Wechselbäder
Wer Wechselbäder der Extreme liebt, sollte Bücher schreiben und Bücher machen. Achterbahn ist nichts gegen die Freuden dieser Arbeit. Vor ein paar Tagen war ich stimmungsmäßig noch ganz unten im Keller und glaubte mal wieder an gar nichts mehr. Schuld waren gar nicht mal die wunderbaren, meist wildfremden Bedenkenträger, die mir einbläuen wollten: Du hast nicht die richtige Software, du kannst als Laie gar keine Schrifttypen unterschieden, du weißt nicht, was passt, du wirst Anfängerfehler machen, das wird nicht perfekt werden etc. pp.
Für solche Leute habe ich inzwischen die berühmte französische Geste, bei der man in der linken Faust den Mittelfinger vorstreckt, Unterarm nach oben. Dann haut man mit der flachen rechten Hand auf den linken Bizeps, so dass die Faust mit dem unflätigen Mittelfinger vor dem Auge des Bedenkenträgers hochschnellt.
Natürlich werde ich Fehler machen - und daraus lernen. Natürlich habe ich nicht die diamantene Software - aber ich kann aus der pappigen das Extrem herausholen. Und wenn ich immer nur warten würde, bis alles perfekt ist, wäre ich heute noch im Mutterbauch. Wer wagt, gewinnt. Wer scheitert, hat es wenigstens versucht.
Nein, Schuld an der schlechten Laune war natürlich mein eigenes "Produkt". Das zickte und zwackte und nichts, aber auch gar nichts mehr stimmte. Als es mir dann auch noch die pdfs zerschoss, war ich verzweifelt. Zum Glück gibt es in solchen Momenten Menschen mit kühlem Kopf, die man um Rat fragen kann. Die eine Software bis in ihre Gedärme hinein kennen und auch noch die letzten Tricks hineinpfriemeln können. Also konnte ich schallend lachen. Ich kleiner dummer Anfänger-Dumbo hatte einfach nur mal wieder nicht daran gedacht, dass Software blöde ist und zwei Softwares hintereinander geschaltet doppelt so blöde.
Nun existiert das Nijinsky-Manuskript endlich wieder in ungeschreddertem Zustand. Und siehe da, wie durch Zaubertrick funktioniert sogar mein Wunschformat mit meiner Wunschtypografie. Die ich frech und vorwitzig ungelernt und fehlerbereit in drei Tagen hin und her getestet habe, bis mir auch mit der Lupe die Augen übergingen (wer hat eigentlich mein Typografielineal gefressen?). Außerdem freue ich mich schon auf die nächste Verlagslektorin im Sachbuchverlag, die mir die übelste Arbeit abnimmt. Im Moment muss ich die ekligen Angelegenheiten selbst regeln: Die Bibliografie gefühlte hundert Mal abgleichen, das Impressum zig mal korrigieren und mindestens zehntausend Mal die Endnoten mit den Textverweisen überprüfen. Nicht, dass ich das als Autorin sonst nicht auch machen müsste. Aber diesmal arbeite ich ohne Netz und doppelten Boden. Sprich: Wenn's nicht stimmt, kann ich die Verantwortung nicht auf andere abwälzen.
Seit gestern ist jedoch endlich ein Punkt erreicht, wo ich mir mein Buch zum ersten Mal dreidimensional und als Gesamttext vorstellen kann - einschließlich der Bebilderung.
Manche Herausforderungen finde ich richtig spannend: Wie schaffe ich es z.B., dass alle Kapitelanfänge auf eine rechte Seite kommen? Und welche Fotos sind nicht nur anhand bezahlbarer Rechte, sondern auch anhand ihrer Auflösung und Qualität nutzbar?
Da geschehen dann manchmal noch Zeichen und Wunder. Ich recherchiere seit zwei Jahren Fotos in Sachen Nijinsky - immer wieder, weltweit. Und wie ich gestern noch einmal ganz genau suche, ob bestimmte Fotografen schon seit 70 Jahren tot sind, falle ich zufällig über ein Foto von Nijinsky, das ich noch nie zuvor gesehen habe. Es zeigt ihn sehr als Menschen, mit seinen Gefühlen. Es ist fast ein Blick hinter die stets inszenierte Kulisse. Es ist rechtefrei - und es ist meines Wissens noch in keinem mir erreichbaren Buch oder Katalog veröffentlicht worden. Ich muss jetzt nur noch schauen, ob die Qualität dem Layout und Druck standhalten wird. Und ich werde den Atem anhalten, wenn ich ein zweites so besonderes Foto online in New York einkaufen werde - und ich werde vor Freude hüpfen, sobald es auf meinen Computer übertragen sein wird.
Das sind dann die absoluten Highlights bei einer solchen Arbeit. Es wird zwar nachher einfach nur ein Foto sein, uralt außerdem - aber zumindest mich hat es in Champagnerlaune gebracht. Genauso habe ich gestern über mein Inhaltsverzeichnis gejubelt. Seit etwa einem halben Jahr schlage ich mich mit dem Problem herum, wie man scheinbar divergierende Buchteile inhaltlich zu einem harmonischen Ganzen fügt. Die Lösung lag die ganze Zeit vor meinen Augen - ich habe sie mir jetzt von Nijinsky flüstern lassen. Manche Eingebungen brauchen eben etwas länger.
Natürlich ist noch lange nichts perfekt. Und so vieles kann noch schief gehen. Es kann schließlich sogar noch der Blitz in die Druckmaschine schlagen. Es könnte, es könnte, es könnte. Natürlich werde ich erst dann ruhig schlafen, wenn ich das erste fertige Exemplar unfallfrei in Händen halte. Aber mir würde es im Traum nicht einfallen, zu verzagen, nur weil der Mensch so viele Möglichkeiten zum Fehlermachen hat! Schließlich würde es dieses Buch gar nicht geben, wenn nicht schon so viel damit schiefgelaufen wäre.
Für solche Leute habe ich inzwischen die berühmte französische Geste, bei der man in der linken Faust den Mittelfinger vorstreckt, Unterarm nach oben. Dann haut man mit der flachen rechten Hand auf den linken Bizeps, so dass die Faust mit dem unflätigen Mittelfinger vor dem Auge des Bedenkenträgers hochschnellt.
Natürlich werde ich Fehler machen - und daraus lernen. Natürlich habe ich nicht die diamantene Software - aber ich kann aus der pappigen das Extrem herausholen. Und wenn ich immer nur warten würde, bis alles perfekt ist, wäre ich heute noch im Mutterbauch. Wer wagt, gewinnt. Wer scheitert, hat es wenigstens versucht.
Nein, Schuld an der schlechten Laune war natürlich mein eigenes "Produkt". Das zickte und zwackte und nichts, aber auch gar nichts mehr stimmte. Als es mir dann auch noch die pdfs zerschoss, war ich verzweifelt. Zum Glück gibt es in solchen Momenten Menschen mit kühlem Kopf, die man um Rat fragen kann. Die eine Software bis in ihre Gedärme hinein kennen und auch noch die letzten Tricks hineinpfriemeln können. Also konnte ich schallend lachen. Ich kleiner dummer Anfänger-Dumbo hatte einfach nur mal wieder nicht daran gedacht, dass Software blöde ist und zwei Softwares hintereinander geschaltet doppelt so blöde.
Nun existiert das Nijinsky-Manuskript endlich wieder in ungeschreddertem Zustand. Und siehe da, wie durch Zaubertrick funktioniert sogar mein Wunschformat mit meiner Wunschtypografie. Die ich frech und vorwitzig ungelernt und fehlerbereit in drei Tagen hin und her getestet habe, bis mir auch mit der Lupe die Augen übergingen (wer hat eigentlich mein Typografielineal gefressen?). Außerdem freue ich mich schon auf die nächste Verlagslektorin im Sachbuchverlag, die mir die übelste Arbeit abnimmt. Im Moment muss ich die ekligen Angelegenheiten selbst regeln: Die Bibliografie gefühlte hundert Mal abgleichen, das Impressum zig mal korrigieren und mindestens zehntausend Mal die Endnoten mit den Textverweisen überprüfen. Nicht, dass ich das als Autorin sonst nicht auch machen müsste. Aber diesmal arbeite ich ohne Netz und doppelten Boden. Sprich: Wenn's nicht stimmt, kann ich die Verantwortung nicht auf andere abwälzen.
Seit gestern ist jedoch endlich ein Punkt erreicht, wo ich mir mein Buch zum ersten Mal dreidimensional und als Gesamttext vorstellen kann - einschließlich der Bebilderung.
Manche Herausforderungen finde ich richtig spannend: Wie schaffe ich es z.B., dass alle Kapitelanfänge auf eine rechte Seite kommen? Und welche Fotos sind nicht nur anhand bezahlbarer Rechte, sondern auch anhand ihrer Auflösung und Qualität nutzbar?
Da geschehen dann manchmal noch Zeichen und Wunder. Ich recherchiere seit zwei Jahren Fotos in Sachen Nijinsky - immer wieder, weltweit. Und wie ich gestern noch einmal ganz genau suche, ob bestimmte Fotografen schon seit 70 Jahren tot sind, falle ich zufällig über ein Foto von Nijinsky, das ich noch nie zuvor gesehen habe. Es zeigt ihn sehr als Menschen, mit seinen Gefühlen. Es ist fast ein Blick hinter die stets inszenierte Kulisse. Es ist rechtefrei - und es ist meines Wissens noch in keinem mir erreichbaren Buch oder Katalog veröffentlicht worden. Ich muss jetzt nur noch schauen, ob die Qualität dem Layout und Druck standhalten wird. Und ich werde den Atem anhalten, wenn ich ein zweites so besonderes Foto online in New York einkaufen werde - und ich werde vor Freude hüpfen, sobald es auf meinen Computer übertragen sein wird.
Das sind dann die absoluten Highlights bei einer solchen Arbeit. Es wird zwar nachher einfach nur ein Foto sein, uralt außerdem - aber zumindest mich hat es in Champagnerlaune gebracht. Genauso habe ich gestern über mein Inhaltsverzeichnis gejubelt. Seit etwa einem halben Jahr schlage ich mich mit dem Problem herum, wie man scheinbar divergierende Buchteile inhaltlich zu einem harmonischen Ganzen fügt. Die Lösung lag die ganze Zeit vor meinen Augen - ich habe sie mir jetzt von Nijinsky flüstern lassen. Manche Eingebungen brauchen eben etwas länger.
Natürlich ist noch lange nichts perfekt. Und so vieles kann noch schief gehen. Es kann schließlich sogar noch der Blitz in die Druckmaschine schlagen. Es könnte, es könnte, es könnte. Natürlich werde ich erst dann ruhig schlafen, wenn ich das erste fertige Exemplar unfallfrei in Händen halte. Aber mir würde es im Traum nicht einfallen, zu verzagen, nur weil der Mensch so viele Möglichkeiten zum Fehlermachen hat! Schließlich würde es dieses Buch gar nicht geben, wenn nicht schon so viel damit schiefgelaufen wäre.
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