So müssen Tage sein

I proudly present: Mit meinem "Haifischbecken" habe ich es wieder einmal ins Buchreport-Blog geschafft. Ich bilde mir ja oft ein, recht viel über Leserschaften zu wissen und darüber, wie Artikel Aufmerksamkeit erregen, muss aber gestehen, dass ich allzu oft völlig betriebsblind bin. Bei diesem Beitrag war ich mir nicht einmal sicher, ob ich ihn überhaupt schreiben soll, allzu bekannt kam mir das alles vor ... Aber man sollte eben nicht von sich selbst auf andere schließen. Manche Artikel entwickeln durch Social Media ein interessantes Eigenleben und schlagen dann auf die Autorin gnadenlos zurück.

Die denkt hier nämlich manchmal nur laut, weil laut Gedachtes Konsequenz erfordert. Ein alter Trick, den eigenen inneren Schweinehund zu überlisten und mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen über das, was einen selbst so umtreibt. Natürlich stelle ich mir ständig die Frage, wie es für mich als Autorin weiter geht. Ein "Abfallprodukt" meiner Blogthematiken ist die Idee für ein brotberufliches Projekt, das zwar in Büchern münden soll, aber nicht die ganz große Kür sein wird. So eine manisch Schreibende braucht schließlich auch ein ganz eigenes Literaturventil. Ich müsste mir bald eine neue Literaturagentur suchen, weil die meine leider ihre Pforten geschlossen hat. Ich müsste mal wieder Exposés verlagsfein frisieren und mir Gedanken machen, was heutzutage an den Verlag zu bringen wäre. Und schon hätte ich wieder den Kopf verstopft, bevor das Projekt überhaupt geboren wäre.

Bei all dieser Bloggerei der letzten Monate ist mir aufgegangen, dass das narrative Sachbuch - auf einem Niveau wie im "Nijinsky" - meine ganz große Leidenschaft ist. Nicht weniger Leidenschaft wie die Recherche abstrus und viel zu komplex erscheinender Themen (wie den Ballets Russes), für die man Menschen begeistern kann, die nicht einmal ahnten, dass sie solche Themen interessieren könnten. So ein Thema liegt in meiner Schublade, ist mit der Arbeit an den Ballets Russes eher gewachsen und scheint mir heute eines der brennendsten, heißesten Themen überhaupt zu sein. Nur ist mein Ansatz, es zu betrachten, so schräg und verrückt, dass es mit den meisten Programmen gar nicht kompatibel wäre. Als ich meinem Agent davon erzählte, riet der mir sofort zum Selbermachen. Ich würde mir bei Bewerbungen nur Beulen holen, weil solche Ideen im Verlagsalltag nicht vorgesehen seien. Damals fand ich es verrückt, von einer Agentur so einen Rat zu hören. Ich legte die Idee in die Schublade.

Jetzt, nach all der Bloggerei, habe ich große Lust, das Projekt völlig frei nach meinem Gusto zu entwickeln - und so sollte Kunst ja eigentlich entstehen. Es würde ein Buch werden, an dem ich nicht nur im stillen Kämmerlein sitzen würde. Ein Buch, vernetzt mit Social Media, ein Thema zum Mitmachen. Leider ein Projekt, das Kosten verursachen würde - es lebt nur mit ausreichend Bebilderung. Warum aber, denke ich jetzt, nicht auf Crowdfunding zurückgreifen, wenn man ohnehin andere Menschen einbindet? Wenn es dann steht, könnte ich mir einen Spaß machen: Mich ganz ordentlich und brav bei Literaturagenturen und / oder Verlagen bewerben. Ohne diese Schere im Kopf von Anfang an! Würden die absagen oder wie mittlerweile üblich über ein Jahr lang zögern, wäre das Buch dann schon gedruckt. Schöne neue Welt. Wenn ich allein an die Möglichkeiten denke, an was für spannende und wichtige Leute ich in Sachen Recherche per Internet herankomme, juckt es mir in den Fingern. Ich fürchte, es ist so weit: Kaum ist das eine Buch in der Druckerei, nimmt das nächste Formen an!

Ein bißchen an diesen Überlegungen "schuld" ist auch der Verleger und Hersteller Johannes Monse von Monsenstein & Vannerdat, wo mein Nijinsky-Buch erscheinen wird (in der Edition Octopus). Ich führte heute mit ihm ein äußerst sympathisches Telefonat über Buchvertrieb, Buchhandel, Barsortimente, Amazon, alternative Verkaufswege und vor allem die besonderen Herausforderungen von "Nische" im Gegensatz zu Mainstream.

Beim Sachbuch ist das eins der wichtigsten Themen der Zukunft überhaupt. Wir sehen es an den Bestsellerlisten: Mainstream bedeutet beim Autor Promifaktor und beim Thema Aufsehenerregendes mit Millionenseller-Qualität. Wo und wie aber landen Verlage künftig Nischenthemen, literarische Sachbücher und Bücher, deren Publikum direkt angesprochen werden will? Irgendwie scheint die Zeit reif zu sein für ein Ideenheft, das derzeit den Arbeitstitel "BLAU" trägt. Als ich im Blog den Tag "Grenzgängerei" kreierte, ahnte ich nicht, dass mich dieses Lebens(?)thema auch bei den Büchern nicht loslassen würde.

Jetzt ist harte Disziplin angesagt. Noch quäle ich mich mit der Technik (als nächstes kommt mir InDesign ins Haus). Und ich staune, wie oft man ein längst perfekt lektoriertes Buch noch korrigieren kann, bis auch der letzte Tippfehler, der letzte doppelte Zwischenraum verschwunden ist (und in der gedruckten Version wird es trotzdem Fehler geben, wie in allen Büchern). Wenn alles gut geht (toitoitoi und dreimal hinter die Schulter gespuckt), soll der Nijinsky nach Ostern in die Druckerei. Ich bin so aufgeregt wie schon lange nicht mehr!

4 Kommentare:

  1. Hallochen,
    "ich staune, wie oft man ein längst perfekt lektoriertes Buch noch korrigieren kann, bis auch der letzte Tippfehler, der letzte doppelte Zwischenraum verschwunden ist

    wie wahr, wie wahr - und eigentlich schrecklich! Aber man wird einfach "betriebsblind" beim Lesen. Aber wie du richtig sagst,
    "und in der gedruckten Version wird es trotzdem Fehler geben, wie in allen Büchern)"

    Ich freue mich jedenfalls schon riesig auf Dein Buch und überlese ganz großzügig alle Tippfehler - versprochen :-)

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  2. Hallo Maria,
    das Schlimme ist ja, dass jeder Lektor und jeder Korrektor andere Dinge übersieht (mein Buch wurde professionell lektoriert, nicht von mir) - und man irgendwie doch nicht auf die perfekte Schnittmenge kommt...

    Die übelsten Fehlerquellen lauern im technischen Apparat. Ich habe allein drei Tage an den Endnoten gearbeitet, die ich wegen der Druckerei manuell getippt habe. All dieser Word-Firlefanz von Automatismen bringt ja womöglich wieder zusätzliche Fehler...

    Ich freu mich über deine Großzügigkeit und werde es trotzdem so perfekt wie möglich gestalten ;-)

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  3. Mal ne ganz blöde Frage: Wieviel kostet denn sonne Profiversion einer druckereikompatiblen Software wie InDesign? Ich bin da ja völlig unbeleckt....

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  4. Der volle Preis ist lustig vierstellig und außer Diskussion. Aber es gibt manchmal Möglichkeiten, ihn auf eine kleine dreistellige Summe zu drücken ;-) Sehr günstig (um 200 E) gibt's gebrauchte ältere Versionen.

    Berechnen muss man einfach, was einen der Hersteller kosten würde, wenn man's außer Haus gibt, und wie oft man es selbst überhaupt braucht. Man kann ein Buch, wenn es kein aufwändiges Layout hat, tatsächlich mit allen Tricks und Kniffen dieser Welt und guter Programmbeherrschung mit Word gestalten, aber das ist eine Katastrophenarbeit zum Fluchen, die unwahrscheinlich viel Zeit verbraucht. Im Endeffekt also auch Geld kostet.

    Ich habe InDesign halt erst fürs nächste Mal vorgesehen, weil ich in Ruhe nach einer Version suchen will und weil das Einlernen doch ziemlich Zeit braucht (die hatte ich nicht). Ich habe zwar früher fast im Schlaf mit Ventura Publisher gearbeitet, aber seither hat sich viel verändert. Außerdem wollte ich erst mal testen, ob ich am Gestalten überhaupt Lust habe, denn solche Programme lohnen sich nur, wenn man sie auch öfter benutzt.

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