13 Uhr 13

Punkt 13 Uhr13 geschah die allerletzte Absicherung aller letzten Absicherungen meines Buchblocks und während ich hier sitze, saugt es ihn hoffentlich komplett und fehlerfrei direkt in die Technik. Fast 40 MB schleimen per ISDN immer abenteuerlich im Schneckentempo. Der Fluch des idyllischen Landlebens, wo DSL nur per Satellit oder Kabel möglich ist und Madame bisher zu bequem für riesige Umbauten war ("don't touch running systems").

Ein absolut irres Gefühl. Während das Buch in die Druckerei stottert, kann man Wäsche aufhängen, endlich den unendlich verschobenen Friseurtermin ausmachen, den morgigen persönlichen Feier-Tag planen, die Rosenblütenblätter umwenden, die in der Sonne trocknen, Tee kochen und daran denken, dass man die Fenster putzen könnte. Betonung auf "könnte". Gestern dachte ich noch, die Serie "Ich bastle ein Buch" müsse hiermit beendet sein, aber nach der Arbeit ist vor der Arbeit. Jetzt geht es ja erst richtig los! Überlegungen zum Verkauf und Marketing wollen schnell umgesetzt werden in den paar Wochen, die nun bleiben. Gar nicht immer so einfach. Gestern fragte mich jemand, ob es signierte Exemplare geben würde. Ja, klar, warum nicht!? Aber daran hängt ein Rattenschwanz an Logistik, der bedacht sein will. Ein Buch wird ja nur gedruckt, wenn es gekauft wird. Im Gegensatz zum herkömmlichen Druck gibt es keine Remittendenwirtschaft u.ä.

Ich muss also, um ein Buch bei mir am Schreibtisch signieren zu können, solche Exemplare erst einmal beschaffen, sprich drucken lassen. Und damit muss ich mir überlegen, wie ich sie an die Leser weitergeben kann, ohne ein Risiko dabei zu haben - ich will ja nicht auf zwanzig signierten Exemplaren sitzenbleiben. Kommt dazu, dass der Versand direkt vom Verlag für die Kunden natürlich sehr viel billiger sein wird als das innereuropäische Porto, das ich aus Frankreich aufschlagen muss. Würden sich die Kunden so lange gedulden, wenn ich einmal in der Woche von einer deutschen Post absenden würde? Wo aber wäre diese nächste Post? So bunt und mobil der Buchmarkt wird - hier wollen unkonventionelle Lösungen gefunden werden.

Für alle, die ähnliche Projekte vor sich haben, hier eine kleine Checkliste, worum man sich spätestens in der Wartezeit kümmern sollte, in der das Buch in der Herstellung ist:
  • Welche Handelswege gehe ich? Viele Hersteller versprechen vollmundig die automatische Anbindung an alle Sortimente, sagen aber nicht dazu, dass einen einige Sortimenter sofort wieder rauswerfen, wenn man nicht genug Umsatz macht. Meiner hat mir eine Menge Wissenswertes über die Funktionsweise des Buchhandels erklärt, über Rabattsysteme und Direktvertrieb - dazu später ein gesonderter Artikel.
  • Wie viele Besprechungsexemplare brauche ich für wen? Beim normalen Buch werden bis zu 10% der Auflage für Werbezwecke einkalkuliert und darum auch ziemlich lustig unters Volk geworfen. Bei Print-on-demand zahlt der Autor den Einkaufspreis und sollte sich deshalb gut überlegen, wer wirklich Multiplikator sein könnte oder andersweitig wichtig ist. Außerdem zu überlegen: Vorabexemplare sind per Print-on-Demand nicht möglich - der Rezensent erhält sie nicht vor den Lesern. Um das zu umgehen, müsste man pdf-Dateien verschicken, aber will man die aus der Hand geben? Andererseits hat man bei diesem Verfahren auch mehr Luft zum Atmen: Ein Buch darf langsam kommen, aber gewaltig ;-)
  • Die Website muss aktualisiert werden. Stichwort Direktvertrieb. Und wer Bücher über einen der Online-Shops verkauft, sollte nicht einfach nur Links setzen, sondern sich ins Partnerprogramm aufnehmen lassen - denn da ergibt jeder Verkauf noch einmal Werbetantiemen - ein kleiner Ausgleich für die grundüblen Rabattforderungen der Riesen, die der Autor natürlich indirekt mitbezahlt.
  • Sehr zentral müssen die Social-Media-Verbindungen beim eigenen Webauftritt verlinkt werden: Blogs, Facebook, Twitter, Xing und wie sie alle heißen. Leser wollen sich nicht mühsam durchklicken müssen und nach Aliasnamen suchen. Deutlich sichtbare Buttons - kinderleicht zu navigieren. Wenn auch statische Websites heutzutage manchem altmodisch erscheinen mögen: Sie sind die einzige Visitenkarte, die bleibt und deren Daten man selbst im Griff hat! Facebook hat schon Firmenaccounts ohne Vorankündigung gelöscht, Twitter kann down sein, Blogs können nicht mehr laufen. Vor allem aber ist die eigene Website die ideale Anlaufstelle für alle Leserinnen und Leser, sogar diejenigen, die eher Offliner sind. Selbstverständlich gehört die Domain ins Buch gedruckt und in den Social Media verlinkt.
  • Zu diesem Zeitpunkt sollten Social-Media-Maßnahmen längst angelaufen sein. Ich sprach früher bereits davon: Eine einigermaßen lebendige Leserschaft mit einem Blog aufzubauen, dauert je nach Intensität des Engagements und Strategie neun bis achtzehn Monate. Es reicht auch nicht, jetzt schnell ein Facebook Account zu eröffnen und Däumchen zu drehen. Communities aufzubauen, ist echte Arbeit.
  • Die Pressemappe sollte fertig sein. Ob auf Papier oder als pdf - unbedingt enthalten muss sie: die Pressetexte, eine Kurzbiografie des /der Autor/in, Hinweise auf frühere Veröffentlichungen, falls von Bedeutung, ein technisches Blatt mit den Buchdaten und Coverfoto - und am allerbesten noch ein paar Blurbs. Das sind die knackigen Zitate von Zeitungen, Kritikern oder Fachleuten. Und bitte, den Benimm achten: Riesige pdfs sendet man nur auf Bestellung, man kündigt sie nur an! Wer öfter mit der Presse zu tun hat, kann auch online auf der eigenen Website einen Presseservice bieten: Mit downloadbaren Autorenfotos und Coverabbildungen; Kontakthilfen und Links zu allen relevanten Texten. Rezensionen darf man übrigens - auch für die gilt Urheberrecht - nur nach ausdrücklicher Genehmigung vollständig auf der Website anbringen. Aber kurze Zitate mit Quellenangabe kommen in den meisten Fällen ohnehin besser!
  • Soll es Lesungen und Auftritte geben? Schleunigst Kontakte anleiern!
  • Und zu guter Letzt: Zurücklehnen, Feiern und Atmen nicht vergessen.
Während ich das getippt habe, ist mein Buchblock in der Herstellung angekommen, fehlt noch das schreckensgrellbabyblaue Cover. Auch das ist eine neue Erfahrung für mich, denn ich sehe ja fast alles entweder schon fertig gedruckt auf Papier oder am Bildschirm. Anders als bei dessen RGB-Raum wird aber im CMYK-Farbraum gedruckt. Und das ist wirklich schauderhaft unvorstellbar: Das edle Yves-Klein-Blau sieht auf meinem Bildschirm grellquietschbabyblau aus.

Im gleichen Atemzug fast bekomme ich auch schon vom Hersteller die Bestätigung, dass mein Auftrag eingegangen ist und sich die Grafik bei mir melden wird, sobald alle Daten eingegangen und geprüft wurden. Über das Thema Hersteller werde ich noch einen Beitrag schreiben - die Unterschiede sind teilweise immens und nicht immer ist das billigste Angebot das günstigste. Ich habe lang hin und her überlegt. "Nijinsky" wird in der Edition Octopus im Verlag Monsenstein und Vannerdat erscheinen - und ich bin jetzt schon hellauf begeistert von deren Vorabberatung und den freundlichen Damen am Telefon. Damit dürfte übrigens auch klar sein: Ich bin zwar "Selbermacherin", aber keine Selbstverlegerin. Auch diese Entscheidung will wohl bedacht sein, weil sie von der VG Wort bis hin zu den Behörden Konsequenzen nach sich zieht. Es ist für Autoren überhaupt nicht unbedingt günstig, einen Verlag zu gründen, nur um Bücher schreiben zu können!

Und in dem Moment, in dem ich hier auf Absenden klicken möchte, kommt von meinem Grafiker und Technikzauberer die Mail, ich dürfe jetzt an einen kleinen milden Cognac denken, das Cover ist ebenfalls bei Monsenstein.
Ich gehe jetzt SektkaufenatmenjubelnfeiernschlafenanstoßenjubelnLuftholenlesenfaulenzen ...

10 Kommentare:

  1. Na dann: Prosit liebe Petra! Geniesse diesen Augenblick!

    Noch was zum Thema signierte Exemplare und Postversand. Vielleicht wäre ein Weg, das über eine Buchhandlung deines Vertrauens in Deutschland zu realisieren, die Onlinebestellung mit kostenlosem Versand anbietet. Sind ja zum Glück immer mehr, die dieses Geschäft nicht den Onlineriesen überlassen. Dann müsstest du zwar immer noch einige Exemplare vorfinanzieren, hättest aber wenigstens keine Versandkosten.

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  2. Oder Du fragst - bis die Bestellungen denn mehrere hundert Exemplare pro Monat übersteigen - jemanden?

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  3. Mag sein, dass ich hirnlich nicht mehr auf der Höhe bin heute: Mein Buch wird mühelos im Buchhandel zumindest bestellbar, beim Verlag kaufbar und auch im Onlinehandel ganz normal zu haben sein. Absolut kein Problem für die LeserInnen, die sich aussuchen können, wo sie es - nicht signiert - kaufen.

    Wenn ich ein Buch signiere, muss jedoch meine Hand nebst Stift körperlich an jenes Buch gelangen. Sprich: Entweder muss ich mich nach Deutschland zum Buch bewegen oder das Buch muss vor der Auslieferung an den Leser zu mir nach Frankreich kommen.

    Weil das für die Leser mit sehr hohen Portokosten verbunden wäre, habe ich die Sache bisher so gelöst, dass ich ab und zu bei meinem Buchhändler einen Schwung vorsigniert habe und der versandte. Nicht kostenlos - das kann sich kaum ein unabhängiger Buchhändler bei Kleinstbestellungen leisten. Natürlich werde ich das versuchen. Es gibt da aber ein Problem: Signierte Bücher können nicht remittiert werden, signierte Print-on-Demand-Bücher noch weniger. Darauf lassen sich Buchhändler schlicht immer weniger gern ein.
    Und wenn ich selbst das Risiko trage und das internationale Porto verlange, werden die Kunden sauer, die von Amazon verwöhnt sind.

    Dazu muss man sagen, dass sich das Signiergeschäft auch kaum lohnt, das ist allenfalls um die Weihnachtszeit mal interessant, sonst läuft das eher auf Live-Veranstaltungen. Ich werde mal bei Kollegen schauen, wie die das machen, vielleicht melden sich ja welche.

    Sabine, deine Frage habe ich leider nicht verstanden. Und deine Auflagenvorstellungen für ein Buch, das nicht in Kettenbuchhandlungen ausliegt, sind paradiesisch ;-)

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  4. War ein kleiner Scherz, das mit den mehreren 100 Exemplaren pro Monat. Aber man darf doch auch fremdträumen?

    Der Gedanke war nur
    - angenommen, Du findest keinen Buchhändler in Deutschland, der Dir zu vernünftigen Konditionen die signierten Bücher verschickt
    - und weiter angenommen, wir verabreden uns wo auch immer zum Essen und bei der Gelegenheit drückst Du mir den Stapel signierter Bücher in die Hand, viellicht noch mit zwei, drei von Dir getrockneten Rosenblättern in den Seiten...
    - dann könnte ich die mit zu mir nehmen, und immer, wenn jemand ein Exemplar bei Dir bestellt und das Geld eingegangen ist, selbiges hier zur Post bringen.

    Oder so ähnlich!

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  5. Wäre es sehr unfein, jetzt zu fragen, ob du masochistisch veranlagt bist? ;-)))
    Jetzt hetzt mal nicht alle so, noch kann ich meinem wunderbaren Leib- und Magenbuchhändler in meiner Lieblingsstadt ja kein Exemplar in die Hand drücken.
    Aber ich find das Hilfsangebot ganz ganz prächtig - herzlichen Dank!

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  6. Huch ... Essen ... ja, klar, auch ohne Bücher! ;-)))

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  7. Liebe Petra,

    auch ich verfolge diese Romangeburt mit der unaufmerksamen Aufmerksamkeit einer Maybe-Someday-Schriftstellerin, der das alles womöglich in ferner Zukunft noch bevorstehen mag. Besonders dankbar bin ich gerade heute für die Anmerkungen zur eigenen Website, weil die Frage "Brauche ich die überhaupt noch?" mich auch umtreibt. Du hast mich überzeugt, ich werde sie behalten und (irgendwann) neu gestalten.

    Merci und gaaanz doll viel Freude und Erfolg mit dem Nachwuchs!

    LG, Simona

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  8. Liebe Simona,
    Möglicherweise-Schriftstellerinnen müssen das alles eigentlich auch nicht wissen. Auch wenn es manche Selbstverleger und chronische Absagenträger nur ungern hören, sage ich es mal knallhart, wie es ist: Es braucht weit mehr Energie und Zeit, ein Buch ganz alleine selbst zu produzieren, als ein Manuskript absolut verkaufsfein zu überarbeiten (was man als Selbstverleger eigentlich auch machen sollte).

    Ich rate also immer noch jedem, der es ernsthaft erwägt, in diesen Beruf zu gehen, zuerst den herkömmlichen Weg zu beschreiten.

    So. Und jetzt widerspreche ich mir selbst: Eine Menge Arten von Manuskripten werden in den letzten Jahren nur noch äußerst zögerlich oder gar nicht aufgekauft oder Autoren sind technisch flexibler (Multimedia, E-Book etc.). Dann lohnt der Alleingang wiederum. Der ist aber neben einem normalen Beruf und wirklich allein kaum zu stemmen - ergo muss ich wieder delegieren.

    Und morgen kann alles schon ganz anders aussehen ;-)

    Drum danke für die Erfolgswünsche für den Nachwuchs, die kann ich wahrlich brauchen.

    Schöne Grüße,
    Petra

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  9. Liebe Petra,

    wie so oft bin ich da völlig d'accord (für den Augenblick, versteht sich ;-). Auch ich werde zunächst den klassischen Weg probieren und denke, ich bin möglicherweise beinahe fast bald schon so weit, die erste Agentur zu kontaktieren. Aber ganz ehrlich, diese verwirrt-ignorant-hoffungsfrohe Phase VOR der allerersten Absage, die hat auch ihre Vorteile. Zumal, wenn man in dieser Zeit so feine Blogs im Netz findet, wie das Deinige hier. Und Twitter. Und Xing...

    Ein schönes Wochenende für Hund und Herrin wünscht,

    Simona

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  10. Menschin und Hund danken und wünschen dasselbe!

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