Clash of Cultures: Frankreich

Nachdem die Franzosen um mich herum an die Küstenränder des Landes und sonstwohin in Urlaub fliehen, wird es hier dünn. Touristen füllen den akuten Bevölkerungsmangel dann wieder auf. Und wie jeder weiß: Fallen sie wie die Heuschrecken busweise ein, benehmen sie sich oft seltsam, fallen auf wie die bunten Hunde und sind - unabhängig von ihrer Herkunft oder Nation - gewöhnungsbedürftig. Aber eigentlich müssten wir hier im Elsass Deutsche besonders gewohnt sein, denn wir besuchen uns ja ständig gegenseitig und es leben auch welche hier. Eigentlich ...

Manchmal starren einen Lebewesen so seltsam an.

Heute strömte eine Bande älterer Herren aus einem Reisebus aus dem deutschen Halle in den heimischen Leclerc. Fünf vor Zwölf rasten sie derart in die gemütlich Einkaufenden hinein (hey, es ist Samstag und es ist heiß!), als würde die Welt untergehen, wenn sie nicht Punkt Mittag ihre "Mahlzeit" verspeisen dürften. Für diejenigen unter uns, die Deutsch verstehen, war das ein Erlebnis der dritten Art. Ich möchte die auffälligen Herrschaften der Einfachheit halber analog zu meiner Tante Erna einfach Erwin und Erich nennen und sie für sich sprechen lassen. Übersetzt auf Hochdeutsch natürlich, mit Anmerkungen der Redaktion im Kursivtext.


Erwin: Die Franzosen tun immer so, als ginge es dem Land schlecht. Jetzt guck mal, wie reich die sind, zahlen alle mit Kreditkarte! Sogar die Alten! 
(Merke: Frankreich ist ein hochentwickeltes, technisiertes Land mit Kreditkartenmaschinen selbst in Bergbauernhöfen. Wir besitzen aber kaum Bargeld.)

Erich: Und die Flüchtlinge auch. Da muss man sich ja wirklich nicht wundern, dass die alle nach Europa wollen. Guck mal, hier laufen lauter Neger rum und die zahlen auch mit Kreditkarte. Nicht zu fassen!
(Merke: Es gibt Franzosen in allen möglichen Hautfarben. Und weil es Departements in Outre Mer und auch Einwanderer gibt, haben sehr viele Franzosen eine sehr dunkle Hautfarbe. Auch in Frankreich ist das Wort "Neger" ein Schimpfwort, das gebildete Menschen nicht benutzen. Das Elsass ist in Sachen Einwanderung besonders vorbildlich: Es nimmt sogar Deutsche auf.)

Erwin: Du, die kaufen alle Pfirsiche, die Frauen. Dabei ist das gar kein Sonderangebot, die sind beim Aldi viel billiger. Bringen die ihren Männern nichts Ordentliches auf den Tisch?
(Merke: Es ist Pfirsichsaison in Frankreich. Franzosen essen dann viele Pfirsiche. Und Papa steht am Grill, damit Mama nicht dauern schuften muss.)

Erich: Was müssen die alle so an der Kasse lahmen! Jetzt guck dir das an, die Kassiererin redet mit der Frau, während sie die Ware abscannt, das geht doch nicht! Und die da drüben nimmt einfach einen Schluck Wasser, ja spinnt die denn, während des Kassierens? Zustände wie im alten Rom!
(Merke: Die Römer waren hoch entwickelt, besaßen aber noch keine Scanner. Bei 34 Grad im Schatten braucht auch eine Kassierin Wasser. Und wenn man sich während des Arbeitens gegenseitig freundlich einen guten Tag wünscht, ein paar nette Worte wechselt, sich bedankt und ein schönes Wochenende wünscht, dann läuft die Arbeit viel flotter und leichter von der Hand und alle haben gute Laune. Außer den Touristen.)

Erwin: Was müssen die eigentlich alle ihre Plagen mitnehmen zum Einkaufen!?
(Merke: In Frankreich gehören Kinder zum Leben.)

Erich: Jetzt guck dir das an, das ist doch nicht zu fassen: So ne lange Kühltheke und kein deutscher Käse. Jetzt muss ich schon das komische Weißbrot essen und krieg nicht mal nen Tilsiter!
(Merke: Durchschnittlich mehr als 26 kg Käse futtert ein Franzose jährlich, Frankreich steht beim Käseexport auf Platz 1 und importiert außerdem Käse aus Italien, Holland und der Schweiz ... da ist man einfach verwöhnt.)

Jetzt wünsch ich Erich, Erwin und der Altherrenbande noch einen schönen Urlaub im Land der bunthäutigen Leute, die gemeinsam mit ihren vielen Kindern lustig komisches Weißbrot, Käse und ganz viele Pfirsiche essen und dabei auch noch miteinander reden.

2 Kommentare:

  1. Doofe Touristen finden alles doof, was die Autorin wiederum doof findet. ;)

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    1. Haha, dabei ist die Autorin ja furchtbar neugierig und hätte zu gern lieber erfahren, was den Herren an Frankreich gefallen hat, wofür sie schwärmten. Für französischen Käse offensichtlich nicht ;-)

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