Frauen im Bergbau
Ich habe ja mal erzählt, wie mein Agent und ich völlig fassungslos ein Projekt zu Grabe trugen (nein, nur in die Schublade), weil sich die deutschen Lektorinnen einig waren, eine Frau könne über Erdölgeschichte unmöglich schreiben. Es spielte keine Rolle, dass ich an heißen Quellen saß und auf Kisten bisher unveröffentlichter historischer Fotos - ich war eine Frau. Ja wenn sie doch wenigstens einen Doktor in Geologie oder sowas ähnlichem hätte! Ich bin mir sicher, irgendwann wird so ein Buch teuer aus dem Englischen eingekauft, noch teurer übersetzt ( schlecht bezahlte Übersetzer bekommen bei dicken Büchern mehr als der Originalautor, weil sie seitenweise bezahlt werden). Und in den Sand gesetzt.
Was macht die damals frustrierte Frau heute? Sie stöhnt. Heute muss sie nämlich einen schlauen Text über den Tagebau von Eisenerz bis zum 16. Jahrhundert verfassen. Knackig auf den Punkt gebracht, anschaulich, so dass es auch Frauen verstehen (zynisches Gelächter). Und warum das alles? Weil Madame schon so viel über Bergbau und Erdöl gelesen hat, dass sie das angeblich "aus dem Ärmel schüttelt".
Und wenn sie es dann geschafft hat, das Erz zum Schmelzen zu bringen, kommt die Waldwirtschaft dran, doch soll's nicht holztrocken werden. So ein Text soll neugierig machen, sinnenreich den Leuten vor Augen stehen. Ein harter Tag für in Lektorenaugen viel zu taffe Frauen, bevor morgen das Übersetzen der Texte einer anderen Frau beginnt - Biosphärenreservat, Westwall und Maginot-Linie etc.
Tja, so ist das. Während in Lektoraten ein Frauenbild gepflegt wird, das selbst meine Großmutter abgelehnt hätte, kann man solche Texte in der freien Wirtschaft verkaufen. Es wird zwar leider kein Buch daraus, aber der sehr viel geringere Aufwand wird ordentlicher bezahlt. Unser Team hat es bei den Auftraggebern fast ausschließlich mit Männern zu tun. Unser Team besteht aus drei Frauen und einem Mann. Aber keiner fragt nach dem Geschlecht. Ausschlaggebend sind Können und Professionalität.
Eine harte Woche, am 24.3. werden alle Texte vor einem deutsch-französischen Ausschuss abgenommen (oder verworfen). Dann geht es auch schon in die Produktion. Und auch da ein Wunder: Obwohl solche Aufträge anfangs zu schleichen scheinen, funktionieren sie schneller als eine Bewerbung bei Verlagen. Im Oktober angefangen, nach der Schneeschmelze stehen dann wunderbare große Schilder mit Texten und Fotos im Wald - und eine Broschüre wird gedruckt. Für Frauen UND Männer.
In freien Minuten danach werde ich wahrscheinlich zunehmend subversive Gedanken schmieden. Bestimmte Texte kommen inzwischen lesbarer und schneller an die Menschen, wenn man Verlage vermeidet. Traurig, aber wahr.
Just in time. I need some exercise, und kann meine lokale Geographiekenntnisse weiter ausbauen.
AntwortenLöschenKlasse, well done!