Qualitätsjournalismus 2.0(815)
Ich habe wie viele Kollegen zwei Berufe, die sich diametral gegenüber stehen: Ich bin Journalistin und ich schreibe PR- und Pressetexte für Geschäftskunden und Organisationen. Als Journalistin habe ich darauf zu achten, absolut unabhängig zu berichten und keine PR in meine Texte einfließen zu lassen. Als PR-Texterin bin ich bestrebt, so viele Pressetexte für Kunden so oft wie möglich in der Presse und anderswo zu landen. Viele Journalisten arbeiten inzwischen derart zweigleisig, weil man freiberuflich anders kaum mehr überleben kann. Und in der Regel funktioniert diese Zweiteilung auch wunderbar, wenn man selbst integer bleibt und beide Bereiche ganz klar trennt. Ein Geschäftskunde würde von mir nie und nimmer einen rein journalistischen Beitrag bekommen. Und PR mache ich nur explizit als solche ausgewiesen.
Schon seit langem fällt mir auf, wie sich leider auch die sogenannte Qualitätspresse nicht mehr zu schade dafür ist, vordergründig journalistische Beiträge zu veröffentlichen, die hart an der PR für Firmen, Organisationen, Lobbyisten und andere Gruppen vorbeischrammen - oder eigentlich schon längst nicht mehr Journalismus genannt werden dürfen. "Cui bono" - "wem nützt es", darf man sich bei Artikeln immer häufiger kritisch fragen. Die Gründe für das Verschwimmen dieser Grenzen sind mannigfaltig, aber kein Grund dieser Welt darf genügen, um die Grenze zwischen Journalismus und PR aufzuheben.
Seit ungefähr knapp zwei Jahren reißen die Missstände mehr und mehr ein. Die PR-Frau in mir reibt sich die Hände: Noch nie war es so einfach, die Tagespresse auf die Seite der eigenen Kunden zu ziehen. Wo ich mir früher mit aller Raffinesse Pressekampagnen ausdenken musste, bekomme ich heute das Material manchmal erschreckend schnell aus den Händen gerissen. Mit der Zeit hat man dann so seine Kontakte, die alles schlucken. Da sind Zeitungen, die würden mir als Journalistin keine einzige Zeile abkaufen: Weil ich so frech wäre, womöglich Spesen zu verlangen, weil ich am knausrigen Zeilenhonorar herummeckern würde, weil ich mich nicht auf Total Buy Out einlassen wollte. Friss oder stirb, heißt da die Devise: Hinter dir steht ein Heer von Ungelernten, das es fast umsonst macht.
Inzwischen lande ich bei solchen Zeitungen auch schon mal Aufmacher. Völlig unbeabsichtigt. Eigentlich war es ja nur ein PR-Text für einen Kunden. Eigentlich war der nur dazu gedacht gewesen, die betreffenden Journalisten zu einer Veranstaltung einzuladen. Eigentlich war er noch nicht mal journalistisch aufgebaut, weil man dem Redakteur noch Infomaterial für etwas anderes mitgeben wollte. Und dann finde ich den kompletten Text unredigiert als Aufmacher abgedruckt und bekomme auch noch ein dickes Dankeschön von der Redaktion. Der Redaktion, die mich als Journalistin nie und nimmer bezahlt hätte. So geht das also. Das Blatt wird kostenlos aufgefüllt (außer mir sind da noch ein paar andere Pressestellen zugange). Und auch ich kann zufrieden sein: Als PR-Texterin bekomme ich für diesen Artikel ein Mehrfaches. Aber die Journalistin in mir heult. Früher hat man als PR-Kunde für solche Zwecke ein sogenanntes Kollektiv bezahlen müssen und der Artikel wurde klar als das gekennzeichnet, was er war: als PR.
Usus, Alltag. Machen alle so, sagen meine Kollegen. Bis dann heute diese Mail von einer nicht gerade kleinen Zeitung in einer größeren Stadt kam - an mich in meiner Eigenschaft als PR-Texterin für einen Geschäftskunden:
Meine Kunden frohlocken natürlich. Noch nie war PR so einfach zu platzieren.
*Mailtext, Beteiligte und Situationen wurden derart verfremdet, dass keinerlei Rückschlüsse auf tatsächliche Ereignisse und Personen zu ziehen sind. Natürlich habe ich nie eine Mail mit genau diesem Text bekommen.
Schon seit langem fällt mir auf, wie sich leider auch die sogenannte Qualitätspresse nicht mehr zu schade dafür ist, vordergründig journalistische Beiträge zu veröffentlichen, die hart an der PR für Firmen, Organisationen, Lobbyisten und andere Gruppen vorbeischrammen - oder eigentlich schon längst nicht mehr Journalismus genannt werden dürfen. "Cui bono" - "wem nützt es", darf man sich bei Artikeln immer häufiger kritisch fragen. Die Gründe für das Verschwimmen dieser Grenzen sind mannigfaltig, aber kein Grund dieser Welt darf genügen, um die Grenze zwischen Journalismus und PR aufzuheben.
Seit ungefähr knapp zwei Jahren reißen die Missstände mehr und mehr ein. Die PR-Frau in mir reibt sich die Hände: Noch nie war es so einfach, die Tagespresse auf die Seite der eigenen Kunden zu ziehen. Wo ich mir früher mit aller Raffinesse Pressekampagnen ausdenken musste, bekomme ich heute das Material manchmal erschreckend schnell aus den Händen gerissen. Mit der Zeit hat man dann so seine Kontakte, die alles schlucken. Da sind Zeitungen, die würden mir als Journalistin keine einzige Zeile abkaufen: Weil ich so frech wäre, womöglich Spesen zu verlangen, weil ich am knausrigen Zeilenhonorar herummeckern würde, weil ich mich nicht auf Total Buy Out einlassen wollte. Friss oder stirb, heißt da die Devise: Hinter dir steht ein Heer von Ungelernten, das es fast umsonst macht.
Inzwischen lande ich bei solchen Zeitungen auch schon mal Aufmacher. Völlig unbeabsichtigt. Eigentlich war es ja nur ein PR-Text für einen Kunden. Eigentlich war der nur dazu gedacht gewesen, die betreffenden Journalisten zu einer Veranstaltung einzuladen. Eigentlich war er noch nicht mal journalistisch aufgebaut, weil man dem Redakteur noch Infomaterial für etwas anderes mitgeben wollte. Und dann finde ich den kompletten Text unredigiert als Aufmacher abgedruckt und bekomme auch noch ein dickes Dankeschön von der Redaktion. Der Redaktion, die mich als Journalistin nie und nimmer bezahlt hätte. So geht das also. Das Blatt wird kostenlos aufgefüllt (außer mir sind da noch ein paar andere Pressestellen zugange). Und auch ich kann zufrieden sein: Als PR-Texterin bekomme ich für diesen Artikel ein Mehrfaches. Aber die Journalistin in mir heult. Früher hat man als PR-Kunde für solche Zwecke ein sogenanntes Kollektiv bezahlen müssen und der Artikel wurde klar als das gekennzeichnet, was er war: als PR.
Usus, Alltag. Machen alle so, sagen meine Kollegen. Bis dann heute diese Mail von einer nicht gerade kleinen Zeitung in einer größeren Stadt kam - an mich in meiner Eigenschaft als PR-Texterin für einen Geschäftskunden:
"Wir berichten künftig gern regelmäßig über Ihren Geschäftskunden, auch an prominenter Stelle in unserem Blatt. Senden Sie uns einfach bei Bedarf bereits druckfertige Artikel, weil wir nicht immer einen Korrespondenten abstellen können. Wenn Sie Informationsmaterial haben, verarbeiten Sie dies bitte auch zu einem journalistischen Artikel passend für unsere Zeitung."Da blieb der Journalistin in mir dann doch die Spucke weg. Ich weiß, warum ich fast nur noch in Ausnahmefällen als Journalistin arbeite. Nicht nur wegen der lausigen Bezahlung und dem noch lausigeren Umgang mit Nutzungsrechten. Sondern weil ich mich morgens noch im Spiegel anschauen möchte. Und weil ich mich für diesen Berufsstand nicht so schämen möchte, wie ich das gerade fremdschämend tue.
Meine Kunden frohlocken natürlich. Noch nie war PR so einfach zu platzieren.
*Mailtext, Beteiligte und Situationen wurden derart verfremdet, dass keinerlei Rückschlüsse auf tatsächliche Ereignisse und Personen zu ziehen sind. Natürlich habe ich nie eine Mail mit genau diesem Text bekommen.
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