Was bin ich verliebt!

In meinem Alter denke ich öfter mal: Ist das wirklich wiederholbar? Kann man sich wieder so frisch verlieben, als sei es vorher noch nie passiert? Man kann! Es kribbelt zwar immer wieder anders, aber es kribbelt. Es macht high, die Farben bunter und die Gerüche intensiver. Ich möchte nachts gar nicht mehr schlafen und kann morgens nicht früh genug aufstehen ... denn es hat mich wieder voll erwischt.

Ein Gefühl, als würde man unter einer Kaskade von Rosen liegen, die man in sich selbst über den Winter retten kann.

Im Unterschied zu früher gibt es bei mir nur eins nicht mehr: Die Liebe auf den ersten Blick. Diesmal hat es ziemlich lang gedauert, bis bei mir der Groschen gefallen war. Wir hatten vor etwa acht Jahren schon einmal ein kurzes Techtelmechtel, ich war mir eigentlich recht sicher, aber dann machte uns der schnöde Alltag einen Strich durch die Rechnung. Manche Leute redeten mir sogar meine Liebe schlecht. Wir verloren uns aus den Augen. Fanden zufällig (?) jetzt wieder zusammen und da hat es dann so richtig gekracht. Ich bin hin und weg. Sie ist wieder da, sitzt mir beim Frühstück gegenüber, hat diese unverwechselbare Art, sich die Haare aus dem Gesicht zu streifen ... und dann bin ich hin und weg und weiß: Ich werde an ihren Lippen hängen. Ich werde sie nicht unterbrechen, wenn sie mir von ihrem Leben erzählt.

Natürlich macht man aus Liebe manchmal auch komische Sachen. Sie ist gleich bei mir eingezogen, obwohl mich andere warnten, das sei wohl doch noch nicht der richtige Moment. Ich solle erst mal ans Geldverdienen denken, erst mal vorsichtig sein, es sei ja schließlich schon mal schief gegangen. Aber da war ich schon beim Einkaufen für meine Liebe. Wir brauchten einen Tisch, der groß genug ist für alle und an dem wir uns austauschen konnten. Ich habe sogar angebaut, weil der Tisch so groß ist, was tut man nicht alles, wenn man liebt!

Eine Wohngemeinschaft braucht einen Tisch. Die Autorin war einkaufen.
Zwischenzeitlich schalt mich jemand, ich sei doch komplett verrückt. Diese ständigen Zwiegespräche mit der Liebsten, die nie abreißen wollten, seien doch nicht mehr normal. Ich hab dann ernsthaft einen echten Psychiater befragt, ob das schon Stimmenhören sei und ob ich mir Sorgen machen müsse. Der lachte schallend. Und meinte, tja, die Liebe rufe schon manchmal Zustände hervor, wo man sich ein wenig verrückt benehme. Aber das, was ich machen würde, sei so lange keine Störung, als ich ja wisse, wann ich mit der Liebsten reden würde und wann nicht und wie ich das willentlich regle. Denn ich könne aus eigener Kraft den Mund halten oder mal nicht hinhören. Und schließlich ginge es nicht nur mir verdammt gut dabei, sondern auch meiner Umwelt, der ich irgendwann von dieser Liebe erzählen würde.

Große Liebe: Amanda
Große Liebe: Elzbieta

In Wirklichkeit sind sie natürlich noch viel schöner und toller und besser ... ich bin bei Schnappschüssen in die Parallelwelt hinein nicht so geübt. Und ich will eifersüchtigen Augen auch nicht zu viel zeigen. Darf ich vorstellen: Amanda. Und Elzbieta. Ich liebe sie heiß und innig. Ich werde grantelig, wenn ich nicht genügend Zeit mit ihnen verbringen kann. An Tagen, an denen sie anderes zu tun haben und durch Abwesenheit glänzen, fehlt mir etwas und ich fühle mich, als stünde ich nutzlos und traurig neben mir. Zum Glück träume ich dann wenigstens von meiner großen Liebe und das holt sie irgendwie herbei. Am nächsten Morgen sitzt Amanda am Frühstückstisch, als sei nichts gewesen.

Sie sind beide so ganz anders und anders als ich. Amanda läuft oft herum wie ein englischer Gutsherr und gibt die Toughe. Muss man wohl auch sein, wenn man über so viele Leichen stolpert. Manchmal glaube ich ihr nicht so recht, dass die Menschen in diesen idyllischen Dörfchen wie die Fliegen umfallen. Nun gut, irgendwer hilft da immer tüchtig nach. Eines natürlichen Todes stirbt dort kaum jemand. Und Ela, mit ihrem Hang zu Opernpomp und Belle Époque, ist auch so ein schillerndes Käferchen. Man traut ihr nicht zu, dass sie die Grauzonen des Gesetzes tüchtig zu dehnen weiß und auch nicht davor zurückschreckt, ihre Beziehungen zu nutzen. Da ist auch noch Luc, aber von dem habe ich nur einen Bart. Der kann sich noch nicht so recht entscheiden. Wahrscheinlich veranstalte ich deshalb zuerst Unschönes mit ihm.

Ich bin dann mal woanders. Das Dorf M. in meinem Kopf.
Inzwischen habe ich auch eine Karte gezeichnet, um meine Lieben im Notfall wiederfinden zu können. Moderne Navis versagen bei so etwas ja völlig. Ich kenne jedes Haus in diesem Dorf, jede noch so kleine Gasse. Gib das mal in ein Navi ein. "Error". Kürzlich hat die Frauenstimme des Navi ernsthaft behauptet, ich solle direkt zu meinem Psychiater fahren, ohne Umweg. Ich habe daraufhin das Gerät an den Wanderverein von M. gespendet. Der Vorsitzende hat nur gelacht und gemeint: "In M. fehlt uns tatsächlich noch ein Psychiater. Wenn hier so viele Morde passieren, wie sollen die übrigen Dorfbewohner damit umgehen?" Recht hat er, der gute Mann. Aber im ersten Band habe ich noch keine Verwendung für ihn, der Mann würde am Hungertuch nagen. Ich muss gerade in die Praxis des Landarztes investieren. Der schreibt schließlich den Totenschein so aus, wie er ihn ausschreibt.

Gar nicht so einfach, wenn man verliebt ist. Im Nu hängt man mitten in einer Familie, in einem Umfeld, das von allen Seiten an einem zerrt. Kürzlich habe ich mich sogar in den mordenden Part fast verliebt. Ein Kollege hat mir versichert, dass das absolut richtig ist und zu Gutem führe. Einer der bekanntesten Drehbuchautoren von Krimis mache das auch immer, er liebe seiner Mörder und wisse manchmal bis kurz vor Schluss noch nicht einmal, wer es denn sein wird. Das halte die Sache für die Zuschauer lebendig.

Ich muss Schluss machen. Amanda ruft. Und ich kann ihr nicht widerstehen. Inzwischen freue ich mich sogar wieder aufs Schlafen, denn dann träume ich von ... na? Genau: Amanda!

PS: Falls es jemand nicht verstanden hat (heutzutage weiß man ja nie): Ich schreibe an einer Krimiserie um die Hobbyermittlerin Amanda Joos.

10 Kommentare:

  1. Gut so, Petra. Schön, dass du wieder drangehst! Die beiden Damen hören sich an, als könne man mit ihnen lange, lange leben. Was ja für Autorinnen wichtig ist -- der Verlust einer liebgewordenen Figur nach 300 Seiten ist immer schmerzlich. Also mach dich ran und bleibe dran. Ich drücke dir, Amanda und Ela die Daumen.

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    1. Danke fürs Motivieren, Kollege "in crime"!
      Wobei ich ja schon des Längeren dran bin, ich hoffe, nächste Woche endlich die 200 Seiten zu überschreiten (ich schreibe elendiglich langsam, weil ich rückwärts immer alles verbessere, korrigiere, umschreibe). Aber das Gefühl der untrennbaren Liebe kam diesmal recht spät, weil das alles noch recht neu für mich ist, schlaue Rätsel zu konstruieren und selbst den Faden nicht zu verlieren ;-)
      Und ich hatte solche Angst! Angst davor, dass ich nach einem Band genug von den Damen haben könnte. Die Angst ist nun weggeblasen, das wird was mit mir und Amanda :-)
      Von dir wünsch ich mir noch viele Geier oder wie die alle noch heißen werden! Bleiben wir beide fleißig!

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  2. Ich hoffe sehr, dass das Kribbeln im Bauch noch lange erhalten bleibt - und bin schon jetzt sehr neugierig auf das fertige Werk! Bislang klingt es nach dem perfekten Buch für mich. :)

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    1. Solche Zuschriften motivieren mich, ich lege für dich heute noch eine Extraschicht ein, liebe Winterkatze!
      Meine Hobbyermittler treiben sich gerade auf dem schrulligen Kirchenbazar herum, um einigen Verdächtigen unauffällig auf den Zahn zu fühlen. Und meine liebe Ela, wie Elzbieta genannt wird, wird dabei fast ein wenig kriminell :-D

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    2. "Fast ein wenig kriminell" ist ja häufig überaus charmant. :) Und bitte nicht mit den Extraschichten überarbeiten und dafür lieber ein bisschen mehr träumen, damit die Ideen kein Ende nehmen.

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    3. Keine Angst, Winterkatze,
      dass mir die Ideen ausgehen könnten ist eine mir unbekannte Gefahr ;-) Mir geht allenfalls das Geld aus und es gibt nichts Literaturgefährdenderes als Existenzangst. Insofern ist das Träumen am Roman schon ein wenig zum Luxus in der Freizeit geworden ...

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  3. Das klingt so motiviert und kreativ wie in alten Zeiten, liebe Petra, und doch auch wieder anders und neu! Und es klingt motivierend. Wenn es nach so langer Zeit noch einmal so richtig "krachen" kann, ist das ein absoluter Glücksfall. Gerade eben bin ich zufällig auf einen Schreibteufelchen-Eintrag von 2010 gestoßen, in dem du mir wieder mal Mut gemacht hast, Neues zu probieren. Und wie ich sehe, bist du gerade wieder in dieser Phase. Schön, dass du es teilst und an andere weitergibst!

    Herzlichst
    Christa

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    1. Liebe Christa,
      ich beobachte dein Schaffen auch immer mit Vergnügen, wie du manchmal jonglierst, dann findest, dann überzeugt bist. Es geht uns insofern ja allen ähnlich, warum soll man sich dann nicht auch gegenseitig Mut machen!
      Ich kann ja Bücher nur schreiben, wenn ich "gebissen" bin, wie man hier in Frankreich sagt (je suis mordue), wenn einen etwas völlig packt und in Enthusiasmus versetzt. Nur der Zustand BIS zum Biss ist ein unterschiedlicher.

      In meinem Fall: Ich wollte ja eigentlich nie wieder Romane schreiben, weil der Verlag mich damals in eine völlig falsche Schublade hinein vermarktete, die sich gar nicht gut anfühlte. Aber das Self Publishing der gleichen Romane in meiner Wunsch"schublade" hat mir dann gezeigt: Hey, es waren nicht die Romane, sondern die Schublade - ich hatte recht gehabt! Und da ist das Echo der Fans, gerade beim "Lavendelblues", inzwischen so schön, dass ich die nicht ohne weiteren Lesestoff dasitzen lassen möchte. :-) Obwohl es jetzt anders werden wird. Und dann doch auch wieder nicht. Ich habe mich dabei ertappt, dass meine Figuren schon wieder miteinander essen und das Leben genießen ... Und meine kleine europäische Welt kann ich jetzt endlich ausleben mit meinen drei Hobbyermittlern aus drei Nationen, ohne dass mir eine Lektorin reinpfeift: "Wir kaufen aber nur Regio!" Meine "Regio" ist nämlich erstunken und erlogen, das Rosenried ist so real wie das Midsomer von Inspector Barnaby.

      Genau das hat das Liebesgefühl beflügelt: Weil ich auf nichts und niemanden mehr Rücksicht nehme, was gerade hip oder verkäuflich sein könnte, sondern nur meine Figuren und die Geschichte entscheiden lasse.
      Neu ist es für mich insofern, als ich Learning by Doing erst merke, wie vertrackt komplex es ist, Rätsel zu konstruieren, Leser auf falsche Fährten zu locken und dabei auch immer die psychologische Entwicklung der Menschen und deren Beziehungsgeflecht in Augen zu haben. Da fühle ich mich noch wie eine Dompteuse im Flohzirkus. Aber zum Glück habe ich noch nicht zum Flohspray greifen müssen!

      Herzlichst, Petra

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  4. Liebe Petra,

    letztendlich hat dein Mutmachen und das von anderen dazu geführt, dass ich das Schubladenproblem meiner Romane ebenfalls erkannt und mich jetzt schon drei Mal auf das Abenteuer Self Publishing eingelassen habe. Einerseits habe ich wie du die Erfahrung gemacht, dass man dabei keine Schubladen mehr bedienen muss. Andererseits aber auch, dass Bücher von Kleinverlagen, die in der Versenkung verchwunden waren wie das "Teufelswerk", verbreitet und gelesen werden, auch noch jetzt nach mehr als einem Jahr! Und wenn ein Buch mal hängt, kann es von anderen mitgezogen und refinanziert werden.

    Ich finde deinen Werdegang wirklich beispielhaft. Und der Flohzirkus
    ist eine Herausforderung, die der Autor, die Autorin selbst vorbereitet und meistert, nicht ein Agent oder ein Verlag, der meint, da müsse jetzt aber auf den ersten Seiten schon der erste Mord geschehen, und überhaupt wären es zu wenig Morde, und es fließe zu wenig Blut. Ja, die Figuren und die Geschichte entscheiden lassen, das ist das Wesentliche, und man selbst ist dabei der Regisseur.

    Herzlichst
    Christa

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    1. Liebe Christa,
      der Witz ist ja mittlerweile, dass die Großverlage dann den besonders erfolgreichen Selfpublishern hinterherrennen und mit Verträgen wedeln, weil sie sich so risikolos ins gemachte Nest setzen können ;-) Die Autoren haben bis dahin ihren eigenen Kopf hingehalten und zur Marke gemacht. Es gibt dieses Entweder-Oder längst nicht mehr.

      Nun muss ich sagen, dass auch die völlige Freiheit einen natürlich nicht davon abhält, aufs "Außen" zu achten. Natürlich schreibe ich nur die Bücher, die meinem Talent und meinen Interessen entsprechen, aber ich habe auch immer ein Ohr an Zeitthemen und Publikumsfreuden. Allerdings schaue ich nicht nur auf Bücher - im Film kündigt sich viel früher an, was Menschen bewegt. Ich bin damals mit den "gemütlichen" Krimis gescheitert, weil selbst "Inspector Barnaby" für Programmchefs nur eine "komische neue Serie" war, die "sicher floppen" würde. Heute ist sie das perfekte Einschlafprogramm, so oft und gern wird sie weltweit wiederholt. Und spätestens seit dem Erfolg von "Sherlock" ist die Serienmördersuppe Schnee von gestern. (Ich gäb übrigens was drum, wenn ich auch nur halb so spritzige Dialoge schreiben könnte, hach ...).
      So etwas bestärkt mich, auf den Buchmarkt schaue ich dabei bewusst nicht.
      Herzlichst,
      Petra

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