Leseprobe: French Lover
Pünktlich zur Mittagszeit serviere ich hier einmal "Weekend Parisienne". So heißt das Kapitel aus meinem Roman "Alptraum mit Plüschbär", in dem die lebenshungrige Karen an einen sehr besonderen französischen Lover gerät. Welche Frau träumt nicht von l'amour in Paris?
Zeitgleich zum Abenteuer mit Fernand gibt's bis zum Ende des Monats die Foto-Mitmachaktion auf Facebook - wir zerren sie an die Öffentlichkeit! Nein, nicht die Männer, die Plüschbären!
Leseprobe aus Petra van Cronenburg: Alptraum mit Plüschbär, Roman, edition maeve (alle Rechte vorbehalten):
Lust bekommen? Den Roman, der im Print ursprünglich als "Strechapfel und Belladonna" bei Lübbe erschienen ist, kann man HIER sofort als Kindle downloaden. Weil alle meine E-Books DRMfrei sind, lassen sie sich bequem ins epub umwandeln. Eigene Epubs sollen ab 2013 folgen.
Zur Facebook-Aktion "Alptraum mit Plüschbär".
Zeitgleich zum Abenteuer mit Fernand gibt's bis zum Ende des Monats die Foto-Mitmachaktion auf Facebook - wir zerren sie an die Öffentlichkeit! Nein, nicht die Männer, die Plüschbären!
Leseprobe aus Petra van Cronenburg: Alptraum mit Plüschbär, Roman, edition maeve (alle Rechte vorbehalten):
"Jetzt würde alles anders. Ich bin zum zweiten Mal in meinem Leben in Paris, verliebt in Fernand, den Großstädter, der längst als Insider gilt. Paris mit einem Franzosen, lebensprall, abseits von Touristenpfaden! Im Fernzug von Nancy fahre ich meiner Vergangenheit davon und verlasse die frustrierte einsame Frau, in deren Rolle ich mich geaalt hatte. Wieder habe ich nur ein Wochenende Zeit, aber die inneren Bilder dieser Metropole verlangen danach, genießerisch und spontan gepflückt zu werden. Ich träume davon, mit dem antiquitätenbegeisterten Fernand über die Flohmärkte zu streifen, mich im Soukh ins Wüstenblau der Tuareg zu hüllen und meine Nase die Gewürzstraße entlang wandern zu lassen. Dazu ein wenig Fassadenschau, kleine Fluchten in die Vergangenheit und das Prickeln von Kunst, die zeitlos Generationen betört. Bistros und kleine Restaurants würden die Oasen sein im Rausch meiner Begeisterung für diese Stadt und diesen Mann.
Nach fünfstündiger Reise und Klimaanlagenmigräne endlich das trunken machende Wiedersehen mit Fernand. Meine Furcht ist unbegründet, sein Blick und seine Haut wärmen vertraut.
Er lacht mich an und fragt: „Du trägst einen Hut?!“
Obwohl er mein Gepäck schleppt, rennt er so schnell auf die Straße, dass mir das elegante Stück im Novemberwind fast vom Kopf fliegt. Wir müssen weiter zur Gare du Nord, wo sein Dentallabor liegt. Ich sehe gerne, womit sich die Männer beschäftigen, in die ich verliebt bin. Es gibt mir einen Eindruck von ihren Interessen und weitet meinen Horizont. Ich lerne von jedem, und die Erinnerung an verflossene Liebhaber hangelt sich an deren Hobbys und Berufen entlang.
Von Wolfgang, dem Bauernsohn, hatte ich Kühe melken gelernt, Gert brachte mir knifflige Geduldsspiele bei, und Harry zeigte mir, wie man Cocktails zum Umfallen mixt. Seit Peter weiß ich, wie ein Sammler Münzen behandelt – nämlich liebevoller als er mich. Ich habe durch Männer gelernt, Gedichte in fremden Sprachen zu schreiben, Kochlöffel auf einen extra Teller zu legen, die Pizzabestellung am Telefon effektiver zu formulieren und Wein so geräuschvoll zu probieren, als wollte ich ihn gleich dem Kellermeister entgegenspucken.
Ob vielleicht das Fehlen dieser völlig überraschenden Bereicherungen eine lange Ehe zermürbt? Fernand versprach unerschöpfliche Vorräte an Lernstoff, der Mann konnte Möbel abschleifen und las Frauenzeitschriften, er beherrschte das nahtlose Schalten vom zweiten in den vierten Gang und übte, Weinsorten zu unterscheiden. Die Hauptsache würde ich jetzt besichtigen – den Ort, wo er modellierte, feilte und anpasste, dieser Künstler der Zahnskulpturen.
Nach fünf Stunden in einem klebrigen Zug hält sich die Begeisterung jedoch in Grenzen. Der Rundgang im Labor ist schnell gemacht, weil ich mich auf Ahs und Ohs beschränke, nach einem Stuhl fahnde und die Zunge vor lauter Durst ohnehin nicht mehr vom Gaumen lösen kann. Die Reise war anstrengend, aber ich sehe anscheinend nicht müde genug aus. Fernand zeigt mir seine Dessousfotosammlung auf einem Computer, dessen Desktop gefüllt ist wie das Dosenregal eines Atombunkers. Als ich beim zehnten Po in Schwarz-Weiß endlich bestätige, dass Frauenhaut ohne Farbe besser kommt, darf ich noch ein neckisches Spielchen begutachten, mit dem man den Desktop auf unterschiedlich gewalttätige Arten zerschlagen kann.
„Und wo ist der Mülleimer?“, frage ich. Er staunt mich mit kullerrunden braunen Jungsaugen an. „Na, für die Scherben“, sage ich.
Ich beobachte ihn. Wann würde er merken, dass mir nach etwas Abschalten und irgendeiner Flüssigkeit zumute ist? Nein, ich muss noch einen Bildschirmschoner mit Dessous-Animationen bestaunen. Wie in Sankt Pauli öffnen sich Fenster mit Körperteilen, von Frankreichs Luxusfirma Nummer eins eingehüllt. Sie werfen Kleine im Zeitraffer, spuckten immer neue Klone aus. Der Wert der Spitzen nach zwei Minuten Stand-by beläuft sich auf den Neuwert des Computers. Mir ist nach Männerhaut zumute. Nackt, unverhüllt, ohne Sponsoring. Einer würde fürs Erste reichen.
Die Reisemigräne wirbelt Halluzinationen auf den Bildschirm. Swimming-pools, mit prickelndem Champagner gefüllt ... Fernand in Geschenkpapier ... Dessous in Seidenpapier ... Auf einmal das Bild des Metzgersohnes, der mich vor Jahren nach einem Unfall mit einem Reh heimgefahren hatte und als Lohn den kapitalen Rehbock zum Vater bringen durfte. Und ich bibberte, weil der brave Familienvater die Garage mit Pin-up Girls gepflastert hatte und sein Jagdmesser immer griffbereit im Auto lag ... Der Bildschirm gaukelt mir einen Rehbock vor, der in Seidenpapier saftet ... Pin-up Girls, die in kalter Coca-Cola baden ... Fernand mit einem Espresso ...
Ich halluziniere. Fernands Kaffeemaschine sieht aus, als würde sie zum Gipsanmischen gebraucht. Ich wage, in Frage zu stellen, ob aus dem Wasserhahn wirklich H2O kommt.
Fernand strahlt mich an, ohne Seidenpapier, ohne Jagdmesser, ohne Kaffeetasse. „Jetzt hören wir aber Musik und schauen den Rest an“, schmeichelt er.
Aufatmen. Wir gehen offensichtlich zum gemütlichen Teil des Abends über. Er würde mir etwas anbieten. Er würde sehen, dass mir inzwischen schwindelte und ich mich an jeder einigermaßen freien Kante festhalten muss. „Jaaaa“, stöhne ich erwartungsvoll, „so ein Kaffee ...“
Er unterbricht mich mit einem Detail seiner discotauglichen Stereoanlage, das mir so wichtig ist wie eine Serviette auf der Espressotasse. Junge, ich brauche was zu trinken, sonst klappe ich hier zusammen! Frisch verliebte Frauen jeden Alters sind unmündig, sie sprechen nicht aus, was sie brauchen. Ich weiß nicht genau, als was er meinen schmachtenden Blick interpretiert, er tanzt jedenfalls mit mir Richtung Ausgang. Ich wusste es doch, auf Franzosen ist in Sachen Verführung und Wunsch-von-den-Augen-Ablesen Verlass!
Wir würden in ein schnuckeliges Pariser Café oder Bistro gehen. Vielleicht an der Markthalle Saint-Quentin mit ihrer altmodischen Metallkonstruktion. Oder noch ein wenig weiter Richtung Gare de l’Est, wo ich ankam und wo einst die Elsässer Emigranten über Literatur und Besatzung diskutierten. Dort würde es heimelig nach Choucroute duften, denn die Aperitifzeit war längst vorbei. Vielleicht könnte ich ja schnell einen Zwiebelkuchen oder eine Quiche gegen den ersten Hunger bestellen. Es ist acht, und ich hatte das letzte Mal zum Frühstück etwas gegessen, war um die Mittagszeit abgereist.
Ich habe mich getäuscht. Mein Kavalier rückt den Schmutzteppich beiseite und zeigt auf eine Klappe, wie sie in alten Schwarz-Weiß-Krimis und Theatern benutzt wird, um Menschen verschwinden zu lassen.
„Willste mal den Keller sehen?“, fragt er mit einem vielversprechenden Blick. Vielleicht hat er dort seine Briefmarkensammlung? Vielleicht geht es durch den Keller in die Katakomben von Paris? Ich bin Abenteuern in unterirdischen Gängen schon in meiner Kindheit nicht abgeneigt gewesen, immer in der Hoffnung auf einen verborgenen Schatz im Kohlenkeller. Ich fasse mir an die Stirn: Er wird seine kühlen Getränke unten aufbewahren, was sonst! Ich werde auf einmal ganz eifrig und finde es aufreizend, dämliche Sachen auf der Suche nach einer Tasse Kaffee zu unternehmen. Die steile, geländerlose Leitertreppe wage ich nur, weil ich rosarot verliebt bin und keinem Liebhaber der Welt verrate, wie mir die Knie beim Blick in den Abgrund zittern.
Unten bringen nur die dicken Mauern einen Hauch von Romantik und altem Paris. Eine öffnet sich zu einer dunklen Röhre, die schräg nach oben zu einer Luke auf das Trottoir führt; man sieht Stöckelschuhe, Latschen und Pumps, seidenbestrumpfte Knöchel, Hosensäume. Der Rest des winzigen Kellerraums ist eine eigens für die Oberfinanzdirektion erstellte Werbung von Ikea. Billy für Buchhalter. Ich finde die geschwollenen Füße draußen interessanter. Ob der Typ mit dem angerissenen Hosenband am Saum auf dem Weg ins Bistro ist?
Plötzlich steht Fernand hinter mir, deutet auf den Betonboden und meint: „Ich frag mich immer, was das ist ... Schau mal.“
Ein Fleck. Feucht.
Er sagt: „Ein Fleck, feucht. Der ist immer da, manchmal trocknet er und kommt wieder.“
Während ich mich schnüffelnd nach unten beuge, nimmt er mich, drückt sich von hinten an mich. Er fingert mein Nichts von Dessous unterm Rock weg, ohne es betrachten zu können, und dringt in mich ein.
Normalerweise könnte mich das ja wild machen. Aber die Reisemigräne meldet sich wieder mit Hitchcock-Sequenzen von vergrabenen Leichen, die so lange den Keller voll bluten, bis es einer sieht. Ich sollte nicht mit offenem Mund hecheln, das dörrt mich noch mehr aus. Ich habe das Gefühl, aus der Röhre nach einem Kellner schreien zu müssen: Kaffee!!! Irgendwie könnte es schön sein, aber mir ist zu schwindlig, und der Arme müht sich so ab mit dieser von Kopf bis Fuß verdorrenden Frau! Kurz bevor ich ins Koma falle, kommt er.
„Hundepisse!“, sage ich.
„Hä?“, tönt es hinter meinem Rücken.
Wir wurschteln beide an unserer Kleidung, der Keller ist verdammt feucht und kalt.
„Na, Hundepisse! Riech doch mal!“
Weil aber der Mensch bekanntlich an einer Fehlverbindung zwischen Sex und Denken leidet, deute ich erklärend auf die Röhre, diesen leeren Ärmel zwischen uns und dem Trottoir. Wie auf Kommando taucht ein Rehpinscher draußen auf und balanciert auf drei Streichholzbeinchen. Was er hinterlässt, dürfte allein nicht ausreichen, um die fast zwei Meter bis auf den Kellerboden zu rinnen. Erst verdünnt mit den Hinterlassenschaften der Rivalen würde der Fleck erhalten bleiben. Paris ist voller Hunde, kleingezüchtet für den kleinsten Käfig von Appartement, aber zahlreich wie die Ratten in den Katakomben.
Fernands Aufnahmefähigkeit kommt in die Gänge. „Wie war ich?“, fragt er in strahlender Erwartung.
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