Quotenquatsch und Haumichtot
Ich hab's geahnt! Sie also auch. Wieder so ein Leser! Inzwischen weiß ich, wie man die Tierchen füttern muss. War's das Haumichtot?
Quatsch beiseite. Ich mache mir ja ständig Gedanken, wie man dieses Blog verbessern kann und was man überhaupt als Journalist auf die Beine stellen könnte, wenn man könnte wie man wollte. Deshalb teste ich hier fröhlich Dinge aus, weil ein Reinfall nichts kostet - und beobachte dreist Besucherströme und deren Motivation.
Mein Endergebnis erstaunt mich nicht wirklich, ist aber erschütternd wie das Literaturprogramm des ZDF. Deppenalarm bringt Quote. Seriös ausgedrückt: Je blödsinniger eine Schlagzeile, je mehr Konflikt oder Skandal sie verspricht, desto schneller strömen die Leutchen ins Kolosseum. Solche Sachen sprechen sich dann auch noch herum und werden in Bloghausen verlinkt, egal, wie dümmlich der Artikel dahinter ist.
Absolute Renner beim Wecken von Leserinteresse waren das Reizwort "Heidenreich" (nie wieder so viele Leser gehabt, so hat das also bei ihr mit den Büchern funktioniert!) und der wunderschöne Titel "Kein Schwein". Letzteres ein schönes Beispiel für Niveau, obwohl der differenzierte Artikel dahinter wahrscheinlich so manchen Leser entsetzt hat.
Es kommt auch immer gut, wenn man sich fetzig über etwas lustig macht und das möglichst kurz runterrotzt. Recherche und Hintergründe schrecken immer dann ab, wenn der Artikel nicht zufällig via Suchmaschine für Lebenshilfe oder als Ratgeber taugt. So etwas bringt neue Leser en masse, die sich dann allerdings wieder abwenden, wenn ihr Lebensthema nicht ständig behandelt wird. In dieser Sparte wurden zum absoluten Renner ein Artikel über Mehltaubehandlung, der die vereinigten Cannabiszüchter aus ganz Europa angelockt hat und mit Rosenduft erschreckt.
Weiterer Topartikel: Rosenbasteln - nicht nur zur Weihnachtszeit beliebt. Ich bin erstaunt, wie viele Mannen sich heute Papierrosen ans Revers heften wollen oder nach der Origamirose für Cheffes Schreibtisch suchen. Immerhin, perfektes Product-Placement für "Das Buch der Rose" (hehe, schon wieder), bei dem die Autorin einen entscheidenden Fehler gemacht hat. Sie erzählt darin Anekdoten und Geschichten und bringt weder Basteltipps noch Mischungen für die heimische Giftspritze.
Beliebt ist auch das Genre "Ich tu so, als würde ich meine Innereien auf den Tisch legen und guckt mal, die sind ganz verrückt". Damit kann man vor allem die Kollegen der Medien anlocken. Und den Kollegen aus der Buchbranche sei verraten: Kurz vor einem Interview den Link fürs Blog weitergeben, da vorher fein genau das streuen, was man gefragt werden will. Funktioniert immer. Und keiner, nicht einmal der geneigte Blogleser, merkt, dass das einzige wirklich Private der Hund ist.
Den ein oder anderen Medienmenschen habe ich dann auch schon mal schmunzelnd beim Themenklau erwischt. Und frage mich, ob es dreist oder dumm ist, dann auch noch mit dem erkennbaren und ortbaren Firmenserver aufzutauchen. Wie auch immer, ich merke mir die Zeitungen und Sender für die Bewerbungsunterlagen - vielleicht blogg ich ja mal eines Tages für die, wer weiß.
Apropos Hund: Hundegeschichten sind auch der Bringer. Das weiß man aus dem Fernsehen, dass es in einem Blog so gut funktioniert, hätte ich nie gedacht. Hund ist eben etwas fürs Herz. Dass sich allerdings mehr Leser für die Kulturtipps meines Hundes interessieren als für die meinen, erschüttert mich doch leicht.
Ziemlich vergessen kann ich auch die Artikel der Sorte "Woran ich gerade arbeite". Das lesen dann wirklich nur noch persönlich Bekannte, neidische Kollegen und das Finanzamt.
Aber wann gähnen eigentlich meine Leser? Wann bleiben sie aus, wann schalten sie ab, wann bleiben Ihnen die Kommentare im Hals stecken? Richtig. Immer dann, wenn die Reizwörter "Kunst" und "Literatur" auftauchen. Das trägt man heute nicht mehr. Will sich zumindest beim Konsum nicht erwischen lassen. Die wenigen, die da noch auftauchen, lesen grundsätzlich heimlich.
Ich lerne daraus besser nichts für meine Bücher. (Apropos Bücher: Vom Aufwand und den Produktionskosten her verglichen, erreicht man mit einem gut gemachten Blog sehr viel schneller sehr viel mehr Leser als mit einem Buch).
Aber mal sehen, wie ich die Quotenerkenntnisse medial umsetzen werde. Vielleicht sollte ich Kunst und Literatur besser als Skandal inszenieren.
Und an dieser Stelle sei einmal all denen herzlichst gedankt, die trotz allem mitlesen!
Fettschrift: Dieser Beitrag wurde quotenoptimiert.
Quatsch beiseite. Ich mache mir ja ständig Gedanken, wie man dieses Blog verbessern kann und was man überhaupt als Journalist auf die Beine stellen könnte, wenn man könnte wie man wollte. Deshalb teste ich hier fröhlich Dinge aus, weil ein Reinfall nichts kostet - und beobachte dreist Besucherströme und deren Motivation.
Mein Endergebnis erstaunt mich nicht wirklich, ist aber erschütternd wie das Literaturprogramm des ZDF. Deppenalarm bringt Quote. Seriös ausgedrückt: Je blödsinniger eine Schlagzeile, je mehr Konflikt oder Skandal sie verspricht, desto schneller strömen die Leutchen ins Kolosseum. Solche Sachen sprechen sich dann auch noch herum und werden in Bloghausen verlinkt, egal, wie dümmlich der Artikel dahinter ist.
Absolute Renner beim Wecken von Leserinteresse waren das Reizwort "Heidenreich" (nie wieder so viele Leser gehabt, so hat das also bei ihr mit den Büchern funktioniert!) und der wunderschöne Titel "Kein Schwein". Letzteres ein schönes Beispiel für Niveau, obwohl der differenzierte Artikel dahinter wahrscheinlich so manchen Leser entsetzt hat.
Es kommt auch immer gut, wenn man sich fetzig über etwas lustig macht und das möglichst kurz runterrotzt. Recherche und Hintergründe schrecken immer dann ab, wenn der Artikel nicht zufällig via Suchmaschine für Lebenshilfe oder als Ratgeber taugt. So etwas bringt neue Leser en masse, die sich dann allerdings wieder abwenden, wenn ihr Lebensthema nicht ständig behandelt wird. In dieser Sparte wurden zum absoluten Renner ein Artikel über Mehltaubehandlung, der die vereinigten Cannabiszüchter aus ganz Europa angelockt hat und mit Rosenduft erschreckt.
Weiterer Topartikel: Rosenbasteln - nicht nur zur Weihnachtszeit beliebt. Ich bin erstaunt, wie viele Mannen sich heute Papierrosen ans Revers heften wollen oder nach der Origamirose für Cheffes Schreibtisch suchen. Immerhin, perfektes Product-Placement für "Das Buch der Rose" (hehe, schon wieder), bei dem die Autorin einen entscheidenden Fehler gemacht hat. Sie erzählt darin Anekdoten und Geschichten und bringt weder Basteltipps noch Mischungen für die heimische Giftspritze.
Beliebt ist auch das Genre "Ich tu so, als würde ich meine Innereien auf den Tisch legen und guckt mal, die sind ganz verrückt". Damit kann man vor allem die Kollegen der Medien anlocken. Und den Kollegen aus der Buchbranche sei verraten: Kurz vor einem Interview den Link fürs Blog weitergeben, da vorher fein genau das streuen, was man gefragt werden will. Funktioniert immer. Und keiner, nicht einmal der geneigte Blogleser, merkt, dass das einzige wirklich Private der Hund ist.
Den ein oder anderen Medienmenschen habe ich dann auch schon mal schmunzelnd beim Themenklau erwischt. Und frage mich, ob es dreist oder dumm ist, dann auch noch mit dem erkennbaren und ortbaren Firmenserver aufzutauchen. Wie auch immer, ich merke mir die Zeitungen und Sender für die Bewerbungsunterlagen - vielleicht blogg ich ja mal eines Tages für die, wer weiß.
Apropos Hund: Hundegeschichten sind auch der Bringer. Das weiß man aus dem Fernsehen, dass es in einem Blog so gut funktioniert, hätte ich nie gedacht. Hund ist eben etwas fürs Herz. Dass sich allerdings mehr Leser für die Kulturtipps meines Hundes interessieren als für die meinen, erschüttert mich doch leicht.
Ziemlich vergessen kann ich auch die Artikel der Sorte "Woran ich gerade arbeite". Das lesen dann wirklich nur noch persönlich Bekannte, neidische Kollegen und das Finanzamt.
Aber wann gähnen eigentlich meine Leser? Wann bleiben sie aus, wann schalten sie ab, wann bleiben Ihnen die Kommentare im Hals stecken? Richtig. Immer dann, wenn die Reizwörter "Kunst" und "Literatur" auftauchen. Das trägt man heute nicht mehr. Will sich zumindest beim Konsum nicht erwischen lassen. Die wenigen, die da noch auftauchen, lesen grundsätzlich heimlich.
Ich lerne daraus besser nichts für meine Bücher. (Apropos Bücher: Vom Aufwand und den Produktionskosten her verglichen, erreicht man mit einem gut gemachten Blog sehr viel schneller sehr viel mehr Leser als mit einem Buch).
Aber mal sehen, wie ich die Quotenerkenntnisse medial umsetzen werde. Vielleicht sollte ich Kunst und Literatur besser als Skandal inszenieren.
Und an dieser Stelle sei einmal all denen herzlichst gedankt, die trotz allem mitlesen!
Fettschrift: Dieser Beitrag wurde quotenoptimiert.
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