Wer macht die Realität?
Die Welt ist in zwei Teile zerfallen: die mit und die ohne. Wer über einen Internetanschluss verfügt, liest andere Dinge, sieht andere Dinge, erlebt anders, nimmt anders wahr, verhält sich anders. Das geht so weit, dass man wildfremde Leute, mit denen man drei schriftliche Sätze gewechselt hat, als "Freunde" bezeichnet und seinen Communities glaubt, was dort gefaselt wird. Denn längst sind Datenströme und Informationsgewusel so übermächtig, dass auch gestandene Rechercheure ihre Schwierigkeiten haben, Wahrheiten von Halbwahrheiten zu trennen. Gar nicht so einfach, den Blick für die Realität klar zu behalten, die dort spielt, wo der Strom auch mal ausfallen kann: im Leben.
Dabei führt das Internet nur ad infinitum, was die Massenmedien seit Anfang des letzten Jahrhunderts mit uns treiben: Sie verschieben, wenn man nicht aufpasst und kritisch hinterfragt, den Blick für die Realität. Je mehr wir wissen, je mehr wir erfahren, desto unübersichtlich wird die Welt. Und wer sagt uns dann, was wir zu glauben haben?
Unsere Ururgroßmütter haben vom Krieg erfahren, wenn er vor der Haustür stand, in mündlicher Überlieferungsnähe. Und dann haben sie ihn derart stark hautnah erlebt, dass sie ihre eigenen Eindrücke über Generationen überlieferten. Unsere Großmütter waren eher vorgewarnt - Zeitungen verbreiteten, was sich im Nachbarland tat. Aber Zeitungen verbreiteten auch Falschmeldungen, Propaganda: Was konnte man noch glauben? Neue Nachrichtenquellen mussten her, aber ihre Quellen waren immer noch leicht zuzuordnen. Da waren ausländische Radiosender, da gab es den Buschfunk von Partisanen. Man wusste, auf wen man sich einließ. Wusste man es wirklich?
Und heute? Gibt es mehr Kriege auf der Welt als sonst? Oder gibt es nur mehr Nachrichten über Kriege? Und wer sagt uns die Wahrheit? Wem ist der "embedded journalist" verpflichtet? Warum stellt der Kriegsfotograf ein Foto und knipst nicht spontan? Wieviel Fotoshop-Bearbeitung hat das Zeitungsbild hinter sich? In wessen Interesse schreibt der Blogger? Was passiert, wenn ein Journalist seine "Wahrheit" von Google bezieht? Und wie sähe die Welt aus, wenn Realitäten noch leicht erkennbar wären?
Wer macht eigentlich das Internet? Wer beherrscht diesen riesigen Datenfluss, der kein Wahrheitsfluss sein kann, sondern nur potenziert, was die Ururgroßmutter einst im Treppenhaus machte: Geschwätz, Gerüchte, Halbwahrheiten - und dazwischen die kaum noch findbare Nachricht?
Ein Blick auf die wahren Zahlen dürfte unsere Meinung von der Realität tüchtig zurechtrücken. Wir bilden uns nämlich sogar ein Internet ein, das es nicht gibt.
Comscore hat Ende des Jahres aktuelle Zahlen vorgelegt. Demnach waren zu jenem Zeitpunkt mehr als eine Milliarde Menschen im World Wide Web. Je nach Schätzung bedeutet das, dass die virtuelle Realität nur von 15 bis 22 Prozent der Weltbevölkerung erkannt und geteilt wird. Der Rest der Bevölkerung sucht sich Freunde noch im prallen Leben und Nachrichten auf herkömmlichen Wegen.
Aber auch die Welt der Internet-User selbst hat sich gehörig verschoben, die USA als angeblich beherrschende Internetmacht hat längst den Löffel abgegeben. Die Chinesen haben sie überholt und Deutschland steht weltweit immerhin an vierter Stelle mit der Internetversorgung. Vergleicht man Kontinente, verschieben sich die Machtbereiche der modernen Kommunikation noch sehr viel stärker, dann nämlich rutschen die USA auf Platz vier: Sie stellen nur noch 18,4% der Internetuser. Die Zukunft spielt - wen wundert es - im asiatisch-pazifischen Raum. Dort leben jetzt schon 41,3% der Webuser dieser Welt. Bald die Hälfte. Und dann kommt erst einmal Europa mit satten 28%.
Und trotzdem haben wir das Gefühl, das Internet würde von den USA "gemacht". Amerikanische Giganten von der Suchmaschine bis zum Gemischtwarenladen machen im Internet Reibach. Wir wissen so gut wie nichts über Asien. Wann haben wir das letzte Mal eine Website aus diesem Raum aufgerufen und gelesen? Und wie zum Teufel sieht die Welt all dieser Nichtuser aus? Können wir uns noch vorstellen, wie diese große Mehrheit der Menschheit lebt und denkt?
Wissen ist Macht. Das ist schon seit der Steinzeit so. Informationen sind Wissen, und wer weiß, kann Informationen verbiegen, manipulieren, aufbauschen, herunterspielen. Zu Zeiten von Keilschrift und Hieroglyphen haben Minderheiten das Wissen besessen, haben Minderheiten bestimmt, welche "Realitäten" den Mehrheiten zugespielt wurden. Und das einfache Volk, des Lesens und Schreibens nicht mächtig, hat geglaubt. Die Gebildeten, welche die Technik der Informationsvermittlung in Händen hielten, mussten es ja schließlich besser wissen.
Und heute? Fragen wir uns manchmal noch, was wir glauben sollen oder nicht und warum? Wem geben wir unsere Lebensrealität in die Hände?
Dabei führt das Internet nur ad infinitum, was die Massenmedien seit Anfang des letzten Jahrhunderts mit uns treiben: Sie verschieben, wenn man nicht aufpasst und kritisch hinterfragt, den Blick für die Realität. Je mehr wir wissen, je mehr wir erfahren, desto unübersichtlich wird die Welt. Und wer sagt uns dann, was wir zu glauben haben?
Unsere Ururgroßmütter haben vom Krieg erfahren, wenn er vor der Haustür stand, in mündlicher Überlieferungsnähe. Und dann haben sie ihn derart stark hautnah erlebt, dass sie ihre eigenen Eindrücke über Generationen überlieferten. Unsere Großmütter waren eher vorgewarnt - Zeitungen verbreiteten, was sich im Nachbarland tat. Aber Zeitungen verbreiteten auch Falschmeldungen, Propaganda: Was konnte man noch glauben? Neue Nachrichtenquellen mussten her, aber ihre Quellen waren immer noch leicht zuzuordnen. Da waren ausländische Radiosender, da gab es den Buschfunk von Partisanen. Man wusste, auf wen man sich einließ. Wusste man es wirklich?
Und heute? Gibt es mehr Kriege auf der Welt als sonst? Oder gibt es nur mehr Nachrichten über Kriege? Und wer sagt uns die Wahrheit? Wem ist der "embedded journalist" verpflichtet? Warum stellt der Kriegsfotograf ein Foto und knipst nicht spontan? Wieviel Fotoshop-Bearbeitung hat das Zeitungsbild hinter sich? In wessen Interesse schreibt der Blogger? Was passiert, wenn ein Journalist seine "Wahrheit" von Google bezieht? Und wie sähe die Welt aus, wenn Realitäten noch leicht erkennbar wären?
Wer macht eigentlich das Internet? Wer beherrscht diesen riesigen Datenfluss, der kein Wahrheitsfluss sein kann, sondern nur potenziert, was die Ururgroßmutter einst im Treppenhaus machte: Geschwätz, Gerüchte, Halbwahrheiten - und dazwischen die kaum noch findbare Nachricht?
Ein Blick auf die wahren Zahlen dürfte unsere Meinung von der Realität tüchtig zurechtrücken. Wir bilden uns nämlich sogar ein Internet ein, das es nicht gibt.
Comscore hat Ende des Jahres aktuelle Zahlen vorgelegt. Demnach waren zu jenem Zeitpunkt mehr als eine Milliarde Menschen im World Wide Web. Je nach Schätzung bedeutet das, dass die virtuelle Realität nur von 15 bis 22 Prozent der Weltbevölkerung erkannt und geteilt wird. Der Rest der Bevölkerung sucht sich Freunde noch im prallen Leben und Nachrichten auf herkömmlichen Wegen.
Aber auch die Welt der Internet-User selbst hat sich gehörig verschoben, die USA als angeblich beherrschende Internetmacht hat längst den Löffel abgegeben. Die Chinesen haben sie überholt und Deutschland steht weltweit immerhin an vierter Stelle mit der Internetversorgung. Vergleicht man Kontinente, verschieben sich die Machtbereiche der modernen Kommunikation noch sehr viel stärker, dann nämlich rutschen die USA auf Platz vier: Sie stellen nur noch 18,4% der Internetuser. Die Zukunft spielt - wen wundert es - im asiatisch-pazifischen Raum. Dort leben jetzt schon 41,3% der Webuser dieser Welt. Bald die Hälfte. Und dann kommt erst einmal Europa mit satten 28%.
Und trotzdem haben wir das Gefühl, das Internet würde von den USA "gemacht". Amerikanische Giganten von der Suchmaschine bis zum Gemischtwarenladen machen im Internet Reibach. Wir wissen so gut wie nichts über Asien. Wann haben wir das letzte Mal eine Website aus diesem Raum aufgerufen und gelesen? Und wie zum Teufel sieht die Welt all dieser Nichtuser aus? Können wir uns noch vorstellen, wie diese große Mehrheit der Menschheit lebt und denkt?
Wissen ist Macht. Das ist schon seit der Steinzeit so. Informationen sind Wissen, und wer weiß, kann Informationen verbiegen, manipulieren, aufbauschen, herunterspielen. Zu Zeiten von Keilschrift und Hieroglyphen haben Minderheiten das Wissen besessen, haben Minderheiten bestimmt, welche "Realitäten" den Mehrheiten zugespielt wurden. Und das einfache Volk, des Lesens und Schreibens nicht mächtig, hat geglaubt. Die Gebildeten, welche die Technik der Informationsvermittlung in Händen hielten, mussten es ja schließlich besser wissen.
Und heute? Fragen wir uns manchmal noch, was wir glauben sollen oder nicht und warum? Wem geben wir unsere Lebensrealität in die Hände?
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