Der Verlust der Unschuld oder: Wann platzt die Blase?
Wie würde sich das völlige Abschalten der Social-Media-Zugänge auswirken? War ich darauf nicht wegen meiner Buchverkäufe angewiesen? Wie schnell würde man mich vergessen? Wie schnell meine Bücher?
Man liest ja viel darüber, wie man Zeit dehnen kann und wie man dann in die aufgesparte Zeit noch mehr Produktivität füllen könnte. Dieses "Du musst abschalten / umschalten / verlangsamen" ist inzwischen ebenfalls zum Geräuschteppich verkommen, mit dem sich hervorragend Geld scheffeln lässt, solange die Menschen nicht einfach selbst diesen Ausschaltknopf finden und betätigen.
Zwei Gespräche vor meiner Abreise gaben mir sehr viel mehr zu denken. Das eine war ein Kollege, der mit der These aufwartete:
"Ein Buch verkauft sich oder es verkauft sich nicht. Du kannst dafür nichts tun, denn könnte man das, dann könnte man Bestseller machen."Was haben wir debattiert! Ich wollte das nicht so stehenlassen. Zumindest für Sichtbarkeit musste man sorgen. Unsichtbare Bücher kauft niemand. Und natürlich entscheiden Inhalte und Empfehlungen eher als Marketinggedöns. Aber wie sollte man heutzutage so ganz ohne Gedöns zu ersteren kommen? War das nicht nur eine gewisse Internet-Müdigkeit, wie sie sich nach starker Aktivität auch bei anderen Kollegen einstellt?
Der zweite Freund ist als Coach unterwegs. Das sind diese Leute, die man besonders häufig und aktiv in Social Media vermutet, mit riesigen Fankreisen, die sich wundersam zu künftigen Kunden mausern. Weit gefehlt! Erzählt mir der Mann doch tatsächlich, dass er langsam alles abschaltet. Bei Facebook schreibt er keine neuen Beiträge ins Profil, sondern löscht die alten. Und einen Rattenschwanz an überflüssigen "Freunden" dazu. Internetkommunikation auf Minimal-Level und eher vertraulich per Mail, stattdessen belebt er via moderner Technik das gute alte Telefongespräch. Statt nette Bildchen zu schießen, schaut er den Menschen in die Augen, statt Fotos zu posten, setzt er sich ins Auto und fährt zu Treffen im echten Leben. Er strahlt wie einer, der eine Offenbarung erlebt: Die Zukunftspläne würden deutlicher, eine Empfehlung da draußen im Leben kommt zur anderen; das wahre, das echte Gespräch sei so unerreicht fruchtbar. Und demnächst ginge es in einem Lehrgang um das, was in Social Media nicht mehr funktioniere: das Zuhören, das aktive Hinlesen.
Etwas, das auch mir fehlt. Während ich weg war, haben bei FB trotz riesiger Abwesenheitsmeldung Menschen weiter mit mir kommuniziert, als sei ich anwesend. Ein paar wenige herrschten mich sogar rüde per PN an, warum ich ihnen nicht gleich antwortete. Als ich auch darauf nicht antwortete, redeten sie einfach weiter mit mir. Wollte ich mir all das weiter in diesem Maße antun? Musste ich es nicht, weil alle es so machen, weil "man" das als Autorin heutzutage so macht, weil man ohne ruiniert wäre?
Mein Exitus aus der Social Media Welt ist sicher nicht auf alle Berufe und Persönlichkeiten übertragbar, aber das Fazit war tiefgreifend. Ich brauche das alles nicht - jedenfalls nicht so!
- Je weniger ich in Social Media anwesend war, desto besser verkauften sich meine Bücher.
- Als ich ganz abschaltete, schnellten meine Verkaufszahlen spürbar nach oben, obwohl das Ostergeschäft vorbei war. (Irgendwie finde ich das hochnotpeinlich!)
- Leute, die mich vermissten, empfahlen mich und machten Werbung für mich.
- Die Bücher, die ich verkaufe, laufen durch Empfehlungen oder Buchhandelspräsenz - und durch Leseproben in anderen Titeln (knallharte Zahlen sagen mir das). Das Marketinggedöns hat in etwa die Reichweite einer Selbstbefriedigung.
- Je mehr ich bei FB & Co. "schwätze", desto mehr entferne ich mich von meinen eigentlichen Lesern hin zu Kollegen und Leuten aus der Buchbranche.
- Social Media und das, was ich bisher für Pflicht hielt, nehmen mir extrem wertvolle Lebenszeit und Schreibzeit.
- Social Media und die ständigen Veränderungen bei FB greifen spürbar manipulativ in mein Kommunikationsverhalten ein. Obwohl ich ein sehr bewusster und analytischer Mensch diesbezüglich bin, ist es schwer, den provozierten Verhaltensweisen zu entgehen (das wäre einen eigenen Artikel wert!)
- Ich schwimme zunehmend im eigenen Saft, die scheinbare Weitung des einsamen Schreibkämmerchens führt auch nur wieder in die Branche.
- Immer öfter und viel zu sehr bin ich versucht, schnell und preiswert online zu recherchieren. Eine Auszeit, um wirklich fremde Welten zu betreten und Menschen darin zu begleiten, leistet man sich viel zu wenig. Aber nur daraus wachsen Bücher mit einer gewissen Tiefe, wachsen Erfahrungen und Inspirationen.
- Externe Plattformen wie Twitter, FB, Google+ und wie sie alle heißen, binden wertvolle Energie, wertvolle Daten und Adressen an sich, die mir woanders sehr viel mehr nützen würden.
- Klasse statt Masse! Ein lustiges Foto bei FB mag tausende von Likes und Shares bringen - aber wer weiß nachher noch, wer damit was hat sagen wollen? Ein Blogbeitrag bringt vielleicht drei aktive Kommentare - aber ungleich mehr echte Leser. Die meisten neuen Buchkäufe außerhalb des Buchhandels werden bei mir nachweislich über Blogbeiträge generiert.
- Ich habe noch nie Aufträge via Social Media generiert. Darum bekam ich auch welche während des Abschaltens.
- Beim Bloggen muss ich aufpassen, nicht ins virtuelle Großraumbüro zu verfallen, sondern tatsächlich meine Leserschaft anzusprechen, die sich für Buchbrancheninterna kein bißchen interessiert. Deshalb gibt's zum Kollegentreff hier das Themenblog. Wer das gern liest, wird auch meine Bücher aushalten.
- FB, Twitter & Co. sind ideale Medien, neue Leserschaften auf die Blogs zu leiten, anstatt sie von den Blogs abzuziehen. Dazu muss man sein Kommunikationsverhalten analysieren und evtl. ändern.
- Datenhoheit wird immer wichtiger. Menschen, die mich oder meine Bücher suchen, brauchen einen Ankerplatz, wo sie beides finden. Über diesen Ankerplatz muss ich alleine herrschen, nicht irgendein fremder Konzern. Für mich sind das Website und Blogs - beides vollständig auf meiner Festplatte gesichert und jederzeit überallhin zu transferieren. Für mich sind das nicht meine Plätze auf fremden Plattformen, wo ich alles verliere, wenn es meine Identität dort nicht mehr gibt, ich wie manche Kollegen plötzlich blockiert werde oder die Plattform schließt.
- Meine besten Leser sind Stammleser. Kürzlich erlebte ich das wunderschöne Beispiel einer Frau, die auf Twitter ein Foto fast all meiner Bücher zeigte - sie hatte sie alle gekauft und gelesen. So bekamen wir auch per Mail Kontakt. Warum soll ich all diese Namen und Menschen und Daten von anderen Firmen sammeln lassen, die Geld damit machen? Jetzt wird der Spieß umgekehrt: Ich sammle bei mir, denn ich will denen, die es interessiert, direkt schreiben können. Längst überfälliger Schritt: ein Newsletter muss her! Direktkommunikation mit Kunden jenseits von Verlagen, Buchhandel, aber auch fremden Konzernen und Plattformen.
- Zeitmanagement: Zwei Wochen ohne Social Media haben unwahrscheinlich gut getan. Ich habe absolut nichts verpasst. Die Weltpolitik fühlte sich viel entspannter an. Ich hatte endlich wieder die Zeit für mich, die man zum wirklichen Entwickeln von Projekten braucht. Stattdessen konnte ich mich sogar mit sehr grundlegend wichtigen Fragen des Lebens beschäftigen und völlig neue Welten kennenlernen.
- Wenn ich nichts für den Verkauf meiner Bücher tue, verkaufen sie sich nicht schlechter. Warum das so ist, liegt an völlig anderen Mechanismen, die künftig mehr zu beachten wären: Dem Themenblog, der offline-Pflege echter Multiplikatoren, leicht verfügbaren Leseproben, dem Aufbau eines Namens und Rufs durch Dritte, was man nur bedingt steuern kann, persönliche Empfehlungen, professioneller Qualität, und letztlich den Inhalten Inhalten Inhalten ...
Ich aber habe endlich Zeit, auch seltsame Texte im Internet zu lesen, in denen es nur um Schriftstellerinnen und ihre Schmetterlinge geht:
"When I discovered beauty in bird-songs, apple-blossoms, music, sunsets (but chiefly butterflies), I yearned to put it into tangible form so that I could keep it, hold it, understand it. I wrote masses of stuff, about everything under the sun, just for the pleasure and relief it gave me. This relief I could not have had in any other way." (Barbara Newhall Follett)Disclaimer: Sämtliche Folgerungen und Empfehlungen sind nicht auf jede Krankheit anzuwenden. Fragen Sie besser Ihren inneren Arzt oder Apotheker.
Da gibt's nur eins zu sagen: Ja.
AntwortenLöschenUnd dann noch: Deine Feststellung, dass sich immer mehr Menschen etwas zurückziehen, beobachte ich auch. Vielleicht ist das der Weg zum richtigen Umgang mit diesen Medien. Nicht ganz ausklinken, sondern herunterfahren.
Und noch ein Ja: Immer, wenn ich aus meinen internetlosen Bergen zurückkomme, sind die Zahlen bei Amazon besonders hoch.
Was schließt du aus letzterem, Alice? Mich macht das ganz wuschig. Nehme ich mir mit zu viel Geschwätz meine Leser, weil mein Geschwätz so blöd ist? Schadet die Entzauberung von Schriftstellern, also, wenn sie zu greifbar sind? Oder lenken all diese Kleinsttexte die Leute einfach vom Bücherlesen ab? Oder ...?
AntwortenLöschenMeine Theorie: Die sind auf Entzug, wenn sie nix mehr von Dir zu lesen kriegen. Und bei Amazon kriegen sie auf der Stelle neuen Stoff ;-)
AntwortenLöschenIm Ernst: Ich habe überhaupt keine Erfahrung mit Social Media, von daher kann ich nicht wirklich was dazu sagen. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass dieses permanente Berieseltwerden vonseiten eines geschätzten Autors den Leser so sättigt, dass er gar kein Bedürfnis nach mehr verspürt. Keine Ahnung, wie man das überprüfen könnte.
Hast Du bzw. habt Ihr diese Beobachtung tatsächlich immer wieder gemacht?
„Schweigen ist die Seite, für anzuschreibende Sicherheit, nicht abgeschrieben, noch gelesen werden“!
AntwortenLöschen@Petra
AntwortenLöschenGanz allgemein sind meine persönlichen Beobachtungen: Viele meiner Kollegen, die sich eine Social Media Präsenz aufgebaut haben, werden müde, hinterfragen Sinn und Zweck, Aufwand und Ertrag und stehen an einem Punkt, an dem sie etwas ändern möchten.
In meinem Fall schliesse ich nur daraus, dass ich es auch sein lassen könnte :-)
Bei dir sehe ich das anders, und ich erkläre dir gerne warum:
Ich bin zu wenig interessant. Oder sagen wir es anders: Das, was ich in den Social Media schreibe, ist zu wenig interessant für andere. Auf FB zu wenig privat. Auf dem Blog zu privat und einseitig auf mein Leben ausgerichtet, bei Twitter unbeachtet, aus verschiedenen Gründen (Glaubwürdigkeit => es ist mein dritter Twitteranlauf und ich fühle mich immer noch falsch dort // zu wenige Tweets // zu wenig ernsthaftes Kontaktsuchen meinerseits. Ich betrachte Twitter für mich als interessanten Ort, um an spannende Links zu kommen, vor allem in Bezug auf die Schweizer Medien)
Ich verliere bei FB "likes" wie ich sie gewinne. Wahrscheinlich, weil ich immer mal wieder was schreibe, das jemanden nervt. Zudem habe ich immer noch ein sehr, sehr gespaltenes Verhältnis zu FB (ich wäre privat in 1000 Jahren nicht dort, und ich denke, das merkt man). Google+ mag ich, aber ich benutze es in Schüben.
Sprich: Ich bin zu wenig konequent, zu wenig zielorientiert, zu sprunghaft. Ich spreche alle und niemanden an.
Bei dir sehe ich das anders. Du hast ein klares Profil, du bist für die Leser eine interessante Erzählerin und für Berufskollegen eine unerschöpfliche Quelle an weitergegebenen Erfahrungen, interessanten Projekten, lesenswerten Hintergrundinfos. Würdest du mit dem Bloggen aufhören, würde ich dich grausam vermissen.
Bei den Social Media ist es ähnlich. Ich bin UNZÄHLIGEN deiner Links gefolgt und habe mit Interesse gelesen, was du empfohlen hast.
Sprich: Ich denke, du hast eine sehr, sehr gute Onlinepräsenz und du würdest zu jenen gehören, die vermisst werden.
Mein Fazit: Du kannst es dir problemlos leisten, deine Frequenz auf den Medien zu reduzieren. Wir warten auf dich und deine Einträge. Ich denke auch, dass sie die ganz konkret etwas für deine Projekte bringen.
Aussteigen würde ich nicht. Aber reduzieren. Das ist für mich die Zukunft auf Social Media: Weniger ist mehr. Bei mir ist das jetzt schon so: Manchmal finde ich auf Twitter total spannende Personen,aber wenn ich merke, dass die pro Tag eine Zillion Tweets absondern, folge ich ihnen nicht, weil es mir zu viel ist.
Spannend finde ich Lydias Theorie von der Dauerberieselung. Ich denke, da liegt schon viel drin. Vielleicht ist es aber auch zielgruppenabhängig, denn ich sehe auch, dass es bei manchen Autorenkollegen zu funktionieren scheint.
Ich verfolge diese Diskussionen mit Spannung. Eure Erfahrungen entsprechen auch meinen, wobei mir meine Präsenz bei FB bisher am meisten gefallen hat (bei Twitter habe ich nach einem halben Jahr aufgehört, zu Google+ bin ich zwar eingeladen worden, aber nie hingegangen). Mein Hauptargument dagegen ist die Zeit, die man investiert und die in keinem Verhältnis zur ursprünglichen Intention steht, nämlich sich selbst und seine Bücher bekannter zu machen. Dafür spricht, dass ich viele Informationen aus erster Hand bekommen und einfach auch mal gesehen habe, wie es anderen mit dem Schreiben und dem Leben geht. Ganz vergessen wird man wohl nicht, denn manchmal bekomme ich noch Nachrichten von Twitter-Mitgliedern zugesandt, auch wenn ich dort so gut wie nicht mehr aktiv bin. Zu Lydias These der Dauerberieselung: Ja, ich habe mich schon oft dabei erwischt, dass ich entnervt darauf reagiert habe. Und wenn das erste, was ein neuer "Freund"
AntwortenLöschennach meiner Bestätigung tut, eine große Werbefolge seiner Bücher ist, dann schalte ich ihn ganz schnell wieder aus. Ich mag auch nicht an Online-Abstimmungen über Bücher teilnehmen und an allem nicht, was mich weiter über Gebühr in diese Onlinewelt hineinzieht. Ja, und es stimmt, dass es in erster Linie Kollegen sind, mit denen der Kontakt gut läuft, dazu einige Fotografen u.a. Es wäre also ein zusätzliches schnelleres Medium der Kommunikation, das allerdings viel Energie von den Blogs abgezogen hat. Ich selbst bin gerade noch in der Phase des Bilanzierens; dabei interessiert mich insbesondere die Frage der Wahrnehmung durch andere, als Mensch und als Autor mit seinen Büchern.
Herzlichst
Christa
Danke erst mal für die Komplimente, vor allem dir, Alice.
AntwortenLöschenKleiner Einwurf vorab: Mir persönlich geht es nicht ums völlige Abschalten oder Austreten. Das kann ich mir rein beruflich gar nicht leisten, weil ich per Internet in einem anderen Land arbeite und auf Kontakte und Fachleute angewiesen bin, die ich nicht mal eben in der Dorfkneipe finde oder ansprechen kann. Da haben Twitter, FB & Co auch viel erleichtert, ich kann tatsächlich auch mal Verleger ansprechen und etwas fragen, bekomme technischen Beistand oder das Großraumbüro mit KollegInnen. Das war früher so nicht möglich!
Mir geht es vor allem um eine Art "Hygiene" im Umgang mit diesen Medien, sprich, das Sich-Entziehen aus manipulativen Strukturen, die Oberherrschaft über die Daten und vor allem das Zeitmanagament, die Fähigkeit, sich regelmäßig auszuklinken in diese anderen Welten. Eben nicht alles toll zu finden, weil es so schön leicht und bequem scheint. Sondern ruhig mal rückwärts zu schauen. Wie hast du das früher recherchiert?
Ich habe gerade so einen Fall: Theoretisch könnte ich den gesamten Auftrag anhand von Fotos, Mails und Telefonaten recherchieren. Stattdessen habe ich eine zweitägige Reise angesetzt, um vor Ort alles auf mich wirken zu lassen und persönliche Gespräche zu führen. Ich WEISS, dass der Text dadurch völlig anders werden wird. Auch solche Dinge möchte ich mir zurückerobern. Was natürlich nicht ausschließt, dass ich irgendeinen amerikanischen Professor frech per Mail frage und in der Pariser Nationalbibliothek weiter virtuell ausleihe ...
Korrektur: "sich regelmäßig auszuklinken in diese anderen Welten *des Bücherschreibens*"
AntwortenLöschenFaszinierend, dass so viele Kolleginnen und Kollegen zur gleichen Zeit über ihre Social Media Aktivitäten nachzudenken beginnen. Ich glaube, wir sind alle einem großen Irrtum aufgesessen, nämlich dass Social Media Marketing wichtig für den Verkauf unserer Bücher wäre. In die Welt gesetzt wurde dieses Märchen von all den Coaches und Gurus, die uns beibringen wollen, wie wir zu twittern haben und wie unsere Posts bei Facebook aussehen müssen. Gegen deftige Honorare natürlich - somit gibt es wenigstens einige, die bei dem Spiel gewonnen haben.
AntwortenLöschenInzwischen gibt es in den USA eine Langzeitstudie, die beweist, dass die Social Media Aktivitäten von Autoren für den Buchabsatz nahezu bedeutungslos sind - leider finde ich den Link gerade nicht. Wichtig ist nur, dass (und was) in den Medien über das Buch und über den Autor geredet wird - nicht, was er selbst in die Welt posaunt.
Ich habe es gerade selbst getestet. Drei Wochen lang habe ich intensiv getwittert, gepostet, geplaudert und dabei natürlich ständig meine Bücher hochgehalten.
Die nächsten drei Wochen habe ich mehr oder weniger geschwiegen, mich nur an der einen oder anderen Diskussion in einer FB-Selfpublisher-Gruppe beteiligt, in der Werbung streng verboten ist.
Das Ergebnis: Meine Aktivitäten hatten keinerlei Einfluss auf den Verkauf der Bücher.
Jetzt sehe ich das ganz entspannt und fahre alle Aktivitäten auf ein Niveau herunter, das mir gut tut. Die gewonnene Lebenszeit lässt sich herrlich nutzen. Zum Schreiben aber auch für so viele wunderbare andere Dinge.
Hach spannend, Matthias! Das käme mir ja wie gerufen. Wenn irgendwer den Link zu dieser Studie oder deren Namen finden würde ...
AntwortenLöschenIch muss ja sagen, dass ich Leute, die ständig ihre Bücher hochhalten und Amazonlinks posten (und nichts anderes), schlicht auf stumm schalte oder denen gar nicht erst folge. Wahrscheinlich bin ich da auch nicht die einzige.
Trotzdem glaube ich daran, dass Leser gewisse Informationen wollen - und genau deshalb glaube ich inzwischen an den guten alten Newsletter in moderner Form. Ich bekomme so viele Anfragen, wann dieses oder jenes Buch wieder aufgelegt würde oder wann das nächste erscheint. Da mögen die Leute doch ganz gern das persönliche Feedback und suchen nicht lang herum in Zeitungen oder im Internet. Aber genau diese Leser erreiche ich eben auch nicht auf allen Kanälen.
Deshalb ist es für mich wichtig, mir da eine ganz eigene Community aufzubauen, wo ich dann direkt sagen kann, wenn ein neues Buch erscheint oder ich irgendwo in der Nähe auftrete. Aber mit einer einzigen gezielten Meldung muss das dann auch gut sein. Alles andere nervt.
Blogs haben für mich ja noch eine völlig andere Funktion als schnöde Werbung. Ich muss sehr oft laut denken, um auf Ideen zu kommen oder Dinge zu entwickeln. Wenn ich das auch noch in einem Umfeld machen kann, wo mir Menschen widersprechen oder neue Aspekte hinzufügen, beflügelt das mein Nachdenken ungemein. Das kann durchaus auch mal eine FB-Diskussion sein ...
Ich habe mich lange vor all diesem Social-Media-Kram gedrückt, weil ich das meiste, was ich von anderen mitbekam, abschreckend fand. Bis ich im letzten Herbst beim Gespräch mit einer Kollegin so was wie ein Aha-Erlebnis hatte, weil ich plötzlich kapierte: Ich kann das ja so machen, wie ICH es will, nicht wie irgendjemand meint, dass man es machen muss. Und genau so mache ich es jetzt. Ich bin bei Facebook, lese dort manchmal, poste dort manchmal, gehe nie davon aus, dass das ganze einen verkaufsfördernden Zweck haben müsste (die Zielgruppe meiner Bücher ist eh zu jung für FB) und freue mich über die Kontakte zu Kollegen, die oft hinter den Kulissen über den Chat laufen. Und an meine Projekte komme ich wie bisher auch: indem ich Bücher schreibe. Und mit Lektoren kommuniziere. Das sind nämlich alles nicht-öffentliche Sachen, denen dann ein öffentliches Buch folgt.
AntwortenLöschenIch sehe das inzwischen jedenfalls alles sehr entspannt. Social Media ist kein Muss, genausowenig muss man es verdammen.
Lieben Gruß von Luise
Ich werde auch nicht völlig abschalten, aber ich lerne immer besser, mich mit all diesen Medien auszusöhnen und bekomme je länger je mehr ein entspannteres Verhältnis zu ihnen. Das macht es auch einfacher, jedes dieser Medien so zu akzeptieren und zu allenfalls sogar zu mögen, wie es nun mal ist (sogar FB).
AntwortenLöschenIch schliesse nicht einmal aus, dass es Zeiten exzessiven Gebrauchs und Einsatzes gibt - nämlich dann, wenn mich wie jetzt ziemlich vieles beschäftigt - und Zeiten, in denen ich es viel ruhiger angehe.
Was mir noch nie Eindruck gemacht, mich aber trotzdem (ja, ich weiss, blöd von mir) immer wieder gestresst hat, sind, wie Matthias es auch beschreibt, all die Mediengurus, die genau wissen, was für uns Autoren (und den Rest der Welt) gut ist, bis hin zum genormten Blogeintrag, in dem man mir haarklein erzählt, wie er aufgebaut sein muss.
Vielleicht ist dieser Artikel noch interessant:
AntwortenLöschenhttp://www.huffingtonpost.com/fauzia-burke/book-sales-social-media_b_2616439.html
Ich habe gerade beobachtet, dass die Social-Media-Aktivitäten und Twitter-Aktionen einer Autorin sehr wohl dazu geführt haben, dass die Verkäufe angezogen haben. Irgendwann muss das Buch dann aber auch "von selbst" laufen, vermute ich. Man kann ja nicht unentwegt dieselben 100 FB-Freunde mit Hinweisen auf sein Buch behelligen.
Authentizität ist wichtig und gelegentliche Auszeiten sind sehr heilsam. Das habe ich auch schon gespürt.
Vielen Dank für diese ausführliche Bilanz!
Ich weiß nicht, ob dies der Artikel ist, auf den Matthias sich bezieht, aber interessant ist er auf jeden Fall:
AntwortenLöschenhttp://www.guardian.co.uk/books/2012/jul/30/tweet-about-cats-just-write
Für mich ist momentan die Frage meiner Social-Media-Aktivitäten kein Entweder-Oder, sondern immer wieder eine neue Balance zu finden. Ich mag nicht zu viel Zeit verplempern (da hilft meine digitale Eieruhr am Schreibtisch), aber ich genieße auch den fruchtbaren Autausch mit Kollegen wie Euch, die ich durch die SM kennenlernte. Was mich immer wieder erstaunt, ist die Tatsache, dass es wohl keine zuverlässigen Aussagen darüber gibt, wie Buchverkäufe tatsächlich funktionieren. Ich habe über die Jahre z.B. festgestellt, dass Talkshow-Auftritte kaum mehr Umsatz brachten, auch nach Radio-Interviews konnte ich keine bahnbrechenden Mehrverkäufe feststellen. Sinnigerweise hat aber ausgerechnet ein Artikel in der Online-Bild-Zeitung über das Tagebuchschreiben (u.a. mit Interview) die Umsätze des Ebooks jetzt am Wochenende beflügelt. Das wiederum hatte ich gar nicht erwartet. Wenn ich das richtig sehe, hatte mich die Autorin des Artikels aber nicht über twitter oder FB gefunden, sondern ganz schlicht über meine "normale" Website. Auf jeden Fall werde ich die noch mehr pflegen, evtl. im Laufe der Zeit mit einer anderen flexibleren Software. Und mir eine andere Newsletter-Sofware zulegen, mit der das Schreiben von Newslettern mehr Spaß macht. Die habe ich vernachlässigt, weil meine alte Softare so holzklassenmäßig behäbig ist und ächzt.
Fazit: Im Moment tendiere ich dazu, Website und Blog als PR-Zentrale anzusehen, Newsletter als Post-Zentrale und FB und gelegentlich Twitter als die Teeküche im Büro, in der man sich wunderbar austauschen kann, um Rat fragen, gelegentlich etwas Tratsch aufschnappt, den einen oder anderen Tipp (auch Literaturtipp) bekommt)und eine Pause von der eigentlichen Arbeit macht.
Irgendwie ist es ja auch beruhigend, dass das ganze Social-Media-Gedöns vielleicht gar nicht sooo wichtig für die Vermarktung ist, wie uns die Gutus einreden wollten. Sonnige Grüße, Elisabeth
Schön beschrieben mit den unterschiedlichen Zimmern, Elisabeth! Das zeigt, dass man auch oft einfach die Tür zu machen muss ...
AntwortenLöschenDanke euch für die Links!
Dorothea, in der Huffingtonpost steht genau das, was ich auch behaupte und was Matthias weiter oben schreibt: Es entscheidet nicht der Bohei, den ich selbst mache, sondern der, den andere um mich machen. Und Social Media ist sozusagen das PR-Instrument für Arme geworden, weil's für jeden erreichbar ist und "nichts" kostet außer Arbeitszeit. Nicht zu vergessen, dass die Amis damit völlig anders umgehen als die deutschsprachigen User!
Wir dürfen eins nicht vergessen: PR generiert keine direkten Verkäufe. PR sorgt für Gerede, Diskussionen und im besten Fall Neugierige, Rezensionen. Aber wer von uns bewegt sich schon mit der perfekten PR-Strategie in Social Media? Macht das dann noch Spaß?
Ich mache ja PR für andere - mich selbst pfeife ich nach so manchem Blogartikel böse an: Hat der jetzt unbedingt sein müssen? Zeigst du jetzt nicht viel zu viel von dir? Wen willst du eigentlich als Leser? Und dann knatscht die Autorin zurück: Wenn ich schon herumschreiben muss, soll's auch Spaß machen.
Denn es heißt ja nicht PR-Media. Social Media ist zuallerst KOMMUNIKATION, mit Menschen, nicht potentiellen Kunden.
MMn ein ganz großer Unterschied zu den USA, wo die Kapitalisierung des Privatlebens schon weiter ist ...
Den Artikel in der HuffPost meinte ich, wobei ich immer noch im Kopf habe, dass ich irgendwo eine validere Untersuchung gesehen habe. Aber sei`s drum: Es freut mich, dass es so viele Kolleginnen und Kollegen gibt, die anscheinend das gleich Unbehagen spüren. Dabei geht es nicht um Verteufelung von Social Media generell, sondern darum, ihnen den Platz zuzuweisen, der ihnen gebührt. Irgendwo in der Menge, nicht in der letzten Reihe, aber auch nicht auf den besten Plätzen.
AntwortenLöschenSo ist es. Mir war so, als hätte es einen Link direkt zur Studie gegeben, in irgend einem dieser amerikanischen Schriftstellerblogs, also von den Leuten, die immer so ellenlang schreiben, dass man sich den Link aufheben will und dann vergisst ;-)
AntwortenLöschen