Geheimnis gelüftet

Es gibt für einen kommunikativen Menschen nichts Schlimmeres, als den Mund halten zu müssen. Aber endlich ist das Schweigegelübde aufgehoben und ich darf verraten, woran ich das vergangene Jahr als Übersetzerin geackert habe:

Dan Franck: Montparnasse und Montmartre. Künstler und Literaten in Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ca. 700 Seiten (mit Fotos) - wird im Frühjahr 2011 beim Parthas Verlag in Berlin erscheinen.
Das Original "Bohèmes" war in Frankreich ein Bestseller und ist in mehrere Sprachen übersetzt worden. Dan Franck wurde durch seinen Roman "La séparation" bekannt, den Claude Berri 1994 mit Isabelle Huppert und Daniel Auteuil verfilmte.

Der Vorschautext des Verlags:
Paris als künstlerisches Epizentrum ersteht in diesem großartigen literarischen Panorama wieder auf. Drei Jahrzehnte lang (1900–1930) lebten die wichtigsten Künstler der Avantgarde auf dem Montmartre und dem Montparnasse. Maler wie Kandinsky, Modigliani, Picasso, Utrillo, Dalí, Ernst, de Chirico oder der Fotograf Man Ray lebten mit so bedeutenden Schriftstellern wie Cocteau, Éluard, Breton und Hemingway Tür an Tür. Dan Francks literarisches Buch führt durch das gesamte »Who is Who« der europäischen und russischen Avantgarde. Außerdem lässt er den Leser die Amerikaner in Paris entdecken und lädt zu einem Besuch bei der Epoche machenden Kunsthändlerin Berthe Weill und den Herren Ambroise Vollard und Daniel-Henry Kahnweiler ein. Dabei kann man sein Buch wie einen Touristenführer durch das heutige Paris verwenden. Akribisch hat er Schauplätze und Straßennamen recherchiert und viele nach wie vor existierende Cafés oder Restaurants beschrieben, sodass man die Handlungsorte selbst dann noch finden kann, wenn ein Haus längst abgerissen ist.
Dan Franck öffnet die Türen von Ateliers und Privatgemächern der Künstler und Literaten. Er schildert unerwartet intime Details aus dem Leben der ganz Großen und erzählt manch skurrile Anekdote, in deren Mittelpunkt nicht 
selten Picasso und seine Schriftstellerfreunde 
Guillaume Apollinaire und Max Jacob stehen.

Vielleicht wird jetzt einigen Leserinnen und Lesern klar, warum ich auch neben dem Nijinsky-Projekt nicht von den Russen lassen konnte, von der Avantgarde schon gar nicht. Insofern war das Projekt nicht nur praktisch für eine "Fachidiotin" wie mich, es spielt ausgerechnet auch noch in der Zeit, in der Paris dieser faszinierende Schmelztiegel zwischen westlicher und östlicher Kunst und Kultur war.

Natürlich hat die Arbeit an diesem nicht gerade dünnen Buch tiefe Spuren hinterlassen. Da schwelt ein eigenes Buchthema im Kopf, in dem schon wieder russische Künstler vorkommen. Und zu allem Überfluss muss ich mich jetzt endlich daran gewöhnen, dass ich mich literarische Übersetzerin nennen darf - ausgerechnet ich, die ich immer noch fest daran glaube, Französisch noch lange nicht wirklich zu beherrschen...

10 Kommentare:

  1. Habe das Buch sofort auf meine Einkaufsliste geschrieben. Erscheint passend zu meiner Rückkehr aus dem Winterdomizil. Dann brauche ich ohnehin immer neuen Lesestoff.

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  2. Ich werde es auch auf jeden Fall bestellen. Ein Thema nach meinem Geschmack!

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  3. Ein Projekt, auf das du stolz sein kannst. Glückwunsch.

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  4. Danke! Ja, stolz bin ich. Ich habe immer noch die Französin von der Künstlerberatung im Ohr, die letztes Jahr meinte: "Sind Sie nicht ein bißchen zu ambitioniert? Sie haben doch noch nie ein Buch übersetzt und dann ausgerechnet das!"

    Und nie, nie mehr werde ich das französische Arbeitsamt ANPE vergessen, die mich vor wenigen Jahren als schwerst vermittelbar einstuften, wegen "unzureichender Sprachkenntnisse" - denn ich mache natürlich im aktiven Französischen immer noch jede Menge Fehler. Nach diesem Arbeitsamtsbesuch übersetzte ich ein Theaterprojekt und blieb Freiberuflerin...

    Allerdings werde ich auch all die Menschen nicht vergessen, die genügend Vertrauen in mich hatten (allen voran meine Verlegerin) und mich antrieben, über meine eigenen Grenzen zu gehen - und die Übersetzerkollegen, die mir "Frischling" Mut machten.

    Der ein oder andere von ihnen wird sich noch erinnern, wie verzweifelt ich war, als ich plötzlich Lyrik von Apollinaire übertragen musste (das Buch strotzt vor längeren Originalzitaten der Literaten). Normalerweise nimmt man in solchen Fällen existierende deutsche Fassungen und setzt diese ein, aber da waren keine zu finden. Irgendwann habe ich auch das geschafft und war dann fast ein wenig enttäuscht, als doch noch einige deutsche Fassungen auftauchten.

    Lustig auch, wie ich als Übersetzerin mit den Literaten umgehe: Max Jacob war mir mit seiner normal gebliebenen, auch in der Ekstase klaren Sprache total sympathisch, Guillaume Apollinaire trieb mich zeitweise auf die Palme (dafür waren die Briefe seiner Mutter zum Brüllen), Jean Cocteau klang so affektiert, wie ich ihn mir leiblich vorstelle, und André Breton hätte ich schlicht öfter eine pfeffern können, allerdings auch aus charakterlichen Gründen, die man bis in seinen Satzbau hinein spürt. Unwahrscheinlich, was man als AUTORIN vom Übersetzen lernt!

    @Matthias: Eine weise Entscheidung, das Buch erst nach der Reise zu kaufen. Das Original ist schon so schwer und dick, dass es während der Arbeit nur mit Wäscheklammern zu bändigen war ;-)

    Und dass man sich für unzureichende Sprachkenntnisse nicht schämen muss, habe ich von Picasso gelernt. Dessen kleine Briefchen an Max Jacob aus der ersten Zeit in Paris sind in ihrem gebrochenen Französisch einfach rührend!

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  5. Madame, est-ce que, désormais, vous me permettez de vous écrire en Picassien? Très curieux de vous lire, et je suis bien sur que cela sera mieux que l'original. - Votre b.d. PJ

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  6. Isch sagge jeds nischds, Pablo! ;-)

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  7. Vorgemerkt! Paßgenau in meine nicht ganz kleine Abteilung für Literatur der klassischen Moderne. Bin rasend gespannt und gratuliere zum Abschluss des Großprojektes!

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  8. Danke! Ich sehe schon, ich habe meinen Beruf verfehlt: Ich hätte Buchhändlerin werden sollen. ;-)
    Natürlich werde ich rechtzeitig zum Erscheinen noch einmal tüchtig Werbung im Blog machen, falls einer bis dahin seine Einkaufsliste verloren hat!

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  9. Ah ja... jetzt ergibt all das "auf dem Montmartre oder im Montmartre" auf einmal Sinn. Schön zu sehen, dass die Verwünschungen und Flüche Früchte getragen haben. Werde es mir für diesen Frühling direkt auf die Leseliste schreiben...

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  10. Auch auf meiner Wunschliste *winke* - vor der Gartenleidenschaft (und jetzt neben ihr) fröne ich ja noch der Parisleidenschaft...
    Liebe Grüße und Hochachtung für Deine Übersetzungsarbeit (puhh - 700 Seiten!) Maria

    (P.S. bei amazonas ist aber der Titel blöd eingegeben!)

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