Die wahren Zahlen
Irgendwer staunte mich einmal bei einer Lesung an und meinte, mit so vielen Büchern könne ich mir doch jetzt sicher die Villa mit Swimmingpool an der Cote d'Azur kaufen. Als ich vorrechnete, wie viele Taschenbücher ein Autor für so eine Villa verkaufen müsste, da kam die Antwort: "Ja, aber die Rowling hat das doch auch geschafft!"
Weil die Medien am liebsten über Riesenauflagen berichten, denkt jeder, Riesenauflagen seien normal. Und weil auch Kollegen verschämt ihre Verkaufszahlen verschweigen - SchriftstellerInnen sind nämlich manchmal ein neidisches oder schadenfreudiges Volk - denken auch AutorInnen, sie schrieben am Abgrund, wenn die Zahlen so glorreich nicht sind. Kommen die Verlage dazu, die ab und zu durch zur Schau gestellten Unmut das nächste Buch billiger erhandeln wollen. (Ich kenne jemanden, dem bei 50.000 Abverkäufen gesagt wurde, er müsse sich gefälligst mehr anstrengen, um weiterschreiben zu dürfen). Na, und dann die Vorabverkaufszahlen in den Buchhandelsprospekten, die einen unter Psychodruck setzen, auch wenn die Branche intern zugibt, kräftig zu schönen.
Normal ist das, was man nicht hört. Was auch KollegInnen nicht zuzugeben wagen. Erst wenn man sie persönlich gut kennt und verspricht, die Daten absolut zu anonymisieren, erfährt man, dass einer der ganz großen Publikumsverlage eigentlich nur mit den Rennern Geld macht und das andere "halt so mitzieht". Ein Kollege, der dort lausige 1500 Unterhaltungsromane abverkauft hatte, erfuhr nach ausführlichen Recherchen in sogenannten informierten Kreisen, dass die meisten Romane in jenem Programm die 1000er-Marke nicht einmal erreichten. Aber die beiden Bestsellerautoren, die rissen alles raus. Er ging in einen mittelgroßen Verlag, bekam ein Hardcover und übertraf sich selbst.
Ein Kollege im Publikumsverlag schaffte es mit einem Taschenbuch auf fette 250 Exemplare und fragte sich nachher zu Recht, warum er nicht zu BoD gegangen war. Völlig perplex nahm er seinen zweiten Vertrag entgegen - offensichtlich war er noch nicht schlecht genug. Der zweite Roman dümpelte leicht besser und der Kollege wechselte den Verlag. Plötzlich ging der dritte Roman richtig ab. Nicht, dass er besser oder anders gewesen wäre - er wurde einfach nur beworben.
Gestern hörte ich dann im Fernsehen (in den Sendern, die MRR guckt) seit langem einmal eine offizielle offene Zahl, die solche Auflagen bestätigt. Es ging um den angesehen Kunstverlag Schirmer Mosel und sein Beuys-Projekt.
Der Verleger erzählte, dass solch ein berühmter Name und solch ein Buch natürlich eine Sicherheit seien. So etwas verkaufe sich schon einmal an alle Bibliotheken, internationale eingeschlossen. Es sei ein Buch, das andere, die weniger gut liefen, trage. Und dann nannte er Zahlen. 2000 verkaufte Exemplare seien in diesem Bereich äußerst zufriedenstellend.
Für Laien zum Nachrechnen: Nehmen Sie an, dass ein ordentliches Durchschnittshonorar (brutto, davon gehen Steuern, Abgaben, Rente etc. ab) bei ca. 4% vom Nettoverkaufspreis beim Taschenbuch liegt und ca. 8% beim Hardcover. Dann können Sie sich ausrechnen, wie lange es regnen muss, bis ein ganz normaler Autor einen Swimmingpool füllen kann.
Weil die Medien am liebsten über Riesenauflagen berichten, denkt jeder, Riesenauflagen seien normal. Und weil auch Kollegen verschämt ihre Verkaufszahlen verschweigen - SchriftstellerInnen sind nämlich manchmal ein neidisches oder schadenfreudiges Volk - denken auch AutorInnen, sie schrieben am Abgrund, wenn die Zahlen so glorreich nicht sind. Kommen die Verlage dazu, die ab und zu durch zur Schau gestellten Unmut das nächste Buch billiger erhandeln wollen. (Ich kenne jemanden, dem bei 50.000 Abverkäufen gesagt wurde, er müsse sich gefälligst mehr anstrengen, um weiterschreiben zu dürfen). Na, und dann die Vorabverkaufszahlen in den Buchhandelsprospekten, die einen unter Psychodruck setzen, auch wenn die Branche intern zugibt, kräftig zu schönen.
Normal ist das, was man nicht hört. Was auch KollegInnen nicht zuzugeben wagen. Erst wenn man sie persönlich gut kennt und verspricht, die Daten absolut zu anonymisieren, erfährt man, dass einer der ganz großen Publikumsverlage eigentlich nur mit den Rennern Geld macht und das andere "halt so mitzieht". Ein Kollege, der dort lausige 1500 Unterhaltungsromane abverkauft hatte, erfuhr nach ausführlichen Recherchen in sogenannten informierten Kreisen, dass die meisten Romane in jenem Programm die 1000er-Marke nicht einmal erreichten. Aber die beiden Bestsellerautoren, die rissen alles raus. Er ging in einen mittelgroßen Verlag, bekam ein Hardcover und übertraf sich selbst.
Ein Kollege im Publikumsverlag schaffte es mit einem Taschenbuch auf fette 250 Exemplare und fragte sich nachher zu Recht, warum er nicht zu BoD gegangen war. Völlig perplex nahm er seinen zweiten Vertrag entgegen - offensichtlich war er noch nicht schlecht genug. Der zweite Roman dümpelte leicht besser und der Kollege wechselte den Verlag. Plötzlich ging der dritte Roman richtig ab. Nicht, dass er besser oder anders gewesen wäre - er wurde einfach nur beworben.
Gestern hörte ich dann im Fernsehen (in den Sendern, die MRR guckt) seit langem einmal eine offizielle offene Zahl, die solche Auflagen bestätigt. Es ging um den angesehen Kunstverlag Schirmer Mosel und sein Beuys-Projekt.
Der Verleger erzählte, dass solch ein berühmter Name und solch ein Buch natürlich eine Sicherheit seien. So etwas verkaufe sich schon einmal an alle Bibliotheken, internationale eingeschlossen. Es sei ein Buch, das andere, die weniger gut liefen, trage. Und dann nannte er Zahlen. 2000 verkaufte Exemplare seien in diesem Bereich äußerst zufriedenstellend.
Für Laien zum Nachrechnen: Nehmen Sie an, dass ein ordentliches Durchschnittshonorar (brutto, davon gehen Steuern, Abgaben, Rente etc. ab) bei ca. 4% vom Nettoverkaufspreis beim Taschenbuch liegt und ca. 8% beim Hardcover. Dann können Sie sich ausrechnen, wie lange es regnen muss, bis ein ganz normaler Autor einen Swimmingpool füllen kann.
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