Sommerloch tierisch nutzen

Die Welt ist ungerecht. Die Übersetzerin / Autorin arbeitet sich einen Wolf im frischen Juli, weil bekanntlich die nächste Buchmesse schneller kommt, als der Sommer 2010 zum Schlüpfen brauchte. Wäre sie brav Journalistin geblieben, würde sie sich jetzt entweder an einem dicht bevölkerten Strand Seeigelstachel aus den Füßen reißen oder in der Redaktion gelangweilt in der Nase popeln, in der Hoffnung, dass irgendetwas ins Sommerloch falle. (Merke: Dies ist ein Lehrsatz gegen den Gebrauch abgeschrägter Bilder und überflüssiger Vergleiche).

Auch das ist Sommerloch: Verzweifelt versuchen, Zeilen zu schinden, denn so eine Zeitung hat auch dann Seiten, wenn gar nichts passiert. (Merke: Bis hierher wurde immer noch nichts gesagt). Was des einen Leid, ist des anderen Freud, heißt es schon in der Public-content-Literatur, über deren Weg zu Public-viewing-Büchern einmal ernsthaft nachgedacht werden sollte. (Merke: Pseudoschlauschwafel mit netten Merksprüchen für Tante Erna bläht jeden Text ins möglicherweise Sinnhafte). Kurzum.

Kurzum: Das Sommerloch ist die Chance für jeden noch unentdeckten Autor, endlich sein Konterfei ins Hintertupfinger Käsblatt zu hieven, dreispaltig, farbig. Das Sommerloch bietet Platz für all die Bücher, die während des Rests des Jahres sowieso keiner lesen will, deren Haltbarkeitsdatum längst überschritten ist oder die sonst irgendwie nach Misserfolg müffeln. Das verkannte Genie muss nur einfach irgendwie einen dieser in der Nase popelnden Redakteure ausfindig machen, die dem Kollegen den Seeigelstachel im großen Zeh neiden. Machen Sie den verzweifelt nach Sommerloch-Geschichten suchenden Leuten eine Freude, bieten Sie ihnen mehr Abwechslung als Monsieur Godot! Aber bedenken Sie: Auch das Geschäft der ewig Zurückgebliebenen ist knallhart. Das weiß sogar die ZEIT, die in diesem Jahr empfiehlt, mit Tieren berühmt zu werden.

Geht nicht? Kein Titel vorhanden wie "Die Elefantin der Königin", "Das Nattern-Komplott" oder "Abnehmen mit der Regenwurmdiät"? Kein Problem, Werbefritzen machen jeden Ladenhüter passend. Ich hab das mal probiert - und hier ist zu lesen, was mir die Agentur Brainworm & Egel riet:

Lavendelblues
Suchen Sie sich ein Tier im Zoo, dem die Depression ins Gesicht geschrieben steht. Wir empfehlen zur Abwechslung ein Plumplori (alles andere ist schon abgegriffen). Starten Sie eine Social Media Kampagne, in der sie den Menschen klar machen, dass es Plumplori Lorinchen nur an Lavendel fehlt, um glücklich zu sein. Der Spender jeder angefangenen neuen Tonne Lavendel bekommt den Roman als Geschenk. Halten Sie Plumplori und Buch so oft wie möglich in die Kamera. Wenn Lorinchen dann nach ihrem Roman grabscht, ist alles gewonnen: Machen Sie ein glückliches Gesicht und erzählen Sie vom Lavendelglück des Plumploris mit ihrem Buch.

Elsass. Wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt
Da haben wir ja schon ein Tier! Das Buch ist vergriffen? Macht nichts. Ist der Zander im Elsass ja auch. Ziehen Sie Tier- und Naturschutzorganisationen auf Ihre Seite, indem Sie auf die verheerenden Folgen der Überfischung bei Zandern aufmerksam machen, die dazu führt, dass Zuchtzander aus Osteuropa importiert werden müssen. Starten Sie eine aufsehenerregende Aktion in Funk und Fernsehen, um den heimischen Zander wieder ansässig zu machen und Ihr Buch an den Fischteichen zu verkaufen: Angler haben viel Zeit zum Lesen! Vergessen Sie nicht den Zusatznutzen durch Ihr Zanderrezept und lassen Sie die Aktion von stinkreichen Rieslingwinzern und Sterneköchen sponsern. Lassen Sie lebende Jungzander aus Osteuropa einfliegen, während Sie die Eurovisions-Hymne spielen, und greifen Sie dafür jede nur erdenkliche Europa-Subvention ab. Wir garantieren: Bei dieser Aktion verdienen Sie so viel Geld, dass Sie Ihr Buch getrost vergriffen sein lassen können.

Das Buch der Rose
Welches ist Ihr meistgelesener Text zum Thema Rosen? Ganz genau, der Text über Blattlausbrühe, Ihr Mörderrezept aus Tabak und Knoblauch gegen die Tierchenflut, die regelmäßig über das Sujet ihres Buchs herfällt. Und welcher Text steht garantiert nicht in diesem Buch? Ganz genau, der Text über Blattlausbrühe. Sprechen Sie mit Ihrem Verlag über eine limitierte Luxus-Sonderausgabe, der ein Faksimiledruck Ihres handgeschriebenen Mörderrezepts beiliegt. Machen Sie währenddessen eine PR-Aktion bei Politikern und Nichtraucherverbänden, indem Sie zeigen, wie aus in Restaurants und Kneipen beschlagnahmtem illegalen Tabak ein Segen für Rosenliebhaber wird. Lassen Sie Lungenspezialisten im Fernsehen zur besten Sendezeit interviewen, die nachweisen, dass Raucher in etwa die gleichen Überlebenschancen wie Blattläuse haben, wenn sie Blattläuse wären. Spritzen Sie, was das Zeug hält, in Talkshows und Gärtnereien, in öffentlichen Parks und Quizsendungen.
Was, das Buch klebt nach dem letzten Auftritt bei Lanz immer noch wie Blattlaushonig?
Wir haben Sie gewarnt! Um berühmt zu werden, bringt man eben keine Tiere um. Auch Blattläuse können zu Sympathieträgern werden.

Die Autorin dankt der ZEIT sowie der Agentur Brainworm & Egel für in greifbare Nähe gerückte Berühmtheit. Sie ist nach Diktat verreist, um einen Plumplori zu finden, der keine Läuse hat.

11 Kommentare:

  1. Köstlich, Petra! Wenn das mit der mörderischen Blattlausbrühe
    nicht nach einem supererfolgreichen Krimi riecht ...:-)

    Christa

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  2. Liebe Petra,
    bevor ich heute in der Nachteulenzeit alles in Ruhe lese, muss ich schnell eine Info loswerden.

    Da Sie nicht zu den Menschen gehören, die sich selbst applaudieren, wir es Ihnen nie auffallen, dass folgende Fehlermeldung http://s11server.de/images/clickjacking.jpg alle Besucher abschrecken wird zu applaudieren, die Firefox und das neuste NO-Script installiert haben.

    Sie können daran vermutlich nichts ändern, bis blogger.com oder NO-Script ein Motiv hat, das zu bearbeiten.

    Ich will damit nur erreichen, dass Sie wissen, warum der Applaus nachlässt. Es ist weder die Hitze, noch die Qualität Ihrer Beiträge! Der Applaus hält an - stehend, sitzend, liegend....nur die Statistik spiegelt nicht mehr die Realität wider - was sie sowieso nie leisten kann.

    Gruß Heinrich

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  3. Lieber Heinrich,
    Ah, dann hat sich nun meine Frage gelöst, warum diese Applaustaste überhaupt herumspinnt (manchmal verzeichnet sie tosenden Beifall in der gleichen Sekunde, in der ich einen Beitrag freischalte). Ich sehe das eh nur als niedliche Spielerei, das eigentliche Feedback kommt ja durch Kommentare. Und Ihrer hat mir gezeigt, was ich schon lange vermute: Bl. mag Firefox nicht, weil Bl zu Gugl gehört und einem ständig den eigenen Browser um die Ohren wirbt. Bleiben wir hart, verzichten wie auf Klatschen.

    Liebe Christa, du meinst also, ich schreibe einfach ständig nur die falschen Bücher? ;-) Ich fürchte nur, meine Blattlausbrühe stinkt so himmelweit, dass man sie kaum in den Champagner mixen dürfte...

    Schöne Grüße,
    Petra

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  4. Ich habe mir nun mal selbst Applaus gegeben - problemlos. Ich arbeite mit dem neuesten Firefox, allerdings OHNE No-Script. Liegt also an letzterem.

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  5. Liebe Petra,

    die erfolgreichsten Krimis sind die, in denen neben den stinkenden Giften und Leichen Champagner getrunken wird ...:-)
    Aber Hand aufs Herz, deine Bücher und Blattlausbrühen auf meinen Rosen sind mir lieber. Und über die Brühe habe ich natürlich n i c h t im "Buch der Rose" gelesen!

    Herzlichst
    Christa
    -meines Applauses kannst du dir immer sicher sein,
    auch wenn ich nicht viele Kommentare schreibe.eptizina

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  6. Danke liebe Christa,
    ich bin ja gar nicht applaussüchtig, obwohl ich das Geräusch, wenn es zu einer Bühne brandet, als sehr nahrhaft empfinde. ;-)

    Ich muss gestehen, dass in meiner Schublade tatsächlich ein schwarzhumoriger Krimi aus einem "Rosenried" schimmelt. Aber den habe ich nach 160 Seiten eingestellt, weil aus Lektoraten der Jagdruf erschall, Krimis hätten Serienmörder zu haben, eklig blutig zu sein und auf keinen Fall den Leser zum Lachen zu bringen.

    In dem Moment war mir klar, da wird wieder ein Genre verhackstückt und ich wollte meinen Kopf nicht dafür hinhalten.
    Und so bastle ich halt daran herum, dass Sachbücher noch romanhafter lesbar werden. Das Rosenbuch ist noch nicht meiner Weisheit letzter Schluss - mit den Ballets Russes probe ich in dieser Hinsicht mehr Neuland.

    Herzlichst,
    Petra

    PS: Und was dein Blog betrifft, kann ich die Komplimente grad zurückgeben. Feste Frühstückslektüre!

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  7. Hochinteressant! Über die Krimis und das Blut und die Serienmörder mache ich mir unter anderem auch gerade Gedanken ...

    Herzlichst
    Christa

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  8. Na, sicher spannend und gut lesbar wäre doch im Rosenbuch das Kapitel gewesen "Wie ich die Blattlausbrühe überlebte - Gedanken von Blattlaus Friedrich über den Sinn des Lebens"

    Aber nix! Keine Lebenshilfe!! Weder für den Gärtner noch für die Laus!!!

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  9. Madame, Kulturgeschichte IST die pure Lebenshilfe! Wie viele Fehler müsste die Menschheit nur einmal machen, wenn die Menschhait mal genauer auf die Menschheit schaute. ;-)

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  10. Auweia, da habe ich mich selbst ad absurdum geführt! Dreimal das gleiche Wort schreiben und trotzdem Fehler machen...

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  11. Und ich hab nach dem Sinn im "a" gesucht.....seufz!

    ;-)

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