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29. März 2020

Tag 13 - Was fürs Herz!

Meteo France warnt heute in der Dordogne davor, Schneemänner zu bauen. Auch wenn es verführerisch sei mit all dem Schnee, das Confinement, die Ausgangssperre, gelte nach wie vor. Und sie ist inzwischen vorläufig auf den 15. April verlängert worden. Wenn man jedoch betrachtet, dass der mitten in den Osterferien liegt und ein plötzliches Reisen so früh katastrophal würde, rechnen wir insgeheim mit dem ganzen April. Das mit dem offenen Ende hört sich halt besser an als das, was der Wissenschaftsrat längst empfiehlt: den ganzen Monat einigeln. Heute gelingt es leicht: Der Winter ist kurz zurück. Nach 19 Grad zu kalt. Verrückte Zeiten.

Spazierengehen mit Wildbienen - das geht auch auf der kleinsten Blüte.


Schaltet man die Katastrophenbilder und die Meldungen all der Besserwisser und Dummbeutelschwätzer mal weg (und das ist überlebenswichtig), bleibt doch auch eine Menge Kurioses, Schönes, Hoffnungsvolles. Darum soll es heute gehen.

Auch wenn sich mein Gehdrang noch nicht an die neuen Einschränkungen gewöhnt hat, lerne ich derzeit von Bilbo, einfach kleinteiliger und intensiver zu erleben. Gestern hätte er alle Zeit der Welt gehabt, wir hätten theoretisch in aller Heimlichkeit in den Wald ausbrechen können, aber der Hund wollte partout zurück. Viel zu früh kehrte er mitten in einer Pfütze um, zielstrebig. Er hatte sich auf dem Hinweg auf der Wiese ein spezielles Mausloch gemerkt. Und nichts auf der Welt hielt ihn ab, dorthin zurückzukehren.

Die Maus wird sich ein neues Bett bauen müssen. Und Bilbo zeigte mir, dass halbstündiges Wühlen im Untergrund, ein leckeres Düftchen in der Nase, eine Stunde Waldgang völlig ersetzt. Die kleinen unterirdischen Welten mit ihren gewundenen Gängen und Herausforderungen, den feinen Spuren vergangener Besucher, können so spannend sein! Und dann einfach hechelnd und erschöpft vom Graben sich hinschmeißen, in der Wiese liegen, den Hügelkamm und den Waldrand betrachten. Dort standen drei Rehe und blickten auf uns. Der Hund war zu ausgepowert, um auch nur aufzustehen. Die Rehe verlieren ihre Scheu, seit es kaum noch Menschen gibt. Und so sog auch ich den Horizont in mich ein, den zart grünenden Waldrand mit seinen weißen Blütenschleiern. Die jetzt aufblühenden Schlüsselblumen und das Wiesenschaumkraut.

Nachdem sich der Hund zuhause in die Sonne gelegt hatte, machte ich es ihm nach: Ich ging auf Expedition zwischen Blumentöpfen, besuchte fremde Ameisenstämme und grüßte Kellerasseln, mischte mich still unter Wildbienen und lachte mit einer fetten, dicken Hummel. Der Hund hat ja so recht. War es eine Handvoll oder ein Spaten voll Boden? In dem sollen mehr Kleinstlebewesen existieren als Menschen auf dieser Erde! Was nehmen wir uns eigentlich so wichtig? Im Prinzip sind wir Konglomerate aus Sternenstaub, im Darm besiedelt von noch einmal jeder Menge Kleinstlebewesen - und wir trampeln auf diesem belebten Boden herum und bilden uns wer weiß etwas ein. Ich gehe im Blumentopf mit den Augen spazieren und frage mich, wie sich das Bodenleben da drinnen wohl fühlen mag? Regenwürmer sorgen für Extrahumus - ihnen geht es gut.

Die Riesenhummel, die seit Tagen mit mir darum kämpft, ein Nest in der Wohnung bauen zu dürfen, kommt zurück, brummt mit Karacho gegen meine neugierige Nase. Ich lache und denke an den schönen Text übers Lachen: "Jauchzet und frohlocket" von Schwesterfraudoktor.

Auf eine fast perverse Art (so urteilt aber nur der Arbeitsmensch in mir) genieße ich es, derzeit durch zwingende Umstände von so viel Ballast und vermeintlichen Verpflichtungen freigestellt zu sein, die eigentlich nicht wirklich zu etwas führen. Wir geben damit an, wie fleißig und funktionabel wir sind; glauben, überall mitmischen zu müssen, weil wir sonst out wären. Und jetzt, wo wir alle out sind, nämlich auf die eigenen vier Wände zurückgeworfen, spielt es plötzlich keine Rolle mehr, ob der Banker zur virtuellen Konferenz unterm Tisch nicht Jogginghosen trägt. Foodporn darf endlich mal entspannt aus der Büchse kommen und Schokolade ist gesund, weil sie Wohlgefühl macht. Chaos, Unordnung, unaufgeräumtes Leben werden vorzeigbar. Was bleibt von den botoxgespritzten Dauer-Um-Die-Welt-Jettern, die eine Challenge nach der anderen runterreißen, ohne ihre lackierten Langkrallen dabei zu verlieren, wenn sie auf sich selbst und ihre Klopapiervorräte im gewissen Örtchen zurückgeworfen sind?

Apropos Challenges ... die gibt es natürlich weiterhin. Und sie werden verdammt kreativ. Eine, an der ich mich nicht satt sehen kann, kommt aus den Niederlanden, entstanden aus #stayathomechallenge. Man muss ja durchaus mal Kinder oder sich selbst bespaßen! Bei der Instagram-Challenge #tussenkunstenquarantaine geht es darum, in den eigenen vier Wänden mit Alltagsgegenständen berühmte Kunstwerke nachzustellen, die dann auf eben diesem Account auch gesammelt werden. Ich bin beeindruckt von der Kreativität der Menschen - und wie liebevoll und mit Humor sie sich als Kunst inszenieren. Natürlich sind Massenszenen nicht erwünscht und so werden nackte Putten auch mal mit Barbiepuppen nachgestellt. Unbedingt reinschauen - vielleicht inspiriert es ja zu einem Tag mit Verkleidungen?

Ich genieße diesen Tag doppelt und dreifach: Zum Sonntagsfrühstück wurde die fieberhaft gehortete Packung mit den Schoko-Muffins geöffnet. Zur Feier des Tages, weil ich in den nächsten Tagen den schweren Gang zum Einkauf gehen muss. Ich will ja am liebsten gar nicht mehr einkaufen müssen. Aber weil dann wieder Nachschub kommt, können jetzt die Schoko-Muffins weg. Hat mich je vorher geschert, wie wertvoll, luxuriös und wohltuend ich die mal finden könnte? Sie waren jederzeit verfügbar ...

Das miese Wetter mit seinem fiesen Temperatursturz versammelt die Warmblüter um den Elektroheizer. Das Schnarchen von Bilbo auf seiner Fleece-Schmusedecke klingt eindeutig: Heute kein Trara mit Passierschein, er nimmt stattdessen Kuschelorgien, Spielen und kleine lustige Fetzereien und Leckerli zum Austausch. Dafür kann ich das machen, wonach mich so sehr dürstet, was mich stabil hält, was mich in der Welt verankert neben den Spaziergängen in Blumentöpfen: die Kunst. Ich fühle mich so privilegiert, dass ich sie habe. Aber jede und jeder kann das mit den Art Journals ...

Ich denke, wenn ich im April etwas mehr Luft habe, spontan einen virtuellen Workshop dazu zu geben. Mir fallen ja meine realen Workshops vorläufig aus. Anders als andere, die jetzt professionell mit dem tollsten technischen Equipment loslegen, kann ich damit gar nicht punkten. Mein Smartphone ist älter, ich hab auch kein Stativ dafür. Kommt es wirklich auf perfekte Videos an?

Wir leben und werkeln doch derzeit alle irgendwie improvisiert von Tag zu Tag. Drum will ich das frech einfach machen, ohne Rücksicht darauf, dass andere so etwas generalstabsmäßig in Studiomanier planen. Vielleicht wird mein Workshop hauptsächlich aus Fotos bestehen und nur aus sehr kurzen Videos. Es kommt auf die Kommunikation an, denke ich. Die könnte parallel über Signal laufen, wo man die Fotos austauschen kann.

Was ich auch mache: Mich nicht mehr unter Druck setzen. Druck ist genug von außen da. Wir müssen uns auch selbst ganz dringend pflegen und uns gut tun. Also wurschtle ich jetzt einfach im Atelier herum. Und wenn mir danach ist - und nicht vorher, könnte ich virtuell basteln mit denen, die sich für Art Journals interessieren. Diese kreative Form von Papierbastelei, die jeder beherrschen kann, ist nämlich auch eine ganz große Hilfe für die eigenen Emotionen, die innere Kraft!

Habt noch einen hoffentlich erholsamen Sonntag!

24. März 2020

Tag 8 - Confinement

Gestern abend entdeckte ich in einem Vorratsschrank unverhofft eine Tafel Schokolade, die irgendwo dazwischengerutscht war. Ich gönnte mir einen Exzess: Zwei dicke Rippen (Vorratshaltung!) auf der Zunge zergehen lassen und dazu einen klitzekleinen braunen Rum. Ich konnte prompt einschlafen, auch wenn die Träume mit den Tagen immer wirrer werden.

Bloß nicht darben jetzt! Auch Augen und Seele müssen essen.


Massig Arbeit hätte auf mich gewartet, die Deadline am Monatsende kreischt. Aber den ganzen Vormittag verbrachte ich damit, all die neuen Amtserlasse zu studieren, die mich betreffen und die sich täglich ändern oder erneuern. Auch der Staat und die Behörden sind im Learning-by-Doing-Modus. Und es eilt und ist wichtig: Was bekommt man gestundet (z.B. Steuern und Sozialabgaben), wie muss man die nächsten Monate deklarieren, reagieren? Ich werde per Handy und SMS informiert und bin zunächst fürchterlich erschrocken, wer so alles meine Nummer hat. Aber den meisten hatte ich sie selbst gegeben. Und der Staat lässt einfach die Telefonanbieter verbreiten.

Danach und vor allem nach dem Wintereinbruch mit Sturm (16 Grad weniger) musste ich nach draußen. Bilbo quakt neuerdings nach seinem Passierschein und ich warte nur noch darauf, dass er ihn apportiert. Wir haben uns dann in den nahen Wald gestohlen, in dem ich eh nur gefühlt dreimal im Jahr Menschen sehe, meist Waldarbeiter. Ich brauchte doppelt so lange wie sonst, bis sich die Gedankenmühle nicht mehr drehte und die Augen wieder einen Blick bekamen.

Es ist so wundervoll (wenn auch schweinskalt) in der Natur. Überall singende und balzende Vögel. Hainbuchen und Weißdorn breiten sanft grüne Schleier ins Unterholz und die Wildkirschen weißen Blütenschnee in die noch kahlen Gipfel. Ich kaue beim Laufen frische Wildkräuter und Hainbuchentriebe, um die jämmerliche Vorratsküche mit Vitaminen und Mineralstoffen aufzupeppen. Um den Frühling zu schmecken.

Bilbo hat überglücklich im Morast all die Wildspuren erschnüffelt und ich habe ihm auch seinen Spaß gelassen, wenn er bei einem Büschel Gras jeden Grashalm einzeln durch die Nase und manchmal das Maul zog, nur, weil die von einem Reh gestreift worden waren. Derweil ging ich mit den Augen in all den Miniaturwelten am Boden spazieren: blasslila Waldveilchen und sonnenglühendes Scharbockskraut, nickende Buschwindröschenknospen und saftgrüne Moosmatten, Gelbflechte auf Flechtengraugrün. Es war einer dieser Tage, wo ich noch Stunden hätte laufen können, aber wir mussten umkehren - wir legen die Wohnungsnähe ohnehin schon großzügig aus.

Ich habe Bäume umarmt und versucht, mir auch nur annähernd vorzustellen, was sie alles erlebt hatten, wie stark sie Unwetter und Insektenbefall und Katastrophen überleben. Ich habe Bäume umarmt und Rinden gestreichelt und Bilbo hat nur geschaut, als verstünde er die Begrenzung von Menschen: zur vielsagenden Pee-Mail am Stamm reicht's dann bei uns doch nicht.

Nach anderthalb Stunden Schnuppern, Schmecken und Staunen bin ich dann gepflegt zu Hause zusammengeklappt. Normalerweise hätte ich mich an die Arbeit gezwungen, heute bin ich am hellichten Tag ins Bett. Erschöpfungsschlaf. Am Spätnachmittag dann ein Kaffee vor der Haustür. Ein Schwätzchen über die Straße hinweg. Ich bin nicht die einzige, die manchmal einfach nur noch Gemüse ist. Die Sorge um manche Angehörige, die man nicht sehen darf, zehrt sehr. Wir lachen: Das sind erst acht Tage und wir sind schon Brokkoli? Wie wollen wir in 14 Tagen aussehen?

Dagegen muss man dringend etwas tun: Sich auf der einen Seite völliges (?) Versagen gönnen. Im Ernstfall eben nicht funktionieren. Wer hat überhaupt diese Idiotie erfunden, dass der Mensch funktionieren müsse, sich gar optimieren? Und auf der anderen Seite ist das Wohlfühlen wichtig. Ich koche jetzt etwas Leckeres aus der Vorratsküche und reiße die Tüte mit dem TK-Brokkoli an. Omen es nomen oder so. Zum Dessert irgendein Schoko-Pseudosahne-Zeug aus dem Becher, weil das Zeug halt ewig lange hält und nach Schoko schmeckt. Was da drin ist, wollen wir gar nicht wissen. Hauptsache, es ist haltbar. Und dann Dr Who im Fernsehen. Weil der immer gut tut. Und weil man den eigentlich langsam mal rufen könnte auf dieser Welt?

Bleibt gesund - ich wünsch euch allen viel Kraft und auch Kraft fürs Loslassen und Versagen!

23. März 2020

Tag 7 - Confinement Jour 7

Triggerwarnung: Dieser Beitrag kann starke Spuren von Ironie enthalten!
Gott durfte am siebten Tag ruhen, ich muss heute hart arbeiten, weil ich am sechsten Tag ruhte. Wir zählen die Tage des Confinement, was aus dem Lateinischen kommt: cum = mit und finis = Grenze. Man kann das so oder so sehen: Man steckt fest in einer Begrenzung von allen Seiten - darum wäre z.B. ein Confinement im Knast die Isolierhaft. Oder man ist Optimist und findet: Der Zustand ist begrenzt, er wird wieder aufhören. Das Confinement total bedeutet auf Deutsch schlicht Ausgangssperre. Aber auch wenn es sich in manchen Familien so anfühlen mag, bedeutet dies noch lange nicht Knast!

Im Moment sind die meisten Spaziergänge etwas kleinteilig. Gestern habe ich mich durch Moosurwald bis zu einem erstaunlich riesigen Berg gekämpft, der knubbelig rund in der Sonne wärmte. Es war recht einsam unterwegs: Ein paar freundliche Ameisen grüßten kurz und eilten weiter, eine winzige Spinne glotzte mich neugierig an.


Lebenswichtige Erledigungen sind erlaubt, allerdings braucht's für jede einzelne einen einzelnen Passierschein, den man auch handschriftlich abeschreiben darf, schließlich haben die wenigsten Druckerpatronen gehamstert. Dazu zählt (noch) Einkaufen in den wenigen offenen Läden (Lebensmittel, Apotheken), der Gang zur Arbeit in unabdingbaren Berufen und mit Extrabescheinigung des Arbeitgebers, aber auch Einzelsport oder das Ausführen von Kindern und Hunden an der Leine. Letzteres soll in der Nähe der eigenen Wohnung stattfinden und "kurz" sein. Auf französisch lässigere Art habe ich Bilbos Passierschein mit einem Datum ab X und dem Zusatz "täglich" versehen, denn auch meine Druckertinte ist knapp. Wobei Monsieur meint, bei Schweinswetter seine Möglichkeiten gar nicht ausnutzen zu wollen.

Apropos Schweinswetter ... der Gang ins Büro war heute extrem beschwerlich. In kleineren Behältern war bei minus ein Grad draußen das Wasser gefroren, der sehr stürmische Wind pfeift eisig ins Gebein. Auf dem Weg zum Tor musste ich mich hart gegen den Sturm stemmen. Vor dem Tor hielt ich kurz an, um mir ein Bild von der Verkehrslage zu machen - wie immer ein fürchterlicher Stau ... an Luft. Weil es auf der Straße gut aussah, entschied ich mich für einen Abstecher in die nächste Kaffeebar. Im La Cuisine erwartete mich mein Kumpel Bilbo, im Radio spielten sie die Supremes mit  "Stop, in the name of love" und meinten kichernd, damit sei bestimmt der neue Sicherheitsabstand gemeint. Ich stürzte den Espresso hinunter und wiederholte den Gang von der Haustür zum Tor und wieder zurück, um endlich ins Homeoffice zu kommen.

Dort erwartete mich eine grummelnde Chefin. Ich sei zu spät. Wahrscheinlich hatte sie aber nur schlechte Laune, weil sie ebenfalls durchgefroren war. Der Inspirational Manager nahm Platz an der Heizung. Von seinem Kopf, der auf einem Kissen auf der Heizung liegt, dringt Stöhnen und seufzendes Schnarchen zu mir. Er will mir damit sagen, dass der Passierschein für heute nicht nötig sei, Schweinswetter eben. Er will mir damit sagen, dass es gesünder sei, gemeinsam an der Heizung zu kuscheln, zwischendurch Leckerli abzuwerfen (in seine Richtung). Es würde vollkommen ausreichen, draußen kurz Fangeles miteinander zu spielen. Ich nutze die gewonnene Zeit für die langen Telefonate mit Teilen der Familie, die ich auf unbestimmte Zeit nicht mehr besuchen und sehen kann. Was das mit mir macht, verdränge ich.

Dann fällt mir auf, wie schlau es doch ist, erst am siebten Tag zu ruhen und sich die Schöpfung nur rückblickend zu betrachten. Nicht auszudenken, wenn es im Schöpfungsbericht geheißen hätte: Und er hielt am dritten Tag inne und sah, dass es zwar kein Tohuwabohu mehr war, aber immer noch ein Gewusel und Chaos! Wir haben uns damals im Theologiestudium den Kopf darüber zerbrochen, wie jemand Allgegenwärtiges sich so einschrumpfen kann, dass da eine neue Welt entsteht. Dabei ist die Lösung so simpel: Man muss einfach nur zuhause bleiben! Eines Tages steht man auf, dreht den Nachrichtensender an und erfährt, dass sich da draußen ein neues Gewusel vermehrt und nichts mehr ist wie zuvor geplant. Das wuselt von ganz alleine.

Wenn ich mir solche Geschichten ausdenke, die ich im Kopf übrigens grundsätzlich als Comic gezeichnet sehe, dann scheine ich an einer Art Ausgangssperren-Hirnerweichung zu leiden. "Corona" war heute zum ersten Mal in einen Traum gewandert. Ein Schokoladenzwerg mit Namen Corona (!) verlangte von mir einen "Schein", mit dem ich beweisen sollte, dass ich amtlich autorisiert sei, zu träumen! Ich bekam eine leichte Panik wie in diesen Träumen, in denen man das Abitur machen muss und durchfällt. Ich suchte in den Hosentaschen. Was würde passieren, wenn ich den Schein nicht fände? Schokoknast bei Kakao und Schokolebkuchen? Die Panik wuchs. Was, wenn der Kerl mich aus meinem Traum schmiss und da draußen nicht rechtzeitig eine Wirklichkeit aufgefaltet würde? Zum Glück weckte mich der Hund in seine Wirklichkeit, die das in diesem Moment Wichtigste der Welt beinhaltete: Pipi machen. Wir werden in diesen Zeiten zurückgeworfen auf die duftenden Essenzen des Daseins!

Ich trage übrigens gerade eine Mütze. Den Bad Hair Day nehme ich nur als Ausrede, außer der Postlerin wird mich heute wohl niemand Fremdes sehen. Mein alter Computer hat auch keine Webcam. Mir ist eingefallen, dass irgendein berühmter Schriftsteller zum Schreiben stets einen Hut getragen haben soll, als Ritual, um Beginn und Ende des Arbeitens zu markieren. Mir fällt das schöne Wort "behütet" ein. Ich will mich behütet fühlen, ist es das? Oder fehlt mir diese Mütze voll Schlaf, die mir der Schokozwerg geklaut hat? Ich denke nicht weiter nach, es fühlt sich kuschlig warm an an einem solchen Tag.

Plötzlich haut ein neuer Zweitjob rein, der eigentlich kein Job ist. Den so viele in diesen Tagen leisten, ohne je darauf vorbereitet worden zu sein: Familienangehörige, Freunde, Bekannte am Telefon beruhigen, ein wenig Kraft spenden, während man sich selbst jämmerlich fühlt. Tragik an allen Ecken und Enden. So viele Betreuungsstrukturen brechen gerade weg, Orte, an die vor allem die Zerbrechlichen gehen konnten, feste Strukturen, die Verlässlichkeit boten. Mein Vorschlag, während der Schließung der Eisdielen einfach ins La Cuisine zu gehen, kommt an. Ich suche nach einem besonders einfachen Eisrezept für die Vorratsküche - das will ich beim nächsten Mal weitergeben. Ich telefoniere mir derzeit oft fast das Ohr ab. So viele Menschen sind eben nicht per Messenger oder Social Media unterwegs, die menschliche Nähe brauchen.

Meine innere Chefin schimpft. Ich soll endlich an die Arbeit. Diese Disziplin gibt Halt, weil ich seit drei Tagen jegliches Gefühl für Wochentage verloren habe. Und so ein kleines inneres Teufelchen sagt, man könne ja durchaus vormittags herumfaulenzen und stattdessen in den schlaflosen Nächten arbeiten. Zum Glück habe ich den Inspirational Manager. Der wiegt bedächtig den Kopf, als wolle er sagen: Das mit der Schlaflosigkeit denkst du nur. Du hast geschlafen. Denk an den Schokozwerg!

Bevor ich an den denke, arbeite ich lieber ... g'habt's euch wohl, bleibt gesund und bis bald im La Cuisine!

21. März 2020

Neue Möglichkeiten

Mangels Zeit kippe ich hier mal ein paar Lektüretipps ab.

Eine Kunstinstallation des Künstlers JR während seiner Ausstellung in Baden-Baden (Foto PvC)


Sie sind geeignet, die derzeitige Lage in positiver Weise zu reflektieren und zu überlegen: Können wir daraus etwas lernen für all die anderen anstehenden Probleme und womöglich für eine lebenswertere Zukunft?
Es gibt dabei zwei Hauptfelder: die Wirtschaft und das menschliche Miteinander. Oder wie der Zukunftsforscher Matthias Horx in einem der Beiträge denkt:
Verzichte müssen nicht unbedingt Verlust bedeuten, sondern können sogar neue Möglichkeitsräume eröffnen.

Lesetipps:
Tim Jackson: Let’s Be Less Productive.
Adam Tooze: Coronavirus has shattered the myth that the economy must come first.
Matthias Horx: Die Welt nach Corona: Wie wir uns wundern werden, wenn die Krise vorbei ist.

18. März 2020

CN Es kommt hier mehr Virusgebabbel

Ich kann nicht anders - es beherrscht unser Leben im Moment und es hilft sehr, darüber zu sprechen. Also werde ich weiter einige Eindrücke in Sachen Viruskrise schildern und die Beiträge mit empfindlichen Inhalten werde ich für empfindliche Menschen mit CN markieren, dem etwas leichteren Warnkürzel vor der Triggerwarnung (TW). Aber eigentlich schildere ich nichts, was man nicht selbst draußen sehen oder in der Zeitung lesen kann. Außerdem bitte beachten: Meine Eindrücke sind absolut subjektiv (in Isolation eh), stammen aus Frankreich (andere Lage als in D) und können am nächsten Tag schon völlig überholt sein!

Morbide Zeiten


Ich möchte eigentlich demnächst ein wenig mehr auf der Meta-Ebene schauen, was sich an Gutem entwickelt, was Hoffnung gibt oder woraus wir etwas lernen können. Denn diesen Stress übersteht man tatsächlich besser mit positiven und konstruktiven Gedanken, die ja auch das Immunsystem irgendwie beeinflussen. Ein Gucktipp hier - Fotos aus Strasbourg von der totalen Ausgangssperre, die wir seit gestern Mittag in ganz Frankreich haben. Sie haben etwas Grusliges wie aus einem Film, in dem es keine Menschheit mehr gibt - aber auch etwas anrührend Schönes in ihrer Leere.

Heute Nacht stand ich plötzlich senkrecht im Bett und bekam einen Laufzwang, bin in der Wohnung herumgestromert, kopflos. Schließlich nach draußen vor die Haustür. Habe nach oben geschaut und den Sternenhimmel genossen, diese unendliche Weite ... bin in Gedanken zu anderen Sternen geflogen ... unendliche Freiheit - und Virenvakuum. Ich habe mir sagen lassen, das sei normal. Die Nachbarn seien auch plötzlich mitten in der Nacht auf der Terrasse gestanden. Schlafstörungen sind wohl das Geringste.

Dabei ist das erst Tag 2 der totalen Ausgangssperre. Wie die meisten bekomme ich es gedanklich nicht auf die Reihe, wie man bei der derzeitigen Lage noch leichtfertig sein kann, wie Länder so locker wie in Deutschland damit umgehen oder sich Leute einfach stur widersetzen und in Gruppen abhängen, sich drängen. Die schlimmsten, die dystopischen Bilder zeigt man aus gutem Grund nicht in den Medien, Massenpanik wäre das letzte, was wir brauchen können. Aber vielleicht müsste man sie manchen in die Birne hämmern.

Tatsache ist: Schwere Fälle werden Folgeschäden wahrscheinlich fürs Leben haben. Und das Sterben an COVID zählt zur jämmerlichsten Art des Verreckens überhaupt. Ein Arzt hat es beschrieben, es sei, als ertrinke man an der eigenen Lunge.

Alles halb so schlimm, mich erwischt es ja nicht, ich bin ja jung, ach, das muss einfach alle mal kräftig durchseuchen - solche Worte hört man leider oft, nicht nur in Social Media. Aber jeder einzelne von uns, auch gesund und symptomfrei, kann eben auch gleichzeitig Überträger sein.

Ich versuche trotzdem die meiste Zeit, das Wissen zu verdrängen. Etwa, dass es im Hotspot Haut Rhin mit Mulhouse (ich berichtete über die Entstehung) jetzt wirklich wie in einer ekligen Netflixserie zugeht. Heute startet einer von drei "Sanitätszügen", die vom Militär organisiert und abgeschirmt werden (sie fahren meist nachts). Sie transportieren Schwerstfälle in andere Kliniken des Landes, weil im Haut Rhin keine freien Kapazitäten mehr da sind. Die ÄrztInnen dort, wie das Pflegepersonal körperlich und psychisch oft am Limit, erzählen vom Sterben ohne Angehörige und davon, dass sie demnächst entscheiden müssen, wer überleben darf und wer nicht. Weil es nicht genug Beatmungsmaschinen gibt.

Dabei leiden sie nicht nur an der besonderen Herausforderung, dass dieser Virus die Lungen zerstört, sondern auch am neoliberalen Zusammensparen im Gesundheitswesen. Noch vor Wochen gab es deshalb verzweifelte Demonstrationen. Macron scheint im Moment umzulernen, aber die Verhältnisse sind ja geschaffen. Auch im Bas Rhin sind die Kapazitäten fast ausgeschöpft, ein Militärkrankenhaus ist nun geöffnet worden.

Kaum zu ertragen ist außerdem, dass dem Gesundheitspersonal die Sicherheitsmasken ausgehen, die neuen Lieferungen immer nur tröpfchenartig kommen - alle vier Stunden müssen sie gewechselt werden, um nicht selbst ansteckend zu werden. Derweil die Nachrichten, dass Dreckskriminelle zehntausende Masken stehlen und antisoziales Gesindel Masken hortet, um damit Geld zu machen. Das sind übrigens die zivilisiertesten und seriösesten Bezeichnungen, die mir für solche Leute einfallen, im Kopf habe ich ganz andere Verwünschungen.

Es geht aber auch lustig zu in diesen Zeiten und entspannt. Wir brüllen uns über die Zäune zu (die Entfernungen sind hier etwas größer) und bleiben in Kontakt. Ich hänge an Signal wie andere an Whatsapp und tippe mich döselig. Es hilft, darüber zu reden. Wir telefonieren wie die Weltmeister.

Mittags schnappe ich mir Bilbo und seinen Passierschein. Ja, Bilbo hat einen eigenen Passierschein! Den müssen wir während der Ausgangssperre dabei haben und strenge Regeln beachten. Der meine hat ein Kreuzchen bei "Bedürfnisse eines Haustiers befriedigen". Ich darf damit kurz (?) raus, um die Wohnung herum (wie weit ist das nur?) und nur allein, nicht in Gruppen. Wenn mir Menschen begegnen, muss ich Sicherheitsabstand halten. Laufen mit Kumpels von Bilbo fällt flach, was er gar nicht kapiert. Er vermisst es auch, dass kaum einer mehr am Tor vorbeikommt. Als ich oben am Hügel bin, sehe ich eine gute Bekannte weiter unten. Sonst hätten wir aufeinander gewartet. Diesmal gibt's Winkezeichen: "Schön, dich zu sehen, geht alles gut? Halt durch!"

Manche nehmen den Punkt der individuellen Sporterlaubnis (in Wohnungsnähe) des Passierscheins, um Rasen zu mähen. Vor dem Virus war man verärgert, wenn es überall brummte. Jetzt sagen wir: "Ah, der XY mäht, also der lebt noch und dem geht's gut, fein." Die ausschwärmenden Trecker (Aussaatzeit) und die Rasenmäher verkünden Leben. Denn es ist unwahrscheinlich ruhig. Außer extrem wenigen Lieferfahrzeugen ist selbst auf der Landstraße kaum Verkehr. Wir genießen die Wärme, den Frühling, jede Kleinigkeit. Man kann tatsächlich mit den Augen auch in einem Blumentopf spazierengehen.

Es fühlt sich alles so irreal an. Was mich sonst nicht hätte schlafen lassen, dringt kaum noch durch: Ich werde nächsten Monat auf Sozialhilfe sein und muss mir erst einmal durchlesen, welche Soforthilfen ich bekommen könnte und ob und wie. So viele Freie bekommen keine Aufträge mehr, weil plözlich die Budgets fehlen. Und auch im Atelier ist erst einmal Ebbe. Das Museum geschlossen, also auch der Schmuckverkauf dort und die Workshops - auf unbestimmte Zeit verschoben. Gestern dann die Nachricht von meinen Großhändler und Zulieferer in Südfrankreich, dass er auf Notsparflamme zurückfährt, weil er die meisten MitarbeiterInnen ins Homeoffice schicken musste und die Hygienevorschriften für den Versand (genügend Distanz, Schutz für Angestellte) nicht erfüllen kann. Es gibt ja eben keine Masken und Desinfektionsmittel ist seit Wochen ausverkauft. Ich kann noch eine halbe Flasche Leim lang produzieren.

Einerseits ist der Onlinehandel gerade unsere Rettung, weil ja alle nicht überlebenswichtigen Läden geschlossen haben. Wer mal schnell Batterien braucht, wem die Klospülung verreckt oder die Kaffeemaschine, dem bleibt nur noch Amazon. Und das, was in Deutschland zur Rettung des Einzelhandels läuft, wo man fröhlich miteinander packende Buchhandelsangestellte im engen Lager miteinander wurschteln sieht - ist bei uns aus Sicherheitsvorschriften so gar nicht mehr möglich. Zuviel Risiko, diese aufeinanderhockenden Menschengruppen ohne Schutz!

Die Post hat in den Städten weiter geöffnet, aber die Abholstationen dort werden fast alle geschlossen. Nicht, weil man sich von Paketen anstecken könnte - es ist der Publikumsverkehr. Die Viren überleben doch lang genug in der Luft. Geliefert wird im Moment wie in China kontaktlos vor die Haustür. Die Postlerin verlässt das Auto nicht mehr, wirft von dort aus in den Kasten oder hupt und stellt das Paket im Vorgarten ab. Die Lieferanten tragen ein immenses Gesundheitsrisiko und darum sollte man ihnen auch helfen, sich zu schützen. Es mangelt inzwischen an Personal: Viele bleiben zuhause, weil sie jetzt Kinder betreuen müssen oder in Quarantäne sind, für sich oder Familienangehörige. Wir lernen, welche Berufe wirklich wichtig sind, um das normale gesellschaftliche Leben aufrecht zu erhalten. Börsenzocker sind es eher nicht ...

Man wird geduldig. Irgendwann wird wohl auch die Onlineapotheke meine Bestellung ausliefern, die sie sonst innerhalb von 48 Stunden verschickt. Zum Glück ist es nichts Eiliges, nur ein Fieberthermometer u.a.. Ich fand für mein altes einfach nirgends mehr passende Batterien. Vier Tage Aufzeit beim Hundefutterversand. Zum Glück hab ich auch da rechtzeitig bestellt. Bilbo würde zwar mit Wonne selbst Aldidosen fressen, aber die Verdauung ... Immerhin verweigern die Vögel jetzt das Winterfutter - Insekten sind doch leckerer und nahrhafter.

Draußen brummt und summt es, Wildbienen und Wildhummeln saugen sich am Nektar der Frühblüher voll. Und darum werde ich - neben der (vorerst) letzten Arbeit in diesem Monat jetzt doch erst einmal raus in die Sonne gehen, mit dem Hund dasitzen, Kaffee trinken und mit meinem tollen Wildbienenbuch Insekten bestimmen. Es gibt nichts Wichtigeres in diesen Zeiten, als das Leben zu genießen. Und beim nächsten Mal erzähle ich euch von schönen Dingen, die entstehen.

Bleibt gesund!

PS: Und so schnell ändert sich immer etwas. Während ich das schrieb, kommt die Meldung, dass die Kranken von Mulhouse nun doch mit einem Militärflugzeug ausgeflogen werden, nicht per Zug transportiert.

15. März 2020

Ein Tag wie bei Netflix

Boah, fühlt sich das irreal an! Eben im dt Radio die Durchsage, Menschen, die aus Hochrisikogebieten kämen, müssten sich freiwillig 14 Tage in Quarantäne begeben. Das RKI hat den Grand Est zu einem erklärt. Das schien schon irreal, weil der Grand Est ein künstliches politisches Gebilde ist, das bis in die Champagne reicht, mit extremen Unterschieden von Fallzahlen.



Ich bin also ein Mensch aus einem Hochrisikogebiet - und huste dank Frühjahrsallergie übrigens üppig. Dystopische Bilder im Kopf: Noch prüft man uns die Temperatur aufgrund der Autonummer an der Grenze. Ob wir irgendwann etikettiert werden? All die Deutschen, die gestern noch in unseren Läden gehamstert haben - ob die wirklich deshalb in Quarantäne gehen? Welcher Trieb siegt: das Hamstern oder Nachdenken?

Ja, #PhysicalDistancing ist das Gebot der Stunde. Im Grenzland aber fühlt es sich an wie eine Serie von Netflix. Alltag gekappt, Familien gekappt. Wer mich jetzt besucht, soll nicht nur Abstand halten, sondern in Quarantäne. Ich käme mit meiner Husterei gar nicht mehr über die Grenze. Zum Glück habe ich niemanden, den ich betreuen muss. Andere verzweifeln, weil die pflegebedürftigen Eltern vielleicht auf der "falschen" Seite der Grenze leben. Andere werden notgedrungen mit der ganzen Familie in Quarantäne gehen.

Es fühlt sich irreal an, weil hier die Kinder lachend in den Gärten spielen. Weil die Kommunalwahlen wider besseren Wissens nicht verschoben wurden. Restaurants und Bars werden geschlossen, Wahllokale immerhin mal desinfiziert. Ob die Rechnung aufgeht für Macron? Eine geringe Wahlbeteiligung hat bisher immer den Rechtsradikalen geholfen.

Wir sind Hochrisikogebiet, der Frühling ist endlich da, die Sonne scheint. Die ersten Motorradfahrer schwärmen aus, #PhysicalDistancing mit Helm und Kluft und in Abstand. Jemand führt seinen Hund aus. Kinder spielen Basketball und die Straßen sind gespenstisch leer, sogar für hiesige Begriffe. Jemand braust im offenen Cabrio vorbei. Wer uns jetzt aus Deutschland besuchen würde, müsste in Quarantäne. Die Bundespolizei misst uns an der Grenze die Temperatur, nicht aber den eigenen Leuten ...

Das hat etwas Gespenstisches. Es erinnert mich an Tschernobyl. Nicht vergleichbar, aber man konnte die Gefahr auch nicht sehen. Man brauchte Jahre, um das Trauma zu verarbeiten. Einschnitte wirkten nach. Nicht zu vergleichen. Aber ich denke an die Einsamen, die Zerbrechlichen. Für die unser Museum immer ein niederschwelliger Ort für soziales Miteinander war. Die oft nicht im Internet unterwegs sind, die menschliche Zuwendung suchen. Wo mögen sie jetzt sein? Wie werden sie es überstehen?

Ich stelle fest, wie wichtig unsere kleinen Clubs sind: diese Leute haben wenigstens ihre Namen, Kontaktdaten. Und die anonymen? Mir geht auf, wie strunzdumm der Begriff #SocialDistancing ist. Es muss #PhysicalDistancing heißen! Unter #SocialDistancing leiden wir doch schon seit Jahren, das hat uns so egoistisch werden lassen, die Mitmenschlichkeit oft vergessen lassen, die Empathie.

Warum haben wir nicht ähnlich wie beim Klopapier vorgesorgt, dass unsere Einsamen und die Zerbrechlichen auch versorgt sind, wenn wir körperlich auf Abstand gehen müssen, wenn die Grenzen kurz vor dicht sind, wenn die offenen Orte wegbrechen, die Möglichkeiten, ohne Schwellenangst Kontakte zu knüpfen. Manchen ist in diesen Tagen der eigene Hintern näher als ihr Herz. #Klopapiergate ...

Auf der anderen Seite: Der Mensch ist ein zutiefst irrationales Wesen. Angst ist menschlich. Unmenschlich ist es, sie künstlich zu schüren. Der Tag fühlt sich dystopisch an. Ich habe Glück, ich werde heute per Internet hart arbeiten können. Weil ich im Gegensatz zu vielen Angestellten Homeoffice gewohnt bin und Orte für mich keine Rolle spielen. Die Straße liegt immer noch still, Vögel zwitschern um die Wette. Die Kinder haben aufgehört zu lachen. Frühling kommt.

Der Beitrag wurde als #thread zuerst auf Twitter veröffentlicht und hier haltbar gemacht.

13. März 2020

Leben mit dem Virus bei Landeiers

Ich war vorhin zum ersten mal hamstern, was bei uns natürlich viel eleganter heißt: J'ai fait du stock. Nach Macrons gestriger Rede an die Nation schien es an der Zeit. Die war übrigens eindrucksvoll, überraschend innovativ und sehr staatsmännisch. Was für ihn den Nachteil hat, dass er sich an dieser hohen Latte messen lassen muss und zeigen, ob er auch halten kann, was er versprach.

Hunde sind komische Wesen. Der meine spielt mit Essen und einem blauen Virus. Diese "Skulptur" zeigt, wie Bilbo hamstert: Sein Teddybär nebst geklauter Stinkesocke, Kau- und Spielzeug und Äpfel - was man eben dringend zum Wohlfühlen braucht!


Am einschneidensten ist Macrons Entschluss, im ganzen Land vom Kindergarten über Schulen bis Universitäten alles zu schließen, um die Verbreitung von COVID19 zu verlangsamen. Offenbar sind französische WissenschaftlerInnen inzwischen - recht neu - zu dem Schluss gekommen, dass Kinder und Jugendliche zwar weitgehend symptomfrei bleiben, aber als rasante Überträger fungieren. Man befürchtet außerdem, dass sie in einer zweiten Welle sehr viel stärker krank werden könnten. Es sind jetzt nicht mehr nur die Alten und Vorerkrankten auf den Intensivstationen. Bis wann das dauern soll, ist offen, aber auf alle Fälle bis zu den Osterferien. Für Digitalunterricht und Ausgleich soll gesorgt werden, für Kinderbetreuung z.B. bei Pflege- und Krankenhauspersonal ebenfalls. Leider hat er noch nicht gesagt, wie!

Nun sitze ich in einem "Nest" von LehrerInnen und die sagen alle, die Maßnahme mag vielleicht ein wenig verlangsamen, dass der Ansturm auf die Krankenhäuser sofort kommt. Aber mehr hätte geholfen, diese nicht seit Jahren kaputt zu sparen. Mehr hätte geholfen, wenn im Gesundheitswesen nicht Neoliberalismus blühen würde, sondern die Orientierung am Menschen, am Helfen. Wir erinnern uns: Kürzlich erst waren die Belegschaften der Krankenhäuser auf der Straße, weil sie am Limit sind. Von der Belastung her und finanziell.

Die LehrerInnen hier sorgen sich ums Bac, um anstehende Prüfungen. In französischen Schulen ist das Lernen davor extrem eng getaktet, anspruchsvoll. Und das, sagt mir eine Berufsschullehrerin, würde jetzt nur die soziale Kluft verschärfen, wenn sich der Staat nichts einfallen lässt. Während ihr Kollege auf der privaten Schule locker seinen Unterricht ins Netz stellen kann und alles online weiterläuft, kommen bei ihr fast alle Auszubildenden aus Familien, die zu arm sind, um sich einen Computer leisten zu können. 5% der französischen Kinder haben wegen Armut keinen Computer zu Hause. Wir sind gespannt ... genauso wie die Eltern gespannt sind, die sich im sehr guten Kinderbetreuungsprogramm Frankreichs einrichteten. Sollen jetzt die gefährdeten Omas und Opas ran? Eine Nation wartet gespannt, welche Lösung hier kommen soll. Die SchülerInnen selbst finden es erst mal cool, dass die Schule ausfällt. Noch denken sie nicht an die Prüfungen und dass sie sich womöglich grässlich langweilen könnten mit der Zeit. Das ist ja keine Freiheit, um in Urlaub zu fahren.

Und darum waren die meisten von uns heute hamstern, weil der Großteil der Leute morgen für sich und Millionen von Kids einkaufen wird. Wir kennen den Vorferieneffekt nur zu gut.

Böse Überraschung für die ElsässerInnen, die wie gewohnt nach Deutschland zum Einkaufen fahren wollten: Ohne jede Rücksprache mit den französischen Partnern kontrolliert die Bundespolizei an der deutsch-französischen Grenze mit dem Fieberthermometer. Es gibt Staus. Sinnvollerweise übrigens nur französische Autos. Währenddessen fahren die karnevalskranken Deutschen lustig ins Elsass zum Einkaufen - die werden nicht kontrolliert. Warum es da keine binationale Absprache gab, ist allen ein Rätsel, auch der französischen Presse. Auch hier elende Ungewissheit für all die Menschen mit Familie beidseits der Grenze, die womöglich Angehörige pflegen. Macron hat ausdrücklich gesagt, der Virus kenne keinen Pass und darum sei nur ein gesamteuropäisches Vorgehen effektiv. Er ist längst überall. Die deutschen Behörden sahen das offenbar anders, da hat der Virus Autokennzeichen.***

Das Hamstern - auf französischer Seite - verlief sehr entspannt. Wer empfindlich oder ängstlich ist, kauft bei uns längst im Drive in. Jede größere Supermarkt hat einen. Man bestellt und bezahlt online, bekommt eine Nachricht, ab wann die Ware gepackt ist - und fährt dann einfach vor. Das Zeug wird in den Kofferraum gestellt, fertig. Wer kein Auto hat, kann via App einkaufen, die große Hypermarchés auch haben: Man bestellt und irgendwer Privates meldet sich, um die Einkäufe zu einem nach Hause zu fahren. Das ist aus einer Art Nachbarschaftshilfe entstanden, wo Leute sagen, sie machen eh grad die und die Tour und könnten dann etwas für Alte und Kranke mitnehmen. Ein Start-up hat das dann für Jedermann entwickelt und für Quarantänefälle ist das eine gute Variante. Der Bringer kann die Sachen sicher vor die Haustür stellen und abgerechnet wird online direkt mit dem Laden. Helfende müssen nicht umständlich fragen, wo sie helfen könnten, sie melden sich via App an. Das hilft sehr, wenn man niemanden kennt, wenn die Menschen einsam leben.

Man muss dazu sagen, dass hier eigentlich jeder ein Handy hat oder Zugriff auf eins der Familie - und das Bezahlen mit Kreditkarte üblich ist. Trotzdem kann man bei kleineren Läden natürlich noch altmodisch anrufen. Unser Dorfladen samt Metzger liefern schon seit Jahren auch frei Haus.

Heute hat man zum ersten Mal bemerkt, dass die Leute Vorräte anlegen. Es fehlte das Toilettenpapier in der Großpackung, aber kleinere Packungen und Küchenrolle waren genug da. Es fehlte aber leider auch die Flüssigseife (Duschgel tut's auch) und frische Hefe war aus. Dadurch, dass die Leute verteilter einkaufen, können die Läden aber auch besser nachordern und sie machen natürlich Geld mit Vorratshaltung: Heute waren die Großpackung Koteletts und Champagner im Angebot. Wenn wir schon alle sterben, dann bitte stilvoll!

Auch wenn der Preis für Handdesinfektionsmittel von der Regierung gedeckelt wurde - es gibt schlicht keins mehr im Umkreis und auch nicht in Onlineapotheken des Landes. Auch sieht man hier in der Region niemanden mit Schutzmasken auf den Straßen. Die gibt es nur auf Rezept im Krankheitsfall. Kaum einer würde sich die Blöße geben, mit einem bei Amazon teuerst bezahlten Teil als "ansteckend" durch die Straßen zu laufen. Wie es in der Großstadt aussieht, weiß ich nicht, wir sind ja in vielem hier selig abgelegen.

Und in die Großstadt fahren derzeit viele nur, wenn sie unbedingt müssen. In Strasbourg nämlich ist der Sitz der Coronavirus-Klinik - jedes Departement muss mindestens eine haben, die Schwerstfälle retten kann. Und Strasbourg ist uns gefühlsmäßig zu nah dran am Hot Spot Mulhouse. Das Verhalten derzeit hat viel mit Gefühlen zu tun.

Ansonsten freuen wir uns über die Sonne, die nach unendlich langem Dauerregen endlich herauskommt. Wir warten sehnsüchtig auf den Frühling und bestaunen die Natur, die förmlich explodiert. Was mir durchaus gefällt, ist eine sehr viel fatalistischere Haltung als in Deutschland. Es gibt hier keinen um mich herum, der nicht mit einer völligen Durchseuchung rechnet. Es geht nur um Verlangsamung fürs Gesundheitssystem. Und darum lebt man damit, arrangiert sich und improvisiert. Wir haben so viel Chaos ausgestanden, wir werden auch das überstehen ... oder was ich aufgeschnappt habe:
"Wir haben die Demos und die Blockaden überstanden", meinte eine Frau, "jetzt ist es ähnlich umständlich, aber dafür haben wir nicht mehr diese aggressiven Menschenmassen auf den Straßen."
So kann man das natürlich auch sehen. In den Ortschaften ist es schon leerer als sonst. Die Leute gehen weniger aus. Aber im Supermarkt waren fast nur RentnerInnen unterwegs, die den Drive in hassen, weil sie da keine Schwätzchen mit Bekannten halten können. Es wurde dann im Laden lustig gehustet und geschwätzt. Ich hatte Angst, mir von jemandem mit 80+ etwas zu holen ...

Das Benzin ist endlich erschwinglicher geworden. Und so werde ich die Zeit geschlossener Veranstaltungen ähnlich nutzen wie unsere LehrerInnen und Daheimbleibenden: den Frühling genießen, mit dem Hund in den Bergwald fahren.

Abschotten habe ich auch noch nicht erlebt. Das Schwätzchen mit Nachbarn über den Zaun oder auf der Straße wird einfach ohne Knutscherei gehalten und mit mehr Abstand als sonst. Wir sagen im Voraus, wenn wir krank sind, dann vergrößert sich der Abstand ein bißchen. Zu dieser Jahreszeit hustet und schnupft gefühlt jeder zweite. Ich komme mir nur noch ein wenig komisch vor, weil wir jetzt alle wie kleine Kinder winken. Wo vorher drei bis vier Küsse (eine Wissenschaft für sich) üblich waren, kann man unmöglich nur mit einem Winker oder Handheben auskommen. Nur die Jugend hielt es bisher knapp - mit Ghettofaust. Also machen wir jetzt tüchtig wedelnd Winkewinke.

*** Nachtrag:

Wie sieht die Lage im Elsass aus?

Freunde aus dem deutschen Grenzgebiet haben mir gesagt, dass seit Tagen in Radio und Zeitungen davon berichtet wird, das Elsass sei ein sogenannter Hot Spot und darum lebensgefährlich. Ich habe versucht zu recherchieren, wieso man auf deutscher Seite zu dieser Einschätzung kommt, die uns im Bas Rhin sehr verwunderte.
Die Quelle ist das deutsche Robert-Koch-Institut. Das hat nämlich den gesamten Grand Est zum Hochrisikogebiet erklärt, das wäre also diesselbe Stufe wie Norditalien!

Der Grand Est ist ein erst kürzlich künstlich geschaffenes Super-Departement, in das Präsident Hollande mal schnell alles "Östliche" reingekippt hat: Bas Rhin und Haut Rhin, die gemeinsam das Elsass bilden, aber auch die Lorraine, die Champagne, die Ardennen - Gegenden ziemlich weit weg. Weil das Robert-Koch-Institut aber nach offiziellen politischen Regionen einteilt, hat es die nun alle zusammen erwischt.

Schaut man jedoch kleinteilig geographisch und nach alter Einteilung hin, sieht die Sache differenzierter aus: Wir haben einen Hotspot sehr begrenzt im Haut-Rhin (Südelsass) rund um Mulhouse / Bourtzwiller. Da hatte nämlich eine evangelikale "Kirche", die übrigens auch Impfungen oder Transplantationen verweigert, trotz Massenversammlungsverbot gemeint, unbedingt 2000 Leute in geschlossenem Raum versammeln zu müssen, die sich dann auch intensiv umarmten und küssten, wie das in diesen Gottesdiensten so üblich ist. Es hat die Predigerfamilie erwischt und noch viele mehr. Die französischen Behörden haben sofort reagiert und die Betreffenden unter Quarantäne gestellt. Da hat sich also ein sehr begrenzter Hot Spot gebildet.

Anderes Problem der Zählung: Jedes Departement in Frankreich hat mindestens ein zentrales Krankenhaus als "Coronavirus-Zentrum" eingerichtet. Weil man dort die Klinik entsprechend abriegeln kann und genügend Geräte hat, um die Schwerstfälle zu retten, zu reanimieren etc. Dieses Zentralkrankenhaus für den gesamten Grand Est ist eine Klinik in Strasbourg. Dort werden unter strengsten Sicherheitsbedingungen die schlimmsten Fälle behandelt. Dorthin kamen die schwersten Fälle aus Mulhouse. Und weil Strasbourg zum Bas-Rhin gehört, tauchen eben diese Klinikzahlen dann bei der Zählung im Bas-Rhin auf. Das sind aber keine Leute, die frei herumlaufen - und sie kommen von überall her.

Tatsächlich verbreitet sich natürlich der Virus auch im Elsass!
Die aktuellsten Zahlen von gestern, welche die l'Agence régionale de santé du Grand Est (ARS) lieferte:
Insgesamt gibt es 910 positiv getestete Fälle im gesamten Grand Est, die sich derzeit alle in entsprechenden Kliniken befinden, aufgeschlüsselt nach Regionen (Stand 13.3.2020):
20 Marne
1 Aube
1 Ardennes
219 Bas-Rhin (Nordelsass)
1 Haute-Marne
463 Haut-Rhin (Südelsass)
35 Meurthe-et-Moselle
6 Meuse
114 Moselle
44 Vosges
6 von außerhalb des Grand Est.

Das ist natürlich ein exponentieller Anstieg und muss entsprechend behandelt werden. So sind bei uns z.B. Veranstaltungen über 50 Menschen verboten.

Für eine Einordnung (alle Zahlen Stand 13.3.2020):

Das sind im Elsass also 682 Fälle.
Laut Landesregierung gibt es in Baden-Württemberg 569 Fälle.
(Das Robert-Koch-Institut listet für Baden-Württemberg nur 454 Fälle auf und betont, dass hier nur übermittelte Fälle gezählt werden und es Probleme bei der Aktualisierung gäbe. Die Zahl des Sozialministeriums dürfte also aktueller sein, obwohl vom gleichen Tag.)

Im Ländervergleich (Zahlen des RKI) sind es:
Frankreich 2876 Fälle
Deutschland 3062 Fälle
Italien 15.113.

Und so kam es wahrscheinlich zu den hektischen Grenzkontrollen von deutscher Seite aus - durch die Einschätzung des RKI. Natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, das im Alleingang zu machen und nicht die französischen Behörden zu informieren. Dass hustende und schniefende Deutsche lustig weiter bei uns einkaufen durften, ohne bei der Rückreise Fieber gemessen zu bekommen - darüber breiten wir gnädig dreilagiges Klopapier. ;-)

9. März 2020

Nichts davon trendet!

Im seltenen Sonnenlicht glitzern die Wälder an den Berghängen im hellen Silbergrau schwellender Knospen. Scharf wie Silhouetten stehen die nassdunklen Stämme von Eichen und Buchen im Herbstlaub, durch das zaghaft Grün bricht. Buschwindröschen entfalten ihre Blätter auf dem Endspurt zum Knospen, Hahnenfußgewächse fingern sich durch den Morast, eng an den Zacken keimender Brennnesseln vorbei. Den Feldrain färbt Gamander-Ehrenpreis in seinem Himmelblau und Weiß fast wie ein Himmelsspiegel.

Das Bild mit Bilbo ist schon älter. Wenn ich mit allen Poren genieße, gehe ich ohne Kamera und Handy los ... oder vergesse, dass ich es dabei haben könnte.


Es war so lange düster, grau und immer regnerisch. Nicht, dass ich mich beklagen möchte, das Nass brauchen die Grundwasserspeicher so dringend. Aber es ist mühsam zu laufen, wenn selbst die Wiesen unter Wasser stehen, mit ihren Wildschweinkuhlen sowieso. Neuerdings tut sich die Erde auf. Wühlmausgänge laufen voll, die von der Dürre letztes Jahr eingravierten Treckerspuren brechen, überall sickert Wasser ein. Und schon ist es passiert und ich wäre beinahe hineingelaufen, wenn der Hund nicht viel aufmerksamer wäre als ein träumender Mensch: Ein kreisrundes Loch in der Wiese, inzwischen fast einen Meter breit. Unten drin fließt ein Bächlein, bis zum Grund geht es bestimmt einen Meter tief. Aber das lässt sich nicht bestimmen, weil sich das Umfeld senkt und der Grund auch. Auf der einen Seite fasziniert es mich - ich möchte hineinschauen, untersuchen. Auf der anderen Seite kenne ich das Gelände zu gut, um einen Bogen herum zu machen. Es gibt da ein Sperrgebiet in der Nähe, das einstürzen könnte. Sandlinsen befinden sich bis tief im Lehmboden. Manchmal verpappt durch Natursphalt, manchmal seit hundert Jahren ausgehöhlt. Das Wasser spült sie aus, die Füllung wandert, die Erde bekommt Hohlräume.

Immerhin laufen wir heute nicht oben am Berg, wo es bei solchem Weter schwierig wird, den Hund von den Bächen fernzuhalten. Die schillern nach starken Regenfällen in Regenbogenfarben. Denn  dort drückt der Regen das Rohöl hoch, das in der gesamten Region bis hin an den Rheingraben hier und da im Boden steckt. Die Wildschweine lieben es als Medizin für die Haut und gegen Parasiten, aber ein Hund wird das nur durch eine Speiseölwaschung wieder los ...

Bilbo, als Welpe durch die Vorbesitzer voll Panik vor jeder Feuchtigkeit, erinnert sich nicht mehr an böse Zeiten und zerrt mich jetzt mit Feuereifer in Riesenlachen und Wassergräben. Wenn die Menschin diese langen Gummifüße hat, das hat er gelernt, gibt es keine Ausrede mehr, in köstlichen Schmodder aller Art zu treten. So langsam gleicht sich auch ihr übriger Körper an - in den Jackentaschen sammeln sich schon wieder Steine und leere Schneckenhäuser und Flechten und tolle Äste. Was machen Menschen eigentlich mit dem ganzen Kram? Sich unsichtbar wie Hunde, die sich in Hinterlassenschaften wälzen?

Also meint es der Hund besonders gut mit mir und findet einen Vogelriss. Glücklich schnobert er nach Überresten und weiß genau, dass er jetzt Ruhe vor mir hat: Den schönsten Elsternfedern kann ich nicht widerstehen - sie landen in der Hosentasche, weil die Jackentaschen schon voll sind.

Hinter uns macht ein Rabenpaar Hochzeitsgeräusche. Es klingt, als würde man eine knarzende Tür lustig hin und her bewegen. Dann schmeißt sich das Männchen vom Baumwipfel in den starken Wind, flattert wie ein Kasper, lässt sich hochtreiben, spiralt ein wenig und veranstaltet dann mit wonnigem Knarzen Saltos in der Luft. Das Weibchen wirft sich dazu, jetzt überschlagen sie sich beide und spielen. Sie haben allen Grund dazu, das Leben zu genießen - ihr Nistplatz ist der beste aller Zeiten und kein Mensch wird dorthin gelangen. Ob sein "Räbelchen" dabei ist? Bilbo beobachtet sie und schnuppert an jeder Walnussschale, die Rabenvögel in den Wiesen haben liegenlassen. Sein Räbelchen ortet er nicht.

Einzelne Schlehen explodieren in Blütenpracht. Überall flauscht es streichelweich: Gedrungene Weidenkätzchen, langschwänzige Erlenkätzchen, der Waldrand wartet auf Bienen. Heute ist es noch zu kalt, erst unten dann im Garten in praller Sonne umduften mich die Lorbeerschneebälle, in denen es emsig summt. Durch den recht warmen Winter blühen sie extrem spät, aber genau richtig für erwachende Insekten: Schweb- und Goldfliegen trinken bereits Nektar, eine erste Biene ist zu sehen.

Am Waldrand dagegen schrammt eine Hummel haarscharf an meiner Nasenspitze vorbei. Bilbo reckt die seine in die Luft und bedeutet mir, dass er jetzt am liebsten querfeldein und über den ganz tiefen Bach und immer weiter rasen möchte, weil sich dort etwas Hochinteressantes tut. Ich brauche ziemlich lang, bis ich die winzige Gestalt am Horizont erkennen kann: Ein Imker schaut nach seinen Bienen. Alles geht jetzt sehr schnell: Der Weißdorn setzt erste winzige Blättchen an und sogar Blütenknöspchen, die Hainbuchenknospen richten sich jetzt nach Tageslänge und Temperatur, bis sie aufplatzen.

Der Boden saftet, knarzt und quietscht. Wenn ich den Gummistiefel aus dem Matsch ziehe, gurgelt es manchmal und vor einem kleinen Wädchen inmitten von Feldern quatscht und quasselt es im Untergrund. Einmal bin ich richtig erschrocken. Aber wenn es plötzlich laut rülpst oder einen kleinen Blubberschrei gibt, ist das wirklich nur der Sumpf. Irgendwo steigen Blasen auf.

Kurz vor dem Gartentor will Bilbo wieder umkehren, zu Nachbars Ziegen laufen. Die hatten wir ganz zu Anfang besucht, weil sie Kleine haben. Ich hab sie mit Vogelmiere gefüttert und eine schwarze Ziege wird langsam zutraulich, lässt sich mit Wonne zwischen den Hörnchen und Ohren kraulen. Bilbo ist völlig fasziniert, sie ist nur wenig größer als er selbst und er darf sie ganz nah beschnuppern. Er kann sich kaum losreißen. Und auch in Kilometer weiter Entfernung sorgt er sich um sie und warnt, wenn sie mal wieder ausbrechen. Ich höre es an der Art seines Bellens, was passiert ist und rufe dann den Nachbar an.

Heute aber keine Ziegen mehr. Zufrieden und erholt kehren wir von der verlängerten Mittagspause heim, der Hund ein herrliches Schlammmonster. Und auch ich könnte mal wieder die Hände gründlich waschen! Sie sind schon wieder braun und schwarz bis unter die Fingernägel. Aber zuerst muss ich die Schätze aus allen Taschen bergen. Als ich die bis oben verschlammten Gummistiefel ausziehe, frage ich mich kurz, warum von all der wunderbaren Schönheit nichts in Social media "trendet".

2. März 2020

Das Haus, das Verrückte macht

Ich bin jetzt so weit, dass ich einen Eimer Schnaps bräuchte. Nicht etwa zum Desinfizieren, sondern um zu ertragen, was ich an diesem Tag erlebt habe. Ich sage nur "Asterix und Obelix" oder "Das Haus, das Verrückte macht". Dieser Comic ist so urfranzösisch wie nur was und leider leider immer noch aktuell.

Für ein Computersystem ist man einfach nur eine Nase unter Nasen. Wird sie falsch erfasst, findet sie sich im virtuellen Leerraum wieder. Als Pappnase.


Eigentlich habe ich einen eiligen Arbeitsauftrag für heute. Aber in Frankreich reformt es tüchtig an allen Ecken und Enden. Und diese Reformen sind so gründlich und schnell (und kommunikativ unbegleitet), dass irgendwie nichts funktioniert - jedenfalls bei der Berufsgruppe, die eh immer vergessen wird, in jedem Land: die Freiberufler. Während ich also noch überlege, was ich wegen des riesigen und üblen Amtschaos und Fehlers bei der Sozialkasse als Widerspruch schreiben soll (ich wurde in die falsche Kasse gesteckt, die nicht merkt, dass ich in der korrekten pünktlich meine Abgaben leiste) ... während ich also eh schon fast auf 180 bin, kommt ein Brief.

Von der Krankenkasse. Also der anderen. Die wechselt nämlich auch einfach so. Und einfach sollte das werden, sagte meine alte, mit der ich so sehr zufrieden war. Jetzt bin ich zwangszugeordnet zu der der Angestellten. Geht alles automatisch! Man muss nur die Carte Vitale in einen Apparat stecken, *schnurpselschnurpsel* Update - fertig. Die neue Kasse werde sich rechtzeitig melden.

Der Brief von der neuen von Mitte Januar (!) liegt also heute im Briefkasten. Durch den erfahre ich, dass ich eigentlich im Februar nicht hätte zum Arzt gehen dürfen, weil meine Carte Vitale ganz neu hergestellt werden müsse. Hä? Formular anbei, ein Vorgang bei der Staatsdruckerei, der durchaus mal Monate dauern könnte. Liebe zur Kasse in Zeiten der Cholera, pardon, des Corona ... Ohne diese Karte ist man eigentlich nichts. Wo krieg ich so schnell Passfotos her?

Als ich das Formular betrachte, schwant mir Übles. Ein Fehler im Namen, wie mir schon früher mal einer schlimme Probleme bereitet hatte, weil so ein Name im System mehr Gewicht hat als mein Beteuern, dass ich mich eben anders schreibe. Und dann werde ich freundlich aufgefordert, mich online einzuloggen.

Das moderne Haus, das Verrückte macht, ist heutzutage virtuell. In Frankreich erledigen wir alles online, wirklich alles. Selbst für Steuer oder Sozialhilfe gibt es schon Apps. In Mediatheken und anderen Plätzen gibt es extra Computer für Menschen, die sich keinen leisten können, damit sie ihre Amtsgeschäfte erledigen können. Selbst Termine auf dem Amt gibt es nur noch online.

Ich muss also virtuell der neuen unbekannten Krankenkasse Guten Tag sagen. Dazu brauche ich ein Account. Das muss ich einrichten. Nichts einfacher als das, denke ich. Klickediklick ...

Sagt mir das System, dass es mich längst kenne und ich schon ein Account hätte. Irre denke ich, wie die Regierung das geschafft hat, was für ein Service! Das flutscht ja echt besser als sonst.
Ich soll mein Passwort eingeben.
Da hat aber die Regierung jetzt leider geschlampt - das hat sie mir nicht mitgeteilt. Wenn ich vorher nicht bei dieser Kasse war, hab ich ja schließlich keins gehabt. Also, schlau wie ich bin, die allbekannte Schiene fahren: "Passwort vergessen". Ich würde ein Provisorisches per Mail zugesandt bekommen. Klasse, so muss das. Wird alles gleich erledigt sein.

Ein rotes Ausrufezeichen am Bildschirm: Das Passwort kann Ihnen in diesem Fall nicht per Mail zugesandt werden (weil neu und überhaupt), klicken Sie trotzdem auf Zusenden. Es komme dann per Papierpost und werde spätestens in 8 Tagen abgesandt. Auf die Art versuche ich seit einem halben Jahr vergeblich, mein Bankpasswort zu ändern - die Briefe kommen *immer* zu spät und das Passwort darin ist bereits verfallen. Was tun? Mir ist nach einem gepflegten Kreischanfall zumute.

Aber da ist noch ein Button: Alternatives Einloggen mit dem Staats-Super-Wir-Wissen-Alles-Von-Dir-Button! Ich mache mich auf der staatlichen Seite schlau, worum es da geht, wie sicher dat Dingens ist - und erfahre, dass der Staat wirklich alles von mir weiß und noch eine Menge mehr. Todesmutig klicke ich das Ding an.

Et voilà, plötzlich kann ich mich mit dem Zugang vom Finanzamt (!) bei der Krankenkasse anmelden! Wie geil, in diesem Fall wenigstens, denn so umgehe ich die Wartezeit und bin frohgemut, dass mir die Krankenkasse nicht die Steuererklärung übernimmt. Klickediklick und zig Umleitungen später bin ich drin und werde aufgefordert, ein neues Passwort zu kreieren. Das zu verifizieren funktioniert, oh Wunder oh Wunder, plötzlich doch per Mail! Das Finanzamt bürgt für meine Nase.

Und da stehe ich nun also endlich virtuell in meiner neuen Krankenkasse (von der ich bis jetzt nicht weiß, wo ich rein geografisch zu einer Beratung hingehen müsste). Alles so schön bunt und neu und auf Null und Nullzig. Sogar mein Namen stimmt wieder. Aber warum, verdammt nochmal, dieser Mist mit der Karte?

Ich vergleiche Zeug. Auch mein Geburtsort ist falsch geschrieben. Bei meiner alten Krankenkasse war das alles richtig und perfekt, denn da hatte ich es selbst ins Formular getippt!
Ich durchforste die FAQ des allwissenden Staatbesserwisserbuttons. Und siehe da: "Fehler können auftauchen, falls Ihre Geburtsurkunde beim Eintritt nach Frankreich falsch abgeschrieben wurde." Bei Donald Duck würde man in der Sprechblase jetzt ganz viele Totenköpfe, Spiralen und Sprengstöffchen sehen und lesen: Arrrrrrgggllllll.

Inzwischen kenne ich mich genügend aus, um festzustellen, dass hier die Ursache so vieler Probleme und Diskussionen liegen könnte, die ich auch in der Vergangenheit schon hatte. Ich bin zwei Personen. Eine korrekt geschriebene und eine mit Rechtschreibschwäche in Namen und Geburtsort. Computer vergleichen stur und merken das nicht. Amtspersonen sind meist nicht helle genug, das überhaupt herauszufinden.

Ich werde jetzt dreist. Da ist eine Abteilung, wo man sich die Bescheinigung seiner Rechte ausdrucken kann. Immerhin schon mal was in Zeiten von Corona. Ich muss ja zum Arzt können müssen dürfen.
Ich erspare meinen LeserInnen das Zwischenspiel mit einem dieser verdammten neumodischen Drucker, die sich verweigern, weil der Tintenstand zu niedrig wäre und dann doch noch tut. Inzwischen krieg ich selbst die klein. Und drucke. Und blecke die Reißzähne.

Und staune: Mein Name stimmt wieder. Auf dem Anschreiben dazu ist alles perfekt. Also wurde auch meine Geburtsurkunde richtig erfasst.
Diese verdammten Seppel haben schlicht die Schreibfehler bei der Reform eingebaut, beim Kassenwechsel, mich falsch umgemeldet! Und ich kann jetzt schauen, wie ich den Mist wieder aus dem System kriege und vor allem eine neue Carte Vitale!

So. Und jetzt bin ich so richtig schön in Fahrt. Jetzt schreib ich einen Widerspruch der zynischsten Art an die falsche Sozialkasse, dass sie gefälligst mit der richtigen einen saufen sollen und dann vielleicht erfahren, dass ich längst und pünktlich und brav alles regelmäßig bezahle, was ich bezahle. Weil irgendwelche verdammten Reformseppel nicht fähig sind, auf meinen Beruf zu schauen, sondern einfach den von meiner ersten Einreise ins Land genommen haben. Man wechselt ja nie nicht den Beruf, nicht wahr?

Einen Eimer Schnaps, für alle!

PS: Die betreffenden Reformen sollen ja eigentlich alles vereinfachen und endlich mal modern funktionieren. Ich bin also noch guter Hoffnung. Sie wurden halt auf alte Systeme mit alten Funktionären draufgesetzt ... Sie funktionieren übrigens bei "normalen" Berufsgruppen offenbar reibungslos. Nur wir FreiberuflerInnen, KünstlerInnen, AutorInnen kommen nicht vor und da hakt es einfach immer. Wenigstens gibt's die Infos, was schief läuft und wie man sich wehrt, über ... Twitter. Ansonsten alles beim Alten in Frankreich: Gallien eben. Passierschein A 38. Es ist immer nur der Passierschein 38.

1. März 2020

Graue Grübeltage?

Ich muss doch endlich mal wieder ein Lebenszeichen von mir geben, auch wenn es solche regelmäßig auf Twitter gibt. Ich komme leider auch mit Mails kaum hinterher und muss um Entschuldigung bitten, dass ich manchmal einfach verstumme.

An Grübeltagen kann es durchaus helfen, sich Schönes anzusehen, auf das man sich freut - wie etwa die Fotos vom letzten Frühling! So sehr lange dauert es nicht mehr bis zur nächsten Apfelblüte.


Das liegt zum einen am immensen Arbeitsaufkommen, denn ich schufte mir wirklich Hornhaut, um die immensen Zahnarztrechnungen abzahlen zu können, die einem in Frankreich selbst trotz Zusatzkasse bleiben. Und das, obwohl ein Zahn immer noch nicht wirklich Ruhe gibt und ich die Entzündung nicht loswerde. Wenigstens ist sie im Moment nicht lebensgefährlich. Gleichzeitig müsste ich mich nach Neuem umtun, denn ein digitales Großprojekt, das ursprünglich sicher schien, wird wegen Umstrukturierungen pausiert, zugunsten von Print. Und ein anderes, kleines, hat sich noch nicht konkretisiert. Ab Ende März existiere ich also mal wieder ohne Netz und doppelten Boden, falls sich da nicht mehr tut. Das ermüdet zusätzlich.

Immerhin stehen die Termine für meine beiden Workshops und mal schauen, was sich da ausbauen lässt. Falls bis dahin nicht alle in der Virenpanik zuhause bleiben ...

Ansonsten bin ich angesichts der Umstände in der Welt und in Social Media öfter in diesem zerrissenen Zustand zwischen explosivem Sarkasmus, Kopfschütteln und der Sehnsucht nach fernen Planeten. Was ich darüber denke, mag ich im Blog oft gar nicht breittreten, weil es nur herunterziehen würde und auch nichts daran ändert, dass Homo sapiens in seiner Version 2.0 vielleicht doch wenigstens die Bezeichnung sapiens aberkannt werden sollte. Aber irgendwann bin ich mal so zynisch aufgelegt, dass ich wieder "lustig" darüber schreiben kann, ganz sicher!

Einen ganz wunderbaren Thread bei Twitter habe ich gerade dazu entdeckt, der Hilfestellung gibt, wie man mit den stündlich hereindreschenden "Breaking News" umgehen kann, um bei sich und ganz zu bleiben und nicht genauso hohlzudrehen wie das Karussell der Nachrichten. Ich will das verkürzt auf Deutsch und in meinen eigenen Worten zusammenfassen:

  1. Pressekonferenzen und weltweite Nachrichten drehen heutzutage im 24-Stunden-Takt sehr viel schneller, als sich Dinge wirklich ändern. Oder als Nachrichten neuen Erkenntnisgewinn oder Hilfe brächten. Sich selbst diesem Rhythmus zu unterwerfen, macht auf die Dauer krank (oder abgestumpft) - übrigens auch JournalistInnen. Also raus aus dem Teufelskreis!
  2. Einmal am Tag reicht für aktuelle Nachrichten. Man sucht sich am besten eine Zeit aus, in der man relativ stabil ist und nicht vor dem Schlafengehen. Wer sich nicht im Griff hat, kann auf Twitter Hashtags blockieren oder deabonniert bestimmte Accounts auf Facebook & Co.
  3. Wenn eine Nachricht älter ist, besteht die Möglichkeit, dass es statt Schlagzeilenschinderei bereits gut recherchierte Hintergründe gibt. Das hilft mehr als Social-Media-Gerüchte und Boulevardjournalismus.
  4. Je höher die Qualität der Quellen, desto weniger Panikmache. Nicht irgendwelchen Aufregern von Privatleuten glauben. Am besten verlässliche Quellen sogar ganz ohne Social Media direkt ansteuern. Das kann eine für seriös befundene Zeitung genauso sein wie einzelne Journalistinnen, Wissenschaftsplattformen oder Fachblätter.
  5. Es ist absolut nicht egoistisch, in Zeiten von Krisen aller Art auf sich selbst zu achten, nämlich darauf, dass man psychisch und seelisch stabil bleibt. Nur so lässt sich dann gemeinschaftlich mit anderen etwas bewältigen - es hilft niemandem, wenn wir vor Angst vor die Hunde gehen oder ausflippen. Zu dieser Sorge um die eigene Resilienz gehören tatsächlich auch das Wohlfühlen und Glücklichsein, die Freude im Alltag. Dann haben wir nämlich auch die Kraft, etwas anzupacken.
  6. Es ist sehr wichtig, mit wem wir uns umgeben. In Social Media bekommen wir, wenn wir nicht ordentlich filtern (und selbst dann) eine Menge übel toxischer Menschen ab. Das kann so stark sein, dass man - wie ich zeitweilig - wirklich an der Menschheit als Ganzes (ver)zweifeln möchte. Aber auch davon wird die Menschheit nicht besser oder schlechter - nur wir selbst fühlen uns schlechter und werden schwächer. Was hier hilft: Sich mit Menschen zu umgeben, die einem gut tun oder die einfach Empathie für andere haben, die sich miteinander für etwas engagieren oder einfach nur etwas Schönes machen. Wo man reden kann und einfach sein, wie man ist. Stichwort Verein, Ehrenamt, wenn jemand einsam ist. Wir können uns gegenseitig Kraft geben.
  7. Sich professionelle Hilfe suchen, wenn Angst, Panik und andere Probleme einen zu überwältigen drohen, ist absolut nichts Ehrenrühriges - es geht sehr vielen Menschen so! Und manchmal kommt man allein vielleicht nicht aus dem Loch heraus, vor allem nicht so schnell.
  8. Punkt 6 bedeutet natürlich nicht, dass man blind wird für Barbarei, Hass oder Rassismus. Aber wenn ich mehr in mir ruhe und resilient bin, kann ich auch gezielter und unangreifbarer dagegen aufstehen oder im Alltag reagieren, wenn es mir begegnet. Damit stärke ich wiederum andere Menschen, die mit Worten oder Taten angegriffen werden. Gemeinsam sind wir stärker als allein.
Die WHO hat dazu ein Blatt zum Ausdrucken auf Englisch verfasst: Coping With Stress (pdf).
Essentiell: Mit Menschen über alles reden. Stressfaktoren minimieren. Sich Gutes tun.

Kommt gut durch diese Zeit und genießt den Vorfrühling, die erwachende Natur!