Ein Hoch auf die Korrekturen!
Man kann an einem Manuskript oder Buch nicht genug korrigieren! Wieder einmal lerne ich die Segnungen eines hochprofessionellen Lektorats und Korrektorats kennen. Es geht um mein Buch "Elsass. Wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt", das im April / Mai neu als Taschenbuch erscheinen wird. Ich sitze gerade an den Fahnenkorrekturen eines ersten Durchlaufs.
Wie das, werden jetzt einige fragen, Korrekturen eines längst als Hardcover erschienenen Buchs, das ohnehin ein Qualitätslektorat durchlaufen hatte? In der Tat scheint da doch alles erledigt? Als das Buch erstmals 2004 erschien, feilte ich zunächst selbst möglichst perfektionistisch an die Druckreife heran, danach setzte die Arbeit der Lektorin ein. Ich muss daraufhin den Text ändern und der Lektorin für einen weiteren Kontrollgang zurückgeben - das nennt man "Endlektorat". Dieser Text wiederum wird vom Korrektorat kontrolliert. Dann werden die Fahnen gesetzt, ich korrigiere diese und gebe von meiner Seite aus die Druckfreigabe. Aber erst, wenn die Lektorin noch einmal gegengecheckt hat und keinen Fehler fand, wird wirklich gedruckt.
Das Endlektorat, bei dem Lektorin und Autorin entscheiden, welche Formulierung oder Änderung endgültig im Text stehen wird, war besonders intensiv. Denn wir erledigten es nicht virtuell am Bildschirm, sondern bei einem persönlichen dreitägigen Treffen. Das hatte den Vorteil, dass man Missverständnisse vermeidet, ein Gefühl für die Arbeitsweise des Gegenübers bekommt und kritische Dinge diskutieren oder neu beleuchten kann. Außerdem hatten wir Fremdkorrekturen einzuarbeiten: Die Kochrezepte im Text waren eigens von einer Fachfrau aus einem Kochbuchverlag geprüft und auf Darstellungsnormen korrigiert worden. Man müsste meinen, so ein Manuskript sei nun wirklich perfekt und könnte doch eigentlich genau so als Taschenbuch übernommen werden?
Das Buch war auch so gut wie perfekt. Aber selbst bei der bestgeölten Maschinerie sind Menschen beteiligt und Menschen können irren. Den schlimmsten Fehler hat nach vielen Jahren Laufzeit und zwei Auflagen kein Leser bemerkt oder zumindest nicht angemerkt: In eins der Kochrezepte hatte sich ein Versehen eingeschlichen. Die "schwimmende Insel" konnte so nicht schwimmen. Während man bei einem E-Book so etwas schnell ändern kann, muss man im Druck auf eine Neuauflage warten.
Die ist nun in Arbeit und wieder habe ich eine Lektorin. Denn aus dem Hardcover wird ein Taschenbuch. Der Text wird also völlig neu gesetzt, das Buch erhält viel mehr Bilder und damit eine neue Form. Jeder technische Eingriff, jede Beteiligung von neuen Mitarbeitern, wie z.B. der Satzfirma, ist eine potentielle Fehlerquelle. Also muss ich wieder Fahnen korrigieren. Und in der Tat haben sich technische Unsauberkeiten eingeschlichen. Manche alten Trennungen tauchen nun im Text als Lücken auf. Müsste das aber nicht alles sein?
Die perfektionistische Autorin findet darüberhinaus tatsächlich noch das ein oder andere vergessene Komma oder einen unschönen Begriff, den man damals hätte besser formulieren können. Er war gut, er war korrekt - aber jetzt fällt mir einfach der noch bessere Ausdruck ein. Ich ergreife die Chance, ein paar Stellen zu optimieren.
Und dann spielt natürlich die Zeit eine Rolle. Das Buch erschien in der Erstausgabe 2004. Stimmt der Text denn noch inhaltlich? An einer Stelle muss ich den neuen Eigner erwähnen, weil das Negative, dass ich dem Besitzer zuschrieb, auf seinen Vorgänger gemünzt war. Ich ergänze ein neues Denkmal. Morgen muss ich in einem Sternehotel anrufen, ob es den berühmten Englischen Tee auf der Schlossterrasse überhaupt noch gibt. Denn aus dem einstigen Privateigentum ist vor drei Jahren ein Hotel geworden. Das zitiert auf der Website meinen Untertitel für ein Gourmetprogramm - Grund genug, der für Lesungen zuständigen Dame des Verlags den Tipp zu geben, sie möge sich doch nach einer kulinarischen Lesung daselbst erkundigen. Webadressen müssen geprüft werden: Sie veralten am schnellsten in einem Druckwerk.
Auch wenn alles gründlichst lektoriert und korrigiert schien - es gibt wieder Rot in den Fahnen - und die neue Lektorin wird wieder zu tun haben. In einem zweiten Durchlauf werden dann die Fotos zu sichten sein.
Solche Sorgfalt ist ganz sicher nicht in der Größe der Maschinerie auch im Self Publishing durchzuführen - aber am professionellen Lektorat sollte man mitnichten sparen. Der Erfolg eines Buchs steht und fällt mit der Qualität, vor allem, wenn es auch von Buchhandel und kritischen Lesern ernstgenommen werden sollte. Nie und nimmer sollte man sich einbilden, eigene Texte lektorieren zu können. Selbst wenn man das beruflich für andere macht - dem eigenen Text gegenüber ist man grundsätzlich betriebsblind. Auch Laien, Freunde und zufällige Testleser sind ungeeignet für eine solche Endqualitätskontrolle. Die übrigens weit mehr leistet als ein Korrektorat und damit nicht verwechselt werden sollte.
Bei meinem Manuskript für "Faszination Nijinsky. Annäherung an einen Mythos" habe ich mir sogar ein Mehrfachlektorat geleistet. Da war zunächst das ganz normale Lektorat, wie oben beschrieben. Vorher hatte ich jedoch noch zwei Menschen, die den Inhalt kritisch durchforstet haben: Einer, der sich beruflich mit Dramaturgie befasst, und einer, der speziell die historischen Sachfragen prüfte. Als dann alles perfekt und druckreif schien, konnte ich das Buch obendrein zur Prüfung einem Ballettfachmann übergeben. Ich hatte die Ehre, vom leider kürzlich verstorbenen großen Ballettkritiker Horst Koegler ein Feedback und kleinere Korrekturen zu bekommen. Aber es war damit noch lange nicht fertig: Als alles eingearbeitet war, kam der endgültige Korrekturvorgang. Und als es gesetzt war und der erste Andruck gemacht, eine Fahnenkorrektur, in der doch tatsächlich noch Kleinigkeiten auftauchten!
Nein, kaputtkorrigieren kann man ein Manuskript nicht. Wie mein aktuelles Beispiel zeigt, kann man jeden noch so überarbeiteten Text optimieren. Und je größer der eigene Abstand zum Text ist, desto eher fällt einem natürlich auf, wo Potential für Verbesserungen liegt. Zum Glück ist mein Elsassbuch von Profis ihres Fachs nun so oft durchgewalkt worden, dass es wirklich nur Winzigkeiten sind, die in der Änderung wahrscheinlich niemandem auffallen. Aber solche Fehler fallen auch an, wenn ich ein Buch nur in eine andere Form bringe: Vom Hardcover ins Taschenbuch, vom Druckwerk ins E-Book, vom Word-Text in ein anderes Programm. Wenn ich meine anderen Texte anschaue, die neu entstehen, die ich selbst zigmal optimiert und korrigiert habe - da bin ich dann doch glücklich, dass es professionelle LektorInnen gibt! Übrigens sind auch meine Blogbeiträge im Original nur halb so flüssig geschrieben ... Die Taste "edit" ist die von mir am häufigsten benutzte. Und ich entdecke in der Endform später noch genügend Fehler, die ich in einem Buch nie stehenlassen würde.
PS: Man möge mir verzeihen, wenn ich irgendwo die Reihenfolge von Arbeitsabläufen durcheinander gebracht haben sollte. Nach 50 Seiten Fahnenkorrektur kann ich nicht mehr geradeaus zählen ;-)
Wie das, werden jetzt einige fragen, Korrekturen eines längst als Hardcover erschienenen Buchs, das ohnehin ein Qualitätslektorat durchlaufen hatte? In der Tat scheint da doch alles erledigt? Als das Buch erstmals 2004 erschien, feilte ich zunächst selbst möglichst perfektionistisch an die Druckreife heran, danach setzte die Arbeit der Lektorin ein. Ich muss daraufhin den Text ändern und der Lektorin für einen weiteren Kontrollgang zurückgeben - das nennt man "Endlektorat". Dieser Text wiederum wird vom Korrektorat kontrolliert. Dann werden die Fahnen gesetzt, ich korrigiere diese und gebe von meiner Seite aus die Druckfreigabe. Aber erst, wenn die Lektorin noch einmal gegengecheckt hat und keinen Fehler fand, wird wirklich gedruckt.
Das Endlektorat, bei dem Lektorin und Autorin entscheiden, welche Formulierung oder Änderung endgültig im Text stehen wird, war besonders intensiv. Denn wir erledigten es nicht virtuell am Bildschirm, sondern bei einem persönlichen dreitägigen Treffen. Das hatte den Vorteil, dass man Missverständnisse vermeidet, ein Gefühl für die Arbeitsweise des Gegenübers bekommt und kritische Dinge diskutieren oder neu beleuchten kann. Außerdem hatten wir Fremdkorrekturen einzuarbeiten: Die Kochrezepte im Text waren eigens von einer Fachfrau aus einem Kochbuchverlag geprüft und auf Darstellungsnormen korrigiert worden. Man müsste meinen, so ein Manuskript sei nun wirklich perfekt und könnte doch eigentlich genau so als Taschenbuch übernommen werden?
Das Buch war auch so gut wie perfekt. Aber selbst bei der bestgeölten Maschinerie sind Menschen beteiligt und Menschen können irren. Den schlimmsten Fehler hat nach vielen Jahren Laufzeit und zwei Auflagen kein Leser bemerkt oder zumindest nicht angemerkt: In eins der Kochrezepte hatte sich ein Versehen eingeschlichen. Die "schwimmende Insel" konnte so nicht schwimmen. Während man bei einem E-Book so etwas schnell ändern kann, muss man im Druck auf eine Neuauflage warten.
Die ist nun in Arbeit und wieder habe ich eine Lektorin. Denn aus dem Hardcover wird ein Taschenbuch. Der Text wird also völlig neu gesetzt, das Buch erhält viel mehr Bilder und damit eine neue Form. Jeder technische Eingriff, jede Beteiligung von neuen Mitarbeitern, wie z.B. der Satzfirma, ist eine potentielle Fehlerquelle. Also muss ich wieder Fahnen korrigieren. Und in der Tat haben sich technische Unsauberkeiten eingeschlichen. Manche alten Trennungen tauchen nun im Text als Lücken auf. Müsste das aber nicht alles sein?
Die perfektionistische Autorin findet darüberhinaus tatsächlich noch das ein oder andere vergessene Komma oder einen unschönen Begriff, den man damals hätte besser formulieren können. Er war gut, er war korrekt - aber jetzt fällt mir einfach der noch bessere Ausdruck ein. Ich ergreife die Chance, ein paar Stellen zu optimieren.
Und dann spielt natürlich die Zeit eine Rolle. Das Buch erschien in der Erstausgabe 2004. Stimmt der Text denn noch inhaltlich? An einer Stelle muss ich den neuen Eigner erwähnen, weil das Negative, dass ich dem Besitzer zuschrieb, auf seinen Vorgänger gemünzt war. Ich ergänze ein neues Denkmal. Morgen muss ich in einem Sternehotel anrufen, ob es den berühmten Englischen Tee auf der Schlossterrasse überhaupt noch gibt. Denn aus dem einstigen Privateigentum ist vor drei Jahren ein Hotel geworden. Das zitiert auf der Website meinen Untertitel für ein Gourmetprogramm - Grund genug, der für Lesungen zuständigen Dame des Verlags den Tipp zu geben, sie möge sich doch nach einer kulinarischen Lesung daselbst erkundigen. Webadressen müssen geprüft werden: Sie veralten am schnellsten in einem Druckwerk.
Auch wenn alles gründlichst lektoriert und korrigiert schien - es gibt wieder Rot in den Fahnen - und die neue Lektorin wird wieder zu tun haben. In einem zweiten Durchlauf werden dann die Fotos zu sichten sein.
Solche Sorgfalt ist ganz sicher nicht in der Größe der Maschinerie auch im Self Publishing durchzuführen - aber am professionellen Lektorat sollte man mitnichten sparen. Der Erfolg eines Buchs steht und fällt mit der Qualität, vor allem, wenn es auch von Buchhandel und kritischen Lesern ernstgenommen werden sollte. Nie und nimmer sollte man sich einbilden, eigene Texte lektorieren zu können. Selbst wenn man das beruflich für andere macht - dem eigenen Text gegenüber ist man grundsätzlich betriebsblind. Auch Laien, Freunde und zufällige Testleser sind ungeeignet für eine solche Endqualitätskontrolle. Die übrigens weit mehr leistet als ein Korrektorat und damit nicht verwechselt werden sollte.
Bei meinem Manuskript für "Faszination Nijinsky. Annäherung an einen Mythos" habe ich mir sogar ein Mehrfachlektorat geleistet. Da war zunächst das ganz normale Lektorat, wie oben beschrieben. Vorher hatte ich jedoch noch zwei Menschen, die den Inhalt kritisch durchforstet haben: Einer, der sich beruflich mit Dramaturgie befasst, und einer, der speziell die historischen Sachfragen prüfte. Als dann alles perfekt und druckreif schien, konnte ich das Buch obendrein zur Prüfung einem Ballettfachmann übergeben. Ich hatte die Ehre, vom leider kürzlich verstorbenen großen Ballettkritiker Horst Koegler ein Feedback und kleinere Korrekturen zu bekommen. Aber es war damit noch lange nicht fertig: Als alles eingearbeitet war, kam der endgültige Korrekturvorgang. Und als es gesetzt war und der erste Andruck gemacht, eine Fahnenkorrektur, in der doch tatsächlich noch Kleinigkeiten auftauchten!
Nein, kaputtkorrigieren kann man ein Manuskript nicht. Wie mein aktuelles Beispiel zeigt, kann man jeden noch so überarbeiteten Text optimieren. Und je größer der eigene Abstand zum Text ist, desto eher fällt einem natürlich auf, wo Potential für Verbesserungen liegt. Zum Glück ist mein Elsassbuch von Profis ihres Fachs nun so oft durchgewalkt worden, dass es wirklich nur Winzigkeiten sind, die in der Änderung wahrscheinlich niemandem auffallen. Aber solche Fehler fallen auch an, wenn ich ein Buch nur in eine andere Form bringe: Vom Hardcover ins Taschenbuch, vom Druckwerk ins E-Book, vom Word-Text in ein anderes Programm. Wenn ich meine anderen Texte anschaue, die neu entstehen, die ich selbst zigmal optimiert und korrigiert habe - da bin ich dann doch glücklich, dass es professionelle LektorInnen gibt! Übrigens sind auch meine Blogbeiträge im Original nur halb so flüssig geschrieben ... Die Taste "edit" ist die von mir am häufigsten benutzte. Und ich entdecke in der Endform später noch genügend Fehler, die ich in einem Buch nie stehenlassen würde.
PS: Man möge mir verzeihen, wenn ich irgendwo die Reihenfolge von Arbeitsabläufen durcheinander gebracht haben sollte. Nach 50 Seiten Fahnenkorrektur kann ich nicht mehr geradeaus zählen ;-)
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