Blurb, die Zweite

Heute habe ich es irgendwie mit Auszeichnungen. Na ja, wir Autoren brauchen auch unsere tägliche Dosis Soap fürs melancholische Künstlerherz im Öffentlichkeitsregen...

Nun habe ich ja bereits darüber geschrieben, warum Verlage seit hundert Jahren LeserInnen mit Sex & Sülze marinieren, um ihre Ware an den Mann, pardon, die Frau, zu bringen. Jetzt hat sich Hendrik Werner in der Welt die sogenannten "Blurbs" genauer angeschaut, und kommt zu dem entsetzten Fazit: die Verlage mogeln!

Wir Autoren wissen das ja längst. Brancheninsider könnten Herrn Werner Horrorgeschichten zur guten Nacht erzählen, dass ihm das Blut schon im Buch gefriert! Es ist doch wirklich läppisch, nicht wortgetreu zu zitieren - das lernen Verlage schließlich von den Medien, die ihren Autoren im Interview zu gern das Wort im Mund verdrehen. Boulevard is everywhere, lieber Kollege!

Also, liebe Literaturkritiker, lernt aus der geheimen Medienbibel gebeutelter Autoren:
1. Gebot: Überlege dir gut, was du sagst, wozu man es wenden könnte. Es wird immer anders zitiert, als du es gemeint hast.
2. Gebot: Lass jeden Satz einzeln authentizieren. Oder sagt man authentifizieren? Also brav deutsch genehmigen, absegnen, Gütesiegel, Echtwahrheitsschwur.
3. Gebot: Nimm dir vielleicht ein Pseudonym, denn es könnte peinlich werden.

Ich finde allerdings auch, einen Blurb nach Journalistenmanier zu fälschen, ist verdammt einfallslos. Wie wäre es stattdessen damit:

Man lege Schwiegermama Daumenschrauben an, in Deutschlands Supermarkt der Hobbyrezensionen den absolut geilsten, knackigsten Lobhudel abzusondern, den die Welt je zu solch einem durchschnittlichen Buch gelesen hat. Selbstverständlich schreibt der Autor Schwiegermama den Satz vor, damit er auch knackig kurz ins Buchdeckel-Layout passt und pünktlich vor Druckabnahme erscheint.

Dann gibt der Verlag den Satz an die Vertreterkonferenz, ohne zu lügen und ohne rot zu werden: "Die erste Vorabmeldung zum Roman. Das Buch kommt gigantisch an!"
Gleichzeitig druckt der Verlag Schwiegermamas Satz auf den Buchdeckel und in die Vorschau für den Buchhandel. Er druckt ihn gigantisch fett und nimmt den Namen des betreffenden Online-Händlers und... (währenddessen löscht Schwiegermama den Hudel wieder).

Was und? Jetzt spielt der zuständige Mensch Scrabble! Das ist dieses Spiel mit den Buchstaben: Online-Buchhändler am... wie Amica? Oder a... wie Aachener Nachrichten, Aargauer Kulturblatt, Amoralische Philosophie-Rundschau, fAz, Arte?
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, der Kandidat hat immer 100 Punkte und Schwiegermama wird befördert. Kritikernamen brauchen wir längst nicht mehr. Medial muss es klingen. Und zur Not erfindet der findige Scrabbler auch mal Medien, die es noch nicht gibt.

PS: Bitte nicht nachahmen. Der Trick ist auch schon etwas älter.

PPS: Und wer, verdammt noch mal, ist an allem schuld? Die Kritiker, die nur noch besprechen, was eh schon hundertfach vorgekaut, besprochen und angepriesen worden ist? Diese Rezensenten, die auf jeden Kollegen-Blurb hereinfallen?

PPPS: Ich darf so was sagen. Ich war selbst viele Jahre lang Berufskritikerin.

2 Kommentare:

  1. Die Fiktion ist längst Wirklichkeit ... oder: Die spinnen, die Rö ... äh Amis
    https://www.blurbings.com/

    Amüsierte Grüße
    Inge

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  2. Oh nein! Die haben bei Monty Python gelernt...
    Ich sag ja, das Geld liegt auf der Straße und unsereins ist zu blöd, es aufzuheben. Wollen wir schnell eine Firma gründen? ;-)
    Platt,
    Petra

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