Reich werden durch Bloggen
Da wird ein Blog bei ebay für eine Traumsumme verhökert und ein Werbeblog macht 250.000 E Umsatz an Werbeeinnahmen. Der kleine gemeine Blogger liest es, staunt und träumt. Etwas Schönes tun und dafür bezahlt werden - wer wünscht sich nicht eine solche Arbeit? Aber mit den Traumblogs und den Verhältnissen in den USA, wo man mit Schreiben wirklich ein Leben fristen kann, ist es wie mit Mrs Rowling unter den Autoren. Da wird eine minimale Elite vorgezeigt: Schaut mal, was ihr erreichen könnt! Und wenn ihr das nicht erreicht, macht ihr etwas falsch.
Leute, die in Deutschland im Auftrag für Firmen bloggen, bekommen entweder ein Taschengeld oder nichts. Die meisten privaten Blogger sind Selbstausbeuter, wie die Autorin dieses Blogs. Warmschreiben als Abschreibungsobjekt. Verschenktexte ohne Spendenquittung.
Trotzdem kann ein Blog - professionell gemacht - natürlich etwas einbringen. Wenn schon keinen Reibach, dann vielleicht Werbung? Oder einen Namen? Oder ungebetene Gäste beim Sonntagskaffee? Leute, die wissen, wie man's macht, sagen, es hinge einfach nur an den Zielgruppen, Reichweiten, Vernetzungen und diesem Klimbim. Prompt meldet sich der panische kleine Blogger bei Twitter an, belegt vier Netzwerke und kommentiert sich bei Leuten zu Tode, die noch gar nicht wissen, dass die Zahl der "comments" einen Blog platzieren hilft. Und wundert sich, dass es nichts bringt außer Zeitverschwendung.
Schreiben für Roboter
Das Geheimnis der Reichweite liegt wie anno dunnemals am Gelesenwerden. Etwas hat sich allerdings verändert, Webdesigner können ein Lied davon singen: Es kommt nicht mehr auf die Inhalte an. Auf Leser schon gar nicht. Ein Text wird heute in professionellen Medien für Roboter geschrieben, für die Programme der Suchmaschinen. Suchmaschinenoptimierung. Page impressions. Und wenn man die hat, kommen irgendwann auch echte Leser. Also diese Wesen mit Augen und Hirn im Kopf.
Medienlese hat nun die zehn größten Klickgaranten aufgelistet und Buchautoren wird die Liste kaum verwundern. Es ist das alte Spiel um Sex & Crime, Drugs & Rock'n Roll. Es müssen ziemlich altmodische Typen sein, die diese robots programmieren. Aber wie zieht man das, was beim Spiegel und anderen Buntpapierblättern funktioniert, aufs kleine Bloggerniveau herunter? Wie setzt man das praktisch um?
Ich will mal versuchen, es zu erklär-testen.
Nehmen wir an, eine Buchautorin und Journalistin betreibt einen Blog aus Spaß an der Freud und wird dafür nicht bezahlt. Um irrsinnig reich zu werden, könnte sie entweder Anzeigen schalten oder ihre Bücher verkaufen. Nehmen wir an, potentielle Anzeigenkunden zeigen den Vogel. Also bewerben wir jetzt mal nach den zehn Punkten ein Buch. Sagen wir "Das Buch der Rose".
Das How to für Dummies
(Denglisch klingt schlau und nach Geld)
SEX
Libido antörnen: Wollten Sie schon immer wissen, wie Marc Anton auf Kleopatras Bett trotz Kriegsstress so ausdauernd seinen Mann stand? Wie hat man Aphrodisiaka mit Rosenöl gemischt? Welche Speise hat die Römer bei ihren Parties so geil gemacht?
PROMIS
Namen nennen: Adonis, Alighieri Dante, Alma-Tadema, Aphrodite. Oder nehmen wir Peter Beales und Baudelaire, Nero und Algabal alias Elagabal? Sag ich was von Geheimnissen des Echnaton? Oder vom verbotenen Foto von Kennedy's Ermordung? Charles Foster Kane ist dabei und der olle Napoleon. Lady Mary Wortley Montagu ist auch eine Wucht.
NAZIS
Eklat schaffen: Die Weisse Rose bekam ihren Namen aus dem alten Rom, wo man verschwieg, was unter weißen Rosen gesprochen wurde. Irgendein Gärtner war dann der Mörder. Und dann ist da die Odyssee von einer Rose namens Peace, die an Hitler vorbeigeschmuggelt werden musste.
TIRADEN
Wütend werden: Verdammte Gentechniker, kriegen Milliarden in den Rachen gestopft, um doch zu versagen. Ein einzigartiger Skandal, diese blaue Rose, die lila wurde!
BREAKING NEWS
Der Erste sein: 5000 Jahre Kulturgeschichte der Rose auf 220 Seiten, inklusive Streifzug durch Kunst und Literatur. Nachmachen!
TEASER
Banales aufblasen: Wenn Sie das nächste Mal freiwillig am hellichten Tag in Ihren Garten gehen, werden Sie Ihr rotes Wunder erleben!
MONSTER
Abnormes zeigen: Da war dieser muslimische Shah, der mehr Drogen als Alkohol vertrug, seinen Harem trotzdem befriedigte und dann noch ein Buch schuf, das Bush und Ahmadingensdschihad dann nicht mit der Beißzange anfassen wollten.
SPORT
Fußball!: Wann krönen wir unsere Fußballer endlich wieder mit Rosenkränzen?!?
GRAUEN
Fröhlich splattern: Hollywood hat es mehrfach verfilmt, Alma-Tadema hat es gemalt. Ich rede von diesem Gelage, wo Mann Hahnenkämme für die Potenz vom lebendigen Tier abschnitt und lutschte - und die Damen Nachtigallenzungen als Schluckimpfung gegen die Pest einnahmen. Ja was glauben Sie, wie da mit Rosen gemordet wurde!
SPÖKES
Esogrusel schaffen: Klar, auch Hexen haben Rosen verwendet. Da jibbet dieses Rezept, das noch heute...
So macht man das mit dem effektiven Bloggen also.
- Ich verspreche hoch und heilig, dass sich tatsächlich alles hier Genannte in "Das Buch der Rose" ausführlich nachlesen lässt! Und noch viel mehr.
- Ich verspreche hoch und heilig, dass dieser Beitrag meine Buchverkaufszahlen nicht hochschnellen lassen wird oder ich verspeise eine Rose bei lebendigem Leibe.
- Ich verspreche hoch und heilig, dass ich solche Blogs nicht lesen mag.
- Schreiben auch nicht.
Hi Petra,
AntwortenLöschenjetzt weiß ich endlich, was ich falsch mache und warum mein Blog nur mit knapp 600 § taxiert wird. Aber ab und an ein Seitenhieb aufs Fernsehprogramm, Uri Geller, Dschungelshow oder so etwas, merke ich schon an den Besucherzahlen. Ich finde es erstaunlich, dass man am meisten Besucher hat, wenn man über das schreibt, über das alle anderen schreiben. Oder schreiben die alle darüber, weil es vielleicth am meisten Besucher gibt...
Alexander, ich habe da einen Verdacht - der übrigens erklärt, warum ich nichts von "clickrates" halte, sondern drei treue Leser wichtiger finde als hundert zufällige.
AntwortenLöschenIch nehme mal einen französischen Superseller als Beispiel, dessen Titel ich nicht nennen möchte. Das Buch stand plötzlich so ziemlich in jedem Haushalt, weil es extrem kontrovers diskutiert wurde und mit einem Medienspektakel belohnt. Selbst Leute, die nie lesen (!), kauften es. Autor machte Reibach.
Zwei Jahre später untersuchte man das Leserverhalten. Ich habe die genauen Zahlen nicht mehr im Kopf, aber nur etwa 20% hatten das Buch wirklich ganz gelesen. Schon zwei Monate nach Erscheinen überfüllte es die Tauschbörsen und ebay - und ging nicht mehr los. Man hatte es gekauft, um mitreden zu können, um up-to-date zu sein. Es blieb für Autor und Verlag eine Eintagsfliege.
Natürlich kann ich durch solche Tricks jede Menge Leser anlocken. Aber sind das wirklich "meine" Leser? Wenn nicht, mache ich sie mit meinem Geschreibsel unglücklich. Dann gehen sie nach diesem Klick wieder. Weil sie zu ihrem Suchbegriff woanders mehr und Besseres finden.
Ich möchte Lesern mit meinen Texten etwas schenken. Auch wenn sie - wie ich selbst - manchen Text von mir vielleicht als missraten oder schwach ansehen. Aber ich wünsche mir, dass sie gern vorbeischauen, freiwillig, vielleicht etwas mitnehmen können. Diesen Zauber kann man zum Glück noch nicht mit Glücksformel berechnen! Und auch mit Geld nicht bezahlen...
Schöne Grüße,
Petra
Wir sind ein bisschen vom Bloggerreichtum abgekommen. Ich weiß ja nicht, wieviele Besucher du jeden Tag hast. Du bist jedenfalls sehr weitverlinkt. Wenn du Werbung tolerieren würdest, kämst du wahrscheinlich auf mindestens 2 Euro je 1000 Besucher (um den Preis, dass GoogleAds dann für DKZVs werben). Ich kenne schon Leute, die zwar nicht reich werden durch das Bloggen, aber doch ihre 30-50 Euro im Monat verdienen für etwas, was sie ohnehin machen.
AntwortenLöschenAch Alexander,
AntwortenLöschenwenn's immer nur ums Geld ginge im Leben! Die Schlagzeile ist durchaus ironisch gemeint.
Ich habe diesen Server gewählt, weil er werbefrei ist und ich würde es mich sogar etwas kosten lassen, Werbung zu verhindern, sollte das je anders werden. Vor allem Werbung, die ich nicht selbst bestimmen kann!
Würde mein Blog je auf Zeitschriftenniveau wachsen (haha, Träume und Schäume), so dass er MICH empfindlich Geld kosten würde, dann könnte man über Finanzierung durch Anzeigen nachdenken. Aber garantiert nicht über welche, die ich nicht selbst aussuche.
Ich bin Journalistin. Als solche auch einer Ethik verpflichtet. Mögen das andere halten, wie sie lustig sind.