E-Book zwischen Zaudern und Zukunft (1)
Dieser zweiteilige Artikel ist kein repräsentativer Beitrag über den Zustand des E-Book-Marktes. Verlässliche Vergleichszahlen gibt es nämlich kaum, zumal der Gigant Amazon mit harten Verkaufszahlen regelmäßig mauert. In den Medien überwiegt allzu oft die Meinungsmache, da sagt der eine den anderen tot, es werden gigantische Ausreißer nach oben von der winzigen Elite der Erfolgreichen zitiert - oder es wird etwas kleingeredet, weil es noch kein Mainstream ist. Dazu kommt, dass man jede Statistik und jede Studie im eigenen Zusammenhang immer wieder anders lesen kann.
Die Universität Hamburg hat im Januar am Institut für Marketing und Medien eine Studie vorgelegt: "E-Books und E-Reader. Kauf und Nutzung". Auch sie ist interpretierbar, schon in Sachen Zielgruppe der buchaffinen Menschen. Man kann da über vieles streiten. Etwa über die Tatsache, dass sehr viel mehr gedruckte Bücher als E-Books ausgeliehen werden. Kein Wunder, wenn das Ausleihen noch nicht überall klappt und auch so schwer, ja mit DRM unmöglich ist. Sagt das wirklich etwas über E-Books aus? Die Studie fand im Oktober 2011 statt, hat den großen Run auf Reader im Weihnachtsgeschäft also nicht berücksichtigt. Sie kommt zum Schluss:
Wir haben also 23% der Befragten als E-Book-Leser gegen 77% der Befragten, die keine E-Books lesen (aber auch nicht zwingend gedruckte).
Von denen, die E-Books kauften, wurden im Schnitt knapp 57 Euro in sechs Monaten ausgegeben. Das ist bei durchschnittlich sechs eingekauften Büchern nicht viel und die Kurve in der Studie zeigt, dass die Ausgaben sogar kontinuierlich sinken. Der große Renner sind kostenlose Bücher. Wenn die Studie dann aber die Vorliebe für freie Formate betont und an erster Stelle pdf zeigt, dürfte klar werden, dass vielleicht gar nicht nur "richtige E-Books" gezählt wurden. Kostenlose pdfs lesen wir doch seit Jahren schon auf dem Computer - sind das aber immer auch richtige Bücher? Ist der E-Book-Markt also womöglich noch kleiner als vermutet? Rechnet man pdfs heraus, liegen mobi, epub und apps zumindest bei den zahlenden Käufern gleich auf, der Kindle verliert nur bei denen, die nichts für ihre Lektüre bezahlen. Wie ernst zu nehmen ist dieser Markt, wo man nur Bücher lesen, aber nicht bezahlen will? 34% der nicht zahlenden Leser beziehen ihre Leküre außerdem über sogenannte "Freunde", ob legal oder nicht ...
Hochinteressant ist die Shopnutzung der kaufenden Leserschicht. Amazon liegt mit 57% weit vorn, gefolgt von iTunes mit nur 27% und Thalia mit 18%. Die Online-Shops der Buchhandlungen schaffen immerhin mehr als Libreka, nämlich 6% gegen lächerliche 2%. Wer wirklich Geld mit E-Books machen möchte, ist auf die Giganten Amazon und Apple angewiesen.
Spannend ist die Verweigerungshaltung: Die meisten lesen keine E-Books, weil diese kein Produkt ersetzen, mit dem man unzufrieden wäre. Warum sollte man also zu einem anderen Produkt wechseln? Es ist also noch nicht gelungen, Vorteile von E-Books zu transportieren. An zweiter Stelle steht tatsächlich das Argument, dass man seine Bücher im Regal vorzeigen möchte, also das Buch als Statussymbol, das der Reader als Statussymbol nicht bei der gleichen Klientel ersetzen kann. Hier sind die Werte einfach zu unterschiedlich. Die meisten der Käufer stört aber der Preis - er ist ihnen schlichtweg zu hoch und der größte empfundene Nachteil am E-Book.
Und noch eine Nachricht ist schlimm: Leute, die heute keine E-Books lesen, planen auch in Zukunft so gut wie keine E-Book-Käufe. Für 77% der Befragten besteht für E-Books auch in naher Zukunft keine Kaufoption. "Haptik" und "Regalstellen" sind wesentliche Motive, so die Hamburger Studie. Allerdings gaben 11% der reinen Leser an, sich einen E-Reader kaufen zu wollen. Aber von denen, die kostenlose E-Books konsumieren, sind offensichtlich nur wenige bereit, dann auch Kaufware herunterzuladen. Es bleibt also zweifelhaft, ob man mit Verramschungspreisen und Verschenkangeboten wirklich Leser anfixt, die auch zu Käufern werden. Aber immerhin ein Trost: E-Book-Käufer lesen mehr und länger als Papierbuchkäufer!
Die Zusammenfassung der Hamburger Studie kann man hier bestellen. (Ich habe nur einen Ausschnitt daraus beleuchtet)
Foto PvC |
"14% der Befragten haben in den letzten sechs Monaten E-Books gekauft, im Durchschnitt 6 Stück."Das bedeutet: 86% haben keine gekauft. Haben sie drum aber auch keine gelesen? Leser (etwa von kostenlosen E-Books) gibt es weit mehr - da sind es dann insgesamt 22,9 % der Befragten! Übrigens haben nur 68% der Befragten fünf oder mehr gedruckte Bücher gekauft.
Wir haben also 23% der Befragten als E-Book-Leser gegen 77% der Befragten, die keine E-Books lesen (aber auch nicht zwingend gedruckte).
Von denen, die E-Books kauften, wurden im Schnitt knapp 57 Euro in sechs Monaten ausgegeben. Das ist bei durchschnittlich sechs eingekauften Büchern nicht viel und die Kurve in der Studie zeigt, dass die Ausgaben sogar kontinuierlich sinken. Der große Renner sind kostenlose Bücher. Wenn die Studie dann aber die Vorliebe für freie Formate betont und an erster Stelle pdf zeigt, dürfte klar werden, dass vielleicht gar nicht nur "richtige E-Books" gezählt wurden. Kostenlose pdfs lesen wir doch seit Jahren schon auf dem Computer - sind das aber immer auch richtige Bücher? Ist der E-Book-Markt also womöglich noch kleiner als vermutet? Rechnet man pdfs heraus, liegen mobi, epub und apps zumindest bei den zahlenden Käufern gleich auf, der Kindle verliert nur bei denen, die nichts für ihre Lektüre bezahlen. Wie ernst zu nehmen ist dieser Markt, wo man nur Bücher lesen, aber nicht bezahlen will? 34% der nicht zahlenden Leser beziehen ihre Leküre außerdem über sogenannte "Freunde", ob legal oder nicht ...
Hochinteressant ist die Shopnutzung der kaufenden Leserschicht. Amazon liegt mit 57% weit vorn, gefolgt von iTunes mit nur 27% und Thalia mit 18%. Die Online-Shops der Buchhandlungen schaffen immerhin mehr als Libreka, nämlich 6% gegen lächerliche 2%. Wer wirklich Geld mit E-Books machen möchte, ist auf die Giganten Amazon und Apple angewiesen.
Spannend ist die Verweigerungshaltung: Die meisten lesen keine E-Books, weil diese kein Produkt ersetzen, mit dem man unzufrieden wäre. Warum sollte man also zu einem anderen Produkt wechseln? Es ist also noch nicht gelungen, Vorteile von E-Books zu transportieren. An zweiter Stelle steht tatsächlich das Argument, dass man seine Bücher im Regal vorzeigen möchte, also das Buch als Statussymbol, das der Reader als Statussymbol nicht bei der gleichen Klientel ersetzen kann. Hier sind die Werte einfach zu unterschiedlich. Die meisten der Käufer stört aber der Preis - er ist ihnen schlichtweg zu hoch und der größte empfundene Nachteil am E-Book.
Und noch eine Nachricht ist schlimm: Leute, die heute keine E-Books lesen, planen auch in Zukunft so gut wie keine E-Book-Käufe. Für 77% der Befragten besteht für E-Books auch in naher Zukunft keine Kaufoption. "Haptik" und "Regalstellen" sind wesentliche Motive, so die Hamburger Studie. Allerdings gaben 11% der reinen Leser an, sich einen E-Reader kaufen zu wollen. Aber von denen, die kostenlose E-Books konsumieren, sind offensichtlich nur wenige bereit, dann auch Kaufware herunterzuladen. Es bleibt also zweifelhaft, ob man mit Verramschungspreisen und Verschenkangeboten wirklich Leser anfixt, die auch zu Käufern werden. Aber immerhin ein Trost: E-Book-Käufer lesen mehr und länger als Papierbuchkäufer!
Die Zusammenfassung der Hamburger Studie kann man hier bestellen. (Ich habe nur einen Ausschnitt daraus beleuchtet)
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