Ehrenamtliche Schriftsteller?
Als ich im Buchmesse-Newsletter las, dass Frankreichs Autoren angeblich kein Honorar für Lesungen bekämen, war ich schon einigermaßen befremdet. Denn genau zwei Tage zuvor hatte ich eine Anfrage einer kleinen französischen Buchhandlung erhalten, die sehr wohl den Punkt des Honorars beinhaltete. Und das klang so, wie es bei deutschen Buchhandlungen auch oft klingt: "Stars können wir uns nicht leisten, aber natürlich werden Sie für Ihre Arbeit bezahlt."
Ich weiß nicht, wo die Autoren des Buchmesse-Newsletters ihre Einzelfälle aufgegabelt haben und was der wirkliche Grund fürs ehrenamtliche Engagement der genannten Autoren war. Ist Paris ärmer als das Elsass? Ich wollte es jedenfalls genau wissen: Wie ist das in Frankreich?
Gestern war ich bei der Künstlerberatung, die alle Sparten von Künsten unter ihrem Dach vereint, eng mit sämtlichen Kulturorganen und regionalen Institutionen zusammen arbeitet und dazu da ist, Kunst-Unternehmungen und Künstlern im weitesten Sinn zu helfen. Ich sitze da z.B. mit den Komponisten auf einem Bänkchen, weil die und die Schriftsteller in Frankreich einen Sonderstatus haben. Und ich sitze dort deshalb, um einen einen schier unglaublichen Behördendschungel durchschauen zu lernen, weil eine mit Sprache arbeitende Künstlerin die "falsche" Sprache benutzt, mangels Wohnsitz im Muttersprachland dort nicht einmal Bewerbungsmöglichkeiten um die meisten Stipendien und Preise hat, und auch noch via Österreich im Nachbarland arbeitet. So viel Europa sind nicht alle gewohnt.
Wie leben also die Kollegen in Frankreich? Immer schlechter - wie alle Künstler derzeit. Sarkozy streicht fleißig auch noch die letzten Gelder, seine Carla hat ja jetzt genug. Durch die Wirtschaftskrise verabschieden sich Mäzene. Besonders hart trifft es freie Einmann-Produktionen und kleine Unternehmen, aber auch Festivals haben heuer zu knappsen. Vor allem die Vielfalt der Kultur wird ausgedünnt, die von den kleinen, besonderen und mutigen Produktionen lebt. Kommt dazu, dass immer mehr neue Namen bei Büchern auf den Markt geschleudert werden. Und "geschleudert" ist vielleicht das richtige Wort, denn es funktioniert nach dem Prinzip "Friss oder stirb." Originalton der Beraterin: "Wer jetzt noch keinen Namen und regelmäßige Aufträge hat, wird es nicht mehr schaffen. Der Buchmarkt hat zu viel Masse produziert. Unter den Newcomern und Noch-Nicht-Etablierten wird es ein großes Autorensterben geben." Aber auch die ganz Großen bekämen derzeit weniger Aufträge, viele Verlage hätten sich mit ihrer Trendware verrannt. Masse würde auch schneller verramscht als Klasse.
Allein von den Büchern könnten nur etwa 4-5% der Autoren leben. Die meisten hätten immer einen schreibaffinen Beruf gehabt, seien Journalisten, Dozenten, Lehrer, um sich zu ernähren. Ansonsten aber ist ein französischer hauptberuflicher Autor - wie die Kollegen anderswo auch, ein Gemischtwarenladen. Und dieses Konstrukt versuchte ich nun rechtlich, buchhalterisch und vor allem von den Möglichkeiten her zu verstehen. Denn auch ich muss langsam an die Schaffung einer lächerlichen Rente denken. Da sind die Franzosen den Deutschen meilenweit voraus: Freiberufliche Künstler sind sogar arbeitslosenversichert. Wie aber kommt man als Künstler in "normale" Verdienstverhältnisse? In Deutschland hatte man mir geraten, mir "nebenbei" einen "ordentlichen, bürgerlichen" Job zu suchen, um ständig drohende Eventualitäten wie Verlagsverkäufe, fehlende Verträge, Verzögerungen etc. auffangen zu können.
Sie lächelt mich an, grinst, deutet auf meinen Lebenslauf, den sie fast auswendig kennt, und sagt trocken: "Keine Chance." Um Himmels Willen, bin ich so schlecht und unfähig? Sie lacht wieder. Nein, ich hätte dazu nicht das Profil, viel zu überqualifiziert fürs Jobben. Ich sollte mich mal mit dem Gedanken vertraut machen, lebenslänglich Künstlerin zu bleiben. Aber eben auf die französische Art.
Und über die staunte ich nicht schlecht. Ich bekam dann nämlich eine Liste, was französische Kollegen in ihrem Gemischtwarenladen so alles anbieten. Bezahlte Lesungen standen ganz oben - ja, da war das Wort Honorar eindeutig aufgeführt. Weil das aber als "droit d'auteur" abgerechnet wird, fällt es vielleicht in der Statistik nicht auf. Besser bezahlt werden Autoren, wenn sie statt der Lesung richtigen Mehrwert bieten. Sei es, dass man aus einer drögen Buchhandelslesung einen richtig dollen Auftritt macht, womöglich mit anderen Künstlern zusammen. Die Berührungsängste zwischen den Künsten sind geringer, man tauscht sich aus, arbeitet miteinander - bildet so mehr Veranstaltungsmöglichkeiten.
Sehr begehrt sind die "conférènces", die richtig gut etwas einbringen. Sachbuchautoren haben es leichter, aber auch Romanautoren arbeiten auf diesem Sektor. Autoren als Fachfrauen und Fachmänner sprechen mit Diskussionsrunde überall, wo ihr Thema passt und anderen etwas geben könnte - vor Krankenschwestern oder Kommunalpolitikern, Förstern oder Firmen, halb öffentlich oder für die gesamte Landbevölkerung, live oder im Fernsehen. Es ist erstaunlich, was man aus seinen Buchthemen alles machen kann, wie viel Wissen da zu teilen ist. Aber dieser Job will gelernt sein!
Und weil Wissensteilen in Frankreich bereits von frühen Kindesbeinen an beginnt, gehen Autoren in Vorschulen, Schulen oder Jugendgruppen, unterrichten theoretisch oder noch lieber praktisch, zeigen Kindern ihren Beruf und stellen Bücher mit ihnen her. Natürlich bezahlt, was sonst (und hier streicht Sarko derzeit am schlimmsten). Das machen übrigens auch andere Künstler: Maler, Comiczeichner, Schauspieler, Tänzer. Eine der Einnahmequellen ist es, die Bevölkerung an der Basis an die Künste heranzuführen, sie spielerisch ausprobieren zu lassen und Talente früh zu fördern. Bezahlt wird nicht durch die Schulen oder Bevölkerung, sondern durch Fördergelder, die diese beantragen. Was aus einer Geselllschaft werden könnte, die sich solche praktische Kunst-Bildung nicht mehr leistet, ist derzeit in Frankreich Tagesgespräch unter Betroffenen.
Kommen hinzu all die Arbeiten an Texten, Lektorat oder Übersetzungen, deren Können man sich aneignen kann.Und auch hier ist es wie in anderen Ländern - solche Arbeiten erledigt man besser bezahlt in der freien Wirtschaft als bei Verlagen. Hat jemand pädagogische Fähigkeiten, kann er außerdem für Schulungen arbeiten. Viel lässt sich hier vorstellen: Von der Aufgabe, Managern eine verständliche Sprache beizubringen, bis hin zu lustigeren Ideen - wie einem Kaffeekränzchen das professionelle Geschichtenerzählen zu lehren.
Kurzum: Schriftsteller in Frankreich sind, was ihre eigentliche Arbeit und Kulturleistung betrifft (Bücher schreiben), ähnlich unterbezahlt wie die Kollegen in anderen Ländern. Aber sie arbeiten keineswegs umsonst - es sei denn, sie verfolgen gezielt den Zweck von Charity oder Werbeeffekten. Ausnahmen mag es geben, aber es verschenken sich allenfalls die einmal, die genug haben. Die anderen kämpfen immer härter ums Überleben.
Was mich hier außerdem fasziniert: Professionelle Autoren sind sehr viel professioneller als die deutschen Kollegen. Und das wird auch von ihnen erwartet. "Sie machen Lesungen, haben Sie denn eine Sprechausbildung?" Es mag die Nuschler im schwarzen Rollkragenpulli noch geben, aber die Konkurrenz schläft nicht. Ein Autor muss sich öffentlich genauso inszenieren können wie jeder Bühnenkünstler. Kurse werden überall in den Städten angeboten und finanziell gefördert. Denn je besser ein Autor ausgebildet ist, desto weniger liegt er dem Staat einmal auf der Tasche.
Da gibt es nicht nur Sprechausbildung. Man kann auch allerhand Nützliches für Auftritte lernen, von der richtigen Beleuchtung über Bühnenausstattung mit einfachen Mitteln - bis hin zu Theatertechniken, etwa, wie man eine Bühne als Einmensch-Show richtig ausfüllt. Buchhaltung, Fördermittel, PR und Organisation stehen ebenfalls auf dem Plan. Fast noch wichtiger sind die Kontakte zwischen den Künsten. Warum sich nicht mal von einer angehenden Kostümbildnerin beraten lassen? Und warum dieser nicht im Austausch mit dem eigenen Körper eine Werbefläche für ihre Arbeit bieten? Warum nicht sich von einem Komponisten etwas schreiben lassen und nachher für den Komponisten schreiben?
So wird der Gemischtwarenladen Künstler in Frankreich dann zum professionellen Einmensch-Unternehmen, zu einer Keimzelle für Kunst und Kultur. Was aus solchen Ansätzen an lebendigem künstlerischen Leben werden kann und wie viel das einem Land gibt, hat man in der Vergangenheit spüren können (und es besteht Hoffnung, dass die manischen Geldstreicher in der Politik überlebt werden). Es führt vor allem aber zu einem großen Unterschied: Wer auf die Frage nach seinem Beruf mit "Künstler" antwortet, wird zwar untersucht, wie professionell er wirklich ist, aber verächtlich oder belustigt reagiert niemand, im Gegenteil! Und das wiederum führt dazu, dass Kunst und Kultur besser angenommen werden, die Angst und die Hemmschwellen nicht so hoch sind. Kein Wunder, wenn man von Kindesbeinen an damit Berührung pflegt.
Die Tendenz zur eierlegenden Wollmilchsau sollte man hier allerdings im Blut haben. Und so prüft die Wollmilchsau, wie sich seiltänzerisch auf den Grenzen europäische Eier legen ließen. Scheinbare Hindernisse als Chancen begreifen und Grenzen einreißen...
Was ich mich dabei frage: Könnte es sein, dass sich Bücher in Zukunft in zwei Richtungen entwickeln können? Auf der einen Seite die immer billiger zu habende Lesefutterware für den schnellen Konsum als Bett- oder Strandlektüre? Und auf der anderen Seite das Buch als kleiner Teil einer ausgeklügelten Eventkultur? Wäre das eine Chance oder ein Risiko?
Was wünschen sich die Autoren, was wünschen sich die Leser?
Und bleibt bei so viel Unternehmergeist noch Raum für den kreativen Künstler?
Und unternehmerisch gedacht: Könnten in dieser Weise Künstler, die wirklich lohnendes Einkommen erwirtschaften, nicht auch in Zukunft Arbeitsplätze schaffen? (Ich denke da spontan an einen Privatsekretär, eine Buchhalterin, eine Putzfrau...)
Ich weiß nicht, wo die Autoren des Buchmesse-Newsletters ihre Einzelfälle aufgegabelt haben und was der wirkliche Grund fürs ehrenamtliche Engagement der genannten Autoren war. Ist Paris ärmer als das Elsass? Ich wollte es jedenfalls genau wissen: Wie ist das in Frankreich?
Gestern war ich bei der Künstlerberatung, die alle Sparten von Künsten unter ihrem Dach vereint, eng mit sämtlichen Kulturorganen und regionalen Institutionen zusammen arbeitet und dazu da ist, Kunst-Unternehmungen und Künstlern im weitesten Sinn zu helfen. Ich sitze da z.B. mit den Komponisten auf einem Bänkchen, weil die und die Schriftsteller in Frankreich einen Sonderstatus haben. Und ich sitze dort deshalb, um einen einen schier unglaublichen Behördendschungel durchschauen zu lernen, weil eine mit Sprache arbeitende Künstlerin die "falsche" Sprache benutzt, mangels Wohnsitz im Muttersprachland dort nicht einmal Bewerbungsmöglichkeiten um die meisten Stipendien und Preise hat, und auch noch via Österreich im Nachbarland arbeitet. So viel Europa sind nicht alle gewohnt.
Wie leben also die Kollegen in Frankreich? Immer schlechter - wie alle Künstler derzeit. Sarkozy streicht fleißig auch noch die letzten Gelder, seine Carla hat ja jetzt genug. Durch die Wirtschaftskrise verabschieden sich Mäzene. Besonders hart trifft es freie Einmann-Produktionen und kleine Unternehmen, aber auch Festivals haben heuer zu knappsen. Vor allem die Vielfalt der Kultur wird ausgedünnt, die von den kleinen, besonderen und mutigen Produktionen lebt. Kommt dazu, dass immer mehr neue Namen bei Büchern auf den Markt geschleudert werden. Und "geschleudert" ist vielleicht das richtige Wort, denn es funktioniert nach dem Prinzip "Friss oder stirb." Originalton der Beraterin: "Wer jetzt noch keinen Namen und regelmäßige Aufträge hat, wird es nicht mehr schaffen. Der Buchmarkt hat zu viel Masse produziert. Unter den Newcomern und Noch-Nicht-Etablierten wird es ein großes Autorensterben geben." Aber auch die ganz Großen bekämen derzeit weniger Aufträge, viele Verlage hätten sich mit ihrer Trendware verrannt. Masse würde auch schneller verramscht als Klasse.
Allein von den Büchern könnten nur etwa 4-5% der Autoren leben. Die meisten hätten immer einen schreibaffinen Beruf gehabt, seien Journalisten, Dozenten, Lehrer, um sich zu ernähren. Ansonsten aber ist ein französischer hauptberuflicher Autor - wie die Kollegen anderswo auch, ein Gemischtwarenladen. Und dieses Konstrukt versuchte ich nun rechtlich, buchhalterisch und vor allem von den Möglichkeiten her zu verstehen. Denn auch ich muss langsam an die Schaffung einer lächerlichen Rente denken. Da sind die Franzosen den Deutschen meilenweit voraus: Freiberufliche Künstler sind sogar arbeitslosenversichert. Wie aber kommt man als Künstler in "normale" Verdienstverhältnisse? In Deutschland hatte man mir geraten, mir "nebenbei" einen "ordentlichen, bürgerlichen" Job zu suchen, um ständig drohende Eventualitäten wie Verlagsverkäufe, fehlende Verträge, Verzögerungen etc. auffangen zu können.
Sie lächelt mich an, grinst, deutet auf meinen Lebenslauf, den sie fast auswendig kennt, und sagt trocken: "Keine Chance." Um Himmels Willen, bin ich so schlecht und unfähig? Sie lacht wieder. Nein, ich hätte dazu nicht das Profil, viel zu überqualifiziert fürs Jobben. Ich sollte mich mal mit dem Gedanken vertraut machen, lebenslänglich Künstlerin zu bleiben. Aber eben auf die französische Art.
Und über die staunte ich nicht schlecht. Ich bekam dann nämlich eine Liste, was französische Kollegen in ihrem Gemischtwarenladen so alles anbieten. Bezahlte Lesungen standen ganz oben - ja, da war das Wort Honorar eindeutig aufgeführt. Weil das aber als "droit d'auteur" abgerechnet wird, fällt es vielleicht in der Statistik nicht auf. Besser bezahlt werden Autoren, wenn sie statt der Lesung richtigen Mehrwert bieten. Sei es, dass man aus einer drögen Buchhandelslesung einen richtig dollen Auftritt macht, womöglich mit anderen Künstlern zusammen. Die Berührungsängste zwischen den Künsten sind geringer, man tauscht sich aus, arbeitet miteinander - bildet so mehr Veranstaltungsmöglichkeiten.
Sehr begehrt sind die "conférènces", die richtig gut etwas einbringen. Sachbuchautoren haben es leichter, aber auch Romanautoren arbeiten auf diesem Sektor. Autoren als Fachfrauen und Fachmänner sprechen mit Diskussionsrunde überall, wo ihr Thema passt und anderen etwas geben könnte - vor Krankenschwestern oder Kommunalpolitikern, Förstern oder Firmen, halb öffentlich oder für die gesamte Landbevölkerung, live oder im Fernsehen. Es ist erstaunlich, was man aus seinen Buchthemen alles machen kann, wie viel Wissen da zu teilen ist. Aber dieser Job will gelernt sein!
Und weil Wissensteilen in Frankreich bereits von frühen Kindesbeinen an beginnt, gehen Autoren in Vorschulen, Schulen oder Jugendgruppen, unterrichten theoretisch oder noch lieber praktisch, zeigen Kindern ihren Beruf und stellen Bücher mit ihnen her. Natürlich bezahlt, was sonst (und hier streicht Sarko derzeit am schlimmsten). Das machen übrigens auch andere Künstler: Maler, Comiczeichner, Schauspieler, Tänzer. Eine der Einnahmequellen ist es, die Bevölkerung an der Basis an die Künste heranzuführen, sie spielerisch ausprobieren zu lassen und Talente früh zu fördern. Bezahlt wird nicht durch die Schulen oder Bevölkerung, sondern durch Fördergelder, die diese beantragen. Was aus einer Geselllschaft werden könnte, die sich solche praktische Kunst-Bildung nicht mehr leistet, ist derzeit in Frankreich Tagesgespräch unter Betroffenen.
Kommen hinzu all die Arbeiten an Texten, Lektorat oder Übersetzungen, deren Können man sich aneignen kann.Und auch hier ist es wie in anderen Ländern - solche Arbeiten erledigt man besser bezahlt in der freien Wirtschaft als bei Verlagen. Hat jemand pädagogische Fähigkeiten, kann er außerdem für Schulungen arbeiten. Viel lässt sich hier vorstellen: Von der Aufgabe, Managern eine verständliche Sprache beizubringen, bis hin zu lustigeren Ideen - wie einem Kaffeekränzchen das professionelle Geschichtenerzählen zu lehren.
Kurzum: Schriftsteller in Frankreich sind, was ihre eigentliche Arbeit und Kulturleistung betrifft (Bücher schreiben), ähnlich unterbezahlt wie die Kollegen in anderen Ländern. Aber sie arbeiten keineswegs umsonst - es sei denn, sie verfolgen gezielt den Zweck von Charity oder Werbeeffekten. Ausnahmen mag es geben, aber es verschenken sich allenfalls die einmal, die genug haben. Die anderen kämpfen immer härter ums Überleben.
Was mich hier außerdem fasziniert: Professionelle Autoren sind sehr viel professioneller als die deutschen Kollegen. Und das wird auch von ihnen erwartet. "Sie machen Lesungen, haben Sie denn eine Sprechausbildung?" Es mag die Nuschler im schwarzen Rollkragenpulli noch geben, aber die Konkurrenz schläft nicht. Ein Autor muss sich öffentlich genauso inszenieren können wie jeder Bühnenkünstler. Kurse werden überall in den Städten angeboten und finanziell gefördert. Denn je besser ein Autor ausgebildet ist, desto weniger liegt er dem Staat einmal auf der Tasche.
Da gibt es nicht nur Sprechausbildung. Man kann auch allerhand Nützliches für Auftritte lernen, von der richtigen Beleuchtung über Bühnenausstattung mit einfachen Mitteln - bis hin zu Theatertechniken, etwa, wie man eine Bühne als Einmensch-Show richtig ausfüllt. Buchhaltung, Fördermittel, PR und Organisation stehen ebenfalls auf dem Plan. Fast noch wichtiger sind die Kontakte zwischen den Künsten. Warum sich nicht mal von einer angehenden Kostümbildnerin beraten lassen? Und warum dieser nicht im Austausch mit dem eigenen Körper eine Werbefläche für ihre Arbeit bieten? Warum nicht sich von einem Komponisten etwas schreiben lassen und nachher für den Komponisten schreiben?
So wird der Gemischtwarenladen Künstler in Frankreich dann zum professionellen Einmensch-Unternehmen, zu einer Keimzelle für Kunst und Kultur. Was aus solchen Ansätzen an lebendigem künstlerischen Leben werden kann und wie viel das einem Land gibt, hat man in der Vergangenheit spüren können (und es besteht Hoffnung, dass die manischen Geldstreicher in der Politik überlebt werden). Es führt vor allem aber zu einem großen Unterschied: Wer auf die Frage nach seinem Beruf mit "Künstler" antwortet, wird zwar untersucht, wie professionell er wirklich ist, aber verächtlich oder belustigt reagiert niemand, im Gegenteil! Und das wiederum führt dazu, dass Kunst und Kultur besser angenommen werden, die Angst und die Hemmschwellen nicht so hoch sind. Kein Wunder, wenn man von Kindesbeinen an damit Berührung pflegt.
Die Tendenz zur eierlegenden Wollmilchsau sollte man hier allerdings im Blut haben. Und so prüft die Wollmilchsau, wie sich seiltänzerisch auf den Grenzen europäische Eier legen ließen. Scheinbare Hindernisse als Chancen begreifen und Grenzen einreißen...
Was ich mich dabei frage: Könnte es sein, dass sich Bücher in Zukunft in zwei Richtungen entwickeln können? Auf der einen Seite die immer billiger zu habende Lesefutterware für den schnellen Konsum als Bett- oder Strandlektüre? Und auf der anderen Seite das Buch als kleiner Teil einer ausgeklügelten Eventkultur? Wäre das eine Chance oder ein Risiko?
Was wünschen sich die Autoren, was wünschen sich die Leser?
Und bleibt bei so viel Unternehmergeist noch Raum für den kreativen Künstler?
Und unternehmerisch gedacht: Könnten in dieser Weise Künstler, die wirklich lohnendes Einkommen erwirtschaften, nicht auch in Zukunft Arbeitsplätze schaffen? (Ich denke da spontan an einen Privatsekretär, eine Buchhalterin, eine Putzfrau...)
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