Schriftproben, Coverkritzeleien

Bildersturm

Ich muss mich jetzt öffentlich schämen: Obwohl ich weiß, dass inzwischen sogar Tante Erna auf ihren Urlaubsfotos den Bauch mit Photoshop wegradiert, habe ich zum ersten Mal gestern ernsthaft mit diesem Programm gearbeitet. Sprich, ich habe erst einmal versucht, es zu lernen. Obwohl ich in meiner gesamten beruflichen Laufbahn seit Beginn der 1980er professionell mit Fotos arbeite, hat mir zum Schluss PaintShop Pro gereicht. Es war intuitiv, hielt den Anforderungen stand und für den Rest bis in die Druckerei hinein konnte ich ja Grafiker schuften lassen. Weil ich aber jetzt selbst in der Herstellung herumpfusche, muss es doch ein Standard sein, bei dem in der Druckerei genau das herauskommt, was ich eingegeben habe.

Ich habe Photoshop schon lange auf dem Computer, war aber fürs schnelle Basteln jedes Mal von der Fülle der Menupunkte und Listen abgeschreckt. Gestern wollte ich es wissen. Und weil ich Software lerne wie Sprachen, nämlich intuitiv und durch fröhliches Ausprobieren, sollte es auch gleich ein Coverentwurf sein. Ich mache es kurz: Es tat weniger weh als erwartet. Einziges Problem: Es ist bei weitem nicht so übersichtlich und intuitiv wie PaintShop Pro und bei vielen Funktionen fehlten mir dessen Vorschaufunktionen. Vielleicht habe ich sie auch nur noch nicht gefunden, ich experimentiere ja bewusst ohne Handbuch und Anleitung. Zuerst ist es also eine ewige Sucherei, weil eigentlich die gleichen Dinge nur anders angeordnet sind. Erschwerend kommt dazu, dass beide Programme für die gleichen Dinge unterschiedliche Namen haben und ich außerdem erst einmal vom Englischen ins Deutsche umschalten muss. Trotzem: Wer PaintShop Pro beherrscht, lernt sehr schnell um.

Dann kam die Erleuchtung. Schnell habe ich gemerkt, wie komfortabel grafisches Arbeiten ist, wenn man es nicht mehr pi mal Daumen abschätzt, sondern exakt bis auf den kleinsten Punkt festlegen kann. Kenntnisse in Druckverfahren und technischen Anforderungen bei der Herstellungen sollten jedoch schon da sein. Ich frage mich, wie Tante Erna das mit ihren Urlaubsbildern macht. Ich selbst spüre schon schmerzhaft, dass ich meine letzte Schlussredaktion in Zeiten absolvierte, in denen Schreibfräulein Handgetipptes noch einmal für die Linotype-Maschinen erfassten und Setzer mit Papier und Leim arbeiteten. Mit Dingen wie RGB- und CMYK-Farbräumen muss ich mich erst wieder auseinandersetzen. Und das empfiehlt sich sehr, sofern man nicht bei Deutschlands größten PoD-Hersteller drucken lassen will, sondern bei einem Hersteller, wo individuelle Sonderwünsche möglich sind. Wen das alles abschreckt, der sollte die Billig-Rundum-Einfachst-Norm-Pakete nehmen oder den Profi bezahlen. Für alle anderen -
meine Tipps:
  • Die eigene Software beherrschen lernen.
  • Sich genau kundig machen, nach welchen Verfahren und mit welchen Dateien in welchen Formaten ein Hersteller / eine Druckerei arbeiten.
  • Sich vor den Entwürfen schlau machen, welches Druckverfahren, welches Papier etc. welche Vorteile und welche Nachteile bietet. Wer denkt schon daran, dass graue Schriften im Laserdruck einfach unmöglich sind? Wer hat schon einmal genau hingeschaut, dass es auch beim Laserdruck je nach Maschinen Qualitätsunterschiede gibt? Manche drucken das Schwarze aufs Papier, bei anderen greift es ins Papier. Ersteres lässt sich verwischen und ist billig - letzteres kommt einem Buch im Offsetdruck näher.
  • Technische Einzelheiten erfährt man bei den großen und seriösen Herstellern oft schon auf der Website und genauer in einem eigenen Handbuch. Manche sind für Zusatzfragen offen, andere leisten solche Dienste nicht.
Nach einem halben Tag hatte ich dann endlich meinen ersten Coverentwurf, der mich immerhin so weit brachte, dass das dafür verwendete Foto feststeht. Kurios: Es ist genau das Foto, das ich ursprünglich dem Verlagsgrafiker vorgeschlagen hatte, aber der tendierte lieber zum heftig teuren Faun. Mein Foto ist sogar rechtefrei. Es kann also durchaus Spaß machen, seinen Kopf endlich einmal durchsetzen zu können - zum eigenen Risiko, wohlgemerkt. Noch sind die Entwürfe nur Farb- und Layoutproben inklusive Titeltests. Und darum sind sie natürlich auch streng geheim. Aber ich bilde mir nun tatsächlich ein, etwas recht Edles erschaffen zu können.

Bis dahin vergeht noch Zeit. Denn um das Cover perfekt und druckreif entwerfen zu können, muss ich erst einmal die Software im Schlaf beherrschen (also wissen, wann ich wohin klicken muss) und dann brauche ich die genauen Abmessungen für den Schutzumschlag vom Hersteller. Dafür wiederum muss zuerst das Buch im gewünschten Endformat fertig und gesetzt sein, denn von der Anzahl der Seiten und dem Format hängen die Außenmaße ab.

Schreibkrampf

Obwohl ich noch nicht den gesamten Text habe, mache ich mir deshalb bereits Gedanken über das Format und vor allem die zu verwendende Schrift. Erstaunlich ist, dass das Arbeiten mit Normseiten eigentlich überflüssig ist wie ein Kropf - denn mit jedem Millimeter, mit jeder neuen Schrifttype verschiebt sich das Seitengefüge auch mal recht radikal. Die Normseite ist eigentlich nur ein Anhaltspunkt, um die Dicke eines Buches sehr ungefähr abschätzen zu können. Am meisten Sinn macht sie bei Normformaten und Normschriften, wie etwa bei Taschenbüchern.

Gut und leicht lesbar soll die Schrift sein. Und auch wenn ich für die wenigen Titel eine andere Schrift wähle, müssen beide Typen gut und unauffällig miteinander harmonieren. Nichts ist schlimmer als der berühmte Anfängerfehler, auf einer Seite gleich mehrere Schrifttypen zu mischen und womöglich auch noch Formatierungen wie normal, kursiv und fett dazu. Dabei kann man aber gerade mit den Kapiteltiteln und ähnlichen Kleinigkeiten Erinnerungen oder Gefühle wecken. Mit sparsamstem Schrifteinsatz kann ich ein Buch aussehen lassen, als käme es aus den 1920ern, ich kann die Assoziation zum Film wecken oder etwas leicht Tanzendes schaffen. Auch deshalb muss die Schrift gut ausgewählt sein. Für ein Sachbuch über Sonnenenergie nimmt man z.B. besser keine Schrift, die spontan an lustige alte Horrorfilme erinnert. Natürlich ist man mit den üblichen konservativen Buchschriften immer auf der sicheren Seite. Und ich gestehe, ich liebe die in französischen Büchern am häufigsten verwendete Schrift: Garamond. Trotzdem darf man bei einem künstlerischen Buch auch mal ein wenig ausprobieren.

Wer wissen will, wie ich mir das ganz praktisch vor Augen führe, weil ich ein visueller Mensch bin und alles am besten zum Anschauen in Händen halten muss, der kann sich hier mein pdf mit Schriftproben (knapp 400 kb) herunterladen, über dem ich derzeit brüte. Natürlich zeigt es nicht exakt, wie eine Schrift nach dem Druck herauskommt. Aber wenn sie sich schon im pdf am Bildschirm nicht gut liest, kann man sie getrost aussondern. Immer im Blick auch, dass sich Laserdruck mit sehr feinen dünnen Linien, vor allem waagerechten, nicht sehr verträgt...

Die eigentliche Titelschrift ist übrigens nicht in der Probe zu sehen. Die befindet sich nämlich auf einer CD-ROM - und als hätte es mein Laufwerk gewusst, hat es eben seinen Geist aufgegeben. Auch davon ist man abhängig beim Büchermachen: von ordentlich funktionierenden Maschinen!

4 Kommentare:

  1. Die Schriftprobe konnte ich leider nicht öffnen. PC sagte mir: Dokument ist beschädigt und kann nicht repariert werden!?

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  2. Danke für den Hinweis, Nikola. Die Datei war nicht vollständig auf den Server geladen, jetzt ist sie es und will auch nicht. Ich hab den Link erst mal weggenommen. Mein Website-Host hat irgendwas beim Upload verändert und ich keine Zeit, nach den Ursachen zu forschen. Vielleicht schaffe ich es nächste Woche.

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  3. Das Problem ist analysiert: Ich hatte meinen Speicherplatz auf dem Server gecrasht. Nun sind 30 MB abgespeckt, aber es dauert wohl etwas, bis alles wieder rund läuft, jedenfalls will der Webhost grad noch nicht...

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  4. Dann versuche ich es morgen noch einmal.
    Liebe Grüße
    Nikola

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