Kaufrausch im Antiquariat

Manchmal findet man Recherchematerial nicht einmal in Bibliotheken. Manchmal muss man Recherchematerial aber einfach auch besitzen - um sich darin Notizen machen zu dürfen, um die Bücher zu genießen. Als eine, die Flohmärkte und Auktionen sowieso liebt, entdeckte ich dann recht früh das weltweite Suchen per Internet. Seltene alte Bücher suchen? Mich packt dann das Detektivfieber!

Vor vielen Jahren, als es noch keine Online-Antiquariate gab und ein großer Internetbuchhändler in den USA erst ganz frisch am Netz war, suchte ich ein sehr seltenes Buch für mein Erstlingswerk, das in Bibliotheken nicht zu haben war. Jener Internethändler bot damals einen Suchservice an. Ich erinnere mich noch, wie aufgeregt ich war, als nach drei Tagen eine Mail eintraf. Ja, sie hätten das Buch weltweit zwei Mal ausfindig gemacht. Ich wählte dann den niedrigeren Preis - bei einem Händler in Indien! Das Porto für das alte englische Buch von Indien via USA nach Frankreich war teurer als das Buch. Aber die Spürnase jubelte, als das Päckchen nach nur etwa sechs Wochen wirklich ankam. Es gibt hin und wieder Leute, die es mir gern für das Zehnfache abkaufen würden, aber solche Schätze gebe ich nicht mehr her.

Ein anderes Mal habe ich einen Museumsarchivar infiziert. Er wollte ein mehrbändiges Originalwerk eines berühmten Menschen aus dem Ort kaufen, erste Hälfte 19. Jhdt. Aber die 20.000 E, die der Händler in Paris verlangte, hatte das Museum nicht. Zuerst fand ich ihm den französischen Text kostenlos - als Scan in der Library of Congress in den USA. Denn jener Franzose hatte auch dort Furore gemacht. Und dann gab ich dem Archivar meine Adressen für Internet-Antiquariate. Das Museum ist heute stolzer Besitzer des Werkes und hat für alle Bände 280 E bezahlt.

Für "das Buch der Rose" suchte ich spaßhalber jenes legendäre Werk über die Sprache der Blumen. Schon aus Privatinteresse war ich diesem Buch aus dem frühen 19. Jahrhundert seit etwa fünf Jahren vergeblich nachgejagt. Und dann war es schier unbezahlbar für mich, die billigste Ausgabe war ab 300 E zu haben. Mein Jagdeifer ließ mich nicht ruhen. Ein halbes Jahr später fand ich eine Ausgabe für verrückte 16 E in einem winzigen bretonischen Antiquariat - online. Scheck hingeschickt, drei Tage später war das Buch mit einer netten Postkarte da.

Ich war gerade mal wieder "unterwegs". Weil ich es mit überaus seltenen vergriffenen Büchern zu tun habe und darüber hinaus einem Fan-Markt, der den Bestand zusätzlich dezimiert. Nicht billig, was ich brauchte. Aber so leicht macht man es sich ja nicht. Also wurden vier Fenster zu unterschiedlichen Plattformen gleichzeitig geöffnet und Preise verglichen. Schnell konzentrierte sich das Ganze auf nur zwei Handelsplattformen, die Preise sanken und die Perlen fanden sich. Tja, und jetzt bin ich ganz schön gespannt, ob da wirklich bald Päckchen kommen aus England, Belgien und Deutschland. Aufregend. Ich kann vor allem kaum glauben, dass ich das Original eines Exilrussen von 1937 ergattert habe, das nie nachgedruckt wurde.

Antiquariat-Plattformen im Internet:

ZVAB
Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher in Deutschland, fragt mittlerweile auch ausländische Händler vor allem im englischsprachigen Raum ab. Schwerpunkt: deutschsprachige Bücher.
Livre rare books
Die Zentrale aller französchsprachigen Bouquinisten in F, B, CH, CAN. Durch das französische Schecksystem kann man hier auch bei winzigen Händlern ohne Internet einkaufen, also sozusagen am Bouquinistenstand an der Seine. Ansonsten zahlt man per Karte. Französische und englische Version.
Abebooks
Weltweite Buchsuche. Durch Plattformen im eigenen Land einfaches zentrales Zahlsystem (man zahlt an Abebooks, nicht an jeden Händler einzeln) und Mehrsprachigkeit. Spezialität: Lehrreiche Artikel über das Behandeln von und Handeln mit alten Büchern, Suche nach Erstausgaben und signierten Büchern.
Alibris
Weltweite Buch-, Film- und Musiksuche, Handel für Europa via England, leider nur auf Englisch.

Es gibt noch mehr Antiquariate im Internet (vor allem für Ramschware und Second-Hand-Handel). Ich habe hier nur die aufgelistet, bei denen man wirklich rare, seltene und vor allem sehr alte Bücher kaufen kann. Bei wirklichen Schätzen und Raritäten empfehle ich, die nationale Suche zu vergessen und die großen internationalen Plattformen zu Rate zu ziehen.

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