Under Cover
In Litauen wurden meine beiden Romane als Hardcover herausgegeben und es fiel ein Mensch am Fallschirm in den "Lavendelblues". Ich fand das sehr liebevoll und aufmerksam, denn im Roman spielt ein sehr besonderes Stück Fallschirmseide eine Rolle. Da hatten die Macher also tatsächlich auch das Buch gelesen. Faszinierend sind für mich immer wieder die kulturellen Unterschiede in Covervorlieben. Was in Litauen an der Gestaltung gelobt wurde, hätte auf dem deutschen Buchmarkt wahrscheinlich wenig Chancen:
Damit stand ich nun da vor der Herausgabe als E-Book. Ich konnte mir - da aufgrund des noch zu kleinen E-Book-Marktes unwirtschaftlich - keine professionelle Grafikerin leisten. Ich konnte mir auch kein teures Bild von Getty Images kaufen (davon stammen die Fotos der Lübbe-Cover). Was tun? Ich sichtete bestimmt tausende Fotos, die zuerst mit Lavendel und dann mit Südfrankreich zu tun hatten, in Billigdatenbanken. Selten habe ich so viele schlechte Fotos anschauen müssen. Und dann fiel mir spontan ein außergewöhnliches Motiv von Tim Caspary bei pixelio.de auf (das machte schließlich auch das Rennen).
Absolut schrottig war jedoch die Möchtegerngrafikerin! Ich beging den Fehler aller betriebsblinden Autoren, die keinen blassen Schimmer haben. Im Buch schrieb eine Freundin ständig Postkarten. Also müsste doch eine Postkarte aufs Cover? Das Bastelergebnis ist so schauderhaft, dass ich es als abschreckendes Beispiel vorführen möchte. Dieses Cover sagt potentiellen Käufern: "Achtung. Wenn das Cover schon aussieht, wie auf eine Serviette gerotzt, dann kann das Buch auch nicht viel taugen."
Neuer Anlauf. Vielleicht wäre es ganz praktisch, in die Richtung des Print-Covers zu arbeiten? Von wegen Wiedererkennungseffekt? Mir selbst kam mein Entwurf vor wie ein französisches Schulheft. So sehen typische Self Publishing Cover aus oder Cover von Dienstleistern, die mit drei Templates arbeiten. Zum Glück habe ich das Ding zum Verriss ins Blog gestellt und bin von sämtlichen Fachleuten und Laien auch richtig verrissen worden. Drum merke: Auch wenn die Autorin selbstverliebt Lavendelblau zum Lavendelblues für unumgänglich hält, ein gutes Cover muss keine Titel illustrieren oder Geschichten nacherzählen! Ein gutes Cover muss ein Hingreifer sein, eine Stimmung und den Stil des Buchs emotional vermitteln. Und natürlich auch irgendwie auf dem Buchmarkt "gehen" und sich innerhalb von Konkurrenztiteln behaupten können.
Ich probierte es weiter mit vielen unterschiedlichen Fotos. Und merkte schnell: Die ewigen Lavendelfelder waren schrecklich konventionell, langweilig, leblos. Vor allem aber handelt es sich bei Lavendelfelder-Büchern recht häufig um Chick Lit (deutsch: "Freche-Frauen-Bücher"). In der Schublade wollte ich natürlich keinesfalls landen! Hier einer der Versuche der Marke "Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich ein Reiseführer oder ein Selbsthilfebuch sein will". Wäre das nicht schön als das typische BoD-Buch? ;-)
Das Motiv vom Anfang ließ mich einfach nicht los, weil es genau ausstrahlt, was ich brauchte. Aber wie zum Teufel klatscht man auf ein derart unruhiges und buntes Bild auch noch Namen und Titel, wenn man ein Möchtegern ist? Dieser Versuch ist aus zwei Gründen grausig: Die Gesamtkomposition ist so gelungen wie Erbsbrei, der am Kochtopf hängt. Und weiße Hintergründe sind für die Darstellung in den Shops einfach tödlich, wenn man keinen Rahmen bastelt. Ach ja, die Farbstimmung verursachte mir dann selbst fast Migräne ...
Viele Versuche später kam dann das endgültige Cover heraus. Ich sehe zwar auch dort, was verbesserungsfähig wäre, aber ich kann damit sehr gut leben, weil es mich nur sehr viele Arbeitsstunden in fröhlicher Selbstausbeutung gekostet hat. Ich würde sagen: Belebt den E-Book-Markt, ladet, was das Zeug hält, damit die Verkäufe eines Tages so fett fließen, dass ich vom Honorar meine Wunschgrafikerin beschäftigen kann. Oder mir wenigstens einen professionellen Schriftschnitt leiste ...
Von der Profigrafik eines Verlags und edlen Fotos von Getty-Images bin ich also tief gesunken. Aber von der leicht bekleideten breitbeinigen Blondine bis zum südfranzösischen Restaurant (das auch noch im Buch vorkommt) war's doch irgendwie ein Aufwind, der mich Jahre nach dem unseligen Kampf ums Cover sehr befriedigt. Noch mehr befriedigt mich, dass mein eigenes Gefühl für mein Zielpublikum mich nicht getrogen hat und ich mich nach sechs Jahren endlich aus einer Romanschublade befreien kann, in die ich nie hineingehörte.
Damit ist vielleicht eine meiner schlimmsten Schreibblockaden überwunden. Ich gebe es ungern zu, aber die damalige Vermarktungsschiene hatte mich belletristisch völlig gelähmt. Bis vor einem Jahr bin ich nicht bereit gewesen, meine alten Romane neu aufzulegen. Nun soll der Roman "Stechapfel und Belladonna" bald als Kindle folgen. Denn jetzt habe ich endlich auch die Freiheit, dem Buch einen passenderen Titel zu geben. Und falls ich doch mal wieder belletristisch unterwegs sein sollte, werde ich meine Schubladen von vornherein selbst bestimmen. So lustig-lächerlich die Eigenbastelei sein mag, sie stärkt doch den Blick für das Werk, das man da eigentlich verbrochen hat. Und das gibt in Sachen Pitching Selbstsicherheit bei der nächsten Bewerbung.
Update: Die Sommerlaune des "Lavendelblues" kann man sich inzwischen in Sekundenschnelle auf den Kindle holen, mit App auf anderen Geräten lesen oder via Calibre auf den epub-Reader transferieren - und ganz frisch erschienen ist mein anderer Roman "Alptraum mit Plüschbär". Auf den gewünschten Titel klicken, herunterladen, sich vergnügen!
Liebe Petra,
AntwortenLöschenich muss gestehen, mir gefällt gerade die litauische Version besonders gut. Erstaunlich.
Auf der Homepage der bekannten Biss-Autorin kann man sich etliche Cover ihrer Romane aus aller Welt ansehen. Sehr spannend wie unterschiedlich allein der Geschmack in Europa ausfällt. Insgesamt fand ich die deutschen Entwürfe eher spießig-langweilig. Etwas mehr Mut täte gut. Aber da wir Deutschen sehr auf unser Niveau bedacht sind, wird es damit wohl nichts.;)
Liebe Grüße
Nikola
Hui, spannend! Was ja hier noch dazu kommt, und ich bin da noch unsicher ob der genaueren Konsequenzen und ihrer Umsetzung: Du gestaltest ja hier ein Cover für zwei teils verschiedene Nutzungen und für eine dritte definitiv nicht. Die Grafik wird (in diesem Fall) (sehr wahrscheinlich) nie einen Umschlag zieren, das man in die Hand nimmt. Es wird einmal für die Internetseiten(!) des eBookhandels (hier Amazon) entwickelt und zum zweiten für einen Graustufenmonitor.
AntwortenLöschenUnd ja, man kann Kindlebücher auch auf dem PC und mittels Apps auf Tablets etc lesen, aber ich denke, dieser Teil ist noch der kleinere.
Daraus könnten sich teilweise andere Lösungsansätze und Gestaltungseckpunkte ergeben als für ein Papierbuchcover.
Zum Beispiel höhere Kontraste der Elemente für besagten, immer etwas kontrastschächere eInk-Displays... und größere Schriften für immer zu kleine Monitore mit kleinen Buchvorschaubildchen der Webseiten etc.
Ein spannendes Feld!
@Nikola,
AntwortenLöschendas litauische Buch ist auch innen ganz süß aufgemacht, aber hierzulande wäre schon der altertümliche "Aufkleber" für den Titel unmöglich.
@Chräcker
Stimmt! Das Cover habe ich ganz speziell für Reader und Shops entwickelt. Also gerade in Graustufen getestet und als Minibriefmarke. Dadurch kommt z.B. die etwas unschöne Farbkombination bei der Schrift zustande. Der Autorenname war zunächst maisgelb wie das kleine Rechteck unten. Das war aber weder auf E-Ink noch in Verkleinerung zu lesen.
Im Print würde ich das Bild genauso verwenden, aber Name und Titel anders gestalten.
Herzlichen Glückwunsch zum Lavendelblues; das Cover ist ganz großartig, weit besser als das alte.
AntwortenLöschen"das litauische Buch ist auch innen ganz süß aufgemacht, aber hierzulande wäre schon der altertümliche "Aufkleber" für den Titel unmöglich."
Hihi, das finden Verlagsmenschen und Designer hierzulande offenbar nicht - schau dir mal die (potthäßlichen) neuen Reclams an (ganz runterscrollen):
http://www.boersenblatt.net/519235/
Also mir gefällt Bild 5 am besten. Das eingerahmte Bild zusammen mit der Lavendelfarbe finde ich ganz edel. Aber die vielen Überlegungen, die Du angestellt hast, um das richtige Cover zu finden, würden mich ganz verrückt machen. Danke für den interessanten Einblick.
AntwortenLöschenHenny
Uaaaaah, die legendären, zeitlosen, irre sammeltollen Reclams ... Jetzt sehen die Titelseiten aus wie mein etikettierter Braten in der Kühltruhe, wobei mir leider diese 1970ies mülleimerorangefarbenen Plastiktüten fehlen. Und hinten hat er eigentlich nur nachgemacht, was wir damals mit den Heftchen anstellten: Wir haben sie bekritzelt. Nur, wo zur Hölle kritzeln die Schüler jetzt hin?
AntwortenLöschenIn solchen Momenten freue ich mich dann schon, ein paar hundert Euro für Verschlimmbesserungen gespart zu haben. ;-)
Also das zweite Bild find ich wirklich toll gelungen, ich kenne das Buch zwar nicht, finde aber, dass das Cover perfekt die Kombi Lavendel und Blues ausstrahlt. Schade, dass du das nicht weiter verwenden konntest, aber mit der jetzigen Gestaltung ist auf alle Fälle auch ene schöne (und die beste) Alternative entstanden.
AntwortenLöschenStreetread.wordpress.com
Merci fürs Feedback! Das Schöne am zweiten, eigentlichen Cover war auch die Haptik. Das Cover selbst schmeichelmatt und das Foto auf Hochglanz gedruckt. Solche Schönheiten entgehen einem leider beim E-Book ...
AntwortenLöschenLiebe Petra,
AntwortenLöschenich finde das zweite und das letzte Cover auch am schönsten.
Übrigens ist die Mail an dich wieder zurückgekommen, ich probiere es morgen noch einmal.
Herzlichst
Christa
Liebe Christa,
AntwortenLöschenwelche Fehlermeldung gab der Mailer Demon? Richtig getippt? gmx.net und NICHT gmx.de? Ich will sie hier nicht nennen, weil ich sonst gleich in sämtlichen Spamlisten auftauche...
Herzlichst, Petra
Tatsächlich, unter "gesendeten Objekten" habe ich den Fehler gefunden-"de" statt "net"!
AntwortenLöschenHab sie grad weggeschickt.
Herzlichst
Christa
Ich finde diese Positionierungsprobleme höchst interessant. Neulich lass ich einen Serienmörder-Roman, in dem einfach kein Serienmord vorkam, statt dessen war das ein prima spannendes Krimi-Drama in der deutsch-türkischen Szene in Berlin. Auf Seite x00 kam dann der erste Mord, ... ich vermute, der Verlag hat den guten (!) Autor genötigt, sein Buch in diese Richtung zu drehen. Ich finde das ganz schlimm. Wogegen ich nichts habe, ist "Schreib mir mal einen Slasher, der in Berlin spielt, und wo die Ermittlerin eine Frau ist und...", aber das nachträgliche Drehen macht das Buch, den Autor, das Vertrauen des Lesers mürbe.
AntwortenLöschen