einer 14jährigen fehlt - nichts zu machen. Ein einziges Kleid in der gesamten Fußgängerzone hätte ich sofort kaufen können. Ein sommerhaftes Nichts und einfach schön. Sogar mit Preisschild versehen. Mit dem Geld fürs Parken hätte man schlappe 2000 Euro hinblättern dürfen. Vielleicht ein Originalkostüm vom Freischütz?
Nun denn, ich habe mich an mit Wichtigmienen telefonierenden Männern vorbeigeschoben, grinste mir eins über die Gesprächsfetzen, die illustrieren, warum in dieser Stadt nie etwas durchschnittlich sein kann: "Also gestern wieder im Golfclub, ich sag dir!" - "Jetzt e g'scheits Bier, kriegt mer denn in der Stadt kei g'scheits Bier" - und nein, Russisch gab's auch keins heute, heute waren manisch fotografierende Asiaten und badische Bierbusse dran.
Ich habe meine Kataloge geschnappt, Appetit bekommen, überall nur "Businesslunch" angepriesen gesehen (was hätte ich für einen Künstlersalat oder ein Freiberufler-Gericht oder Heute-Urlaub-Pasta gegeben!) - und bin heimgedüst. Picknick im Garten mit Nijinsky und Ballets Russes, ein wenig Rimski-Korsakoff auf den Ohren und einen ordentlichen Hund an der Seite, der noch nicht wie in Stöckelschuhen trippelt oder diamantbesetzt Frauchens Achselschweiß aufsaugt. Warum bin ich heute nur so böse?
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