Leserosen



Müde, glücklich, beflügelt und mit schwabbeligem Kreislauf heute. Obwohl die Lesung gestern nicht im schönen Rosenpark stattfinden konnte, war das Literaturmuseum voll und das Publikum fantastisch. Ich war nicht wenig überrascht und erfreut, sogar Gäste aus Frankreich begrüßen zu können! Nicht zu reden von all den "fleißigen Helferlein", die diese konzertierte Aktion zwischen Stadtbibliothek, Bibliotheksgesellschaft, Gartenamt und Clara Schumann Musikschule in Baden-Baden ermöglichten. Plus meinem Buchhändler, der nach einem langen Arbeitstag den Büchertisch selbst betreute.

Solche Veranstaltungen sind für Schreibjunkies wie die dringend ersehnte Spritze fürs Durchhalten. Das Schreiben gegen die Wand hat wieder einmal ein Ende, man sieht und spricht die Menschen, die Bücher lesen; hört, worauf sie Wert legen, was sie anspricht, was sie vielleicht vermissen. Natürlich kann man nicht auf jeden Wunsch beim Schreiben eingehen, aber mich persönlich beflügelt es immer wieder zu sehen, dass Leserinnen und Leser auch nicht halb so dumm sind, wie das manche Verlage und Medien gern hätten. Für anspruchsvolle Menschen schreiben zu dürfen, macht gleich noch mal so viel Spaß.

In einer traumhaften Weinstube in den Gassen, die im Eröffnungskapitel meines angedachten neuen Romans vorkommen, flogen meine Gedanken dann mit Nijinsky herum, ich erfuhr von der russischen Bibliothek in der Stadt, in der es sogar DVDs gibt. Ob ich damit meine Sprachreste auffrischen kann?

Als ich auf dem Rückweg bei einem In-Lokal an James Bond's E-Modell vorbei lief, musste ich unwillkürlich kichern. Von diesen Autos werden ganz bestimmt nicht viele verkauft und mit einem Volkswagen Käfer oder Opel Kadett hat man sicher den größeren Reibach machen können. Aber dieses Auto ist immer noch eine Schönheit und kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, dafür eine Abwrackprämie zu kassieren. Ist es mit dem Buchmarkt und der Buchverramschung nicht ähnlich? Ich staune immer wieder, wie beliebt mein Elsassbuch auch nach fünf Jahren noch ist. Es gibt Verlage, in denen würden Bücher nicht einmal halb so alt.

Trocken blieb es, aber auf höchst unsicherem Niveau. Und dann, fünf Minuten vor Aufbruch der Wolkenbruch. Ich habe noch nie so lange für die Fahrt gebraucht, das war Blindflug ohne Autopilot, auf Straßen, die plötzlich Kanäle aufnahmen oder Schlamm aus den Feldern. Jemand sagte, wenn wir das Risiko mit dem Park eingegangen wären, wäre das Unwetter sofort gekommen. Trotzdem durfte ich ein Stückchen Gönneranlage mit nach Hause nehmen. Vom einzigen Menschen, der dort Blumen pflücken darf, dem Gartenamtschef. Das Bukett war ausgesucht für meinen ersten Teil, wo es um die Mythologie der weißen und roten Rosen ging.

Schwierig, nach so einem schönen Abend in lästigen Alltagskram wie dringende Einkäufe und TÜV finden zu müssen. Aber danach gibt's ein "Retreat": nur noch Nijinsky.

2 Kommentare:

  1. Super liebe Petra,
    das klingt richtig richtig schön. Ich hätte die Lesung so gerne besucht, musste aber aus finanziellen Überlegungen heraus leider andere Prioritäten setzen. Die Krise hat endlich auch uns erreicht. Aber dein Bericht macht Mut. Und bestärkt darin es weiter zu tun: Das Schreiben!
    Und auf die Rosen vom Gartenamtschef bin ich direkt ein kleines bisschen neidisch. Wann bekommt Frau heutzutage schon noch einmal Rosen geschenkt? :-)

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  2. Danke, liebe Jutta, für dich ist es ja auch ein ziemliches "Eck" nach Baden-Baden! Und was Rosen betrifft: die sollte sich Frau auch öfter mal selbst schenken... Aber das Bouquet ist wirklich eine Freude, ich genieße es beim Arbeiten.

    Ich denke, Schreiben ist ein feiner Krisenberuf - dadurch dass man in der Dauerkrise steckt und ständig improvisieren muss, kann's draußen stürmen, wie es will, es wird nicht besser ;-) Und Buchautoren überleben immerhin in der zweitgrößten Branche Deutschlands, gleich nach der Autoindustrie - und das ohne Millionenhilfen. Vielleicht unterrichten wir eines Tages Autokonzerne und Banker, wie das geht?

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