Durchbruch, Durchfall, Zufall?

Die Kollegin Christa S. Lotz hat gerade eine schöne Reihe mit dem Titel "Durchbruch" in ihrem Blog gestartet, bei der sie durchspielt, wie ein Autor zur Veröffentlichung kommt - oder auch nicht. Den Autor, dem man sagt: "Sie haben Talent und können es zu was bringen" habe ich selbstverständlich sofort beneidet, zu mir hat noch kein Lektor der Welt so etwas Vollmundiges gesagt.

Natürlich habe ich überlegt, wie das bei mir war. Ich bin ein magisches Glückskind gewesen. In meinem Leben habe ich mich grundsätzlich immer dreimal bewerben müssen - und damit meine ich dreimal beim Gleichen. Meine Bewerbung für ein Zeitungsvolontariat verschwand der Reihe nach in verschlossenen Laden eines Alkoholikers und eines fristlos Gekündigten. Um aufzufallen, schickte ich sie dann im Riesenzeitungsformat per Rolle aus, immer bei der gleichen Wunschzeitung, und bekam die Stelle.

Mein erstes Manuskript verschwand der Reihe nach in verschlossenen Laden eines Alkoholikers und eines durchgeknallten Jungautorenhassers, dem fristlos gekündigt wurde. Ich bewarb mich wieder, immer beim gleichen Wunschverlag, und wurde dort veröffentlicht. Ziemlich gestotterte Durchbrüche also und eine Autorin mit Vorschlaghammermanieren. Das Imperium schlug jedoch zurück und verkaufte mich innerhalb des Verlags. Man drohte mir einen Karrieresprung an.

Und dann ging alles ganz schnell. Ich kann heute kaum noch rekonstruieren, wie oft diese beiden Verlage sich gegenseitig kauften und verkauften, fusionierten, auseinanderbrachen, wieder verkauft wurden, ach, was weiß ich. Ich erinnere mich nur noch, dass ganz zu Anfang plötzlich fast alle Verlagsmitarbeiter kündigten und die neuen Besitzer Bücher aus dem Programm nahmen, welche die Vorbesitzer besonders liebten. Meine natürlich auch. Das Trauma vom Durchbrechen statt Durchbruch habe ich Jahre verdrängt, so lange dauerte nämlich das Hickhack, meine Rechte zurück zu bekommen. Erst im vergangenen Jahr hat das geklappt, weil nun alles wiederum von Random House gekauft wurde - und die haben eine bestens organisierte Rechteabteilung. Ich kann mit meinen Büchern aus den 1990er Jahren wieder machen, was ich will, seit 2009.

Was ein Durchbruch sein soll, weiß ich so recht immer noch nicht. Irgendwie arbeite ich eher am Durchfall. Ich darf gar nicht rekonstruieren, wie viele Verlagsverkäufe und Umstrukturierungen ich schon hinter mir habe. In einem Fall von Verlagsverkauf, bei Parthas, hat es dem Buch nicht geschadet, eher im Gegenteil. Und die neueste Umstrukturierung ist so etwas wie Montezumas Rache an frechen, vorlauten Autoren: Die Autorin, die einst freudig bei BLT unterschrieb, Originalton "fein, dann veröffentliche ich wenigstens nicht bei Bastei", bekommt heuer die Honorarabrechnungen von - Bastei.

Wann hat man eigentlich einen Durchbruch? Als Schulkind stellte ich mir die Welt noch einfach vor: Man scheibt, man wird gedruckt und alle schreien "spitze!" (damaliger Jargon für "vollfettkrass"). Und schon ist man berühmt und hat einen Durchbruch. Aber spätestens seit dem Biologieunterricht hätte ich gewarnt sein sollen: Einen Durchbruch hat man höchstens am Blinddarm und der ist tödlich.

Stattdessen kämpfe ich seit zwölf Jahren (in Buchstaben: ZWÖLF) gegen den Durchfall durch Zufall. Ich habe so manchen Kniefall vor dem Schicksall hinter mir, ringe mit Ausfall und Wegfall, bekomme im Moment fast wieder einen Knall, züchte Ideen im Stall und schrie auch schon ab und zu auf einem einsamen Berg Krawall ins All.

Danach stelle ich immer wieder fest, dass ich noch aufrecht gehen kann und das Schreiben immer noch nicht lassen. Obwohl ich dreimal blöder bin als Dostojewskij - der hat wenigstens gewusst, dass man beim Roulette eindeutig die größeren Chancen hat (ZERO! Ja, grün, ZERO!). Zwölf Jahre gequirlter Wahnsinn in einem Beruf, der manchmal effektiver ist als das permanente Schlagen mit dem Kopf gegen eine Betonwand. Wenn ich nur wüsste, warum ich mir das ständig antue! Bin ich vielleicht auch nur eine von denen, die auf den Durchbruch warten?

PS: Autorin nach Diktat mit Monsieur Godot verreist.

1 Kommentar:

  1. Liebe Petra, ja, so habe ich mir das vorgestellt. Die Frage: Was ist eigentlich ein Durchbruch?, hat
    mich dazu bewegt, darüber zu schreiben.

    Herzlichst
    Christa

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