Das liebe Budget

Im Moment kreischen die Groupies ganz laut, weil es in den USA mal wieder ein Autor mit selbstverlegten Kindle-Books zum Millionär geschafft hat. Meist halten sich solche Tellerwäscher-Märchen-Prinzessinnen und -Prinzen ja gern bedeckt, wie viel Lebenszeit und Finanzen sie anfangs investiert haben, bevor mehr als nur ein Rubel rollte. Und natürlich haut die Selbstverlegerszene nun wieder auf die Verlage, nach dem Motto: Schaut her, ihr macht uns nicht zum Millionär! Dummdreist, diese Schwarz-Weiß-Malerei, nicht nur, weil der E-Book-Markt hierzulande (noch) verschwindend klein ist. Zählt man nämlich die winzige Elite derer, die vom Bücherschreiben überhaupt leben können, finden sich unter den Selbstverlegern auch in den USA sehr viel weniger als in Verlagen. Aber man macht sich ja gern etwas vor in Zeiten des Goldrauschs...

Als verlegte und verlegende Autorin sitze ich genügend zwischen den Stühlen, um vielleicht ein paar abhebende Milchmädchenrechner wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Das sei noch einmal laut und deutlich gesagt: Wenn mich ein Verlag nimmt, kostet mich das keinen einzigen Cent - es sei denn, ich muss unbedingt eine Kneipenrunde auf alle schmeißen. Wenn mich ein Verlag nimmt, bezahlt er mich! Da sind zum einen die Tantiemen, für die es zwar Richtwerte gibt, die aber frei verhandelbar sind - mit Agentur umso besser. Auch eine seriöse Agentur, die bessere Honorare für mich erzielt, kostet mich keinen Cent - sie arbeitet ausschließlich auf Provisionsbasis bei Gewinnen.

In der Regel bezahlt mir ein Verlag außerdem eine Garantiesumme (früher missverständlich Vorschuss genannt). Die bekomme ich vorab, meist geteilt bei Vertragsabschluss und Manuskriptabgabe. Garantiesumme bedeutet: Mein Buch kann vollkommen floppen - ich bekomme diese Summe trotzdem. Manche Verlage sind zu klein, um Garantiesummen zahlen zu können, gleichen das aber mit den Tantiemen wieder aus. Manche zahlen auch nur, wenn der Agent sie hart genug fordert. Aber egal wie - ich bin mit einem Buch im Verlag im Plus! Das wirtschaftliche Risiko übernimmt der Verlag.

Als Independent-Autorin übernehme ich selbst das volle Risiko. Ich kann so viel wie möglich selbst machen und auch selbst verhunzen. Ich kann mir bei der zu erwartenden verkauften Auflage in die Tasche lügen (das Gros der 0815-BoD-Autoren kann mit 20-50 verkauften Exemplaren froh sein!). Ich kann am falschen Ende sparen. Mein Buch kann völlig floppen, auf meine Kosten. Denn egal, wie hoch die Summe sein mag: Beim selbstverlegten Buch bezahle ich als erstes.

Woran man meiner Meinung nach absolut nicht sparen sollte, wenn man es selbst nicht einigermaßen professionell kann:
  • Lektorat / Korrektorat (kann auch ein Profi nicht bei sich selbst)
  • Cover / Layout / Satz
  • Klappentexte / Pressetexte
Damit man sich eine Vorstellung machen kann, welche Kosten beim Selbermachen auf einen zukommen und welche man gerne verschweigt - hier ist mein Notizblatt, auf dem ich mir vor der Entscheidung notierte, ob sich das Buch lohnt. Man setze selbst die zutreffenden Summen ein und kann so ausrechnen, wie hoch die Deckungsauflage sein muss. Sprich, ab wann der erste Cent überhaupt verdient wird. (Nebenbei: Verlage machen das im Prinzip sehr ähnlich, müssen aber noch eine Menge Kosten mehr einrechnen, vor allem mit Personalverantwortung und höherem Risiko):

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Bliebe noch zu sagen, dass es eine zweite Budgetrechnung beim PoD gibt, die dem Herstellungspreis im Offset entspricht. Qualität und Ausstattung, Seitenzahl und Abbildungen schlagen sich nämlich im Endverbraucherpreis des PoD-Projekts nieder. Schon ein Zentimeter in der Buchgröße oder vier Seiten mehr können diesen Preis verändern! Es gibt zwar Firmen, die einem versprechen, man könne locker und lustig Tantiemen aufschlagen, wie man wolle, aber dadurch steigt auch der Endverbraucherpreis. Und dann kann es ganz schnell passieren, dass das Buch durch den Preis zum Ladenhüter wird!

Kleines Beispiel: Als ich mein Nijinsky-Buch zuerst rein nach Aussehen, Lust und Gusto kalkulierte, hätte das Hardcover im Laden 49,90 E gekostet. Also probierte ich heftig mit Ausstattung, Größe, Buchsatz etc. Zuerst fiel der Schutzumschlag zugunsten einer Mattlackierung weg. Das Buch wurde kleiner und kompakter. Bei einem Großanbieter wäre ich dann auf einen Ladenpreis von über 20 Euro - mit größeren Tantiemen - gekommen. Aber 20 E sind eine absolute Schmerzgrenze bei Käufern, für ein 128-Seiten-Buch allemal! Beim jetzigen Anbieter bekomme ich weniger Tantiemen, aber der Endpreis ist vernünftiger: 15,50 E. Das ist immer noch teurer, als wenn ich eine Auflage in China drucken lasse, aber dafür wird ja individuell für jeden Kunden einzeln gedruckt und ich muss keine Auflage vorfinanzieren.
Noch einmal: Nur durch Veränderungen in der Ausstattung, dem Format und der Seitenzahl und einen anderen Anbieter kostet das gleiche Buch statt 49,90 E nur 15,50 E!

Das klingt jetzt so einfach, war aber eine elende Rechnerei und Probiererei, weil auch Fotos im Spiel waren. Viele der Fotos, die bei meinem Format kostenfrei waren, hätten in einem großformatigeren Band Geld gekostet, etwa 60 bis 80 E pro Stück - für die Aufbereitung durch Bibliotheken. Geld, das ich ebenfalls hätte erwirtschaften müssen. Stattdessen habe ich durch meine Sparsamkeit sogar mehr Fotos als vorgesehen untergebracht, nämlich statt vier nun zweiundzwanzig.

Mit diesen Anregungen wünsche ich fröhliches Budgettieren auf dem Weg zur ersten Million!
Und mir wünsche ich natürlich verdammt viele Käuferinnen und Käufer, damit ich mir wenigstens nach Begleichung der Unkosten eines Tages die Robe zur großen Gala-Lesung* leisten kann ;-)

* irgendwer von meinen Lesern grinst jetzt wahrscheinlich vorlaut.

3 Kommentare:

  1. Sehr intereresannt aber ich vermisse den Unterschied zwischen Papierform und eBook.
    Denn gerade das beim eBook Format usw. nicht zu buche schlagen ist ja der große Vorteil.

    Und zwischen "Selbstverlag" und "Kindle-Shop" liegt auch wieder ein bedeutender Unterschied....

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  2. Hallo Anonym (war Ihr Beitrag so gefährlich, dass der Name fehlt?),
    das waren, wie gesagt, meine Anfangsnotizen VOR dem Projekt und keine komplette Vorlesung ;-)

    Sie können es aus dem Papier jedoch herauslesen: Beim E-Book fallen lediglich Druckherstellungskosten und etwaige Vertriebskosten weg. Dafür haben Sie möglicherweise Konvertierungskosten (schlecht konvertierte E-Books wären ein eigenes Thema) und in einigen Shops sogar Einstellgebühren. Und machen wir uns bitte nichts vor, die Shops, bei denen angeblich alles so frei ist, verdienen ihre Provision ebenfalls tüchtig. Lesen Sie das Kleingedruckte, und Amazons 70% schrumpfen in vielen Fällen ganz tüchtig zusammen...

    Stimmt, das Wort "Selbstverleger" hätte ich so missverständlich nicht nehmen sollen, wo ich doch selbst immer auf den Unterschied hinweise. Gemeint ist "selbstproduzierende" Autorin ohne Eigenverlag. Das ist ganz genau der gleiche Status, den man auch im Kindle Shop hat. Man muss keinen Verlag gründen, sich aber an Verlagsrecht halten!

    Die Hauptkosten am Buch haben Sie auch beim E-Book: Lektorat, Cover, Rechte etc., s.o.

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  3. "Selbstverlegerin" geändert in "Independent-Autorin" - das ist korrekter und weniger missverständlich.

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