Gestohlene Zeit

Seit Wochen bin ich innerlich unleidlich, weil ich vor lauter Brotjobs nicht mehr zu einem eigenen Buchprojekt komme. Und eigentlich liegen meine Deadlines so eng, dass mir Angst und Bange werden müsste: im Dezember Abnahme der Europatexte, Ende März muss ein 600-Seiten-Buch übersetzt sein.
Heute Mittag ist es dann passiert.

Ich knipste brav die Lampe über dem Wörterbuch an, rief die Übersetzung auf, sicherte die Datei ab, schloss die Datei wieder und knipste die Lampe aus. Und dann machte ich es mir mit meinem Hund und einer dicken Papierkladde gemütlich und stahl Zeit. Auch auf die Gefahr hin, irgendwann Nachtschichten zusätzlich schieben zu müssen. Es ist eine Kladde, in die ich seit ein paar Jahren hineindenke. Aus der schon ein Rudiment von Romananfang entstanden war, der meine Verlegerin, die solches nicht verlegt, begeisterte. Irgendwann war der Romanbeginn jedoch so zurechtgewalkt worden, in Hoffnung auf ein Stipendium, in Hoffnung auf herkömmliche Verlage, dass ich ihn kurzerhand weggeworfen habe. So geht das nicht.

Und weil im Moment - glaubt man den galoppierenden Buch- und Verlagsnachrichten - ohnehin nichts mehr geht, wie es immer ging, ist sowieso alles egal. Der moderne Autor ist wieder frei. Und seit man in diesem Beruf anders als noch vor wenigen Jahren nicht mehr genug verdient, um sich zu ernähren, wächst die Freiheit ins Unermessliche, so zynisch das klingen mag.

Das im Hinterkopf bedenkend habe ich mir heute Zeit gestohlen und alle Freiheit dieser Welt genommen. Und einfach angefangen. Einen Roman, der kein Roman sein wird und frech das macht, was ich mit meinen "ordentlichen" Romanen nicht machen durfte. Es hat sich einfach geschrieben und es ergänzt sich so verrückt mit den Brotberufen. An die muss ich morgen wieder ran, ganz fleißig.

Aber ich bin endlich wieder in ganzer Mensch. Ich schwebe. Ich bin glücklich. Ich schreibe ein Buch.

3 Kommentare:

  1. AH!
    Die Fische beißen also wieder! :)
    Das freut mich.

    Jan

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  2. Wir erwarten es mit Freude.
    F.Peters
    Wissembourg

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  3. Das ist aber eine schöne Überraschung, Herr Peters - ein Leser "von ums Eck" aus Wissembourg! Neugierig wie ich bin, habe ich natürlich gleich in Ihre Webprojekte geschaut und so viel Spannendes gefunden. Auf die Schnelle ein Kompliment für Ihren Elsassartikel - den ich demnächst unbedingt hier empfehlen muss.

    Und was das neue "Buch" betrifft - die Fische sind alle weggeschwommen, haben sich in Koffer(fische) verwandelt, die seltsam die Grenzen wechseln... Wird wohl dauern, so mit gestohlener Zeit...

    Herzliche Grüße nach "ums Eck" und "fast ums Eck"!

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