Ohne Wünschelrute
Ich bin eindeutig nicht mehr up-to-date, aber Schriftstellern unkt man ja nach, dass sie hoffnungslos technikfeindlich und reaktionär seien. Ich gehe einkaufen und habe mindestens drei Themen in der Tasche. Ich muss mir das Getwittere beim Bäcker anhören und schon ist eine Satire geboren. Freunde treffe ich vorwiegend von Angesicht zu Angesicht, also Face, nur ohne Book, manchmal auch mit. Schon platzen wir gemeinsam die Themen heraus. Manchmal finde ich eins auf der Straße. Viele Themen drängeln sich, quaken von einer Warteliste, wann sie endlich in mein Blog dürfen. Woher kommt all das Zeug? Wo ich doch webtechnisch absolut unsocial bin, ja geradezu asozial. Noch macht es in meinem Kopf nämlich Heureka und nicht Xing.
Früher hatte ich ja mal Angst, mir fiele plötzlich irgendwann kein Buchthema mehr ein. Damals, als blutige Anfängerin, glaubte ich, man müsse Ideendatenbanken für schlechte Zeiten anlegen. Auf meinem Computer lagern lachhafte Ordner à la "Wenn ich groß bin, will ich eine echte Idee für ein Buch werden". Sie sind alle abgeheftet im Superordner "Müll, aber irgendwie zu schad zum Wegwerfen, weil so schön lächerlich". Betabücher statt Betaversionen.
Hach, ich stell mir das entspannend vor, im Social Web Themen zu finden, sie ordentlich zu verwalten und abzuordnen, zu sharen, downzuloaden und im richtigen (!) System bookzumarken. Um dann endlich Bücher zu schreiben, die ordentlich nach markigem Book aussehen, creativ gewritet sind, in e-version, guglgehupft und unter dem Schutz fetter Flugzeugträger gegen Onlinepiraterie stehen.
Ich Depperl habe mit meinen Themen nämlich nur Stress. Die suchen mich! Steht plötzlich im Traum so eine Tussi da und ruft: Nimm mich, ich will deine Hauptfigur sein! Steckt plötzlich eine Idee in der Hirnwindung fest, rückt nicht vor und nicht zurück - kurzum, ich armer Tropf bin dazu verdammt, sie da rauszuschreiben. Von wegen Themen suchen. Wie viele KollegInnen werden heimtückisch von ihren Themen gefunden und eiskalt überwältigt!
Und hat sich schon mal einer Gedanken gemacht, was man mit diesem Rattenschwanz an Möchtegernthemen macht, die einen ständig verfolgen und keine Sekunde aus den Augen lassen? Ach so, Follower nennt man das? Den Vorgang kann man umkehren? Followst du mir, follow ich dir und steck dich in mein Note-Book? Na, da mach ich doch sofort eine Playlist draus und beam die zu meinem Agenten, diesem menschlichen ... jetzt fehlt mir doch tatsächlich das Neusprech für diesen Knotenpunkt zwischen Providerzentrale und User ... ach Sie wissen doch, wo man die Papers für die Books verkauft, damit sie einer druckt und viele lesen. Unsocial habitude. Die Kathedralen dieser asozialen Religion nennt man Bibliotheken. Dort darf man beim Lesen zwar einen zwitschern, aber nicht zu laut twittern. Aber welch ein Traum, mal einen Tag lang faul und genüsslich ein Buch zu lesen und net working!
Themen suchen nach Rezept? Finde ich persönlich auch ziemlich daneben... Da kannich dir zustimmen, wenn du sagst, man geht einkaufen und kommt nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit einer Handvoll neuen Themen nach Hause.
AntwortenLöschenSo ist mein Blog überhaupt entstanden, dass mir nämlich Dinge durch den Kopf gingen, die ich einfach mit der Außenwelt teilen wollte - oder musste... ;-)
Schönen Gruß!
Ja Paramantus, so ein Kopf ist ein wunderbares Instrument!
AntwortenLöschenAllerdings will ich ja den unterschiedlichen Arten von Bloggern schon Gerechtigkeit widerfahren lassen, es mag sein, dass es Bereiche gibt, wo man allein mit Kreativität nicht weiter kommt.
Wenn ich aber den Zeitaufwand und diese moderne Verpflichtung zur Dauer(schein?)kommunikation betrachte - wann darf ich dann noch schöpferisch tätig sein?
Schöne Grüße,
Petra