It's not smart to buy a phone

Handy für den Absturz
Ich bin eine von diesen Verrückten, die nicht ständig rund um die Uhr erreichbar sind, auch nicht für Kunden. Die habe ich von Anfang an auf feste Bürozeiten trainiert: Wundersam, wie fein das funktioniert, wenn man hart bleibt! Es gibt ja Emails und Anrufbeantworter für die Dämlacks, die meinen, auch noch nachts Arbeit auf andere abladen zu müssen. Ein Handy ist für mich ein Arbeitsinstrument, falls ich doch mal unterwegs erreichbar sein muss - und vor allem als Retter in der Not für nächtliche Autopannen auf Waldstraßen und die Möglichkeit, Hilfe zu holen, wenn man in eine Schlucht stürzen sollte.

Ausgerechnet zwei Tage, bevor ich mein Handy wirklich ganz dringend brauche, sperrt mir der Operator plötzlich ohne Vorankündigung (Service!) die Sim-Karte, weil da "irgendwas umgestellt" und per Post (Schneckentempo) nach Hause gesendet wird. Weil mein Handy uralt ist, hatte ich die Schnapsidee, mir "ganz fix" ein neues zu kaufen. Und weil die Preisunterschiede nicht mehr wirklich gravierend sind, vielleicht ein Smartphone. Zum Glück bin ich eine von den Verrückten, die sich selten Technikgedöns kaufen, aber dann richtig vorher im Internet recherchieren!

Nationale Dschungel
Ein Dschungel! Eben mal schnell ein Telefon kaufen ist heute nicht mehr. Man ersäuft in Auswahl, jeder Anbieter hat eine andere und keiner so ganz das Richtige. Alles ist angeblich superbillig, da fallen einem die Smartphones für einen Euro entgegen, wenn man denn monatlich so viel dafür bezahlt wie Strom für ein kleines Schloss. Karten hier, Karten dort, in jedem Land heißen sie anders - und jetzt kommt der absolute Wahnsinn: Ein französisches "mobile", ein deutsches "Handy", trotz globalem Internet, trotz Mobilität, ist nicht zwingend international zu verwenden! Weh den armen Grenzgängern, die sich von Land zu Land bewegen, womöglich im falschen mehr telefonieren!

Härtetest im Laden
Nach zwei Tagen hatte ich drei Wunschmodelle recherchiert, die angeblich besten Verträge und ging sicherheitshalber in mehrere Läden. Wäre ich doch nur im Internet geblieben! Wäre ich mit versteckter Kamera fürs Fernsehen unterwegs gewesen, hätte das Publikum richtig etwas zu Lachen gehabt. Nur leider wäre der Gestank von altem Schweiß, den zwei von drei Beratern regelrecht ausschütteten, nicht sichtbar gewesen. Schwierig, so eine Beratung durchzuhalten, ohne in die Abteilung für Duschgel zu fliehen! Spaßig auch das System in Frankreich: Auf eine weibliche Kundin stürzt sich sofort die einzige weibliche Beraterin im Hypermarchée. Die Jungs stehen daneben, klönen und popeln in der Nase - oder so ähnlich.

Popelnde Jungs
Dumm nur, dass die weibliche Kundin sich so gut auskennt und schlau vorbereitet hat. Da kommt die Beraterin nicht weiter, so vieles weiß sie nicht. Also fragt sie die popelnden Jungs. Die antworten ihr, sie übersetzt der Kundin. Dass die Kundin mit einem von den Jungs selbst spricht - ausgeschlossen. Die Jungs sind für die Jungs da. Also malträtiere ich die arme Frau noch ein wenig weiter. Eigentlich weiß sie gar nichts. Die Tarife muss sie aus dem Katalog suchen. Lächelnd zeige ich auf den in meiner Hand. "Sie können gern meinen benutzen". Und dann das Problem: "Was ist für mich am günstigsten, wenn ich ständig die Länder wechsle?" Hagenau, Einzugsbereich der Grenzgänger. Ratlosigkeit. Nun auch bei den immer noch popelnden Jungs.

Zum Deppen gemacht
Ein Fazit kann ich aus sämtlichen Läden ziehen: Egal ob Hypermarché oder Telefonanbieter, ob Edelboutique oder Ramschregal: Ich wurde grundsätzlich und erkennbar falsch beraten. Absichtlich falsch beraten. Ich wäre ein Vermögen an Handyverträgen losgeworden, die nicht unter zwei Jahren liefen und danach nur unter Schwierigkeiten zu kündigen gewesen wären. Ich hätte den Großteil meines "forfait" verschenkt und in Deutschland übel draufgezahlt, weil die Kosten außerhalb der Flatrate natürlich so richtig zwiebeln. Und alle wollten mir aufschwatzen, dass ich mit zwei Stunden Telefonieren im Monat und mit ein bißchen Surfen am Tag nie und nimmer auskäme! Woher wissen die das? In den meisten Monaten führe ich nicht mehr als zwei Gespräche, bei denen ich anrufe anstatt angerufen zu werden.

Der schönste Hammer war eine Beraterin beim Telefonnetzanbieter Nr. 1 in Frankreich. "Prepaid oder mit gedeckeltem Tarif - damit kommen Sie nie hin, so ein Smartphone surft ja ständig im Internet herum, wenn sie es einschalten, auch wenn Sie selbst nicht surfen." Aha! Wunder der Technik. Ich konnte nicht umhin, nach dem Smartphone zu fragen, das von selbst Kaffee kocht, während ich surfe. Natürlich mit charmantem Lächeln - Frauen unter sich ...

Hinter vorgehaltener Hand
Und da hatte ich sie. Die Frau hat mich perfekt für meine Bedürfnisse beraten, wenn sie mir auch zu gern den Tarif fürs Telefon aufgeschwatzt hätte, das heimlich alleine surft. Sie hat mir nämlich ehrlich gesagt, dass ihre Angebote nicht leisten, was ich wünsche. Und dass alle Grenzgänger genau das Gleiche monierten. Als ich mich bedankte und gehen wollte, kam sie mir nach und flüsterte. Ich solle mir ein unblockiertes Handy ohne Vertrag kaufen, besser in Deutschland. Denn die französischen von Telefonanbietern seien alle blockiert. Und vielleicht sogar eins mit zwei Sim-Karten - für eine deutsche und eine französische. Und einfach mal im Internet vergleichen. Aber als Grenzgängerin ja nicht in ihrem Laden kaufen ... (der übrigens gähnend leer war, auch nach einer Stunde noch).

Ich habe gerade im Internet geschaut, wo man Handys ohne Vertrag günstig bekommt. Den Weg heute hätte ich mir sparen können. Aber auch beim freien Internetkauf nach Gusto heißt es aufgepasst: Preisunterschiede von bis zu 300 Euro (Handys ohne Abonnement) beim gleichen Modell sind nicht selten. Nein, ein Handy kauft man heutzutage nicht ganz fix ein. Und mit "Beratung" besser überhaupt nicht. Die bekommt man besser in Spezialforen im Internet oder bei Tests daselbst. Inzwischen bin ich so weit, dass ich wahrscheinlich gar kein Smartphone mehr will. Was für eine Abzocke allüberall! Was für Umstände, sich zu orientieren - wer bezahlt mich eigentlich für diese verlorene Arbeitszeit? Ich werde mir wahrscheinlich für das Geld Bücher kaufen.

7 Kommentare:

  1. Ach ich fühle mit Dir. Ich hab ja den Vorteil eines "Inländers"... ich verweigere mich dem Ganzen einfach, wenngleich auch nicht dem Handy an sich. Ich hatte jahrelang einen Palmorganizer, dann, als die Kinder Notfallnummern brauchten (wie auch immer wir ohne groß geworden sind) hatte ich auch endlich ein Handy. Mit einem aufgeschwatzten Vertrag, allerdings (damals) der mit billigste, den es gab. Entsprechend war auch das Handy. Aber je nun, ich telefoniere eh ungerne, unterwegs schon gar nicht. Wenn ich aus dem Haus gehe, bin ich eben nicht zu Hause. Per Telefon unerreichbar. Sehr angenehm.

    Dann hatte ich vor vier Jahren mir einen Palm-Handy gekauft, so eine Art Blackberry für Technik-Urgesteine. Damit ich nur noch ein Gerät dabei habe, und den Palm(Kalender) brauche ich wiederum unterwegs sehr viel. Alles immer noch mit dem Uraltvertrag.

    Vor ein paar wenigen Monaten gab dann dieses Handy den Geist auf und ich stand da, wo Du nun stehst. Nun geb ich mir ja ab und an die Attitüde eines Nerds, also schaute ich mir die Androidhandys an. Meins hat nun 200,-- gekostet, vor einer Woche hab ich meiner Tochter eins für 80,-- gekauft mit dem ich auch zufrieden gewesen wäre. Internet-per-Handyteil hab ich ausgeschaltet, mein Handy geht nur zu hause per Wlan ins Netz. Ich will unterwegs nicht ins Internet, schon gar nicht mit so einem Winzlingdisplay.

    Wenn ich aus dem Haus gehe, bin ich unterwegs. Was soll ich da surfen.

    Selbstredend habe ich immer noch den Uraltvertrag. Keine Ahnung, was ich da zahle. ;-)

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  2. Herrlich, dass es auch Männern so geht und vor allem solchen, die online wie Nerds wirken ;-)
    Ich muss morgen im Ausland (D) in einer fremden Stadt einen Bus aus Österreich, der aus Frankreich kommt, zu einer Stadtführung abpassen. Typischer Fall für Handyfreuden, falls eine Seite z.B. im Stau stünde oder sich verfahren würde oder oder ...

    Nun habe ich mich erinnert, wie man das früher gemacht hat. Habe der Reiseleiterin einen handgezeichneten Plan gemailt. Mit Bushalteszelle und Treffpunkt. Dickes Kreuzchen. Und ein anderes Kreuzchen beim Café um die Ecke mit der Ankündigung, dass ich da bei Regen oder Verspätung sitzen werde. Und je mehr die sich verspäten, desto größer wird meine Rechnung dort ;-)

    Trotzdem gehe ich vorher in den Handyladen und versuche alles, mein olles Ding entsperren zu lassen, mir ist einfach unwohl, wenn's um Termine und Geld von anderen geht ...

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  3. Das erinnert mich an meine Odyssee beim Versuch, eine WLAN-Verbindung für meinen Kindle zu bekommen! Selbst an den Hotspotstationen und bei McDonalds wussten sie nicht Bescheid. Ich habe letztens ein Handy geerbt, dass ich immer dann brauche, wenn ich es gerade brauche-unterwegs oder wenn das Festnetz ausfällt. Solange es seinen Zweck erfüllt, behalte ich es. Die Beschreibung deiner Ausflüge in die Technikwelt ist aber immer, wie so vieles andere, ein reines Vergnügen für mich!

    Herzlichst
    Christa

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  4. Christa, der Kindle (wie auch Smartphones) sucht sich doch seine Verbindung selbst! Ist WLAN öffentlich und kostenlos, bist du mit einem ok-Klick im Netz, ist es nicht öffentlich, fragt er dich nach dem Passwort. Das ist alles. Du musst nur im Kindlemenu aus dem "Flugmodus" raus online gehen. (Flugmodus = WLANeinwahl deaktiviert)

    Freut mich, wenn ich amüsieren konnte. Ich hab mein Telefon wieder aktiviert bekommen. Die Telekom hatte als Grund nur eine fadenscheinige Ausrede - ich hätte seit einem jahr nicht telefoniert, dann würde die Karte deaktiviert. Das war definitiv nicht der Fall. Und benachrichtigt wird leider derjenige, der einem das Ding mal geschenkt hat (!), nicht der Besitzer des Accounts, von dessen Konto das Geld auf die Karte fließt!
    Das hat mir die Lust am Smartphonekauf endgültig vermiest, ich hab das alles noch mal durchgerechnet und spare mir das Geld für Wichtigeres. Kosten und Nutzen stehen einfach in keinem Verhältnis zueinander - inklusive der depperten Telefonanbieter.
    Herzlichst, Petra

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  5. Oh ja!
    Ich hab vor einer Weile mal eine Zehenspitze in diesen Sumpf gesteckt; das hat mir gereicht.
    Ich habe kein Handy, geschweige denn ein Smartphone, und das wird absehbar auch so bleiben.
    Ich habe nicht einmal ein "richtiges" Telefon, sondern bloß das VoIP über den Computer.
    Und Skype. Da ich ebenfalls international arbeite, ist Skype sowieso für alle Beteiligten die bessere Lösung.

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  6. Naja, Telefon ist Telefon, egal wie's aussieht. ;-) Aber ausgerechnet Skype läuft hier nicht, weil ich dazu ADSL bräuchte und das gibt's in meiner Gegend wiederum angeblich nur per Satellit. Das nennt man dann französische Pampa ;-)))

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  7. Admin: Kommentar gelöscht wegen Werbelink

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