Frauenlektüren
Da habe ich ja etwas Schönes angerichtet. Völlig unjournalistisch, sich in solch persönliche Nähe zu Interviewpartnern zu begeben, oder? Was hilft es da, wenn ich schwöre, vor den Interviews nicht an einen Beitritt bei den Bücherfrauen gedacht zu haben? Ich höre schon manche im Hintergrund zischen: Vetternwirtschaft. Was nützt es da, zu sagen, ich sei erst danach wirklich überzeugt gewesen?
Mir geht es bei meiner Arbeit oft so. Als ich den Text für ein Theaterprojekt übersetzte, war ich so begeistert von der Arbeit der Auftraggeber, dass ich mich danach für Theater auf dem Land engagierte. Ein guter Freund war ein "Interviewopfer" von mir, zu dem mich die Redaktion schickte, obwohl ich dazu wirklich absolut keine Lust hatte. "Den habe ich in einer halben Stunde abgefrühstückt", sagte ich noch zu den Kollegen. Einige Menschen, über die ich objektiv als Journalistin geschrieben hatte, fanden in mein ganz privates Leben. Auch darum liebe ich diesen Beruf und vermisse ihn als Buchautorin manchmal: Man kommt einer Vielfalt von Menschen sehr nah, kann neugierig Fragen stellen und neue Dinge kennenlernen. Und manche Dinge faszinieren dann länger als nur für ein Interview.
Für mein Leben gern hätte ich diese Grande Dame des Kriminalfilms interviewt: Margaret Rutherford. Der Tagesspiegel hat ein wunderbar sensibles Portrait der unvergessenen Darstellerin der Miss Marple gezeichnet. Und während man heute immer noch und immer wieder darüber streitet, ob die Autorin Agatha Christie denn nun "echte" Literatur geschöpft habe, gerät gern in Vergessenheit, dass man mindestens genauso erbittert darüber streitet, ob sie nun Feministin war oder nicht. Auf welche Seite in diesem Streit man sich auch immer stellen mag - wir sollten nicht vergessen, dass all unsere Fernsehkommissarinnen dank dieser frühen Vorbilder existieren. Miss Marple war vielleicht nicht der Inbegriff moderner Feminismusschubladen, aber sie war in ihrer männergeprägten, sehr traditionellen Welt eine hochintelligente, brillante Detektivin mit einem sehr eigenen Kopf.
Feminismus. Das war doch mal. Irgendwann in den 1960ern, als die Pille erfunden wurde und die Leute von mehr Freiheit träumten. Und dann gab es ja noch ein paar Wellen. Ziemlich militant sogar in den 1980ern, Müsligeneration, Turnschuhpolitiker. Manchmal gibt es im Fernsehen heute noch Feministinnen. Und ziemlich oft streiten dann die anderen Feministinnen, ob sie die überhaupt noch gut finden. Was also soll das alles heute noch? Sind wir nicht alle längst immun gegen so etwas?
"Das wird mir alles nicht passieren. Wie bleibe ich FeministIn" heißt das Buch von Marlene Streeruwitz (Fischer), das eigentlich ein "Crossmedia"-Projekt sein soll. Interessant ist der Ansatz: Marlene Streeruwitz ist Literatin, sie schreibt keine Kampfschrift, sondern Erzählungen. Erzählungen, die Wirkung hinterlassen und auf ihrer Website diskutiert und sogar weitergeschrieben werden können. Die Mädchenmannschaft hat die Autorin zum Projekt interviewt. Das Experiment ist gewagt, denn die Hochliteraturszene in Deutschland ist nicht so internetaffin wie die der Unterhaltungsliteratur - warum auch immer. An einer Community für das Projekt mangelt es leider etwas. Das Buch ist im Internet angekommen, aber noch nicht wirklich in der Kommunikation - da ginge mehr bei den KommentatorInnen.
In den USA sind Leserinnen nun so wütend, dass sie zu eifrigen Kommentatorinnen, aber auch Boykotteurinnen werden. "The New Yorker" bekam Ausgaben von erbosten Leserinnen zurückgeschickt, denen es auf die Nerven fiel, dass fast nur Artikel von Männern veröffentlicht wurden, obwohl auch in den USA Journalistinnen inzwischen völlig selbstverständlich den Beruf erobert haben. Jezebel hat daraufhin andere bekannte US-Zeitschriften, auch literarische, untersucht. Das Ergebnis ist ähnlich niederschmetternd.
Da sind wir wieder am Anfang meines Beitrags, bei den Journalistinnen. Journalismus ist längst kein Männerberuf mehr in Deutschland. Aber vielleicht macht sich jemand einmal den Spaß, unsere Qualitätsmedien auf das Verhältnis zwischen schreibenden Männern und Frauen zu untersuchen? Einfach einmal außerhalb der "typischen" und "weichen" Frauenthemen (und -zeitschriften) hinschauen: Im großen Feuilleton etwa, bei den führenden Kritikern, in der Politik, bei IT-Themen, in der Wirtschaft...
Kleiner Nachtrag: Mein Artikel "Lesen ist gefährlich" erschien als Gastbeitrag auch bei der Mädchenmannschaft.
Morgen stelle ich zum Abschluss der Frauenwoche ein besonderes Buch zu einem besonderen Film vor - die Reise geht nach Paris.
Mir geht es bei meiner Arbeit oft so. Als ich den Text für ein Theaterprojekt übersetzte, war ich so begeistert von der Arbeit der Auftraggeber, dass ich mich danach für Theater auf dem Land engagierte. Ein guter Freund war ein "Interviewopfer" von mir, zu dem mich die Redaktion schickte, obwohl ich dazu wirklich absolut keine Lust hatte. "Den habe ich in einer halben Stunde abgefrühstückt", sagte ich noch zu den Kollegen. Einige Menschen, über die ich objektiv als Journalistin geschrieben hatte, fanden in mein ganz privates Leben. Auch darum liebe ich diesen Beruf und vermisse ihn als Buchautorin manchmal: Man kommt einer Vielfalt von Menschen sehr nah, kann neugierig Fragen stellen und neue Dinge kennenlernen. Und manche Dinge faszinieren dann länger als nur für ein Interview.
Für mein Leben gern hätte ich diese Grande Dame des Kriminalfilms interviewt: Margaret Rutherford. Der Tagesspiegel hat ein wunderbar sensibles Portrait der unvergessenen Darstellerin der Miss Marple gezeichnet. Und während man heute immer noch und immer wieder darüber streitet, ob die Autorin Agatha Christie denn nun "echte" Literatur geschöpft habe, gerät gern in Vergessenheit, dass man mindestens genauso erbittert darüber streitet, ob sie nun Feministin war oder nicht. Auf welche Seite in diesem Streit man sich auch immer stellen mag - wir sollten nicht vergessen, dass all unsere Fernsehkommissarinnen dank dieser frühen Vorbilder existieren. Miss Marple war vielleicht nicht der Inbegriff moderner Feminismusschubladen, aber sie war in ihrer männergeprägten, sehr traditionellen Welt eine hochintelligente, brillante Detektivin mit einem sehr eigenen Kopf.
Feminismus. Das war doch mal. Irgendwann in den 1960ern, als die Pille erfunden wurde und die Leute von mehr Freiheit träumten. Und dann gab es ja noch ein paar Wellen. Ziemlich militant sogar in den 1980ern, Müsligeneration, Turnschuhpolitiker. Manchmal gibt es im Fernsehen heute noch Feministinnen. Und ziemlich oft streiten dann die anderen Feministinnen, ob sie die überhaupt noch gut finden. Was also soll das alles heute noch? Sind wir nicht alle längst immun gegen so etwas?
"Das wird mir alles nicht passieren. Wie bleibe ich FeministIn" heißt das Buch von Marlene Streeruwitz (Fischer), das eigentlich ein "Crossmedia"-Projekt sein soll. Interessant ist der Ansatz: Marlene Streeruwitz ist Literatin, sie schreibt keine Kampfschrift, sondern Erzählungen. Erzählungen, die Wirkung hinterlassen und auf ihrer Website diskutiert und sogar weitergeschrieben werden können. Die Mädchenmannschaft hat die Autorin zum Projekt interviewt. Das Experiment ist gewagt, denn die Hochliteraturszene in Deutschland ist nicht so internetaffin wie die der Unterhaltungsliteratur - warum auch immer. An einer Community für das Projekt mangelt es leider etwas. Das Buch ist im Internet angekommen, aber noch nicht wirklich in der Kommunikation - da ginge mehr bei den KommentatorInnen.
In den USA sind Leserinnen nun so wütend, dass sie zu eifrigen Kommentatorinnen, aber auch Boykotteurinnen werden. "The New Yorker" bekam Ausgaben von erbosten Leserinnen zurückgeschickt, denen es auf die Nerven fiel, dass fast nur Artikel von Männern veröffentlicht wurden, obwohl auch in den USA Journalistinnen inzwischen völlig selbstverständlich den Beruf erobert haben. Jezebel hat daraufhin andere bekannte US-Zeitschriften, auch literarische, untersucht. Das Ergebnis ist ähnlich niederschmetternd.
Da sind wir wieder am Anfang meines Beitrags, bei den Journalistinnen. Journalismus ist längst kein Männerberuf mehr in Deutschland. Aber vielleicht macht sich jemand einmal den Spaß, unsere Qualitätsmedien auf das Verhältnis zwischen schreibenden Männern und Frauen zu untersuchen? Einfach einmal außerhalb der "typischen" und "weichen" Frauenthemen (und -zeitschriften) hinschauen: Im großen Feuilleton etwa, bei den führenden Kritikern, in der Politik, bei IT-Themen, in der Wirtschaft...
Kleiner Nachtrag: Mein Artikel "Lesen ist gefährlich" erschien als Gastbeitrag auch bei der Mädchenmannschaft.
Morgen stelle ich zum Abschluss der Frauenwoche ein besonderes Buch zu einem besonderen Film vor - die Reise geht nach Paris.
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