Ob wir wollen oder nicht
Der Mensch ist ein seltsamer Vermeider. Manchmal vermeidet er sogar das eigene Glück. Wer mich gut kennt, schmunzelt schon über meine Kolumne. Kann es sein, dass du gerade daran arbeitest, dich selbst zu überzeugen, endlich zu wagen?, fragte mich einer. Und dann schmunzle ich - über mich selbst. Darüber, dass ich mir seit Jahren selbst einbläue, wie unvernünftig es wäre, sich über die Vernunft hinwegzusetzen, die vermeintliche. So ein ordentlicher Autor hat an Sicherheiten zu denken, an Märkte, an das eigene Unvermögen noch vor dem Können und überhaupt. Die sogenannte Vernunft findet immer einen Grund zur Selbstverhinderung. Ein ordentlicher Autor hat Schubladen, in denen er alles Unordentliche versenkt.
Zum Glück führen Schubladen ein Eigenleben. Innerlich grinsend habe ich mir gerade angeschaut, wie es zu meinem "heimlichen Schreiben" gekommen war. Ich finde Dateien aus dem Jahr 2003 - und was da drin steckt, kommt inhaltlich aus den Neunzigern. Die Geschichte dieses Projekts, dass sich zwischendurch grundsätzlich gewandelt hat, mehrfach, zeigt mir jetzt: Da hat jemand fünf Jahre lang alles versucht, sich vor dem Sprung in kalte Wasser zu drücken. Da hat jemand geändert, erfunden, getextet, um nur ja nicht eine gewisse Linie überschreiten zu müssen, hinter der es kein Zurück mehr gibt. Eine Angsthäsin, immer fein auf schreiberische Vernunft bedacht. Wer so schreibt, schreibt Müll. Zum Glück gibt es dafür Schubladen.
Aber manches Zwangsversenkte gibt keine Ruhe. Es zerrt sich ins Leben zurück. Vielleicht bestimmen Geschichten, dass sie geschrieben werden wollen, nicht Autoren? Kaum mehr etwas ist übrig von dem Schubladenmüll. Völlig neue Geschichte, neue Texte - heimlich geschrieben. Und dann die Erkenntnis, dass das heimliche Schreiben nur die letzte Ausrede ist. Noch kann ich so tun, als existiere es nicht, als könne ich jederzeit wieder zur schreiberischen Vernunft zurückkehren. Aber dann lese ich abends durch, was ich gerade "offiziell" für einen Verlag schreibe - und ich bemerke, die Linie ist längst überschritten. Das Zurück eine Einbildung. Und ist es denn noch heimlich, wenn man öffentlich darüber sinniert?
Da hat es erst ein Jahr geben müssen, in dem die sogenannte Vernunft in der Verlagswelt bröckelt und Zeitenwenden sichtbar werden. In jenem Projekt gibt es einen Koffer, den jemand nicht zu öffnen wagt. Seltsam, wie tief man sich einreden kann, an Schubladen nicht zu rühren. Und dann stehe ich morgens auf und stolpere über ein Buch, dass ich ebenfalls in diesem Jahr bei der Lesung seines Autors gekauft habe - am gleichen Ort, an dem mein "offizieller" Dingens vorgeboren wurde. Als ich den Titel lese, muss ich lachen. Das nennt man "richtiges Buch zur richtigen Zeit am richtigen Ort"!
Lesetipp:
Karl Heinz Ott: Ob wir wollen oder nicht, Hoffmann und Campe
Zum Glück führen Schubladen ein Eigenleben. Innerlich grinsend habe ich mir gerade angeschaut, wie es zu meinem "heimlichen Schreiben" gekommen war. Ich finde Dateien aus dem Jahr 2003 - und was da drin steckt, kommt inhaltlich aus den Neunzigern. Die Geschichte dieses Projekts, dass sich zwischendurch grundsätzlich gewandelt hat, mehrfach, zeigt mir jetzt: Da hat jemand fünf Jahre lang alles versucht, sich vor dem Sprung in kalte Wasser zu drücken. Da hat jemand geändert, erfunden, getextet, um nur ja nicht eine gewisse Linie überschreiten zu müssen, hinter der es kein Zurück mehr gibt. Eine Angsthäsin, immer fein auf schreiberische Vernunft bedacht. Wer so schreibt, schreibt Müll. Zum Glück gibt es dafür Schubladen.
Aber manches Zwangsversenkte gibt keine Ruhe. Es zerrt sich ins Leben zurück. Vielleicht bestimmen Geschichten, dass sie geschrieben werden wollen, nicht Autoren? Kaum mehr etwas ist übrig von dem Schubladenmüll. Völlig neue Geschichte, neue Texte - heimlich geschrieben. Und dann die Erkenntnis, dass das heimliche Schreiben nur die letzte Ausrede ist. Noch kann ich so tun, als existiere es nicht, als könne ich jederzeit wieder zur schreiberischen Vernunft zurückkehren. Aber dann lese ich abends durch, was ich gerade "offiziell" für einen Verlag schreibe - und ich bemerke, die Linie ist längst überschritten. Das Zurück eine Einbildung. Und ist es denn noch heimlich, wenn man öffentlich darüber sinniert?
Da hat es erst ein Jahr geben müssen, in dem die sogenannte Vernunft in der Verlagswelt bröckelt und Zeitenwenden sichtbar werden. In jenem Projekt gibt es einen Koffer, den jemand nicht zu öffnen wagt. Seltsam, wie tief man sich einreden kann, an Schubladen nicht zu rühren. Und dann stehe ich morgens auf und stolpere über ein Buch, dass ich ebenfalls in diesem Jahr bei der Lesung seines Autors gekauft habe - am gleichen Ort, an dem mein "offizieller" Dingens vorgeboren wurde. Als ich den Titel lese, muss ich lachen. Das nennt man "richtiges Buch zur richtigen Zeit am richtigen Ort"!
Lesetipp:
Karl Heinz Ott: Ob wir wollen oder nicht, Hoffmann und Campe
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