ARTE und das Prekariat
Gestern Thema in ARTE: die prekäre Situation von Kunst und Kultur, mit einer Doku und der Diskussionsrunde Paris-Berlin zum Thema Kultursponsoring. Schade, dass ich mir letztere so spät noch angetan habe, sie brachte absolut nichts Neues und Zielführendes. Denn die Diskutanten mit einem Deutschen sprachen lediglich über Theater, als ob das schon alle Kultur eines Landes gewesen wäre (und dann bin ich eingeschlafen, vielleicht kam der Durchbruch ja noch kurz vor Schluss?). Ausgerechnet Theater: ein völlig unvergleichbares System in Frankreich und Deutschland. Das wenigstens lehrte die Diskussion, das aber bringt Kultureinrichtungen beider Länder nicht weiter. Über das eigentliche Thema, Kultursponsoring, lernt man mehr im Internet (z.B. hier oder hier)
Empfehlen kann ich aber die Doku davor, die sieben Tage online zu sehen ist (und vielleicht gibt es Wiederholungstermine?). "Prekär, frei und Spaß dabei" ist ein irreführender Titel, denn das ach so frei gewählte Prekariat der Künstler geschieht unter dem Druck des Systems - anders ist freie Kunst eben in unseren Landen nicht zu machen. Davon abzuleiten, Künstler lebten gern in prekärer Lage, wäre zynisch.
In der Doku geht es um anderes: Um Künstler, die Wege suchen, mit ihrer Misere zurecht zu kommen und die genau hinschauen. Die aus dem eigenen Erleben sehen, dass Leben im Prekariat heutzutage nicht mehr nur Künstler und Arme betrifft, sondern immer mehr Bevölkerungsschichten. Immer weniger Menschen können von einem einzigen Job leben. Und so gelingt der Spagat, Kunst gesellschaftliche Bedeutung zu verleihen und sie "ins Volk" zurück zu tragen.
Die Doku gibt nicht nur Anregungen für Künstler, politisch aktiv zu werden und sich aus dem Elfenbeinturm zu wagen - sie zeigt vor allem die überlebenswichtige Rolle von Kunst und Kultur in der Gesellschaft. Sie zeigt, wie Kunst und Kultur einfachen, armen Menschen Würde zurück geben kann, Stolz und Freude vermittelt, sie zum Agieren statt Erdulden bringt. Sie denkt neue Formen von Kunst im öffentlichen Raum an und beschäftigt sich mit Kunst als Systemkritik (hier: am Neoliberalismus) und damit auch Eigenkritik.
Über einen ähnlichen Ansatz in der plastischen Kunst in Frankreich habe ich schon einmal geschrieben.
Zwar geht es in der Doku hauptsächlich um Theater und Musik, aber die Ideen lassen sich durchaus auf andere Künste übertragen (z.B. die textenden). Man habe nur solche Gedanken im Kopf und höre sich dann die Texte des greade laufenden Bachmann-Wettbewerbs an (3sat)...
Wenn man im Anschluss die Zahlen des bei BMW für Kultursponsoring Verantwortlichen gehört hat, die bewiesen, welche große wirtschaftliche Rolle Kunst und Kultur in Deutschland spielen (auch in Sachen Arbeitsplätzen), kann man eigentlich nur zynisch fragen: Was ist das für ein Land, das die Angehörigen einer seiner wichtigsten Branchen im Prekariat ohne anständige Bezahlung leiden lässt, klein hält - und an anderer Stelle für Missmanagement und Gier Millionen und Milliarden Steuergelder verpulvert? Eine Frage - auch das zeigte die Doku - die man übrigens nicht nur in Deutschland stellen darf!
Bitte mehr solcher Berichte. Denn auch ich werde immer noch viel zu oft gefragt, warum ich mir noch kein Swimmingpool baue, wo ich doch schon so viele Bücher veröffentlicht habe...
Empfehlen kann ich aber die Doku davor, die sieben Tage online zu sehen ist (und vielleicht gibt es Wiederholungstermine?). "Prekär, frei und Spaß dabei" ist ein irreführender Titel, denn das ach so frei gewählte Prekariat der Künstler geschieht unter dem Druck des Systems - anders ist freie Kunst eben in unseren Landen nicht zu machen. Davon abzuleiten, Künstler lebten gern in prekärer Lage, wäre zynisch.
In der Doku geht es um anderes: Um Künstler, die Wege suchen, mit ihrer Misere zurecht zu kommen und die genau hinschauen. Die aus dem eigenen Erleben sehen, dass Leben im Prekariat heutzutage nicht mehr nur Künstler und Arme betrifft, sondern immer mehr Bevölkerungsschichten. Immer weniger Menschen können von einem einzigen Job leben. Und so gelingt der Spagat, Kunst gesellschaftliche Bedeutung zu verleihen und sie "ins Volk" zurück zu tragen.
Die Doku gibt nicht nur Anregungen für Künstler, politisch aktiv zu werden und sich aus dem Elfenbeinturm zu wagen - sie zeigt vor allem die überlebenswichtige Rolle von Kunst und Kultur in der Gesellschaft. Sie zeigt, wie Kunst und Kultur einfachen, armen Menschen Würde zurück geben kann, Stolz und Freude vermittelt, sie zum Agieren statt Erdulden bringt. Sie denkt neue Formen von Kunst im öffentlichen Raum an und beschäftigt sich mit Kunst als Systemkritik (hier: am Neoliberalismus) und damit auch Eigenkritik.
Über einen ähnlichen Ansatz in der plastischen Kunst in Frankreich habe ich schon einmal geschrieben.
Zwar geht es in der Doku hauptsächlich um Theater und Musik, aber die Ideen lassen sich durchaus auf andere Künste übertragen (z.B. die textenden). Man habe nur solche Gedanken im Kopf und höre sich dann die Texte des greade laufenden Bachmann-Wettbewerbs an (3sat)...
Wenn man im Anschluss die Zahlen des bei BMW für Kultursponsoring Verantwortlichen gehört hat, die bewiesen, welche große wirtschaftliche Rolle Kunst und Kultur in Deutschland spielen (auch in Sachen Arbeitsplätzen), kann man eigentlich nur zynisch fragen: Was ist das für ein Land, das die Angehörigen einer seiner wichtigsten Branchen im Prekariat ohne anständige Bezahlung leiden lässt, klein hält - und an anderer Stelle für Missmanagement und Gier Millionen und Milliarden Steuergelder verpulvert? Eine Frage - auch das zeigte die Doku - die man übrigens nicht nur in Deutschland stellen darf!
Bitte mehr solcher Berichte. Denn auch ich werde immer noch viel zu oft gefragt, warum ich mir noch kein Swimmingpool baue, wo ich doch schon so viele Bücher veröffentlicht habe...
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