Extremdiät geglückt
Gestern war ein Tag, an dem ich nur von Wasser, Adrenalin, doppelten, schließlich vierfachen Espressi und Endorphinen gelebt habe (um dann gegen 2:30 in der Nacht nach der Rückkehr schnell etwas zu essen...) Aber diese Diät meine ich nicht. Ich meine die literarische. Auch für mich war es ein Experiment und es hat mich bestätigt:
Ja, man kann Menschen zur besten Sendezeit Hochkultur vorsetzen. Und sie haben auch noch Genuss daran.
Es geht ja das Gerücht, dass selbst manche Buchautoren keine Klassiker mehr lesen, weil sie so weit vom Zeitgeist entfernt seien oder ach so seltsam sprächen. Und sagen nicht sogar manche Lektoren / Redakteure, der moderne Mensch vertrage keine Sätze mehr, die mehr als zehn Wörter und mehr als einen einfachen Nebensatz enthalten? Wer liest heute noch Lyrik? Epen, ist das nicht ein Stadtteil von Hamburg?
Der gestrige Abend hat mir wieder (!) gezeigt, dass das reale Publikum ganz anders ist als das, was uns gewisse Kultur- und Büchermacher als angebliches Publikum verkaufen wollen. Während man sich an so mancher Entscheiderstelle unendlich ziert, ob Kunst oder Literatur nicht doch zu viele Menschen abschrecken könnten, funktionieren beide genau da, wo man frech wagt. Ich hatte fast den Eindruck, dass in einer von Retortenromanen unterzuckerten Gesellschaft der Appetit auf "echte" Literatur besonders genüsslich zelebriert werden kann.
Mein Publikum hatte einiges zu schlucken. Indirekte Rede am laufenden Meter von Ludwig Tieck. Hochliteratur von Nikolaj Gogol. Gelehrt-Altertümliches von Johann Gottfried Seume. Und dann wollte ich es ganz genau wissen und machte auch vor Adam Mieckiewicz nicht halt. "Pan Tadeusz", ein Ausschnitt aus dem alten polnischen Nationalepos, an deutschen Tellern mit französischem Wein begossen. Offensichtlich ließ er das Mund im Wasser zusammen laufen. Wer hätte gedacht, dass Heine oder Klabund noch genauso zum Lachen und Schmunzeln bringen können wie ein moderner Comedian?
Zugegeben, ich habe natürlich ein wenig geschummelt. Aus all den Stimmen ein neues Stück gemacht und die Figuren, mit dem, was sie uns zu sagen haben, in die Moderne gestellt. Aber das kann man auch am heimischen Buchherd. Diesen vorhandenen Hunger könnte man befriedigen, indem man Programme, Bücher, Medien so gestaltet, als sei nicht der größte anzunehmende PISA-Super-GAU der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich einigen müsse.
Hochkultur funktioniert. Man muss nur wollen.
Meinem wunderbaren Publikum an dieser Stelle mein Dank - Sie haben mich an diesem Abend nicht nur bestärkt, das Programm für nächstes Jahr auszubauen, sondern mich zu weiteren Ideen jenseits der Zehn-Wort-Grenze inspiriert!
Aber heute ist erst einmal Urlaub. Langsam aufwachen, regenerieren. Schreibverbot. Dolce Vita.
Ja, man kann Menschen zur besten Sendezeit Hochkultur vorsetzen. Und sie haben auch noch Genuss daran.
Es geht ja das Gerücht, dass selbst manche Buchautoren keine Klassiker mehr lesen, weil sie so weit vom Zeitgeist entfernt seien oder ach so seltsam sprächen. Und sagen nicht sogar manche Lektoren / Redakteure, der moderne Mensch vertrage keine Sätze mehr, die mehr als zehn Wörter und mehr als einen einfachen Nebensatz enthalten? Wer liest heute noch Lyrik? Epen, ist das nicht ein Stadtteil von Hamburg?
Der gestrige Abend hat mir wieder (!) gezeigt, dass das reale Publikum ganz anders ist als das, was uns gewisse Kultur- und Büchermacher als angebliches Publikum verkaufen wollen. Während man sich an so mancher Entscheiderstelle unendlich ziert, ob Kunst oder Literatur nicht doch zu viele Menschen abschrecken könnten, funktionieren beide genau da, wo man frech wagt. Ich hatte fast den Eindruck, dass in einer von Retortenromanen unterzuckerten Gesellschaft der Appetit auf "echte" Literatur besonders genüsslich zelebriert werden kann.
Mein Publikum hatte einiges zu schlucken. Indirekte Rede am laufenden Meter von Ludwig Tieck. Hochliteratur von Nikolaj Gogol. Gelehrt-Altertümliches von Johann Gottfried Seume. Und dann wollte ich es ganz genau wissen und machte auch vor Adam Mieckiewicz nicht halt. "Pan Tadeusz", ein Ausschnitt aus dem alten polnischen Nationalepos, an deutschen Tellern mit französischem Wein begossen. Offensichtlich ließ er das Mund im Wasser zusammen laufen. Wer hätte gedacht, dass Heine oder Klabund noch genauso zum Lachen und Schmunzeln bringen können wie ein moderner Comedian?
Zugegeben, ich habe natürlich ein wenig geschummelt. Aus all den Stimmen ein neues Stück gemacht und die Figuren, mit dem, was sie uns zu sagen haben, in die Moderne gestellt. Aber das kann man auch am heimischen Buchherd. Diesen vorhandenen Hunger könnte man befriedigen, indem man Programme, Bücher, Medien so gestaltet, als sei nicht der größte anzunehmende PISA-Super-GAU der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich einigen müsse.
Hochkultur funktioniert. Man muss nur wollen.
Meinem wunderbaren Publikum an dieser Stelle mein Dank - Sie haben mich an diesem Abend nicht nur bestärkt, das Programm für nächstes Jahr auszubauen, sondern mich zu weiteren Ideen jenseits der Zehn-Wort-Grenze inspiriert!
Aber heute ist erst einmal Urlaub. Langsam aufwachen, regenerieren. Schreibverbot. Dolce Vita.
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