Schreddern statt Bloggen?
Ist das wirklich so?
Ich werde nachdenklich. Ich weiß nicht einmal, wer mein Blog liest. Menschen, die es zufällig per Suchmaschinenstichwort finden, weil sie sich nach einem Gummientenforum sehnen oder wissen wollen, warum die Schweinepest nicht Taubengrippe heißt, wenden sich nach dem ersten Fehlklick ab. Wie viele Hunderte von solchen Fehlgeleiteten zählt man als vermeintliche Leser? Warum interessiert sich hier eigentlich keiner für meine Bücher? Warum wenden sich Leser meiner Bücher lieber wieder dem Papier zu? Warum schreibe ich hier für Leute, die ich sowieso kenne oder die als KollegInnen nur wissen wollen, ob andere das gleiche Bauchweh haben? Is there anybody out there? Sollte ich mir das Bloggen abgewöhnen, wie man sich das Rauchen abgewöhnt und plötzlich kommt der große Roman? Was soll die Welt mit meinen abgetriebenen Gedanken?
Ich fürchte, ich bin noch nicht so weit. Noch ziehe ich Nutzen aus diesem selbstherrlichen, ständig um meine Arbeit kreisenden Dauergewäsch, auch wenn ich nicht beurteilen kann, ob es außer mir noch jemand freiwillig lesen mag. Fürs literarische Arbeiten muss man sich Gedanken machen. Scheinbar Sinnloses um mehrere Ecken wenden und drehen. Schnell und befriedigend lässt sich das bei einem Glas Wein mit Gleichgesinnten machen. Aber was tun, wenn man in einem Landstrich lebt, in dem die Intelligentsia emigriert oder ausgestorben ist? Bloggen ist außerdem leberschonend.
Früher habe ich auf Papier nachgedacht. Mache ich heute noch. Aber seit ich blogge, sind die Gedanken auf Papier strukturierter, weniger vermüllt. Ein Blog als Müllabladeplatz? Das wäre ja noch unverschämter als ein Gruselkabinett mit abgetriebenen Gedanken! Nein - es ist etwas anderes. Der Scheindialog lässt einen Gedanken anders formulieren. Man wetzt sich an Schein-Gegenübern ab, verteidigt seine Ideen, stellt sich frech hinter vielleicht überflüssige Gedanken. Teststrecke. Als ich gestern die Sache mit dem Hörsehpiano schrieb, die einfach mit einem Hobby von mir zu tun hat, wanderte eine Buchidee in meine Mappe und ich fand eine Querverbindung beim Surfen, die ich für meine Arbeit brauche. Wäre ich nie darauf gekommen, wenn ich nicht versucht hätte, meinen Leserinnen und Lesern hier davon zu erzählen.
Aber was bringt's? Habe ich überhaupt Leser? Sitze ich nicht vielleicht einsam, dümmlich und verblendet vor mich hinbrabbelnd unter einer Glasglocke? Ganz ehrlich: das weiß ich auch nicht, wenn ich ein Buch schreibe. Ab welcher Leserzahl würde ich das Schreiben einstellen?
Nie.
Noch ist Schreiben keine Droge für mich. Es ist Atmen.
Hier ist auf jeden Fall eine Leserin, die sich oft angesprochen fühlt von dem, was du schreibst!
AntwortenLöschenGanz unabhängig von Büchern. Mir geht es ganz ähnlich, geht es oft ähnlich. Und mit diesem fiktiven Gegenüber setzen wir uns ständig auseinander- und mit uns selbst. Für mich ist also auch noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, wahrscheinlich noch lange nicht.
Herzlichst
Christa
Jippieh, eine Leserin! Steh ich also doch noch nicht vor Maren Haushofers "Wand" ;-)
AntwortenLöschenHerzlichst,
Petra
"wer kauft Bücher, wenn er den Autor umsonst lesen kann?"
AntwortenLöschenIch z.B., weil ich erstens sicher nicht bereit bin, 230 Seiten als PDF zu lesen. Und weil ich zweitens mit einem Buch in der Hand ortsunabhängig bin...