Sommerdemenz

Immer häufiger begegnet man Unverstand auch in Edelblättern der Printmedien - ein notwendiges Übel, wenn man auf ausreichendes und gut ausgebildetes Personal keinen Wert mehr legt.
Wenn sich aber jetzt Die Welt zum Anwalt - ja von wem eigentlich - macht und laut über ein Leistungsschutzrecht für Buchverlage nachdenkt, dann fragt man sich doch, ob statt Sommerloch die galoppierende Demenz ausgebrochen ist.

Was da in fein abgefragten O-Tönen zitiert wird, bringt jeden Profi aus der Branche zum Lachen. Vor allem der letzte Satz eines Urheberrechtlers namens Thomas Hoeren ist der Knaller des Tages: "Wenn im Gegenzug festgeklopft würde, dass die übertragenen Rechte nach fünf bis zehn Jahren an die Autoren zurückfallen, wäre das auch für die Autoren eine echte Verbesserung".

Lieber Thomas Hoeren, liebe WELT-Redaktion: Bitte zuerst in der Branche recherchieren, dann behaupten. Eure Ideen wären für uns Autoren nämlich ein Rückfall in frühere Jahrhunderte. Der Autor von heutzutage überlegt sich vor einem Vertrag tunlichst, welche Nutzungsrechte er abgibt und welche nicht und wie und warum und für wie lang. Das unterscheidet das Buchautoren-Buchverlags-Verhältnis von Knebel- und Buyout-Verträgen der Presse für Zeitungsjournalisten!

Vor allem aber legt sich im Zeitalter der schnelldrehenden Ware keiner mehr langfristig fest. Der Urheberrechtler sollte eigentlich wissen, dass es längst vertragliche Regelungen gibt, bei denen Nutzungsrechte z.B. bei Verramschung oder Auslaufen extrem schnell wieder an den Autor fallen. Dass man Nutzungsrechte, wenn sie nicht genutzt werden, sogar während der Vertragslaufzeit zurückziehen kann usw. usf. Nutzungsrechteübertragung auf Lebenszeit oder länger als zehn Jahre - das gibt es allenfalls noch bei unwissenden Neueinsteigern ohne Agent.

Schlage einen Artikel Teil 2 vor: Wie wir mit Leistungsschutzrecht die Verleger zwingen, ein Buch - koste es, was es wolle - lebendig 5-10 Jahre am Markt zu halten.
Teil 3: Warum so viele total-buy-ausgebeutete Journalisten lieber für Buchverlage arbeiten.

Tja, es ist Sommer, es ist heiß und in manchen Köpfen regnet es.

Aktualisierung: Apropos Buy-out bei Journalisten - zumindest die Fotografen haben jetzt einen kleinen Sieg errungen. Eine einstweilige Verfügung gegen den Heinrich Bauer-Verlag erwirkt einen Stopp der rechtswidrigen Buy-out Verträge mit Fotografen. Vielleicht stellen sich auch die Printjournalisten und deren Vereinigungen endlich auf die Hinterfüße? Mehr zum Sieg von Freelens hier.
Welche üblen Auswüchse Buyout außerdem haben kann, zeigt der Missbrauch von Elke Heidenreich durch einen Drittanbieter via FAZ.

Vor dem Leistungsschutzrecht sollten wir vielleicht AutorInnen endlich unter Naturschutz stellen? Vielleicht als bedrohte Vögel des Jahres?

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