Alte Büsche, neue Zeiten

Während ich mich altmodisch mit einem Manuskript beschäftigte, drehte sich draußen die Bücherwelt weiter. Man könnte das ganz grob so auf den Punkt bringen: Viele Verlage und der Buchhandel bekommen kalte Füße vor der Zukunft, weil der Sog der Veränderungen anscheinend nicht nur langsam über den großen Teich schwappt, sondern kaum noch weggeträumt werden kann.

Zeit, innezuhalten und zurückzuschauen. Das Branchenblog Future-e-Book erinnert an die "guten alten" Zeiten, als Penguin für Jack Kerouac tüchtig auf den Busch klopfen musste, pardon, die Werbetrommel rühren. Komisch zu lesen, dass man sich früher genauso einen abzappeln musste, um ein Buch bekannt zu machen wie heute. Technisch gesehen sind ein paar Büsche dazugewachsen und Verlage haben es schwerer, "eine Stimme fürs Buch" zu entwickeln. Wer sich durchliest, wie man das verwöhnte Publikum heute auf unterschiedlichen Kanälen erreicht, wird schnell feststellen: Entweder müssen die Verlage wieder lernen, Bücher einzeln und individuell zu betreuen (mit neuen Fachleuten) - oder Autoren haben eindeutig die besseren Karten in der Hand. Sie wissen nämlich, wie man mit Lesern über ein Buch kommuniziert. Man könnte verwegen auf die Idee kommen, Verlage könnten Autoren eines Tages für deren Social-Media-Arbeit bezahlen ... wäre doch nur gerecht, oder?

Auf einen Kanal, der selbst ein Buch sein kann, bezieht sich die New York Times in ihrem Beitrag "Using E-Books to sell More Print Versions". Die Jünger des Gutenberg'schen Universums werden aufschreien, aber tatsächlich könnten E-Books gedruckte Bücher fördern, anstatt sie auszulöschen. Die Promotion des Verlags Algonquin ist so einfach wie wirkungsvoll und soll sogar den Buchhandel unterstützen. Nicht ganz einfach nachzumachen im genauestens regulierten Deutschland - da ist Fantasie gefragt. Aber die Kunden schreien eigentlich längst nach einer Bündlung von E und Print.

Nachdenklich fragt the Utopianist, ob Crowdfunding eine Möglichkeit wäre, Autoren in der Indie-Szene zu Geld und Brot zu verhelfen. Nicht jeder Autor hat es drauf, seinem Publikum die richtigen Extras zu bieten oder überhaupt eine Community zu bewegen, aber es kann sogar hierzulande funktionieren, wie das Beispiel von Andrea Kamphuis zeigt. Der Blogger sieht jedoch eine Gefahr durch die erfolgreichen Selbermacher - Verlage könnten sich in Zukunft auf den Lorbeeren ausruhen und gleich mal vorfiltern. Man müsste dann vielleicht nicht nur ein gutes Manuskript heranschaffen, sondern auch eine große Community und womöglich sogar eine Teilfinanzierung? Bevor Verlage derart ihre eigenen Aufgaben vergessen, schlage ich doch einen Alternativweg vor: Warum bemühen sich eigentlich nicht die oft an Finanzen knappen Verlage um Crowdfunding? Wäre eine schöne Gelegenheit, das eigene Zielpublikum kennenzulernen und das Verlagsprofil zu schärfen.

Bleiben wir beim schnöden Mammon. Publishing Perspectives befasst sich mit einem hochinteressanten Phänomen, das sich derzeit bei großen Verlagen ausdünnt, aber in der Indie-Szene wächst. Die Midlist-Autoren. Zu Recht kreidet die Autorin den Medien und Blogs an, dass mit Meldungen über die superreichen Selbstverleger eine künstliche Blase geschaffen wird, die bei näherer Betrachtung genauso platzt wie im Verlagsbetrieb: Diese Leute sind eine verschwindende Minderheit, die aber wie die Sau durch die Medien getrieben wird. Wie aber steht es nun um Autoren, die mit ihren Büchern vielleicht ein Monatsgehalt von 1500 Dollar erwirtschaften? Und wie viel verdienen einige Kindle-Autoren im Schnitt? Die vorgelegten Rechenexempel sind nicht sehr repräsentativ, dazu fehlt die Masse, aber sie zeigen doch einen deutlichen Trend. Wenn er sich bewahrheitet, dann heißt das, dass Indie-Autoren in ein paar Jahren von ihren Büchern leben könnten. Und es heißt jetzt schon, dass man als Indie-Autor durchaus Lizenzen in andere Länder verkaufen oder bei Verlagsanfragen höhere Vorschüsse aushandeln kann. Schließlich hat man gezeigt, was man wert ist, wenn das Buch läuft.

Wer sich für weitere Themen dieser Art mit dem Schwerpunkt Self-Publishing interessiert, Holger Ehling hat bei Facebook gerade die neue Gruppe Self Publishing gegründet.
Und brand eins bringt die letzten News, was in der Nachbarschaft derzeit abgeht, nämlich in der Musikbranche mit ihren Verkaufsmodellen. Den Artikel sollte man mit sehr langer Neugiernase lesen, bekanntlich hinkt die Buchbranche gerade der Musikbranche hinterher. Indies können sich eine ganze Menge Ideen abschauen.

Und morgen ist Sonntag. Da habe ich nämlich frei.

2 Kommentare:

  1. Schön zu lesen, dass nicht nur ich so einen Knall habe und manche Layouterscheinungen zum Mäuse melken finde.

    Und der Gatte sitzt in normannischer Sonne am Strand und sammelt mit Bleistift in der Hand konsequent überlesene Fehler. Aber immer wieder lacht er auch oder nickt heftig zustimmend - was mich dann freut!


    Petra, gut, dass Du endlich den Deckel drauf gemacht hast. Ich will es lesen, Dein Buch! Jetzt!!!

    Und ich verspreche Dir, dass ich jeden Fehler, den ich finde, ich hübsches Geschenkpapier packe und ihn Dir schicken werde. Gleiches werden sicher alle Blogleser auch tun... ;-)

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  2. Bitte nicht! Bei mir ist jetzt zum ersten mal die Situation eingetreten, dass ich von meinem Buch nichts mehr hören und sehen mag. Auch nicht in Geschenkverpackung ;-)
    Keine Angst, der Zustand geht vorbei. Er trat sogar recht spät ein...

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