Alphablogger und Betaleser

Der Perlentaucher suhlt sich heute in der Bezeichnung "Alphablogger". Alphablogger sind anscheinend Männchen, die den lieben langen Tag nichts anderes tun, als über die FAZ zu bloggen, um schließlich zum Superalphamännchen bei der FAZ aufzusteigen. Wenn das tatsächlich ein Abbild der Medien- und Blogvielfalt Deutschlands ist, dann füllen da nur die gleichen Meuten wie immer alte Fleischbrühe in neue Schläuche.*

Kulturumtriebige Normalblogger fragen sich: Wo bleibt die geistige Erneuerung? Müssen wir erst eine Internettechnik erfinden, die Menschen befähigt, völlig Neues, Anderes in die Welt zu setzen, als ständig um die ewig gleiche Nahrungsquelle zu kreisen?

Dabei hätten wir mit den bestehenden Techniken schon genügend Power in der Hand, überkommene Strukturen aufzubrechen. Naomi Wolf, Autorin von "The End of America", hat das durch Zufall am eigenen Leib erfahren. Mit ihrem Buch und ihren Vorträgen erreicht sie nur die üblichen verdächtigen Leser, nämlich eine nette Menge von Intellektuellen, aber keine Massen. Jetzt hat ein Zuhörer bei ihrem Vortrag gefilmt und das Video bei youtube eingestellt. Das unterbelichtete Ding hatte zur Drucklegung ihres Artikels angeblich 1.250.000 Zuschauer erreicht und für Gesprächsstoff gesorgt (Die Zahl ist wohl kräftig geschönt, wenn man sich die Abrufzahlen bei youtube anschaut). Naomi Wolfs These bekam Anhänger - ihr Buch, so sagt die Autorin, hätte das nie geschafft.

Heute haben also sogar Betaleser Medientechniken in der Hand, die mehr bewirken können als Alphablogging in Deutschland. Das dreht sich lieber im Kreis ums herkömmliche, oft verstaubte Feuilleton oder setzt sich darin behäbig zur Ruhe. Aber wir wissen ja von den Wölfen: wenn das Alphatier seinen Aufgaben hinterherhinkt, kann es vom Betawolf aus der Hierarchie gebissen werden.

* merci an jueb, bei dem ich den Schlauch geklaut habe.

3 Kommentare:

  1. Morgen Petra,

    man kommt gar nicht hinterher.. Ich meine die "Twitterei". Hast du eine Meinung dazu?

    Herzlichst
    jueb

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  2. Jueb,
    errötend muss ich gestehen, dass ich bei Wikipedia nachschlagen musste, was das ist. Gehört habe ich es immer wieder...

    Ich bin ein Dinosaurier. Ich hasse nichts schlimmer als dauernde Erreichbarkeit und Hyperkommunikation, die einem vorgaukelt, das müsse so sein, um mithalten zu können und "dabei" zu sein. Wo dabei?

    "Dabei" bedeutet, dass man gewisse Firmen nicht nur reich macht, sondern auch mit Daten füttert, die man früher nicht mal der Oma verraten hätte - und da meine ich nicht nur Twitter, sondern allem voran all die Dienste von Gugl. Mich erschreckt, was Menschen bereit sind übers Internet an privaten Infos zu verschieben. Im gleichen Atemzug schimpfen sie dann über die Geheimdienste.

    Ich besitze ein Handy für den Fall einer Panne auf nächtlicher Landstraße - oder falls ich mit Hund mal irgendwo am Berg abstürze. Ansonsten bleibt es aus. Ich habe feste Telefonzeiten. Ich habe keine Klingel. Ich habe unendlich lange und erholsam ruhige Stunden ohne jede Kommunikation.
    Woher nehmen Menschen all die Zeit für tausend Profile, Portalmitgliedschaften? Heißt es second life, weil man fürs erste keine Zeit mehr hat?

    Meine Astinenz gibt mir das Gefühl, keine Lebenszeit zu verschwenden, Zeit für meine echten Freunde zu haben - statt für wildfremde Internetgestalten. (Mich erschreckt immer, wie schnell manche Leute Internet"bekanntschaften" "Freunde" nennen, nur weil sie ein paar Postings ausgetauscht haben).

    Ich verliere mich nicht, bleibe bei dem, was mir wichtig ist.
    Aber ich bin auch nicht maßgeblich, sondern wahrscheinlich eher wunderlich. ;-)

    Dass ich derzeit hier so viel schreibe, hat berufliche Gründe... Da wird einiges ausgetestet. Zum Spaßvergnügen würde ich mir auch diese Zeit nicht nehmen!

    Und - twitterst du?

    Herzlichst,
    Petra

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  3. Nö! Nur in einem Journalistenforum brannte kürzlich eine heiße Schlacht um Wert und Unwert der Twitterei und las staunend mit...

    Herzlichst
    jueb

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