Dabeisein ist alles?

Heute ist ein Twittertag wie im Lehrbuch. Nicht, dass mich die Ereignisse in der Welt kalt lassen würden, im Gegenteil. Aber mich interessiert die Meta-Ebene: Was geht an solchen Tagen in Social Media ab, warum stellt sich Twitter so dar? Betrachten wir das Ganze doch einmal ethnologisch.

Ein Außerirdischer, der noch nie ein solches Tool gesehen hat, wird wahrscheinlich hoffnungslos verwirrt werden: Die kleinen Erdlinge verhalten sich nämlich äußerst widersprüchlich. Hektisch werden Nachrichten um die Welt verbreitet, die an Aktualität längst die herkömmlichen Medien überbieten. Trotzdem sind es gerade die großen Medien weltweit, die für gesicherte und nachgeprüfte Nachrichten auch bei Twitter stehen. Die einen retweeten ohne Unterschied alles, was sich zur Panikmache eignet oder zufällig ins i-phone tropft - die anderen wählen sorgsam seriöse Quellen aus. Aber who is who? Videos und Augenzeugenberichte kursieren schneller, als einen manchmal der Tod ereilen kann - ein Klick beim Kaffee, beim Mittagessen, und schon hat man das schönste Grauen auf dem Teller, live, im schönen geruhsamen, sicheren, reichen Deutschland. Wer gestern noch über die Brutalität der Bilder in der Tagesschau gewettert hat, klickt sich morgen schon genüsslich angeekelt durch abgerissene Glieder und Menschen, deren Schmerzen für ein ganzes Leben reichen. Wer klickt sich weiter zum Roten Kreuz oder zur tätigen Hilfe?

Es ist das alte Dilemma ethisch verantwortlicher Journalisten: Wie viel Grausamkeit bei aller Informationspflicht darf sein? Wenn ein Diktator seine Landsleute abschlachtet, können Bilder notwendig sein, um die Weltöffentlichkeit aufzurütteln und Politikern die wahren Ausmaße vor Augen zu führen. Doch werden zu viele Bilder gezeigt, nutzt sich die Grausamkeit ab, gewöhnt man sich und schaltet irgendwann ab. Der Mensch erträgt nur ein gewisses Maß. Muss ich Tsunami-Opfer zeigen? Kann sich nicht jeder vorstellen, was es heißt, zu ertrinken oder vom eigenen Haus erschlagen zu werden? Wie viel Bild muss sein für die Information und was ändert es in uns? Tun wir der Aufklärung wirklich Gutes, wenn sich Katastrophenmeldungen und Bilder vom Grauen zu medialen Müllbergen häufen, unter denen jeder nur noch den einen Wunsch verspürt - nämlich all das möglichst weit weg zu entsorgen?

Das andere Phänomen ist das Menscheln. Sonst eher unauffällige Zeitgenossen lassen plötzlich die Sau raus. Sie werden zu Polemikern, politischen Agitatoren, ernennen sich selbst zum Superexperten. Mal für Diktaturen, mal für Atomkraft, je nach Angebot und Nachfrage. Gutmenschen und Betroffenheitsmenschen reichen sich die Hände und Twitter fließt in den Krokodilstränen derer dahin, denen es prächtig geht. Neuerdings wird sogar per Retweet gebetet. Nicht, dass das die Welt auch nur einen Deut verbessern würde, denn sofort setzt immer das gleiche Spielchen ein, vorhersehbar wie im Sandkasten: Die einen gehen auf die anderen los. Da wird diffamiert und reingeschlagen, geblockt und entfolgt, lächerlich gemacht, gewitzelt.

Auch das kommt pünktlich wie der Weihnachtsmann, wenn irgendetwas die Welt erschüttert. Twitter ist zeitweise eine regelrechte Dreckschleuder an geschmacklosen Witzen über das Leiden, über Katastrophen, über politisch ernste und folgenschwere Ereignisse oder Personen. Ergo ist Twitter schlecht, sagen die einen. Und die anderen ziehen in den Krieg gegen die mit den Witzen. Es wird geblockt und entfolgt, ereifert und in 140 Zeichen die Welt verbessert. Ein schönes Gefühl, wenn man nicht ganz hilflos scheint. Der Klick auf die Maus, auf die Handytaste - ist das die neue Ersatzaktion des gelähmten Bürgers? Machen, klicken, retweeten, klicken, kommunizieren, reden, reden, lesen, klicken. Nur um Himmels Willen keinen Moment innehalten. Nicht nachdenken, schon gar nicht über sich selbst. Wer einen Abschaltknopf betätigt, gilt heutzutage schon als feige oder weltfremd.

Ist Twitter böse? Sind die Menschen, die Twitter benutzen, besonders durchgeknallt? Nein. Die Menschen menscheln wie seit Jahrhunderten. Sie haben sich durch die neuen Medien keinen Deut verändert. Die neuen Medien werfen einfach nur live deutliche Schlaglichter auf die Wirklichkeit menschlichen Verhaltens, wie es schon zu offline-Zeiten gang und gäbe war. Wir haben nicht mehr Kriege als in der Geschichte. Wir erfahren nur schneller und deutlicher von Kriegen, für die wir uns früher nicht die Bohne interessiert hätten. Die Welt wird nicht plötzlich von Verblödeten überschwemmt - wir haben ihnen nur die Instrumente geschaffen, sich zu zeigen. Wir haben nicht plötzlich mehr gefährliche Diktatoren auf der Welt - früher haben unsere Staaten mit ihnen Geschäfte gemacht und Waffen geliefert, wir sind in ihre Länder in Urlaub gefahren - es hat uns einen Dreck interessiert. Doch plötzlich lockt der Retweet-Button wie ein Joystick den Spielsüchtigen. Dabeisein ist alles?

Warum ist der Mensch wie er ist? Was bei Twitter abgeht, kann man an jeder Autobahn bei einem Unfall beobachten. Der Mensch ist ein Voyeur und wenn er noch so wenig hinschauen mag. Beobachtet man einmal die Menge der Schaulustigen genauer, so wird man unterschiedliche Individuen erkennen. Die einen sind einfach gelähmt und stehen wie unter einem Zwang. Andere scheinen das Verhalten zu brauchen, um sich des eigenen Wohlbefindens zu versichern oder gar der eigenen Identität. Der Vergleich mit anderen bestimmt unseren eigenen Standort im Leben. Im Vergleich mit anderen kann sogar ein Nachdenken einsetzen. Und in den meisten Fällen ist es schlicht ein Ventil, um sich gut zu fühlen, um sich überhaupt einmal zu fühlen.

Ein Ventil wie der Witz. Es befremdet eine Beerdigungsgesellschaft, die zivilisatorisch darauf gedrillt ist, Contenance und Trauer zu zeigen, wenn am offenen Grab ein Angehöriger in Lachen ausbricht. Und doch liegt das Lachen ganz nah am Weinen. Dieses Lachen ist eine Emotionsäußerung, die den Hilflosen und Verzweifelten genauso überschwemmen kann wie ein Schreien. Manchmal ist es sogar ein Zeichen, dass dieser Mensch überhaupt noch zu Emotionen fähig ist. Rettungskräfte, Ärzte, ja sogar Priester und Pastoren reißen untereinander die übelsten, zynischsten Witze. Sind sie deshalb gefühllos oder gar unmoralisch? Es gibt Situationen im Leben, die lassen sich mit Moral und Wohlverhalten nicht aushalten. Die Natur hat uns ein Instrument des Überlebens geschenkt: Das Verdrängen, das Schaffen von Distanz, den beißenden Witz. Anders würden Menschen in solchen Berufen psychisch kaputtgehen - und vielen gelingt das Distanzieren auch tatsächlich nicht immer. Sie sind dann gezeichnet fürs Leben.

Was aber ist mit den unbeteiligten Lachern und Witzlern bei Twitter? Es lohnt sich durchaus, einen Blick auf sie zu werfen und sie ernst zu nehmen. Natürlich sind sie nicht vor Ort, nicht beteiligt und selten wirklich betroffen. Aber sie sind wie das arme Würstchen, das bei der Beerdigung lacht. Das ist Angst. Da sind Überwältigung und eine Abwehr, mit der schönen selbstgeschaffenen Live-Medienschalte zurechtzukommen. Viele haben nur noch diese einzige Emotion. Viele beginnen erst im Witz, sich selbst zu spüren. Vielleicht wird mancher von ihnen erst im Narzissmus richtig lebendig, als Selbstdarsteller. Vielleicht könnten manche am liebsten heulen und sind sogar in den eigenen Reaktionen überfordert. Twitter ist nicht böse. Die Menschen sind nicht per se böse oder verblödet. Twitter zeigt lediglich: Wir sind entwicklungsgeschichtlich noch gar nicht so weit vom Urmenschen entfernt. Ausnahmesituationen machen deutlich, wie sehr sich jemand im Griff hat und wie weit das Nachdenken noch funktioniert.

Gefährlich wird es, wenn das Medium bereits das Leben ersetzt. Wenn der Klick zum Ersatz für das Zeigen echter Emotionen wird. Um wie viel echter wird Leiden und Beten per Retweet im Gegensatz zu dem, was im stillen Kämmerlein und in tiefer Ehrlichkeit stattfindet? Wie offline sind wir noch? Sind wir überhaupt noch oder kommunizieren wir uns nur? Wie viel Hilflosigkeit, Übersättigung und Überforderung mag unser Klickfinger in die Welt hinausweinen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind?

Der Mensch ist per se nicht schlechter als früher. Denn er hat sich mit den neuen Medien auch gleichzeitig einen Ausweg ins Leben geschaffen: den Ausschaltknopf.

Stille. Innehalten. Abbruch der Informationsbulimie. Wie viel von unserem Selbst halten wir dann noch aus? Wie tätig werden wir im Leben für diejenigen, deren Schicksal wir so fix und leichtfertig durch die Welt klicken? Wie viele Klicks braucht es, bis wir in unserem Leben etwas verändern? Leben wir noch?

Weiterführende Lektüre: 
Die FAZ über a-soziale Netzwerke
Das Basic Thinking Blog "Die Welt kollabiert und wir trösten uns mit Gadgets..."
Rabenblut über "Öffentliche Betroffenheit"
und für die Utopisten SpOn: "Die ganze Welt ist meiner Meinung"

13 Kommentare:

  1. Das ist dasStärkste, was ich heute gelesen oder gesehen habe, Petra.
    Christa

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  2. Selbst erst seit zwei Tagen bei Twitter, stelle ich mir still genau jene Fragen, über die Sie hier offen & klug nachdenken. Ein toller Kommentar. Herzlichen Dank dafür!

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  3. Ehrlich gesagt finde ich Deinen Beitrag selbstgerecht und von oben herab. Als ob die Leute Ameisen wären und Du die Wissenschaftlerin, die sie analysiert.

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  4. Auch ich bin eine Ameise, liebe Irene!

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  5. Danke für diesen treffenden Artikel, der viele Fragen stellt und beantwortet, die ich mir nicht erst seit gestern, sondern schon oft gestellt habe (siehe Twitter sucks: http://t.co/UKAvScH) und die Sie hier wirklich unglaublich gut auf den Punkt bringen und analysieren.
    Und auch wenn ich auch per Blogpost für Gebet statt Fernsehen aufgerufen habe, stimme ich zu, dass es wichtiger ist, wirklich etwas zu tun, statt nur die Kanäle zu füllen. Meine Sprachlosigkeit, habe ich gestern versucht durch einen leeren Tweet auszudrücken, weil all die Gefühle irgendwie doch geteilt werden wollen. Die Ambivalenz ist einfach riesig.

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  6. Ich war inzwischen auf Deiner Twitter-Seite und da wird das offensichtlich ;-)

    Ich habe mit Anspielungen auf bestimmte Posts schlechte Erfahrungen gemacht (früher, beim Lesen anderer Blogs). Mir ist es lieber, wenn man gleich sagt, wen man meint, das verhintert Missverständnisse. Lieber offener Zoff als ein ungutes Gefühl.

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  7. @Irene
    Ich denke hier essayistisch über Probleme nach, die teilweise auch mich (und als Journalistin sowieso) umtreiben und betreffen.

    Das hat mit Anspielungen oder "wer ist da gemeint" überhaupt nichts zu tun. Wenn ich fünfzehn absolut danebengeratene Witze in der Timeline habe (und das bei meiner Auswahl von Leuten), dann darf ich daraus folgern: Es gibt Menschen, die in solchen Momenten blöde Witze reißen. Ich muss dann einen, der mir zufällig gerade unterkommt, nicht namentlich auch noch vorführen. Und es liegt mir fern, mich zu zoffen, wenn ich über das Wesen der Menschen nachdenke. Ich liebe diese unvollkommenen Ameisen.
    Aber ich bin mir bewusst, dass eine essayistische Zuspitzung nicht bei allen gleich ankommt.

    @Andrea
    Mir geht es ja ganz ähnlich wie Ihnen! Als ich früher in der Redaktion am Ticker stand und damals noch Kilometer von Papier flossen, fand ich es absolut brutal, in Sekundenschnelle Menschenleben und Katastrophen gegeneinander abwägen zu müssen, weil nicht alles ins Blatt passt. So wie Japan derzeit die arabischen Länder verdrängt, wo die Menschen ja nicht weniger leiden. Leid kann man nicht aufrechnen.
    Man lernt dieses Entscheiden sehr schnell. Aber gerade deshalb muss ich immer mal wieder einen Schritt zurücktreten und mich fragen: Denkst du noch oder klickst du schon?

    Mit dem Beten meine ich übrigens nicht das Beten an sich oder dass man sich darüber austauscht. Gestern beobachtete ich nur in den USA eine Aktion, wo tatsächlich per Retweet Gebete "verstärkt" werden sollten. Da frage ich mich dann als Ex-Theologin tatsächlich nach dem Gottesbild...

    Ihr Blogbeitrag spricht etwas an, das mir zunehmend Unbehagen verursacht: diese Suche nach dem Sündenbock (nebst Besserwissern). Wie populistisch und vorschnell das - durch die neuen Medien verstärkt - heute geht, macht mich oft gruseln!

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  8. Danke für Ihre ausführliche Antwort.

    Die Frage wieso Libyen und die Menschen dort so aus unserem Blickfeld gerückt sind, habe ich mir auch schon gestellt. Ist es, weil die Identifikation mit einer Industrienation, also überspitzt gesagt "Menschen wie uns" größer ist?

    Und die von Ihnen angesprochene Selbstreflexion ist so wichtig, aber ist immer seltener zu beobachten, da wird lieber schnell mal zugebissen und Menschen in einer Art und Weise diffamiert, dass es einen graust.

    Mit dem Beten, ich dachte mir schon, dass sie nicht das "normale" Beten im Sinn gehabt haben, denn nach dem Lesen des Blogposts habe ich ihre Vita gelesen und mir schon gedacht, dass da mehr dahinter stecken muss. Steht ja auch schon bei Matthäus: Und wenn du betest, sollst du nicht sein wie die Heuchler, die da gerne stehen und beten in den Schulen und an den Ecken auf den Gassen, auf dass sie von den Leuten gesehen werden.

    Ich persönlich glaube an die Wirkung der stillen Gebete im Kämmerlein oder der gemeinsamen Gebet, die heute und morgen sicher in unzähligen Gemeinden und Gottesdiensten für das japanische Volk gebetet werden. Was tatkräftige Unterstützung in Form von Spenden z.B. in keinster Weise ausschließt.

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  9. Also Scheffin, ich sag mal, die Wochenendbeilage fällt nach so einem Beitrag aus. Mir ist nicht nach Leichenspaß, auch wenn es sich nur um gemordete Magenweilerer dreht.
    Sonniges WE,
    Leszek

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  10. Zunächst einmal Respekt dass hier Twitter nur als Medium gesehen wird. Die Tweets sind eben ein Schnitt durch unsere Gesellschaft - und die ist wie sie ist.

    Ich für meinen Teil halte mich stark zurück, klar die Menschen in Nordafrika und Japan tun mir leid. Es schockt mich, aber das kann ich für mich behalten. Andere eben nicht. Sie haben Freunde auf Twitter und arbeiten ihre Emotionen dort auf. Ich denke dass ist deren gutes Recht und wem das nicht passt der darf getrost den Twitter-Client ausmachen ;)

    Just my 2 Cents

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  11. @Enrico
    Natürlich ist Twitter nur ein Medium wie Telefon, Fax, Büchsentelefon oder Buschtrommel, was denn sonst? ;-)
    Bei Ihrer Antwort könnte einen dann durchaus die Frage beschäftigen, warum immer mehr Privates bis Intimes in der Weltöffentlichkeit aufgearbeitet wird und nicht mehr z.B. unter Freunden im echten Leben oder in anderen Netzen der Gesellschaft. Versagen die? Wird da etwas anderes befriedigt? Was passiert mit mir, wenn ich mich sozusagen öffentlich ausziehen würde? Spannendes Thema...

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  12. @Andrea
    Sie hätte ich vor dem Schreiben an der Seite haben müssen! Ich hatte ständig im Hinterkopf, dass es da ein wieder hochaktuelles Zitat gab über die "Aktion" im stillen Kämmerlein (kann man heutzutage ja auch auf noch mehr private Äußerungen des Lebens beziehen). Aber Bibelkunde war mein schlechtestes Fach ;-)

    Libyen etc: Es gibt eine Art Faustformel für die journalistische Relevanz von Ereignissen:
    - Anzahl der Opfer / Stärke der Verwüstungen / Gefahren
    - Geografische / emotionale Nähe
    - Direkte Betroffenheit

    Das heißt, wenn man es verkürzt ausdrückt, bei 30 Zeilen Platz kommt die Meldung des von Terroristen im Urwald entführten Deutschen vor dem indischen Fährunglück, das 200 Tote forderte. Ist die erste Meldung jedoch noch nicht bestätigt und die Terroristen sind von einer seltsamen Regenwaldschützerbande und nicht Islamisten, kann die Meldung zugunsten eines Busunglücks in Polen kippen.
    Das sind keine mathematischen Formeln, es liegt immer im Ermessen der Journalisten, so dass sich z.B. die Nachrichten auf ARTE massiv von der Tagesschau unterscheiden und die BBC eine andere Weltsicht hat als CNN.

    Wir in Frankreich hören z.B. (trotz Japan) sehr viel mehr und detaillierter von den Vorgängen in der arabischen Welt - was natürlich auch geschichtlich-politische Gründe hat - und es betrifft uns mit einem Anteil nordafrikanischer Mitbürger spürbar. Im dt. Journalismus beobachte ich leider manchmal eine Tendenz, Punkt 3 künstlich auszureizen, indem man Betroffenheit konstruiert.

    Ich habe eben eine TV-Sondersendung gesehen, in der der japanische Kollege über weite Strecken stumm und unangesprochen zuhören musste, während die Deutschen über drohende Gefahren in unserem Land debattierten (und fleißig instrumentalisierten). Das empfinde ich persönlich zu diesem Zeitpunkt nicht nur als zynisch den Japanern gegenüber, sondern als schlechte Arbeit. Uns droht im Moment keine Gefahr. (Die Folgen von Libyen werden uns viel mehr treffen).

    Leider greifen da auch oft Mythisierungen. Wer ein Feindbild Islam schafft, wird vielleicht eher wegschauen, wenn Diktatoren dort ihr Volk abschlachten. Relevant wird das für den Zuschauer erst wieder, wenn die Ölpreise schmerzhaft steigen oder die Flüchtlinge kommen. Das klingt zynisch, aber das Nachrichtengeschäft ist zunehmend ein Geschäft mit Emotionen.

    Man kann dem entgehen, indem man mehrere internationale Quellen nutzt. Der Erfolg von AlJazeera zeigt deutlich, dass national Defizite in bestimmten Berichterstattungen bestehen. Hochachtung für all die internationalen Journalisten, die vor Ort eine brutal harte Arbeit leisten und gleichzeitig das eigene (Über)leben unter hoher psychischer Belastung in den Griff bekommen müssen. Und nicht selten von den Sesselsitzern und Besserwissern zuhause Schelte bekommen...

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  13. Der Vollständigkeit halber sei vermerkt, dass die Reaktionen auf diesen Artikel bei Twitter nicht durchweg positiv waren. Jemand merkte richtig an, dass auch die Metadiskussionen Teil des Twitterphänomens seien.

    Die übrige Kritik bezog sich eher auf meine Person: Von Arroganz, Überheblichkeit, Abgehobenheit, unangebrachtem Zeigefinger und ähnlichen Charakterfehlern war da die Rede.

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