Wörterschmaus
Das hat mich an die hier erinnert - meine Wort-Schatzkiste:
Wie man unschwer an den aufgemalten Geheimhieroglyphen erkennen kann, stammt die Schatzschachtel - zusammengenäht aus Postkarten - aus meiner präalphabetischen Zeit. Zuerst sammelte ich darin Glanzbildchen. Weil ich aber jedes Bild mit Schriftähnlichem bekrakeln musste, wurde sie schnell zum Hort meiner selbsterfundenen Hieroglyphen und dann zur Sammelkiste für Wort-Schätze.
Ungefähr aus der ersten Klasse muss ein Zettel in Schönschrift stammen: Summen, kämmen, brummen, bummeln, bimmeln, schlummern, erklimmen, schimmeln, stammeln, rammeln, wimmeln, mummeln, fummeln. Was ist Sprache doch Musik!
Etwa aus der gleichen Zeit kommen seltene Fische, die damals noch in unseren Flüssen herumschwammen: Maifisch, Seibling, Steinbeißer, Huchen, Döbel, Elritze, Plötze, Ukelei...
Irgendwann hatte ich mir angewöhnt, jeden Tag ein besonders schönes Wort auf einen Zettel zu schreiben und in der Wort-Schatzkiste zu verstecken. Ich konnte an trüben Tagen stundenlang in meinen Wörtern "spazierengehen"!
Jahre später sammelte ich Schätze wie: krustiger Harsch, Türschwellen, Telefonschweigen, Baumsilhouette, Kräuselrauch, "Schmetterlinge in Buchformat", "die Späherin reift am Fensterkreuz", Olivensilberblätter, Sehnsuchtsseen, Wortschauer, Sensenperpendikel, zersplissen, Sommermohn, heckenrosenrosa, Fiatpferdchen und "Ruinengerippen einer Stadt" ... Zu jener Zeit wäre die Wort-Schatzkiste geplatzt, also wurden Schatzhefte daraus, in die ich jeden Tag die eindrucksvollsten Wörter notierte. Natürlich war das mein Dichteralter, die lyrische Pubertät.
Daran sollte ich mich jetzt erinnern, wo ich Worte hin und her wende, anhöre, abwiege, schmecke und hoffentlich dieses wunderbar klangvolle französische Gedicht aus dem Ersten Weltkrieg in Deutsch bringen werde:
Les obus miaulaient un amour à mourir...
Ja, liebe Frau Cronenburg, meine besten Wünsche zum neuen Jahr, Gesundheit und Glück.
AntwortenLöschenAuch ich sammle Wörter. Sehr gerne habe ich zum Beispiel Parallelopipido, das portugiesische Wort für Kopfsteinpflaster. Aber auch viele spezielle Wörter erfreuen mich, wie etwa Kamauro für die päpstliche Wintermütze oder Tiro für den künstlerischen Debütanten. Schön ist auch Stabilitas für das Klosterleben. Ach ich könnte da schon schwelgen. Fundgrube sind da meistens meine Kollegen. Ein Autor, den ich dahingehend sehr schätze, ist Theodor Lessing (1872-1933). Von ihm hab ich zum Beispiel den Tättel für den Tattergreis.
Gute Nacht Matthias Mala
Danke, ich wünsche Ihnen auch das Beste für dieses nun schon etwas angestaubte Jahr!
AntwortenLöschenParallelopipido ist einfach toll, als hätte es Pippi Langstrumpf erfunden!
In Fremdsprachen darf ich gar nicht erst anfangen... Mir fällt auf, dass ich eine Sprache dann leichter lerne, wenn ich viele Schatz-Wörter darin finde.
Herzliche Grüße,
Petra van Cronenburg
Ich liebe ja das französische Wort "coquelicot" = Klatschmohn! Ich finde, das hört sich genau so zerknittert an, wie die Blütenblätter sich aus der Knospe wickeln!
AntwortenLöschenWas ich auch mag, sind die anderen Geräusche. Niese ich "hatschi" oder "atchoum"? Aber ich schwöre, die unzähligen Hähne der Nachbarin krähen weder "kikeriki" noch "cocerico", die sagen einfach "croc-croc-äh". Müssen Elsässer sein...
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