Jagdfieber: Foto-Safari
Man kann sich festfressen an der Bildersuche rund um den Globus. Hätte ich einen Verlag, wüsste ich, wie ein Prachtband auszusehen hätte. Aber bei jedem noch so schönen Bild kommt die Buchhalterin in mir hoch - bezahlbar muss es nicht nur sein, rechnen soll es sich. Leider machen Bildarchive, Museen und Agenturen keine Unterschiede zwischen herkömmlicher Handelsmassenware und solch einem Buch, die Preise werden grundsätzlich etwa bis 3000 oder 5000 Auflage gerechnet. Die Russen sortieren sich schnell aus, weil das "shopping & buy" noch nicht so ganz international per Mausklick und Kreditkarte funktioniert.
Der Rest ist erst einmal Fachchinesisch für Urheberrechtler und hier heißt es aufgepasst. Die Amerikaner unterscheiden zwischen nationalen und Weltrechten, Schwarzweiß oder Farbe und nehmen Pauschalpreise für die Buchlaufzeit. Die Franzosen berechnen nach Druckgröße, egal in welcher Farbe, geben die Rechte nur für fünf Jahre, dann ist die Summe wieder fällig. Will man sein Buch online präsentieren, werden 30% vom Coverpreis noch einmal abgezockt.
Und natürlich bestehen extreme Preisunterschiede je nach Herkunft, das Vergleichen ist etwa so aufwändig wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Nur potente Verlage können sich Agenturen wie getty-images oder corbis leisten. Die mit unter 200 Euro fürs Coverbild recht günstige VG-Bild-Kunst macht zwar preislich das Rennen, hat aber in Sachen Nijinsky nichts anzubieten. Wird man doch fündig, gerät man an den winzigen Hinweis, dass der Preis des Inhabers gilt - und das ist dann wieder jemand in Frankreich. 337 E nehmen die Museen von Frankreich für Coverrechte für fünf Jahre, in New York sind die Weltrechte dagegen schon für 300 $ plus 25% Aufschlag zu haben. Bringt man ein Foto der Franzosen ganzseitig innerhalb des Textes, sind 139 E fällig - die Amerikaner geben es einem für 55 $. Der Vergleich lohnt sich also, denn mit Kreditkarte und Internet wechseln Geld wie Fotodatei den Besitzer international.
Dabei sollte man allerdings auch aufs Kleingedruckte bei den Lieferfristen achten. Eine Mailanfrage an ein gewisses berühmtes französisches Museum wurde immerhin nach drei Monaten beantwortet und dann rückten sie auch nur endlich mit der Adresse der Agentur heraus, die ihre Rechte handelt. Und manche Agenturen, das ist vor allem eine deutsche Spezialität, lassen die Fotosuche nur für eingetragene Verlage zu oder kassieren ein nicht geringes Sümmchen, damit man überhaupt nur im Katalog blättern darf. Da ist es zwar praktisch, wenn man jemand in einem Verlag kennt, der das erledigt, aber dann muss man sich beim Aussuchen auf eine andere Person verlassen.
Doch die Fotos sollte man dringend mit Fachblick betrachten. Nicht alles, was am Bildschirm und vom Sujet her schön aussieht und beeindruckt, kommt auch im Druck gut. Wie sehen überhaupt die angebotenen Dateien technisch aus? Auch hier gibt es extreme Unterschiede in der Qualität je nach Anbieter, gerade bei historischen Fotos. Innenbilder wären in diesem Fall einfach auszusuchen: Sie müssen zum Text passen. Beim Cover sieht die Sache schon anders aus. Hier kauft man nämlich etwas ein, das der Grafikerin gefallen muss. Hier geht es nicht einfach um ein Foto, sondern um Fragen der Titelgestaltung, der Komposition und Farbflächen. Es geht um Wiedererkennungswert, Fernwirkung, psychologische Wirkung und den berühmten Anreiz zum Hingreifen. Dafür muss man einen feineren Blick haben als für Innenbebilderung.
Natürlich kann man vor Begeisterung ein Vermögen ausgeben. Doch die freundliche Buchhalterin im Hinterkopf stellt ganz andere Fragen:
- Wie viel "Bild" muss ein Cover haben, um zu wirken?
- Lohnt sich die absolute Preziose und Rarität auf dem Cover?
- Oder macht sich ein Buch besser mit einfachem graphischem Cover, dafür aber wenigstens zu den Buchteilen mit je einem Foto innen?
- Wenn ein ganzseitiges Foto 139 E kostet, lohnt es sich dann, mit einem halbseitigen zu 110 E zu sparen?
- Oder nimmt man das Knaller-Cover und leistet sich innen dafür nur gut layouteten Text?
- Wie viel dürfen die Rechte überhaupt kosten, damit sich die Unkosten über den Verkauf erwirtschaften lassen?
- Wo würde man bei Produktion und Werbung am falschen Ende sparen und wo müsste man unbedingt investieren, was an Leistungen sich zukaufen?
- Das nur als kleiner Ausschnitt aus der Produktion, um zu zeigen, mit welchen Fragen man sich beschäftigen muss, wenn man ein Buch herausgibt. Natürlich geht die Suche anderswo noch weiter und verhandelt werden muss auch. Momentan liegen die New Yorker ganz vorn im Rennen. Die mit der Praline.
Liebe Petra,
AntwortenLöschenbeim Lesen ist mir ganz schwindelig geworden. Ich kann nur erahnen wieviel Zeit es Dich kostet, das alles herauszufinden. Rechte, Recherche, Raritäten - drei R's bei denen mir ganz blümerant zumute wird. Ich fiebere weiter mit und warte darauf, wie die Praline schmecken wird. Die New Yorker.
Liebe Grüße,
Nikola
Liebe Nikola,
AntwortenLöschenich schreibe das bewusst so detailliert auf, um zu zeigen, wie aufwändig die Arbeit an einem Sachbuch ist, von dem die gute "Dagmar" in einem früheren Artikel sagte: "Das sind keine richtigen Bücher."
Diese Arbeit steckt z.B. auch in meinem Rosenbuch mit seinen Kunstabbildungen - mit dem Unterschied, dass der Verlag richtig gut Geld ausgegeben und die Arbeit für mich gemacht hat.
Und das wiederum soll aufmerksam machen: Ein Buch, das im PoD-Verfahren hergestellt wird, sollte es professionell sein - ist eben nicht "schnell mal gebastelt", wie es mein "Tag" "Ich bastle ein Buch" selbstironisch behauptet.
Zu diesen Arbeitsvorgängen gehört dann auch, dass sich die Praline im ersten Grafik-Antester als untauglich erwiesen hat. Nett für Sammler, nichts für Cover...
Es ist aber nicht nur schlimm - es macht verdammt viel Spaß!
Schöne Grüße,
Petra
Dann wünsche ich Dir weiterhin viel Spaß und Erfolg damit!
AntwortenLöschenHerzlich,
Nikola