Prophet im eigenen Land
Es ist mal wieder typisch. Da sitzt ein deutscher Autor in Deutschland und findet keinen Verlag. Veröffentlicht in Frankreich, sahnt dafür sogar einen deutschen Preis ab, und hat großen Erfolg. Dann nimmt er ein Mammutwerk in Angriff, gilt offensichtlich wieder nichts im eigenen Land. Aber die Franzosen drucken ihn wieder, lieben ihn.
Die Rede ist von Jens Harder, der ironischerweise zu den führenden deutschen Vertretern der Comic-Reportage zählt. Im französischen Verlag Actes Sud / An 2 erschien kürzlich sein "Groß-Comic" Alpha, groß deshalb, weil er über 350 Seiten hat und erst der Anfang einer Trilogie ist, die die gesamte Erdgeschichte von Anbeginn erzählt. Harder sprengt das Genre radikal, bringt E ins U, arbeitet mit wissenschaftlichen und philosophischen Gedanken genauso wie mit literarischen Zitaten - in einer umwerfenden und klaren Bildsprache. Und das wird wohl im deutschsprachigen Raum sein Problem sein, denn dort pflegt man lieber Genre- und Schmuddelecken von anno dunnemals, blind für die Vielfalt und die bahnbrechenden Möglichkeiten von Kunst, zu der international der Comic längst zählt.
Sein Werk "Alpha" ist ein bildnerischer wie erzählerischer Hochgenuss, in Frankreich schon der Geheimtipp vielleicht des Jahres - und Arte hat die Deutschen gestern einmal vorkosten lassen (Bilder und Video), mit dem nichtssagenden Satz: "In Deutschland muss man auf die Veröffentlichung noch warten." Das kann noch Monate dauern, denn man findet nichts in den Buchhändlerverzeichnissen, die normalerweise ein paar Monate im Voraus bereits Neuerscheinungen listen. Man wartet eben gern in Deutschland, verwartet sogar die eigenen Talente ... und das große Thema, das im Darwin-Jahr genau richtig kommt!
Jens Harder ist aber auch ein schönes Beispiel dafür, dass sich entscheidungsunwillige Verlage irgendwann ins eigene Fleisch schneiden werden. Irgendwann wird man sie nicht mehr brauchen. "Alpha" ist nämlich im Original in Spezialläden in Deutschland zu haben, der Comic-Fan-Szene sei's gedankt. Sprachkenntnisse braucht es für das bildreiche Opus eigentlich kaum - aber demnächst gibt es über eben jene Szene auch den deutschen Text. Und allen Grenzgängern empfehle ich einen Besuch in der FNAC am Place Kléber (Innenstadt) in Straßburg, die für Comicfans ohnehin ein Eldorado ist. Natürlich kann man bei der FNAC auch online bestellen.
Sicherlich eignet sich ein bildreiches Medium ganz besonders für solch globalisiertes Verkaufen an zögerlichen Lektoren vorbei. Es zeigt aber auch, was aus AutorInnen werden kann, die sich nicht unterkriegen lassen; die es satt haben, ihr kreatives Leben zu verwarten; die sich nicht mehr in herkömmliche Schubladen pressen lassen wollen. Es zeigt, wie viel Potential von deutschen Verlagen nicht genutzt wird, die aus ihrem Schubladendenken nicht heraus kommen - denn Harder ist nicht der einzige.
Zweimal hat dieser Autor ins Ausland abwandern müssen und Furore gemacht. Ich wünsche ihm von ganzem Herzen, dass irgendwann der Prophet auch im eigenen Land etwas gilt und so manche Schnarchnase dort endlich aufwacht, denn sein umwerfendes neues Buch hat es verdient. Ich freue mich jedenfalls, dass ich nur in den nächsten Buchladen oder Supermarkt gehen muss, um es zu erstehen - dieses Mammutalbum mit über 350 Seiten... "Tour de force" sagt man zu so einer zeichnerischen Leistung in Frankreich.
Nachtrag: Eben sehe ich, dass Jens Harder noch nicht einmal auf Französisch schreiben musste, um in Frankreich verlegt zu werden. Actes Sud hat das Buch aus dem Deutschen übersetzt!
Jens Harder: Alpha directions, Actes Sud / An 2
Die Rede ist von Jens Harder, der ironischerweise zu den führenden deutschen Vertretern der Comic-Reportage zählt. Im französischen Verlag Actes Sud / An 2 erschien kürzlich sein "Groß-Comic" Alpha, groß deshalb, weil er über 350 Seiten hat und erst der Anfang einer Trilogie ist, die die gesamte Erdgeschichte von Anbeginn erzählt. Harder sprengt das Genre radikal, bringt E ins U, arbeitet mit wissenschaftlichen und philosophischen Gedanken genauso wie mit literarischen Zitaten - in einer umwerfenden und klaren Bildsprache. Und das wird wohl im deutschsprachigen Raum sein Problem sein, denn dort pflegt man lieber Genre- und Schmuddelecken von anno dunnemals, blind für die Vielfalt und die bahnbrechenden Möglichkeiten von Kunst, zu der international der Comic längst zählt.
Sein Werk "Alpha" ist ein bildnerischer wie erzählerischer Hochgenuss, in Frankreich schon der Geheimtipp vielleicht des Jahres - und Arte hat die Deutschen gestern einmal vorkosten lassen (Bilder und Video), mit dem nichtssagenden Satz: "In Deutschland muss man auf die Veröffentlichung noch warten." Das kann noch Monate dauern, denn man findet nichts in den Buchhändlerverzeichnissen, die normalerweise ein paar Monate im Voraus bereits Neuerscheinungen listen. Man wartet eben gern in Deutschland, verwartet sogar die eigenen Talente ... und das große Thema, das im Darwin-Jahr genau richtig kommt!
Jens Harder ist aber auch ein schönes Beispiel dafür, dass sich entscheidungsunwillige Verlage irgendwann ins eigene Fleisch schneiden werden. Irgendwann wird man sie nicht mehr brauchen. "Alpha" ist nämlich im Original in Spezialläden in Deutschland zu haben, der Comic-Fan-Szene sei's gedankt. Sprachkenntnisse braucht es für das bildreiche Opus eigentlich kaum - aber demnächst gibt es über eben jene Szene auch den deutschen Text. Und allen Grenzgängern empfehle ich einen Besuch in der FNAC am Place Kléber (Innenstadt) in Straßburg, die für Comicfans ohnehin ein Eldorado ist. Natürlich kann man bei der FNAC auch online bestellen.
Sicherlich eignet sich ein bildreiches Medium ganz besonders für solch globalisiertes Verkaufen an zögerlichen Lektoren vorbei. Es zeigt aber auch, was aus AutorInnen werden kann, die sich nicht unterkriegen lassen; die es satt haben, ihr kreatives Leben zu verwarten; die sich nicht mehr in herkömmliche Schubladen pressen lassen wollen. Es zeigt, wie viel Potential von deutschen Verlagen nicht genutzt wird, die aus ihrem Schubladendenken nicht heraus kommen - denn Harder ist nicht der einzige.
Zweimal hat dieser Autor ins Ausland abwandern müssen und Furore gemacht. Ich wünsche ihm von ganzem Herzen, dass irgendwann der Prophet auch im eigenen Land etwas gilt und so manche Schnarchnase dort endlich aufwacht, denn sein umwerfendes neues Buch hat es verdient. Ich freue mich jedenfalls, dass ich nur in den nächsten Buchladen oder Supermarkt gehen muss, um es zu erstehen - dieses Mammutalbum mit über 350 Seiten... "Tour de force" sagt man zu so einer zeichnerischen Leistung in Frankreich.
Nachtrag: Eben sehe ich, dass Jens Harder noch nicht einmal auf Französisch schreiben musste, um in Frankreich verlegt zu werden. Actes Sud hat das Buch aus dem Deutschen übersetzt!
Jens Harder: Alpha directions, Actes Sud / An 2
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