Ein Hang zum Luxus
Gestern hatte ich zufällig zwei Kollegen an der Strippe. Der eine machte sich ganz lieb Sorgen, dass ich mit meiner Herumschnarcherei in der Welt der Buchmacherei, in diversen Visionen und noch nicht funktionierenden Alternativen Zeit verschwenden könnte. Und der andere brachte mich spontan auf die zündende Idee, gemeinsam eine ganz amerikanische Idee beim Buchmachen auch mit Verlagen in die Tat umzusetzen. So fiel mir auf, dass auch hier die Grenzgängerei offensichtlich meine Art Lebenshaltung ist - ich muss die Extreme auf beiden Seiten kennen, um die für mich gangbaren und trotzdem spannenden Wege zu suchen. Eingefahrener Trott langweilt mich schnell.
Vielleicht werde ich manchmal dabei missverstanden, weil ich mich auch für Extreme begeistern kann, ohne dass ich sie für Patentlösungen für alles und alle halte. Das große "ja, aber", das in kreativen Prozessen im Weg steht, nehme ich wahr - aber ich reite nicht darauf herum. Nachteile, Hindernisse oder gar Scheitern sind für mich eher Ausrufezeichen, die mich ermuntern, zu improvisieren und einmal eingeschlagene Wege flexibel zu verändern. Wenn ich Dinge vorstelle, erwarte ich, dass sich meine LeserInnen eine eigene Meinung bilden, gern auch eine konträre zu der meinen.
Ich finde z.B., E-Books und Apps sind ein Thema, an dem heutzutage keiner mehr vorbeikommt. Autoren schon gar nicht - denn sie müssen sich überlegen, ob sie dieses Nebenrecht abgeben oder selbst verwerten. Trotzdem wäre es töricht, E-Books als Patentlösung zu proklamieren. So viele Formen technisch denkbar sind, so viele unterschiedliche Bedürfnisse gibt es bei Autoren, Verlagen und Lesern. Breit informieren, aber persönlich und gezielt entscheiden, ist meine Devise.
So habe ich mich entschlossen, meine Romane 2011 wieder zugänglich zu machen, allerdings exklusiv als E-Book. Weil ich persönlich daran glaube, dass "Lesefutter" ideal in dieser Form aufgehoben ist, selbst wenn sich Reader erst noch weiter durchsetzen müssen. Schmöker für zwischendurch sollen nämlich preiswert sein, müssen nicht unbedingt für fünfzehn Lesedurchgänge im Regal stehen. Print für einen solchen privaten Backlist-Bereich ist in meinen Augen schlicht unwirtschaftlich, zumal im PoD-Verfahren, das ab einer bestimmten Seitenzahl so richtig heftig teuer - und damit abschreckend - wird.
Es gibt da aber einen Witz: Ich bestehe selbst aus Extremen. Ich glaube ganz fest an eine massive Entwicklung hin in die E-Moderne - mit völlig neuen Buchformen und erst zu schaffenen Spezialautoren. (Aber nicht für jedes Buch.) Ich glaube an eine Ausweitung des sogenannten Massenmarkts bis hin zu einem schier unüberschaubaren "Selbermachmarkt" bei Büchern, wie wir es bei der Einführung der Privatsender im Fernsehen erlebt haben - mit allen Konsequenzen. (Aber nicht für jedes Buch.) Und trotzdem glaube ich an Luxus, Schönheit, Kunst. Ich glaube daran sogar mehr als früher! Durch die zunehmende Fragmentierung der Buchwelten wird immer mehr denkbar und machbar.
Deshalb möchte ich zum Besten geben, dass ich auch an die Wiederkehr einer uralten Erfindung glaube, wie sie zur Zeit der Avantgarde Anfang des 20. Jahrhunderts weit verbreitet und begehrt war: Die limitierte Luxusausgabe. Früher hat man von bestimmten Büchern eine preiswerte und einfache Ausgabe fürs Lesevolk gedruckt und eine streng limitierte, recht teure Sonderauflage zusätzlich verkauft. Mit nummerierten, oft handsignierten Exemplaren, womöglich Originalen darin, mit erlesenen Papieren und in besonderer Buchbinderkunst hergestellt. Bei meinen Recherchen zum Nijinsky stoße ich immer wieder auf solche Exemplare, die aufgrund des Luxus pfleglich über ein Jahrhundert lang bewahrt wurden. Heute kauft man solche Bücher bei Christie's und in anderen Auktionshäusern, manche sind ein kleines Vermögen wert. Rares weckt Begehrlichkeiten...
Und wie ich so schwelge, hatte ich das Vergnügen, eben erst in 3sat die preisgekrönte Dokumentation "How to make a book with Steidl" zu sehen. Die Filmemacher haben sich dabei dem Göttinger Verleger und Drucker Gerhard Steidl im wahrsten Sinn des Wortes an die Fersen geheftet, sind ihm bei der täglichen Arbeit mit Künstlern und Autoren und bei seinen Reisen dicht auf den Leib gerückt. Daraus ist das Portrait einer Verlegerpersönlichkeit entstanden, wie sie es immer seltener gibt: Ein Mensch voll hingebungsvoller Liebe zum Metier, zu seinen Büchern; ein Schönheitsliebender mit Hang zur Perfektion, ein Verleger mit Hochachtung vor seinen Künstlern - und ein absolut realistischer, bodenständiger Handwerker im Druckerkittel.
Im Film konnte man die Papiere fast riechen und fühlen. Die gemeinsame Hingabe zwischen Verleger und Autor / Künstler, aus einem "Werk" ein adäquates Buch zu formen, ließ mich schwelgen. Ich glaube fest daran, dass Menschen, die E-Reader kaufen und Ebooks lesen, gkleichzeitig auch wieder Bücher aus wunderbaren Papieren in hoher Druckkunst zu schätzen wissen. Natürlich habe ich neugierig bei Steidl sofort nach einigen Büchern gesucht (Joel Sternfeld: "iDubai" fehlt auf der Website, ist aber bestellbar!) und prompt ein ideales Geschenk für Künstler aller Arten und Kunstliebhaber gefunden.
Bodo von Dewitz: La Bohème scheint ein außergewöhnlicher historischer Fotoband zu sein, der vom Biedermeier bis in die Roaring Twenties erzählt, woher der seltsame Mythos stammt, dass Künstler grundsätzlich arm sein müssten. Der Blick auf die alten Fotos scheint aber auch deutlich zu machen, wie Künstler sich selbst gern inszenieren und warum wir an das alte Märchen von der Bohème immer noch so hartnäckig glauben.
Vielleicht werde ich manchmal dabei missverstanden, weil ich mich auch für Extreme begeistern kann, ohne dass ich sie für Patentlösungen für alles und alle halte. Das große "ja, aber", das in kreativen Prozessen im Weg steht, nehme ich wahr - aber ich reite nicht darauf herum. Nachteile, Hindernisse oder gar Scheitern sind für mich eher Ausrufezeichen, die mich ermuntern, zu improvisieren und einmal eingeschlagene Wege flexibel zu verändern. Wenn ich Dinge vorstelle, erwarte ich, dass sich meine LeserInnen eine eigene Meinung bilden, gern auch eine konträre zu der meinen.
Ich finde z.B., E-Books und Apps sind ein Thema, an dem heutzutage keiner mehr vorbeikommt. Autoren schon gar nicht - denn sie müssen sich überlegen, ob sie dieses Nebenrecht abgeben oder selbst verwerten. Trotzdem wäre es töricht, E-Books als Patentlösung zu proklamieren. So viele Formen technisch denkbar sind, so viele unterschiedliche Bedürfnisse gibt es bei Autoren, Verlagen und Lesern. Breit informieren, aber persönlich und gezielt entscheiden, ist meine Devise.
So habe ich mich entschlossen, meine Romane 2011 wieder zugänglich zu machen, allerdings exklusiv als E-Book. Weil ich persönlich daran glaube, dass "Lesefutter" ideal in dieser Form aufgehoben ist, selbst wenn sich Reader erst noch weiter durchsetzen müssen. Schmöker für zwischendurch sollen nämlich preiswert sein, müssen nicht unbedingt für fünfzehn Lesedurchgänge im Regal stehen. Print für einen solchen privaten Backlist-Bereich ist in meinen Augen schlicht unwirtschaftlich, zumal im PoD-Verfahren, das ab einer bestimmten Seitenzahl so richtig heftig teuer - und damit abschreckend - wird.
Es gibt da aber einen Witz: Ich bestehe selbst aus Extremen. Ich glaube ganz fest an eine massive Entwicklung hin in die E-Moderne - mit völlig neuen Buchformen und erst zu schaffenen Spezialautoren. (Aber nicht für jedes Buch.) Ich glaube an eine Ausweitung des sogenannten Massenmarkts bis hin zu einem schier unüberschaubaren "Selbermachmarkt" bei Büchern, wie wir es bei der Einführung der Privatsender im Fernsehen erlebt haben - mit allen Konsequenzen. (Aber nicht für jedes Buch.) Und trotzdem glaube ich an Luxus, Schönheit, Kunst. Ich glaube daran sogar mehr als früher! Durch die zunehmende Fragmentierung der Buchwelten wird immer mehr denkbar und machbar.
Deshalb möchte ich zum Besten geben, dass ich auch an die Wiederkehr einer uralten Erfindung glaube, wie sie zur Zeit der Avantgarde Anfang des 20. Jahrhunderts weit verbreitet und begehrt war: Die limitierte Luxusausgabe. Früher hat man von bestimmten Büchern eine preiswerte und einfache Ausgabe fürs Lesevolk gedruckt und eine streng limitierte, recht teure Sonderauflage zusätzlich verkauft. Mit nummerierten, oft handsignierten Exemplaren, womöglich Originalen darin, mit erlesenen Papieren und in besonderer Buchbinderkunst hergestellt. Bei meinen Recherchen zum Nijinsky stoße ich immer wieder auf solche Exemplare, die aufgrund des Luxus pfleglich über ein Jahrhundert lang bewahrt wurden. Heute kauft man solche Bücher bei Christie's und in anderen Auktionshäusern, manche sind ein kleines Vermögen wert. Rares weckt Begehrlichkeiten...
Und wie ich so schwelge, hatte ich das Vergnügen, eben erst in 3sat die preisgekrönte Dokumentation "How to make a book with Steidl" zu sehen. Die Filmemacher haben sich dabei dem Göttinger Verleger und Drucker Gerhard Steidl im wahrsten Sinn des Wortes an die Fersen geheftet, sind ihm bei der täglichen Arbeit mit Künstlern und Autoren und bei seinen Reisen dicht auf den Leib gerückt. Daraus ist das Portrait einer Verlegerpersönlichkeit entstanden, wie sie es immer seltener gibt: Ein Mensch voll hingebungsvoller Liebe zum Metier, zu seinen Büchern; ein Schönheitsliebender mit Hang zur Perfektion, ein Verleger mit Hochachtung vor seinen Künstlern - und ein absolut realistischer, bodenständiger Handwerker im Druckerkittel.
Im Film konnte man die Papiere fast riechen und fühlen. Die gemeinsame Hingabe zwischen Verleger und Autor / Künstler, aus einem "Werk" ein adäquates Buch zu formen, ließ mich schwelgen. Ich glaube fest daran, dass Menschen, die E-Reader kaufen und Ebooks lesen, gkleichzeitig auch wieder Bücher aus wunderbaren Papieren in hoher Druckkunst zu schätzen wissen. Natürlich habe ich neugierig bei Steidl sofort nach einigen Büchern gesucht (Joel Sternfeld: "iDubai" fehlt auf der Website, ist aber bestellbar!) und prompt ein ideales Geschenk für Künstler aller Arten und Kunstliebhaber gefunden.
Bodo von Dewitz: La Bohème scheint ein außergewöhnlicher historischer Fotoband zu sein, der vom Biedermeier bis in die Roaring Twenties erzählt, woher der seltsame Mythos stammt, dass Künstler grundsätzlich arm sein müssten. Der Blick auf die alten Fotos scheint aber auch deutlich zu machen, wie Künstler sich selbst gern inszenieren und warum wir an das alte Märchen von der Bohème immer noch so hartnäckig glauben.
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