Madame kurt
Während andere Urlaub machen, gehe ich kuren. Allerdings eher nach Art der Schickeria des 19. Jahrhunderts: Ich ersetze die heiße Schwefelbrühe lieber durch einen exquisiten Cappuccino und besuche statt des renommierten Bäderarztes einen stadtbekannten Buchhändler. Wenn ich dann nach getaner Kur, pardon Arbeit, mitten in der wimmelnden Stadt in diese weltberühmte "Hauptverkehrsader" einbiege, weiß ich wieder, wofür ich gearbeitet habe, und kann durchschnaufen.
Im Moment habe ich mir vorgenommen; Nijinsky wieder dorthin zu bringen, wo er selbst schon einmal war. So ging zuerst ein Päckchen ab in die Stadt, in der er als Dreijähriger zwischen den Beinen seiner Tänzer-Eltern auf der Bühne des Teatr Wielki herumhüpfte - nach Warschau. Und nun will ich die Stadt knacken, die er in seinem Schicksalsjahr 1913 besuchte. Das Kommittee der Ballets Russes schlenderte garantiert über eine dieser schmiedeeisernen Brücken (ich weiß sogar, über welche) und schaute sich womöglich genau dasselbe Gebäude an wie ich - in jenem Jahr wurden in der "I. Deutschen Kunstaustellung", wie sich die Halle protzig präsentierte, Max Liebermann und Lovis Corinth ausgestellt.
So schön das Erzählen vom Träumen nachträglich für andere klingt, in der Hauptsache besteht die Realisierung von Visionen in gutem alten Klinkenputzen und Arbeit ohne viel Freizeit. Sogar als Buchvertreterin war ich unterwegs, mit dem flotten Sprüchlein: "Haben Sie zufällig gerade Zeit für eine aufdringliche und zur Unzeit kommende Buchvertreterin?" Ich kann halt einfach nicht verkaufen, schon gar nicht mich selbst. Auf den Schreck hin - es tat nämlich gar nicht weh - ließ ich mir dann erst einmal die Augen vermessen und von einer Russin die heißeste Lesebrille meines Lebens verkaufen. Weil ich wegen der Art der Brille über meine Arbeit Auskunft geben musste, kam es zur unvermeidlichen Frage, worüber ich denn schreibe. Der Name Nijinsky führte bei der Optikerin zu einem strahlenden Gesicht und den Worten: "Nijinsky! Wunderbar! Dann haben Sie ja ein richtig anspruchsvolles, gutes Publikum!" Nijinsky lebt in der russischen Kultur - in allen Bevölkerungsschichten. Und ich werde in Kürze endlich das richtige Nasenfahrrad besitzen, um meinem anspruchsvollen Publikum etwas vorlesen zu können.
Bis dahin ist es allerdings noch ein Stückchen Weg. Aber auch das ist gestern passiert: Jemand hat mir etwas gegeben, was in dieser Stadt offensichtlich unumgänglich ist. Ich darf mich auf diesen Jemand berufen und er wird mich empfehlen. Damit kann ich jetzt rasenden Herzens und furchtbar aufgeregt an einer Tür klopfen, die auf meiner Traum-Wunsch-Visionsliste in folgender Rubrik steht: "Versuchen kannst du's ja mal. Es kann auch mehr als schief gehen: Du könntest dich lächerlich machen. Aber eigentlich gehört das in die Rubrik Größenwahn."
Aber das habe ich von Sergej Diaghilew gelernt: Wenn man an ein Projekt glaubt, darf nichts unmöglich scheinen. Dann muss man ganz oben anfangen. Kleine Brötchen kann man nach dem Scheitern immer noch backen. Ein wenig erschreckt mich, wie sich plötzlich alle möglichen Kreise schließen, denn im August folgt der nächste "Schicksalstermin" und irgendwie hängt eins mit dem anderen zusammen. Versemmeln darf ich keinen von beiden.
Solches Kontakten und Arbeiten funktioniert nicht in den Social Media, wenn man nicht gerade Social-Media-affine Themen hat. Und es funktioniert nicht über Nacht, wie all die Millionenseller-Gurus einem das glauben machen wollen. Ich ackere bereits seit vier Jahren daran, in winzigen, eisern beharrlichen Schritten. Manches reicht sogar in meine Studentenzeit zurück. Ein wenig, habe ich den Verdacht, lullen uns die wunderbar leichten Kontaktmöglichkeiten im Internet ein, spiegeln Erfolge vor, die gar nicht messbar vorhanden sind. Im echten Leben geht's immer noch mit Knigge und Augenschein zu, mit Klinkenputzen und Zuhören - und mit viel viel Leidenschaft fürs Sujet, um das alles durchzuhalten.
Für die unerwarteten Adrenalinstöße ist obige Allee dann richtig heilsam. Sie erdet und spült allzu verschrobene Spinnereien weg. Denn es heißt, auf dem Boden zu bleiben und Qualität zu bringen. Sonst können sich geöffnete Türen dem Klopfenden vor der Nase wieder zuschlagen. Und das täte nach so viel Leidenschaft dann richtig weh.
Im Moment habe ich mir vorgenommen; Nijinsky wieder dorthin zu bringen, wo er selbst schon einmal war. So ging zuerst ein Päckchen ab in die Stadt, in der er als Dreijähriger zwischen den Beinen seiner Tänzer-Eltern auf der Bühne des Teatr Wielki herumhüpfte - nach Warschau. Und nun will ich die Stadt knacken, die er in seinem Schicksalsjahr 1913 besuchte. Das Kommittee der Ballets Russes schlenderte garantiert über eine dieser schmiedeeisernen Brücken (ich weiß sogar, über welche) und schaute sich womöglich genau dasselbe Gebäude an wie ich - in jenem Jahr wurden in der "I. Deutschen Kunstaustellung", wie sich die Halle protzig präsentierte, Max Liebermann und Lovis Corinth ausgestellt.
So schön das Erzählen vom Träumen nachträglich für andere klingt, in der Hauptsache besteht die Realisierung von Visionen in gutem alten Klinkenputzen und Arbeit ohne viel Freizeit. Sogar als Buchvertreterin war ich unterwegs, mit dem flotten Sprüchlein: "Haben Sie zufällig gerade Zeit für eine aufdringliche und zur Unzeit kommende Buchvertreterin?" Ich kann halt einfach nicht verkaufen, schon gar nicht mich selbst. Auf den Schreck hin - es tat nämlich gar nicht weh - ließ ich mir dann erst einmal die Augen vermessen und von einer Russin die heißeste Lesebrille meines Lebens verkaufen. Weil ich wegen der Art der Brille über meine Arbeit Auskunft geben musste, kam es zur unvermeidlichen Frage, worüber ich denn schreibe. Der Name Nijinsky führte bei der Optikerin zu einem strahlenden Gesicht und den Worten: "Nijinsky! Wunderbar! Dann haben Sie ja ein richtig anspruchsvolles, gutes Publikum!" Nijinsky lebt in der russischen Kultur - in allen Bevölkerungsschichten. Und ich werde in Kürze endlich das richtige Nasenfahrrad besitzen, um meinem anspruchsvollen Publikum etwas vorlesen zu können.
Bis dahin ist es allerdings noch ein Stückchen Weg. Aber auch das ist gestern passiert: Jemand hat mir etwas gegeben, was in dieser Stadt offensichtlich unumgänglich ist. Ich darf mich auf diesen Jemand berufen und er wird mich empfehlen. Damit kann ich jetzt rasenden Herzens und furchtbar aufgeregt an einer Tür klopfen, die auf meiner Traum-Wunsch-Visionsliste in folgender Rubrik steht: "Versuchen kannst du's ja mal. Es kann auch mehr als schief gehen: Du könntest dich lächerlich machen. Aber eigentlich gehört das in die Rubrik Größenwahn."
Aber das habe ich von Sergej Diaghilew gelernt: Wenn man an ein Projekt glaubt, darf nichts unmöglich scheinen. Dann muss man ganz oben anfangen. Kleine Brötchen kann man nach dem Scheitern immer noch backen. Ein wenig erschreckt mich, wie sich plötzlich alle möglichen Kreise schließen, denn im August folgt der nächste "Schicksalstermin" und irgendwie hängt eins mit dem anderen zusammen. Versemmeln darf ich keinen von beiden.
Solches Kontakten und Arbeiten funktioniert nicht in den Social Media, wenn man nicht gerade Social-Media-affine Themen hat. Und es funktioniert nicht über Nacht, wie all die Millionenseller-Gurus einem das glauben machen wollen. Ich ackere bereits seit vier Jahren daran, in winzigen, eisern beharrlichen Schritten. Manches reicht sogar in meine Studentenzeit zurück. Ein wenig, habe ich den Verdacht, lullen uns die wunderbar leichten Kontaktmöglichkeiten im Internet ein, spiegeln Erfolge vor, die gar nicht messbar vorhanden sind. Im echten Leben geht's immer noch mit Knigge und Augenschein zu, mit Klinkenputzen und Zuhören - und mit viel viel Leidenschaft fürs Sujet, um das alles durchzuhalten.
Für die unerwarteten Adrenalinstöße ist obige Allee dann richtig heilsam. Sie erdet und spült allzu verschrobene Spinnereien weg. Denn es heißt, auf dem Boden zu bleiben und Qualität zu bringen. Sonst können sich geöffnete Türen dem Klopfenden vor der Nase wieder zuschlagen. Und das täte nach so viel Leidenschaft dann richtig weh.
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