Der Butter und das IT-Girl

Den letzten und seit langem einzigen Duden habe ich mir mit der Rechtschreibreform gekauft (und lehne gewisse antietymologische und dämliche Schreibweisen immer noch ab). Seltsam für Spracharbeiter, wird mancher denken, aber es gibt ein schlagendes Argument: Alles, was man als Spracharbeiter nicht endlich sowieso gelernt hat, machen einem die unterschiedlichen Rechtschreibkonzepte der Verleger zunichte. Jeder hat da so sein eigenes Briefing, wie er es mit der Reform hält - da nutzt dann auch der Duden nichts.

Trotzdem schau ich gern in die neuen Ausgaben. Für mich als Emigrantin ist die Neuaufnahme von Wörtern immer wieder ein Quell der Heiterkeit. Deutsch ist immer noch meine Mutter- und Arbeitssprache, die Neuentwicklungen bekomme ich aber im Ausland nicht immer mit. Selbst Deutsch sprechende Elsässer benutzen eine etwas antiquierte und vor allem gebrochene Sprache. Bliebe das Fernsehen, ebenfalls eine Kunstsprache - und Live-Geschwätz in Talkshows mag ich mir nicht antun.

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich in Polen lebte und Sorgen hatte, im Ernstfall ein funktionierendes Telefon zu finden, unseres soff mit jedem Regenschauer auf Wochen ab. Konnte ich dann endlich mit Freunden in Deutschland reden, hatten die es ständig ganz wichtig von einer "Faxweiche". Ich wollte nicht zugeben, dass ich out war. Eine Faxweiche musste etwas sanft Kuscheliges sein. Vielleicht hatte man in meiner Abwesenheit ein Verfahren entwickelt, das Faxpapier weicher durchlaufen zu lassen? Und warum redet heute keiner mehr von Faxweichen?

Einen ähnlich schnellen Tod sage ich dem Wort "Kreditklemme" voraus, das eigentlich in einen Duden der Unwörter gehörte und nicht noch in der Hochsprache zementiert. Das "It-Girl" hielt ich natürlich für eine Powerfrau, die in jungen Jahren den raketenhaften Aufstieg in der Männerbranche IT schafft. Die "Blogsphäre" schreibt der Duden falsch, weil alle Blogosphäre sagen. Und was bitte ist "Schlüsselkraft"? Ein Begriff aus der Automontage? Ein neues Werkzeug für Diebe?

Immerhin, ich weiß endlich wieder, dass ich DIE Email sagen darf, wie ich das seit jeher gegen alle Widerstände tue. Trotzdem habe ich absolut Mitleid mit den Österreichern, die sich nach einer Gleichstellung im Duden sehnen. Denn auch wir Badner verwenden andere Artikel als der Rest der Welt. Akkusativ ist gleich Nominativ und DIE Butter ist eindeutig männlich. Korrekt heißt das dann: "Gib mir mal DER Butter!" Aber die beim Duden können ja nicht alles wissen.

Und genau deshalb kaufe ich mir den Duden ja so selten. Ich bin Spracharbeiterin, ich darf Sprache verarbeiten, bearbeiten, verhackstücken und bei Bedarf auch mal buttern, ich darf Wörter verti..., pardon artikulieren, darf veraltete Wörter genüsslich zelebrieren (Genüssling) und neue Wörter erfinden, die sich auch der ehemorgigste Sprachwissenschuft auf dem hinterletzten Zwergplaneten nicht zu erschäumen wagt!

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