Wozu Verlage? (Teil 2)
Rechte abklären
Sachbuch: Kitzlige Sache, das mit den Rechten. Nicht jeder Autor ist mit einem spezialisierten Anwalt befreundet. Da sind zum einen die Persönlichkeitsrechte: Eine Tochter von Nijinsky und Enkel leben noch. Man kann also z.B. über deren Mutter nicht lustig flockig von der Leber weg schreiben, sondern muss darauf achten, Persönlichkeitsrechte nicht zu verletzen. Ein Verlag hat in der Regel die größere Erfahrung und wird auch abwägen, welches Risiko er eingehen kann - im Ernstfall ist er mein Ratgeber.
Dann sind Abdruckrechte einzuholen und gegebenenfalls Honorare dafür zu zahlen. Immer dann, wenn ich das Zitatrecht überschreite, aber auch für Fotos, die zudem recherchiert werden müssen. Das nimmt einem normalerweise der Verlag ab - ich kann also befreit schreiben. Da ich selbst beruflich solche Archivrecherchen betreibe, kann ich ermessen, wie viel Arbeit z.B. in der Bebilderung des Rosenbuchs lag. Hier hat nicht nur jemand im Verlag tief in Archiven gewühlt, sondern auch noch genau meinen Text gelesen und wirklich darauf passende Bilder ausgesucht - und die Rechte beschafft und bezahlt. Ich selbst habe dann aus einer größeren Auswahl nur noch die Endauswahl getroffen und kann mich befreit zurücklehnen: alles erledigt, alles rechtens. Und die Bebilderung passt perfekt. Hat Kunstdruckqualität.
Manchmal hat man Pech und irgendwer führt einen Prozess - siehe Tannöd. Vor allem, wenn man einen Erfolg gelandet hat, steigt die Neigung zur Anklagerei, viele wollen etwas vom Kuchen abhaben und manchmal ist vielleicht wirklich ein Fehler unterlaufen. Würde mein Buch im Selbstverlag oder im PoD-Verfahren erscheinen, könnte ich schauen, wo ich allein bleibe. Ist es in einem seriösen Verlag erschienen, wird dieser hinter mir stehen und hat vielleicht sogar eine eigene Rechtsabteilung, die mich unterstützt. Die berät auch mal lange im Voraus bei kritischen Fragen.
Lesungen
Noch so eine Sache: Ich schätze es sehr, wenn mich ein Verlag bei meinen Lesungen unterstützt. Das ist nicht selbstverständlich, ich kenne eine Kollegin, die bei einer großen Lesung ohne Bücher dastand - der Verlag hatte schlicht vergessen zu liefern, obwohl die Lesung seit Monaten immer wieder besprochen worden war. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass mehrere Verlage nebeneinander auf dem Lesetisch eines vielseitigen Autoren liegen möchten. Ich habe Glück - mit meinem Rosen- und Elsassbuch muss ich mich um nichts kümmern, einfach die Adressen weiterleiten oder den zuständigen Buchhändler nennen. Wenn ich komme, ist der Büchertisch fertig, alles wird geregelt, oft werden die Bücher auch zeitlich rund um das Ereignis verkauft. Und das, obwohl ich recht selten in Buchhandlungen lese, sondern freie Veranstaltungen plane - ein Mehraufwand für den Verlag. Wer je selbst eine Lesung organisieren musste und den Verkauf obendrein, der weiß, wie viel Arbeit und auch geschäftliches Risiko einem da abgenommen wird (abgesehen davon, dass ich als Autorin gar keine Bücher verkaufen darf).
Es ist auch von Vorteil, die wichtigsten Verlagsmitarbeiter persönlich zu kennen und längerfristige Beziehungen zu knüpfen. Vielleicht passt das nächste Manuskript nicht ins Programm, aber das übernächste. Vielleicht wird man angesprochen, ob man nicht eine Idee in einer bestimmten Richtung in der Schublade habe (dafür brauchen wir Autoren unsere Schubladen, Portfolio genannt). Oder man kommt durch die Zusammenarbeit auf eine genau passende Idee. Und wieder entsteht ein Buch.
Qualität des Lektorats
Dann habe ich eine Leistung schätzen gelernt, die absolut nicht in jedem Verlag üblich ist - wir haben bereits an verschiedenen Stellen gehört, dass beim Lektorat oft heftigst gespart wird. Mein Rosenbuch hat z.B. nicht einfach "nur" ein Lektorat bekommen, sondern ein sogenanntes Fachlektorat. Der Lektor saß mit meinem Manuskript in der Unibibliothek und hat akribisch jede meiner Behauptungen auf Richtigkeit und Logik überprüft. Manchmal gab es wissenschaftlich mehrere Möglichkeiten, dann haben wir uns für eine entschieden, die mir am wahrscheinlichsten scheint. Natürlich werden nicht alle Leser dieser Auswahl folgen mögen, natürlich ist auch ein Fachlektorat nicht vor Fehlern gefeit. Ich war aber schon froh, dass da jemand in Sachen Theologie, Geschichte oder Chemie und Genetik wirklich nachpüfte, ob ich nur vom Pferd erzähle... Und ich war positiv überrascht, aus diesem Fachlektorat noch Zitate und Hinweise zu erhalten, die mir nach ausführlicher Recherche noch nicht bekannt waren. Ein derart bearbeitetes Buch gibt man gern in die Hände der Leser. Ein Autor allein kann das nie und nimmer leisten - und Fachlektorate selbst einkaufen? Die sind teuer.
Kurzum: Verlage werden in Zukunft absolut nicht überflüssig werden. Was sich verändern wird, sind die immensen Leistungsunterschiede, die man immer genauer vergleichen muss. Und jeder Autor sollte sich im Vorfeld fragen, welche Verlagsleistungen ihm unverzichtbar scheinen und welche eher unwichtig. Tatsache ist auch, dass man mit einem Verlag ein Team bildet, als Autor also nicht die Hände in den Schoß legen sollte und sagen: macht mal. Hier erweist sich die Professionalität des Autors - ist er mehr als nur eine "Schreibmaschine"? Denn auch das vergessen die meisten Laien: Professionelle Autoren leisten sehr viel mehr als nur das Schreiben eines Manuskripts. Sie müssen aber bei einem seriösen Verlag auch keine unbezahlten Fremdarbeiten übernehmen, als da wären Grafik, Lektorat oder Vertrieb u.ä.
Die im Artikel genannten Bücher sehen Sie rechts im Menü. Und wenn sich jemand fragt, wieso ich so viel schreibe, dass man mit Lesen schier nicht nachkommt: Dieses Blog macht über die Feiertage Urlaub. Also bleibt genug Zeit zum langsamen Lesen... nur keine Eile!
Wer noch mehr zum Thema will: Richard K. Breuer beschreibt in einem Jahresrückblick das Strampeln von Kleinstverlegern respektive Autoren und die Marktkonditionen: "Der Schwanz, der in die Katze beißt".
Es ist vielleicht gut, dass dieses Blog demnaechst Urlaub macht, das gibt einem Zeit, nachdenklich, den Dialog weiterzuentwickeln damit die Qualitaet beibehalten wird. Danke fuer die Transparenz. Mit diesem Background-Eindruck bin ich neugierig wie Leute wie JK Rowling mit ihrem Harry Potter (nur ein Band gelesen) solchen Aufstieg hatte - denn da wurde ja diese "Scheinwelt" vom Sozialhilfeempfaengerin zur Milliadaerein hoch gespielt, mit dem vertrautem Nebeneffekt - jeder kann das auch.....
AntwortenLöschenIch gehe derweilen heute Nachmittag weg und werde die Rosen abholen. Es wird in vieler Hinsicht ein anderes Lesenerlebniss sein.
Bitte kritisch lesen, ich bin gespannt auf Ihr Urteil!
AntwortenLöschenUnd ich sage das immer wieder: Man kann hier auch ältere Beiträge kommentieren und langsam machen. Blogs sind kein schnelllebiges Medium, auch wenn manche so tun. Ich habe jetzt einfach Gas gegeben und vorgearbeitet, weil ich die nächste Tage Freiberuflers Vergnügen habe: arbeiten für diejenigen, die sich ausruhen... ;-)
JK Rowling hatte eine brillante Agentur und war schon vor Harry Potter Profi.
Raketenaufstiege sind extrem selten, in der PR wird der mühsame Aufstieg einfach oft weggelassen. Sollte ich es je jenseits des Noname-Status schaffen, werde ich natürlich auch die Geschichte vom Winter erzählen, in dem ich mein Heizöl nicht bezahlen konnte! Und die ist nicht gelogen.
Merci für die Empfehlung, Petra. Schon interessant, wie hübsche Rosen für ein wenig Heizöl sorgen können :-))
AntwortenLöschenWichtig: Tagebuch führen. Damit du es später einmal einfacher hast, deine Autobiographie zu schreiben ;-)
Servus aus Wien
Richard
Ich und Tagebuch? Bei meinem stinklangweiligen Leben? Ich schreibe doch immer nur...
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