Anybody out there?
Es war einmal eine Zeit, da interessierte sich die Welt noch für die Demonstranten im Iran. Zu jener Zeit zog auch Rotkäppchen in den Twitterwald und siehe, alles war so schön grün. Grün war auch Rotkäppchen, hinter den Ohren nämlich, lernte aber schnell, wie man eine 140-Zeichen-Maximum-Schwafelmaschine bedienen kann. Aufregend war das. Als hätte jemand einen überhitzten Redaktionsticker, eine Betonwand von Tschernobyl und die Großmutter mit dem riesigen Maul gekreuzt und in eine Zwangsjacke gesteckt.
Im schönen Twitterwald gibt es nämlich Gummiwände. Man spricht nicht mit jedem. Erst wenn zwei Menschen sich gegenseitig für Verfolger halten, wird das Privat-Büchsentelefon freigeschaltet. 140 Zeichen, brüllt der Pfleger. Also ganz einfach: Leuten, die einen verfolgen und die einen interessieren, muss man gezielt nachstellen. Rotkäppchen, kindlich naiv, hat natürlich ein paar vermeintliche Menschen (oft sind es ja nur Roboter) angesprochen. Da sind aber welche heftig erschrocken!
Manche so nachhaltig, dass sie wie aus heiterem Himmel von ihrem Verfolgungstrip geheilt waren. Plötzlich waren sie weg. Einer bellte, man möge ihn nicht ansprechen, dann müsse er ja alles lesen. Jemand wollte Rotkäppchens Telefonnummer und verschwand im Schmollwinkel, als sie zuerst einen Mailaustausch vorschlug. Und dann sprachen welche Rotkäppchen an, gegen die war der böse Wolf aber ein Förster! Was die nicht alles verkaufen wollten: Glücksmaschinen, Erleuchtungsmaschinen, Tupperware, sogar Gesinnungen und Nagellack gab es frei Haus.
Viele Leute sprechen deshalb lieber öffentlich auf dem Holzumschlagsplatz Menschen an. Das hat den Vorteil, dass sämtliche Waldarbeiter mithören können, aber der Betreffende, falls länger als eine Stunde abwesend, die Botschaft im Dickicht nie findet. Und wer kann eigentlich die Beiträge von mehr als 200 Leuten bewusst wahrnehmen? Manche brüllen ins Leere, unverfolgt. Andere sammeln Verfolger, dass es einem Angst werden könnte, und sabbeln auch nur in den Spiegel. So viele Stimmen im Twitterwald. Wie kann man da noch die Spinne weben hören?
Rotkäppchen wurde irgendwann langweilig. Als Kinder hatten sie mit Funkgeräten herumgespielt, das war so ähnlich. Irgendein Brummifahrer beklagte sich über Schweißfüße, eine Frau in der Stadt setzte auf Kanal Dingens ihrem Mann Hörner auf und um 16 Uhr belegten die nervigen Drei den Kanal, indem sie sich seitenweise aus Gebrauchsanweisungen vorlasen. Immerhin konnte man sich damals ins Gespräch einklinken, konnte Kanäle wechseln und vor allem so lange reden, bis einen der nächste Schweißfuß aus dem Kanal kippte. Der Twitterwald hat das Problem mit der dauersabbelnden Überbevölkerung schlau gelöst: Jeder kann schwafeln, so viel er will, es hört eh keiner zu.
Halt, falsch. Gugl hört zu. Wenn der hübsche Twitterwald mal wieder nicht grünen will und ewig an seinem Chlorophyll saugt, dann zeigt der Browser, wie sich Gugls Analyticus zwischenschaltet, jedoch nicht nachkommt. Da wird abgehört und angehört, gespeichert und verknüpft, berechnet und geordnet. Rotkäppchen hat gesehen, wie über den Mündern von Menschen riesige Rohre angebracht wurden, die Kommunikation absaugten und im Bauch eines Monsters zu Statistiken vergärten. Eine faszinierende Maschinerie: Vorne gehen bunte Menschen hinein, hinten kommen einfarbige Zackenlinien heraus. Ob das Wesen mit dem dicken Gärmagen heimlich lernt?
Rotkäppchen bekam unendliches Mitleid mit dem Wolf und dachte nach, wie man ihn verstecken könnte. Nicht auszudenken, wenn eines Tages Hundertschaften von Jägern vom Fließband kämen, die sich über Schweißfüße beklagten und Gebrauchsanweisungen Hörner aufsetzten, grün wie ein Twitterwald, menschenähnlich - und alle mit Seriennamen Brittney.
Man müsste doch irgendwie heimlich einen Blick in die Innereien des Systems werfen können, dachte sich Rotkäppchen und begab sich hinter die feindlichen Statistiklinien. Neben ihr spielte der Wolf, lebendig wie in besten alten Zeiten. Da kam ihr die Idee: "Wolf, gib eines deiner Lieblingswörter ein! Eines von denen, die dich so lebendig machen." Er tat es. Und Rotkäppchen blickte hinter die schnatternden Fassaden und sah die Zukunft.
Im schönen Twitterwald gibt es nämlich Gummiwände. Man spricht nicht mit jedem. Erst wenn zwei Menschen sich gegenseitig für Verfolger halten, wird das Privat-Büchsentelefon freigeschaltet. 140 Zeichen, brüllt der Pfleger. Also ganz einfach: Leuten, die einen verfolgen und die einen interessieren, muss man gezielt nachstellen. Rotkäppchen, kindlich naiv, hat natürlich ein paar vermeintliche Menschen (oft sind es ja nur Roboter) angesprochen. Da sind aber welche heftig erschrocken!
Manche so nachhaltig, dass sie wie aus heiterem Himmel von ihrem Verfolgungstrip geheilt waren. Plötzlich waren sie weg. Einer bellte, man möge ihn nicht ansprechen, dann müsse er ja alles lesen. Jemand wollte Rotkäppchens Telefonnummer und verschwand im Schmollwinkel, als sie zuerst einen Mailaustausch vorschlug. Und dann sprachen welche Rotkäppchen an, gegen die war der böse Wolf aber ein Förster! Was die nicht alles verkaufen wollten: Glücksmaschinen, Erleuchtungsmaschinen, Tupperware, sogar Gesinnungen und Nagellack gab es frei Haus.
Viele Leute sprechen deshalb lieber öffentlich auf dem Holzumschlagsplatz Menschen an. Das hat den Vorteil, dass sämtliche Waldarbeiter mithören können, aber der Betreffende, falls länger als eine Stunde abwesend, die Botschaft im Dickicht nie findet. Und wer kann eigentlich die Beiträge von mehr als 200 Leuten bewusst wahrnehmen? Manche brüllen ins Leere, unverfolgt. Andere sammeln Verfolger, dass es einem Angst werden könnte, und sabbeln auch nur in den Spiegel. So viele Stimmen im Twitterwald. Wie kann man da noch die Spinne weben hören?
Rotkäppchen wurde irgendwann langweilig. Als Kinder hatten sie mit Funkgeräten herumgespielt, das war so ähnlich. Irgendein Brummifahrer beklagte sich über Schweißfüße, eine Frau in der Stadt setzte auf Kanal Dingens ihrem Mann Hörner auf und um 16 Uhr belegten die nervigen Drei den Kanal, indem sie sich seitenweise aus Gebrauchsanweisungen vorlasen. Immerhin konnte man sich damals ins Gespräch einklinken, konnte Kanäle wechseln und vor allem so lange reden, bis einen der nächste Schweißfuß aus dem Kanal kippte. Der Twitterwald hat das Problem mit der dauersabbelnden Überbevölkerung schlau gelöst: Jeder kann schwafeln, so viel er will, es hört eh keiner zu.
Halt, falsch. Gugl hört zu. Wenn der hübsche Twitterwald mal wieder nicht grünen will und ewig an seinem Chlorophyll saugt, dann zeigt der Browser, wie sich Gugls Analyticus zwischenschaltet, jedoch nicht nachkommt. Da wird abgehört und angehört, gespeichert und verknüpft, berechnet und geordnet. Rotkäppchen hat gesehen, wie über den Mündern von Menschen riesige Rohre angebracht wurden, die Kommunikation absaugten und im Bauch eines Monsters zu Statistiken vergärten. Eine faszinierende Maschinerie: Vorne gehen bunte Menschen hinein, hinten kommen einfarbige Zackenlinien heraus. Ob das Wesen mit dem dicken Gärmagen heimlich lernt?
Rotkäppchen bekam unendliches Mitleid mit dem Wolf und dachte nach, wie man ihn verstecken könnte. Nicht auszudenken, wenn eines Tages Hundertschaften von Jägern vom Fließband kämen, die sich über Schweißfüße beklagten und Gebrauchsanweisungen Hörner aufsetzten, grün wie ein Twitterwald, menschenähnlich - und alle mit Seriennamen Brittney.
Man müsste doch irgendwie heimlich einen Blick in die Innereien des Systems werfen können, dachte sich Rotkäppchen und begab sich hinter die feindlichen Statistiklinien. Neben ihr spielte der Wolf, lebendig wie in besten alten Zeiten. Da kam ihr die Idee: "Wolf, gib eines deiner Lieblingswörter ein! Eines von denen, die dich so lebendig machen." Er tat es. Und Rotkäppchen blickte hinter die schnatternden Fassaden und sah die Zukunft.
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