Rückgratjucken
Ich hatte das als Kind, vornehmlich bei den Hausaufgaben. Wenn mir das Lernen nicht gleich zufiel, weil es sinnvoll erschien und Freude bereitete, fing es in meiner Wirbelsäule an zu jucken. Ich rutschte gelangweilt auf meinem Stuhl herum und sehnte mich danach, mit den Sahnetorten werfen zu können, die ich brav für drei oder fünf oder zwei und zwei Freunde teilen sollte. Meine Freunde mochten keine Sahnetorten. Meine Wirbelsäule wollte sich in Richtung Garten bewegen.
Aber ich musste da durch und Medikamente gegen rotierende Langeweile und Lehrer gab es damals auch noch nicht. Also teilte ich die verdammten Torten, indem ich sie in Gedanken abenteuerliche Geschichten erleben ließ. Und zack, wieder ein Schlag mit dem Messer und jedes Kind bekommt drei Stück und dann wird einem davon schlecht. Wie viel muss Mama aufwischen, wenn fünf Kinder je zehn Stück Torte essen und zwei Brauselimonaden trinken und allen schlecht wird? Hätten sie mich gelassen, ich hätte aus dem Buch mit der Mengenlehre einen Krimi gemacht: "Der Schwarzwälder Kirschtorten-Killer."
So aber musste ich brav meine Hausaufgaben machen, mein Rückgrat verkrümmt halten, obwohl es juckte, und Jahre warten, bis ich endlich nur noch Geschichten schreiben durfte. Hemmungslos. Im Affenzack. Tag und Nacht und mit allen Hirnwindungen, die die kindlichen Sahneattacken überlebt hatten. Das war wie Leben unterm Sauerstoffzelt. Wie viele Wirbel baden in Endorphinen, wenn das Geschichtenerfinderzentrum glüht? Eine einfache Gleichung, die immer zum gleichen Ergebnis führt: alle.
Und dann kam dieser Tag, an dem ich wieder zum ordentlichen Brotberufler mutierte, weil Bücherschreiben kaum noch Sahnetorten wert ist. Wochen habe ich für die Umstellung von Höchstleistung auf Abarbeiten gebraucht. Mein Tag ist in Stundenblöcke aufgeteilt, in denen ich brav Hausaufgaben mache, um mir meine Sahne zu verdienen. Schriftstellern ist zum Garten geworden, in dem die Sonne lockt, während ich im Nebel in der Nase pople, um einen Sinn in den Gleichungen zu finden. Mein Rückgrat juckt wieder. Ich möchte aufspringen. Aber erst werden Hausaufgaben gemacht.
Da ist es wieder, das Geschichtenerfinden für die Teilungsaufgaben. Wie viele Kreativzellen überleben, wenn man fünf Aufzählungen übersetzt und von einem Text über Sauerstoffgewinnung abzieht? Wie viele Minuten braucht ein Schriftsteller, um durchzudrehen, wenn er feststellt, dass er beim Schriftstellern für extrem weniger Geld extrem härter arbeiten soll? Mit wie vielen Torten wirft man nach wem, wenn man aus Langeweile zu müde fürs Buch ist?
Ich gäbe etwas darum, wie als Kind "zack mit dem Messer" träumen zu können. Stattdessen fürchte ich mich. Wenn es zu sehr im Rückgrat juckte, habe ich manchmal etwas angestellt. Irgend so ein archaischer Energieausgleich, man kennt das Prinzip vom Dampfkochtopf. Ich erkenne bereits üble Vorzeichen. Schiebe besonders läppische Arbeiten künstlich auf, um endlich wieder im Affenzack und hochkonzentriert arbeiten zu können. Erfinde Geschichten beim Übersetzen und erzähle dem Autor von Brauselimonade. Denke daran, dass mich diese Hausaufgaben unendlich frei machen: Ich muss nicht mehr in die Schule.
Ich könnte mir massenhaft Sahnetorten kaufen. Ich könnte explodieren. Heutzutage gibt es sogar Medikamente gegen Kinder, die ihre Hausaufgaben nicht machen wollen. Ich könnte noch mehr rechnen. Und ich könnte wieder einmal ein Buch schreiben. Einfach so, diesmal aus Hobby, heimlich in der Nacht, ohne Verlagslesermarktschereimkopfichwillverkaufenwillgelesenwerden-Dingens.
Das macht mir Angst. Zack mit dem Messer, rücksichtslos, dass die Sahne nach allen Seiten spritzt. Ein Hausaufgabenkillerbuch. Durchgeknallte Tortenwerferromane. Hirnwindungen mit Interpunktion, bis die Endorphine fließen. Mein Rückgrat juckt.
Aber ich musste da durch und Medikamente gegen rotierende Langeweile und Lehrer gab es damals auch noch nicht. Also teilte ich die verdammten Torten, indem ich sie in Gedanken abenteuerliche Geschichten erleben ließ. Und zack, wieder ein Schlag mit dem Messer und jedes Kind bekommt drei Stück und dann wird einem davon schlecht. Wie viel muss Mama aufwischen, wenn fünf Kinder je zehn Stück Torte essen und zwei Brauselimonaden trinken und allen schlecht wird? Hätten sie mich gelassen, ich hätte aus dem Buch mit der Mengenlehre einen Krimi gemacht: "Der Schwarzwälder Kirschtorten-Killer."
So aber musste ich brav meine Hausaufgaben machen, mein Rückgrat verkrümmt halten, obwohl es juckte, und Jahre warten, bis ich endlich nur noch Geschichten schreiben durfte. Hemmungslos. Im Affenzack. Tag und Nacht und mit allen Hirnwindungen, die die kindlichen Sahneattacken überlebt hatten. Das war wie Leben unterm Sauerstoffzelt. Wie viele Wirbel baden in Endorphinen, wenn das Geschichtenerfinderzentrum glüht? Eine einfache Gleichung, die immer zum gleichen Ergebnis führt: alle.
Und dann kam dieser Tag, an dem ich wieder zum ordentlichen Brotberufler mutierte, weil Bücherschreiben kaum noch Sahnetorten wert ist. Wochen habe ich für die Umstellung von Höchstleistung auf Abarbeiten gebraucht. Mein Tag ist in Stundenblöcke aufgeteilt, in denen ich brav Hausaufgaben mache, um mir meine Sahne zu verdienen. Schriftstellern ist zum Garten geworden, in dem die Sonne lockt, während ich im Nebel in der Nase pople, um einen Sinn in den Gleichungen zu finden. Mein Rückgrat juckt wieder. Ich möchte aufspringen. Aber erst werden Hausaufgaben gemacht.
Da ist es wieder, das Geschichtenerfinden für die Teilungsaufgaben. Wie viele Kreativzellen überleben, wenn man fünf Aufzählungen übersetzt und von einem Text über Sauerstoffgewinnung abzieht? Wie viele Minuten braucht ein Schriftsteller, um durchzudrehen, wenn er feststellt, dass er beim Schriftstellern für extrem weniger Geld extrem härter arbeiten soll? Mit wie vielen Torten wirft man nach wem, wenn man aus Langeweile zu müde fürs Buch ist?
Ich gäbe etwas darum, wie als Kind "zack mit dem Messer" träumen zu können. Stattdessen fürchte ich mich. Wenn es zu sehr im Rückgrat juckte, habe ich manchmal etwas angestellt. Irgend so ein archaischer Energieausgleich, man kennt das Prinzip vom Dampfkochtopf. Ich erkenne bereits üble Vorzeichen. Schiebe besonders läppische Arbeiten künstlich auf, um endlich wieder im Affenzack und hochkonzentriert arbeiten zu können. Erfinde Geschichten beim Übersetzen und erzähle dem Autor von Brauselimonade. Denke daran, dass mich diese Hausaufgaben unendlich frei machen: Ich muss nicht mehr in die Schule.
Ich könnte mir massenhaft Sahnetorten kaufen. Ich könnte explodieren. Heutzutage gibt es sogar Medikamente gegen Kinder, die ihre Hausaufgaben nicht machen wollen. Ich könnte noch mehr rechnen. Und ich könnte wieder einmal ein Buch schreiben. Einfach so, diesmal aus Hobby, heimlich in der Nacht, ohne Verlagslesermarktschereimkopfichwillverkaufenwillgelesenwerden-Dingens.
Das macht mir Angst. Zack mit dem Messer, rücksichtslos, dass die Sahne nach allen Seiten spritzt. Ein Hausaufgabenkillerbuch. Durchgeknallte Tortenwerferromane. Hirnwindungen mit Interpunktion, bis die Endorphine fließen. Mein Rückgrat juckt.
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