Hausaufgaben

So, jetzt hat's auch mich erwischt. Zum ersten Mal im Leben kann ich nicht mehr geradeaus schreiben, sondern muss Maschensalat auftrennen. Ich habe das schon im Handarbeitsunterricht gehasst. Ich bin ein fauler Mensch. Wenn ich etwas ständig neu von vorn anfangen muss, beginnt es, mich zu langweilen - und gut wird es dadurch auch nicht unbedingt. Gut werden die Dinge, die mir "zufallen". Deshalb habe ich einen fürchterlichen Horror davor gehabt und es vor mir her geschoben. Aber die innere Stimme hat zum Glück ein brutal lautes Organ.

Etwas an meinem Roman hat mich gestört. Etwas fühlte sich nicht richtig an. Heute bin ich über meinen Schatten gesprungen, habe mich mit dem Gedanken angefreundet, zur Not über 100 Seiten in die Tonne zu werfen - und siehe da, das Problem hat sich gezeigt. Der Horror war unnötig. Ich habe nur ein paar einzelne Maschen zu früh gestrickt, die erst am Ärmel dran gewesen wären. Madame Ungeduld hatte wohl mal wieder Angst vor den vielen leeren Seiten. Also kommt das jetzt auf Halde. Und dann geht's an die Hausaufgabe: Strafferer Einstieg, Übergänge umschreiben, Dramaturgie glätten...

Ich hasse solche Aufgaben, wenn ich gerade so schön im Fluss bin und eigentlich schon viel spätere Szenen im Kopf habe. Die werden eben im Sammelbuch notiert. Und dann kommt die heilige disciplina. Und wenn sie mich nicht küsst, küsse ich sie. An so einem englisch-herbstigen Regentag doch ideal. Rede ich mir jetzt ein.

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