Vorauseilender Gehorsam
Schriftsteller ... es gab einmal Zeiten, da stand diese Spezies für gesellschaftliche Verantwortung und politische Wachheit. In Ländern, in denen dafür Repressalien drohen, in denen keine Demokratie herrscht, schreiben Schriftstellerinnen und Schriftsteller mutig gegen das System und gegen Zensur an - nicht selten unter Lebensgefahr. Weltweit werden immer wieder Buchautoren bedroht, verfolgt, getötet.
In was für einer weichen, wohligen Welt leben wir dagegen! Wir können alles aussprechen, alles schreiben. Vor allem in der großen Nation der Meinungs- und Pressefreiheit: Amerika. Halt. Stop. Da war doch was!
Der Überwachungsstaat im Staate - die NSA. Deren Arbeit womöglich längst aus dem Ruder läuft, an der Regierung vorbei. Wäre es jetzt nicht an der Zeit, dass gerade die Intellektuellen aufstehen, um gegen die Verletzung von Menschenrechten und demokratischen Grundprinzipien anschreiben? Wer würde mehr gehört als unsere Lieblingsschriftsteller? Aber tun sie es denn? Oder stecken sie nur den Kopf in den Sand?
Der amerikanische PEN-Club hat nun eine Studie vorgelegt. "Chilling Effects" (Download pdf) ist nach einer Befragung von SchriftstellerInnen in den USA entstanden, ob die Aufdeckung der NSA-Affäre eine Wirkung auf ihr Verhalten und Schreiben habe.
Dass ziemlich viele Schriftsteller seither die ganz großen Datensammelanlagen wie Facebook & Co. meiden, kann man durchaus verstehen - es gab Boykottaufrufe, um politischen Protest zu artikulieren, weltweit entstehen schon "Schulungspartys", wie man sich möglichst anonym und verschlüsselt im Netz bewegt. Das mag gleichwohl naiv sein, weil ja schlichtweg alles abgehört und gespeichtert wird, auch das private Telefonat. Am anderen Ende der Skala liegt die Theorie, man müsse jene Kanäle nun erst recht mit Datensammlungen kosmischen Ausmaßes zumüllen. Ein Künstler praktizierte es schon vor Snowdens Enthüllungen: Er setzt sein Leben komplett ins Internet, bis in intimste Einzelheiten.
Was wirklich erschreckt, ist die hohe Anzahl derer, die nun plötzlich ihr Rechercheverhalten ändern, bestimmte Themen auch beim Schreiben ausklammern, bestimmte Websites nicht mehr aufsuchen.
Aber ist das alles wirklich nur der NSA geschuldet? Haben wir nicht auch seit Jahren schon eine Art Duckmäusertum und vorauseilenden Gehorsam, bequeme Themen und vor allem Trends lieber zu bearbeiten ... weil die Verlage dann freudiger einkaufen könnten, weil unbequeme und sperrige Themen öfter Absagen bekommen? Einfach ist die Sache nicht, die Studie äußerst komplex, denn sie zeigt auch, dass Schriftsteller versuchen, sich auf technischer Ebene gezielt zu schützen. Was so verkehrt nicht sein kann. Bleibt die Frage, wie wir es denn nun halten wollen mit dem eigenen Rückgrat.
Download der Studie
Ilja Trojanow in der taz zur Studie
In was für einer weichen, wohligen Welt leben wir dagegen! Wir können alles aussprechen, alles schreiben. Vor allem in der großen Nation der Meinungs- und Pressefreiheit: Amerika. Halt. Stop. Da war doch was!
Der Überwachungsstaat im Staate - die NSA. Deren Arbeit womöglich längst aus dem Ruder läuft, an der Regierung vorbei. Wäre es jetzt nicht an der Zeit, dass gerade die Intellektuellen aufstehen, um gegen die Verletzung von Menschenrechten und demokratischen Grundprinzipien anschreiben? Wer würde mehr gehört als unsere Lieblingsschriftsteller? Aber tun sie es denn? Oder stecken sie nur den Kopf in den Sand?
Der amerikanische PEN-Club hat nun eine Studie vorgelegt. "Chilling Effects" (Download pdf) ist nach einer Befragung von SchriftstellerInnen in den USA entstanden, ob die Aufdeckung der NSA-Affäre eine Wirkung auf ihr Verhalten und Schreiben habe.
Dass ziemlich viele Schriftsteller seither die ganz großen Datensammelanlagen wie Facebook & Co. meiden, kann man durchaus verstehen - es gab Boykottaufrufe, um politischen Protest zu artikulieren, weltweit entstehen schon "Schulungspartys", wie man sich möglichst anonym und verschlüsselt im Netz bewegt. Das mag gleichwohl naiv sein, weil ja schlichtweg alles abgehört und gespeichtert wird, auch das private Telefonat. Am anderen Ende der Skala liegt die Theorie, man müsse jene Kanäle nun erst recht mit Datensammlungen kosmischen Ausmaßes zumüllen. Ein Künstler praktizierte es schon vor Snowdens Enthüllungen: Er setzt sein Leben komplett ins Internet, bis in intimste Einzelheiten.
Was wirklich erschreckt, ist die hohe Anzahl derer, die nun plötzlich ihr Rechercheverhalten ändern, bestimmte Themen auch beim Schreiben ausklammern, bestimmte Websites nicht mehr aufsuchen.
Aber ist das alles wirklich nur der NSA geschuldet? Haben wir nicht auch seit Jahren schon eine Art Duckmäusertum und vorauseilenden Gehorsam, bequeme Themen und vor allem Trends lieber zu bearbeiten ... weil die Verlage dann freudiger einkaufen könnten, weil unbequeme und sperrige Themen öfter Absagen bekommen? Einfach ist die Sache nicht, die Studie äußerst komplex, denn sie zeigt auch, dass Schriftsteller versuchen, sich auf technischer Ebene gezielt zu schützen. Was so verkehrt nicht sein kann. Bleibt die Frage, wie wir es denn nun halten wollen mit dem eigenen Rückgrat.
Download der Studie
Ilja Trojanow in der taz zur Studie
Keine Kommentare:
Deine Sicherheit:
Mit restriktiven Browsereinstellungen kannst du nur als "Anonym" und mit "Namen / URL" kommentieren. Möchtest du dein Google-Profil verwenden, musst du aktiv im Browser unter "Cookies von Drittanbietern" diejenigen zulassen, die nicht zur Aktivitätenverfolgung benutzt werden. Nur so kann das System dein Profil nach Einloggen erkennen.
Mit der Nutzung dieses Formulars erkläre ich mich mit der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten durch Google einverstanden (Infos Datenschutz oben im Menu).
(Du kannst selbstverständlich anonym kommentieren, dann aber aus technischen Gründen kein Kommentarabo per Mail bekommen!)
Spam und gegen die Netiquette verstoßende Beiträge werden nicht freigeschaltet.
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.